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Neue Solidarität
Nr. 20-21, 16. Mai 2024

Die wirtschaftliche Grundlage für den Frieden in Südwestasien

Von Jason Ross

Der folgende Text ist eine gekürzte Abschrift der Grundsatzrede der zweiten Sitzung der Internet­konferenz des Schiller-Instituts zum Oasenplan am 13. April, die sich mit dem Thema „Die physische Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung Süd­westasiens“ befaßte. Die Mitschnitte der Konferenz­beiträge mit allen Grafiken finden Sie auf der Internetseite des Schiller-Instituts

Bevor ich auf einige Besonderheiten der physischen wirtschaftlichen Entwicklung der Region eingehe und darlege, wie eine Perspektive, die diesen Ansatz einbezieht, das Potential für Frieden und breitere politische Erfolge verändert, möchte ich an einige allgemeine Gedanken aus der vorangegangenen Sitzung anknüpfen. Die wenigen Elemente des Hintergrundes, die ich hervorheben möchte, sind:

  • Erstens der globale Finanzkollaps, der die transatlantische Welt heimsucht, wo wir eine hohe Inflation und einen Verfall der industriellen und anderen Produktion, ein Wachstum der Finanzanlagen und des Gelddruckens erleben, während gleichzeitig die physische Wirtschaftsleistung zurückgeht – etwas, das Lyndon LaRouche in den 1990er Jahren in einem Schema, der sogenannten Tripelkurve, dargestellt hat.

  • Der zweite Aspekt ist, wie sich dieser Zusammenbruch mit einer Tendenz zu allgemeiner Kriegsführung überschneidet oder besser besagt, sie verursacht oder provoziert. Man sieht das in der Ukraine, wo der Konflikt zwischen der NATO und Rußland, der sich größtenteils auf dem Territorium dieses Landes abspielt, zu einem breiteren Konflikt ausufern könnte.

    Ähnlich verhält es sich in Südwestasien, wo Israel – nicht zufrieden damit, was es im Gazastreifen anrichtet – es für angebracht hielt, in Damaskus in Syrien eine iranische diplomatische Einrichtung anzugreifen, die durch das Wiener Übereinkommen geschützt ist. Was ist dabei das Ziel? Es ist der Versuch, einen breiteren Krieg herbeizuführen.

  • Der dritte Aspekt, den ich nur kurz erwähnen möchte, ist die Rolle Großbritanniens bei der Einleitung dieses Konflikts. (Auch dieser Aspekt wurde in der ersten Sitzung ausführlicher behandelt.) Denken Sie an die britische Operation „teile und herrsche“ – Menschen gegeneinander aufbringen. Die Briten haben viel Erfahrung mit der Kolonisierung großer Teile der Welt, und ein wesentlicher Aspekt ihres Erfolges dabei war es, dafür zu sorgen, daß lokale Gruppen sich gegenseitig bekämpften, statt gegen die Briten zu kämpfen.

    Ich glaube, das spielt auch heute noch eine Rolle, wo es in Israel und Palästina viel Haß gibt – das ist nicht die einzige Emotion, aber er ist sicherlich vorhanden. Ich denke, wir müssen diejenigen ins Visier nehmen, die dieses ganze Spiel inszenieren, bei dem man die Menschen in der Region wie Schachfiguren benutzt.

    Wir brauchen also eine politische Lösung. Wir brauchen Frieden. Und wir müssen auch mehr darüber reden, welche Zukunftsperspektive einen solchen Frieden tatsächlich möglich macht, und dabei alles zusammenbringen: die politischen Diskussionen, die militärischen Diskussionen, die wirtschaftlichen Diskussionen, die Diskussionen über Entwicklung.

    Der letzte wichtige Aspekt, den ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte, ist die chinesische Belt and Road-Initiative („Gürtel und Straße“, BRI) und im weiteren Sinne die wachsende weltweite Rolle der BRICS-Staaten und ihrer Institutionen, wie zum Beispiel der Neuen Entwicklungsbank (NDB). Die Tatsache, daß wir uns in einem internationalen Umfeld befinden, in dem es mehrere Finanzierungsquellen für Projekte wie dieses gibt, nicht mehr nur die Weltbank, verändert meiner Meinung nach wirklich das Potential dessen, was erreicht werden kann.

    Die Bedeutung des Menschen

    Beginnen wir mit einem Blick von oben herab: Was bedeutet es, ein Mensch zu sein? Ich möchte mit einem kurzen Zitat von Albert Einstein beginnen. Er sagte: „Das ewig Unbegreifliche an der Welt ist ihre Begreiflichkeit.“

    Was hat er damit gemeint? In gewissem Sinne sind wir so sehr an die Idee der menschlichen Vernunft gewöhnt – und daran, daß wir, anders als die Tiere, unser Verhältnis zur Natur verändert haben –, daß wir manchmal vergessen, was für ein gewaltiges Wunder es ist, daß diese Gedanken, die wir in unserem Geist haben, physische Macht über die Welt um uns herum haben und unser Verhältnis zu ihr sich durch sie ihr verändern läßt. Das ist eine sehr tiefgründige Überlegung.

    Ich möchte dazu auch ein Zitat von Lyndon LaRouche vorlesen. Es stammt aus einem Aufsatz von 1995 mit dem Titel What is God, that Man is in his Image („Was ist Gott, wenn der Mensch sein Ebenbild ist“):

    LaRouche setzte diese Sichtweise in seinem Buch Es gibt keine Grenzen des Wachstums um, das eine Antwort auf die Veröffentlichung des Club of Rome Die Grenzen des Wachstums war.

    Der Club of Rome hatte gesagt, die Menschheit sei praktisch dem Untergang geweiht, egal was wir tun, weil uns entweder die Ressourcen ausgehen oder uns die Umweltverschmutzung überwältigt, oder riesige Menschenmassen, die nirgendwo leben können. Die Lösung, die der Club of Rome vorschlug, bestand darin, die Wachstumsraten zu verringern, die Bevölkerung zu reduzieren und den Lebensstandard zu senken, um diese „unvermeidliche“ Katastrophe hinauszuzögern.

    LaRouche sagte: Vergessen Sie das! Das ist der falsche Ansatz. Die einzigen Grenzen des Wachstums sind die, die wir uns selbst auferlegen. Die Grenzen, denen die Menschheit gegenübersteht, sind in gewisser Weise Naturgesetze, vor allem aber die Grenzen unseres unvollkommenen Wissens über diese Naturgesetze. Wir schaffen Ressourcen – Tiere nutzen Ressourcen. Wir nutzen Ressourcen, aber wir schaffen sie auch, darin sind wir grundlegend anders.

    Diese Auffassung vom Unterschied zwischen Mensch und Natur wird heute in der Herangehensweise an die Ökologie und verwandte Themen völlig auf den Kopf gestellt. Es gibt eine axiomatische Annahme, wonach das ganz falsch ist, wenn wir so etwas tun – daß es eine Art Sünde ist, unsere Fähigkeiten zu nutzen, um die Natur zu verändern. Es sei besser, die Natur in Ruhe zu lassen, ohne daß wir eingreifen.

    Grüne Idiotie

    Ich zeige Ihnen dazu einen kurzen Videoclip von Lyndon LaRouche, der sich zu dieser Sichtweise äußert.

    Die grüne Ideologie ist ein echtes Hindernis für die Verwirklichung des Oasenplans und die Art von Entwicklung, für die er steht. Das sollte man im Hinterkopf behalten.

    Sprechen wir nun ein wenig mehr darüber, was die menschliche Gattung einzigartig macht. Tiere machen manchmal Dinge, von denen Sie vielleicht gehört haben, daß nur Menschen sie tun, wie zum Beispiel Werkzeuge benutzen. Ein Affe benutzt einen Stock, um Käfer zu sammeln; ein Otter knackt Muscheln an seiner Brust mit einem Stein. Tiere benutzen zwar Werkzeuge, aber nicht so wie wir.

    Das Besondere der menschlichen Gattung kommt sehr deutlich in der griechischen Geschichte von Prometheus zum Ausdruck, der dem Menschen das Feuer bringt. Aischylos erzählt diese Geschichte in einer Trilogie von Theaterstücken, von denen nur das erste erhalten ist. In diesem ersten Stück erzählt Aischylos, wie Prometheus das Feuer vom Himmel holte und es den Menschen schenkte, und was Prometheus sonst noch getan hat, damit der Mensch sich von den Tieren unterscheidet. Prometheus sagt:

    Prometheus erklärt, daß er durch seine Gabe des Feuers – seine Gabe des Wissens – die Fähigkeiten der Menschheit verändert hat.

    Infrastruktur und neue Arten von „Feuer“

    Ich möchte kurz darauf eingehen, welche Formen des Feuers wir Menschen verwendet haben.

    Als erstes unterschied sich die Menschheit von den Tieren dadurch, daß sie einfaches Holzfeuer benutzte. Das ermöglicht uns verschiedene Dinge: es ermöglicht uns, Essen zu kochen, wodurch es besser schmeckt und uns nicht umbringt; es ermöglicht uns, Materialien zu bearbeiten; und es hilft, uns vor Tieren zu schützen, indem es sie vertreibt – um nur einige Beispiele zu nennen.

    Die wichtigste nächsthöhere Form des Feuers war die Entwicklung der Holzkohle. Holzkohle wurde hergestellt, indem man große Holzstapel nahm, sie mit Erde bedeckte und sie dann verbrannte. Was kam dabei heraus? Holzkohle. Was konnte man mit Holzkohle machen? Man konnte sie verbrennen, und sie erzeugte viel weniger Rauch als Holz; sie hatte eine höhere Energiedichte und lieferte genügend Wärme und Energie, um uns den Einstieg in die Welt der Metallurgie zu ermöglichen.

    Abb. 1: Mithilfe von Holzkohle kann man aus Malachit (rechts) Kupfer (links) gewinnen.

    Auf Abbildung 1 ist das grüne Gestein auf der rechten Seite ein Mineral namens Malachit, auf der linken Seite sehen Sie einen kleinen Klumpen Kupfer. Dieses Kupfer wurde aus einem Stück dieses Malachits hergestellt. Kohle ermöglicht es uns, mehr Elemente des Periodensystems zu verwenden, und verschafft uns mehr Möglichkeiten.

    Indem wir von Bäumen auf Kohle umgestiegen sind, konnten wir enorme Mengen an Energie freisetzen. Dampfmaschinen veränderten die Produktion, indem sie Waren, die zuvor nur für wenige erhältlich gewesen waren, für die breite Masse verfügbar machten. Und die Kohle veränderte unser Gefühl für Entfernungen, Raum und Zeit, indem sie den Antrieb von Zügen ermöglichte, die riesige Entfernungen überwinden und Gemeinschaften, Menschen, Güter, Ressourcen und Zwischenprodukte näher zueinander bringen konnten, was die Produktionsweise in einer Region völlig veränderte.

    Eine der höchsten Formen des Feuers, die wir heute nutzen, ist das elektrische Feuer. Mit ihm können wir Dinge tun, die mit einer Dampfmaschine nicht möglich wären. Man kann Maschinen zur Metallbearbeitung mit einer mechanischen Dampfmaschine antreiben, aber mit einem Laser erzielt man viel bessere Wirkung.

    Die höchste Form des Feuers ist die nukleare. Die Verbrennung eines Moleküls Methan erzeugt acht Energieeinheiten. Vergleichen Sie das mit der Kombination von Deuterium und Tritium in einer Kernfusionsreaktion. Dabei werden über 14 Millionen Energieeinheiten erzeugt, also über eine Million Mal mehr Energie. Das ist die Kraft des Atomkerns.

    Das Konzept, das Lyndon LaRouche verwendet, um dies zusammenzufassen, nennt er „Energieflußdichte“. Das ist nicht dasselbe wie der Energiefluß selbst, die transportierte Energie; LaRouche sagt, entscheidend sei nicht nur die Menge der Energie, sondern ihre Qualität.

    Abb. 2: Energie- und Stromverbrauch in China in kWh (1985-2020)
    Obere Kurve: Energieverbrauch pro Kopf, untere Kurve Stromverbrauch pro Kopf.
    Quelle: U.S. Energy Information Administration (2023); Energy Institute, Statistical Review of World Energy (2023); Bevölkerungszahl: verschiedene Quellen, 2023)

    Ich veranschauliche dies mit zwei Diagrammen über Chinas Entwicklung (Abbildung 2).

    Die obere Kurve zeigt den Energie­verbrauch aller Energieformen pro Person in China. Sie können sehen, daß im Zeitraum von 1985 bis 2022 ein enormer Anstieg zu verzeichnen ist, es hat sich in diesem Zeitraum mehr als verfünffacht.

    Die untere Kurve zeigt speziell den Stromverbrauch pro Person in China. Elektrizität ist eine Teilmenge der Gesamtenergie. Bei der Elektrizität ist ein noch stärkerer Anstieg zu verzeichnen.

    Kombiniert man diese beiden, so sieht man, daß der Anteil der elektrischen Energie am Gesamtenergieverbrauch in China von etwa 5-6% auf 20% gestiegen ist. Die Art der genutzten Energie ist von höherer Natur.

    Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Möglichkeiten, die uns die Energie bietet, und wir werden von anderen Rednern hören, welche Auswirkungen der Besitz leistungsstarker Energiequellen auf das Wasser hat.

    Abb. 3: Produktion von gebundenem Stickstoff, weltweit (blau-grüne Kurve) und in den USA (rote Kurve)

    Nehmen wir als Beispiel für die Material­produktion den Stickstoff (Abbildung 3). Durch den Einsatz des energieintensiven Haber-Bosch-Verfahrens können wir Stickstoff – den das Leben braucht und der einen Großteil der Atmosphäre ausmacht – in eine organische Form umwandeln. Das können wir viel besser als die Biosphäre allein.

    Ein weiteres Beispiel dafür ist die Aluminiumproduktion, die im letzten Jahrhundert um mehr als 3800% gestiegen ist. Wie war das möglich? Sie erfordert enorme Mengen an Elektrizität, und wir verändern damit unsere Beziehung zu Materialien.

    Soviel allgemein zum Konzept der Infrastruktur. Hier ist noch ein Zitat von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 2010:

    Diese Infrastruktur nimmt verschiedene Formen an. Die Verkehrsinfrastruktur verändert unsere räumlichen Beziehungen. Die Infrastruktur eines Energienetzes und dessen Verfügbarkeit und Beständigkeit verändern völlig die Art der Produktionsprozesse, die man durchführen kann. Sie verändert völlig, welche Art von Fabrik man errichten und erwarten kann, daß sie einen wirtschaftlichen, physischen Gewinn abwirft. Wir schaffen auch künstliche oder synthetische Umgebungen auf soziale Weise. Schaffen wir ein Umfeld, in dem Frieden möglich ist? Schaffen wir ein Umfeld, in dem ein höherer Lebensstandard erreicht werden kann, der eine wachsende Bevölkerung reichlich ernähren kann?

    Der Fall Südwestasien

    © CC/Jacques Descloitres (links), Israeli Meteorological Service (rechts)
    Abb. 4 (links): Satellitenaufnahme von Israel und Palästina, 2003. Die satte Grünfärbung Israels zeigt, daß dort viel mehr Wasser zur Bewässerung in der Landwirtschaft eingesetzt wird als in den besetzten Gebieten.
    Abb. 5 (rechts): Durchschnittliche jährliche Niederschläge (1981-2010, in mm) in verschiedenen Regionen Israels und der Palästinensischen Behörde.

    Wenden wir uns nun Süd­west­asien zu. Hier sehen Sie eine Karte von Israel und Palästina, (Abbildung 4). Sie stammt direkt aus Google Earth oder einem vergleichbaren Produkt und ist nicht retuschiert. Wenn Sie einen Blick darauf werfen, werden Sie feststellen, daß der Gazastreifen und das Westjordanland im Vergleich zu den israelisch verwalteten Gebieten direkt daneben nicht so grün aussehen. Das ist keine Einbildung. Das Wasser und die Wasserknappheit sind in diesem Gebiet ein gewaltiger Faktor.

    Betrachtet man den Wasserverbrauch pro Person, so zeigt sich eine enorme Diskrepanz zwischen Israelis, denen 247 Liter pro Person und Tag zur Verfügung stehen (einschließlich der Siedler im Westjordanland), und Palästinensern im Westjordanland mit 82,4 Litern. Palästinenser im Westjordanland, die nicht an das Wassernetz angeschlossen sind, haben einen individuellen Tagesverbrauch von nur 26 Litern. Dies liegt weit unter dem von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Minimum. Wie kann es eine Zweistaatenlösung geben, wenn ein Staat wegen Wassermangels nicht lebensfähig ist?

    Dies ist eine Karte der Niederschlagsmenge (Abbildung 5). Ich möchte anmerken: Wenn ich diese Karte verwende, will ich damit die Golanhöhen nicht als Teil Israels anerkennen; die Statistiken stammen einfach von dort. Sie können sehen, daß es im Norden regnet, im Süden jedoch nur sehr wenig.

    Betrachtet man die Menge an sogenanntem „natürlichem“ Wasser, die den Menschen in der Region zur Verfügung steht, so stellt man fest, daß die Türkei (4500 m³), der Irak (4400 m³) und der Libanon (3000 m³) über eine Wassermenge verfügen, die von den weltweiten Behörden als ausreichend angesehen wird. Syrien (1300 m³) und Ägypten (1200 m³) verfügen über weit weniger, etwa das Doppelte dessen, was als Untergrenze für die Wasserversorgung pro Person angesehen wird. Das Schlußlicht bilden Israel (300 m³), Jordanien (300 m³) und die Palästinensische Autonomiebehörde (160 m³), deren Wassermenge unter oder sogar weit unter dem erforderlichen Niveau liegt.

    Was wäre also zu tun? Was man tun, um aus dieser wasserarmen Region ein Land des Überflusses, einen Brotkorb zu machen? Und wie wird das die Politik verändern?

    © CC/NielsF
    Abb. 6: Das Einzugsgebiet des Jordan (links), Abb. 7: Die nationale Hauptwasser­leitung Israels (rechts).

    Dies ist eine Karte des Einzugsgebiets des Jordan (Abbildung 6). Die helleren Bereiche, ein Flußeinzugsgebiet, zeigen an, aus welchem Gebiet Regen, der dort fällt, in einem bestimmten Fluß landet. Sie können östlich des Sees von Galiläa im Norden den Jarmuk und andere Flüsse in Syrien sehen.

    Israels Sorge ist, daß diese Flüsse aufgestaut werden könnten und das Wasser nie den See Genezareth erreicht. Das Wasser könnte dann nicht in Israels nationales Wasserversor­gungs­netz gelangen, das Wasser aus dem See Genezareth entnimmt.

    Die Frage der Golanhöhen ist also nicht nur eine politische Frage. Es geht nicht nur um die Höhen und den Abschuß von Raketen aus einem bestimmten Gebiet, es geht auch um Wasser. Wie könnte die Lösung des Territorialstreits auf dem Golan erleichtert werden, wenn es nicht ein so großes Risiko für Israel gäbe, ohne die Kontrolle über die Golanhöhen den Zugang zu Wasser zu verlieren?

    Dies ist eine Karte der nationalen Hauptwasserleitung Israels (Abbildung 7). Das Wasser kommt aus dem Norden vom See Genezareth, und wird dann durch Kanäle, Tunnel usw. in den Süden geleitet. Wie Sie sehen können, teilt es sich im linken Bildbereich in mehrere Zweige. Dieses Wasser ermöglicht zu einem großen Teil die landwirtschaftliche Produktivität Israels. Israel nutzt sein Wasser auch sehr intensiv, indem es Tröpfchen-Bewässerung und andere Technologien einsetzt, um das Beste aus jedem Tropfen Wasser herauszuholen.

    Israel hat auch Entsalzungsanlagen gebaut. Insgesamt reicht die israelische Produktion von entsalztem Meerwasser aus, um den größten Teil des Trinkwassers in den israelischen Städten zu liefern, sie macht bereits ein Viertel des israelischen Wasserverbrauchs aus. Das verringert zwar den Druck auf den nationalen Wasserversorger und den See Genezareth, aber die derzeitigen Entsalzungskapazitäten reichen für die Aufgaben nicht aus.

    © EIR
    Abb. 8: Im Oasenplan vorgeschlagene Infrastrukturprojekte zur Verbesserung der Wasserversorgung und zur Erschließung und Einbindung der Region in das globale Infrastrukturnetz der Weltlandbrücke.

    Was wäre, wenn diese Produktionszahl höher wäre? Was würde sich dadurch für das Wasser verändern, das den anderen Ländern in der Region zur Verfügung steht?

    Seit Jahrzehnten macht man sich Gedanken über den Ausbau der Wasserressourcen in der Region – darunter natürlich auch Lyndon LaRouche mit dem Oasenplan aus den 1970er Jahren (Abbildung 8). Es gibt verschiedene Vorschläge für Kanäle, die das Mittelmeer entweder direkt mit dem Toten Meer verbinden oder weiter flußaufwärts entlang des Jordan den Zufluß zum Toten Meer zu erhöhen, was den gleichen Effekt hätte. Es gibt auch Vorschläge für eine Wasserleitung vom Roten Meer durch Jordanien hinauf zum Toten Meer. Ich werde nur wenig dazu sagen, ich weiß, daß wir in diesem Gremium einen Experten [William DeOreo] haben, der viel mehr dazu sagen kann.

    Einer der Vorschläge ist eine direkte Verbindung vom Mittelmeer im Westen zum Toten Meer im Osten. Bei diesem Szenario würde man den erheblichen Höhenunterschied zum Toten Meer nutzen und dort ein Wasserkraftwerk bauen.

    Ähnlich gibt es einen Vorschlag für eine Route vom Roten Meer zum Toten Meer, die durch das Königreich Jordanien führt. Dazu würde man Wasser aus dem Golf von Akaba, dem Roten Meer, pumpen. Man pumpt es aufwärts und entsalzt es, um neue Gemeinden in diesem Gebiet mit Wasser zu versorgen. Durch die Entsalzung entsteht Süßwasser, aber man muß auch etwas mit dem Salz machen. Dabei entstehen keine Salzblöcke, sondern sehr salzhaltiges Wasser. Wir würden dieses stark salzhaltige Wasser getrennt halten, es nicht wieder hineinmischen. Wir können es zum Toten Meer bringen, dem das zusätzliche Salz nichts ausmacht.

    Auf dem Weg des Wassers zum Toten Meer kann man mehr entsalzen, mit Wasserversorgung bis nach Amman in Jordanien, einer Stadt, die unter erheblicher Wasserknappheit leidet. Während die Sole und das zusätzliche Wasser ins Tote Meer fließen, wird Strom erzeugt. Die notwendige Energiemenge, um den Durchfluß des Jordan zu verdoppeln und die Wasserversorgung der Menschen in dieser Region drastisch zu verbessern, ist eigentlich gar nicht so groß.

    Ich möchte noch ein Wort dazu sagen, was der Oasenplan nicht ist. Einer der Vorschläge für diese Region war der sog. Ben-Gurion-Kanal. Das sollte eine schiffbare Wasserstraße sein, die das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbindet, mit anderen Worten, eine Alternative zum Suez-Kanal. Das ist nicht das, was wir vorschlagen. Der Suezkanal hat genügend Kapazität für die Schiffahrt. Uns geht es hier um das Wasser.

    Ein höheres Konzept von Frieden

    Nimmt man all dies zusammen mit den geplanten Eisenbahnlinien und anderen Verkehrsverbindungen und denkt an die weitere Region in einem Rahmen wie der Gürtel- und Straßeninitiative, dann sehen wir einen Teil der Welt, der ein natürlicher Knotenpunkt der Konnektivität ist. Hier treffen die Kontinente zusammen: Europa, Asien, Afrika. Es ist ein fantastischer Standort. Mit ausreichend Wasser, einer friedlichen Entwicklung und Transportmöglichkeiten würde dieses Gebiet wirklich blühen und gedeihen.

    © Wikimedia Commons/cc-by-sa 3.0
    Abb. 9: Ländergrenzen in Deutschland zur Zeit des Westfälischen Friedens. Die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gelang durch ein höheres Konzept des Friedens.

    Das letzte Thema, das ich ansprechen möchte, ist der Westfälische Frieden, der zum Abschluß des Dreißig­jährigen Krieges von 1618 bis 1648 unterzeichnet wurde. Dies ist eine Karte des Heiligen Römischen Reiches zu dieser Zeit – eine sehr komplexe politische Situation (Abbildung 9). Wenn Sie dachten, Sie hätten schon einmal schwie­rige Ländergrenzen gesehen, dann schauen Sie sich diese hier an. Diskontinuierlich, ein Chaos, nicht wahr? Eine Menge Schwierigkeiten. In diesem Krieg sind acht Millio­nen Menschen umgekom­men. Der Krieg wurde zum großen Teil zwischen Protes­tanten und Katholiken ausge­tragen. In vielen Gebieten wurde mehr als ein Drittel der Bevölkerung, in einigen sogar zwei Drittel und mehr ausgelöscht.

    Wie wurden diese Kämpfe beendet? Der Westfälische Frieden verfolgte einen zukunftsorientierten Ansatz. Ich möchte zum Abschluß dieses Vortrags einige Zitate aus diesem Vertrag vorlesen, weil ich denke, daß sie für unsere heutigen Bedürfnisse relevant sind.

    Aus Artikel I des Westfälischen Friedens:

    Jede Seite soll zum Nutzen der anderen Seite handeln; Wohlwollen.

    Und aus Artikel II:

    Ich schließe mit einem kurzen Zitat von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 1979. Er sagte:

    Das gilt natürlich auch für die Israelis.

    Fragen Sie sich: Wie verändert eine zukunftsorientierte Politik, bei der die Wasserknappheit mit einer internationalen Perspektive der regionalen und globalen Entwicklung überwunden wird, das politische Umfeld? Welche Art von Frieden kann erreicht werden?