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Neue Solidarität
Nr. 20-21, 16. Mai 2024

Konfrontation durch Dialog überwinden:
Finden wir zurück zum Geist de Gaulles?

Von Alexander Hartmann

Vom 6.-7. Mai unternahm der chinesische Staatspräsident Xi Jinping einen zweitägigen Staatsbesuch in Frankreich, bei dem er Präsident Emmanuel Macron eine klare Vision der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit zwischen den Nationen des Westens und des Globalen Südens unterbreitete, mit dem enormen Entwicklungspotential, das sich daraus für alle ergibt.

Anlaß für die Einladung Xis war der 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen Frankreichs als erster westlicher Großmacht mit der Volksrepublik China – eine historische Entscheidung von Präsident Charles de Gaulle. Medien in ganz Europa erinnerten an de Gaulles energisches Eintreten für Entspannung, Entente und ein Europa souveräner Staaten vom Atlantik bis zum Ural.

Xi Jinping übermittelte dem französischen Präsidenten und seiner Regierung eine ähnliche Botschaft. Am Tag vor seiner Ankunft in Paris schrieb Xi einen Gastkommentar für Le Figaro mit der Überschrift „Ich komme mit drei Botschaften aus China nach Frankreich“: Erstens solle der Besuch dazu beitragen, die Geisteshaltung hinter der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu verbreiten und gemeinsam Frieden und Entwicklung in der Welt zu fördern. Zweitens solle Chinas wirtschaftliche Öffnung für Frankreich und andere Länder auf hohem Niveau ausgeweitet werden; für 2023 erwarte man ein Wachstum von 5,2%, und China sei bereit, mehr Agrarerzeugnisse und Kosmetika aus Frankreich zu importieren. Drittens werde China mit Frankreich zusammenarbeiten, um Frieden und Stabilität in der Welt zu erhalten.

In diesem Zusammenhang erinnert Xi an die Rolle des früheren chinesischen Premierministers Zhou Enlai, der in Frankreich studiert hatte und später mit Pierre Mendès-France zusammenarbeitete, um den Indochina-Krieg 1954 zu beenden. Zhou stellte zum ersten Mal Grundsätze auf, die China seither anwendet, wie die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität sowie Nichtangriff und Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten. Vor diesem Hintergrund erwähnt Xi seine Globale Entwicklungsinitiative, seine Globale Sicherheitsinitiative und seine Globale Zivilisationsinitiative.

Putins Warnung und Angebot an den Westen

Zur gleichen Zeit, am 6. Mai, kündigte der russische Präsident Wladimir Putin taktische Atomwaffenübungen an, um auf existentielle Bedrohungen Rußlands durch Frankreich, Großbritannien und die USA zu reagieren. Das russische Außenministerium bestellte die Gesandten Frankreichs und Großbritanniens in Moskau ein und ließ sie unmißverständlich wissen, daß Rußland zurückschlagen werde, falls die NATO Bodentruppen in die Ukraine entsendet – wie es der französische Präsident Macron wiederholt vorgeschlagen hat – oder die Ukraine mit westlichen Langstreckenraketen Ziele tief im Inneren Rußlands angreift. Letzterem hatte der britische Außenminister David Cameron ausdrücklich zugestimmt, was die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, als „völlig verrückt“ bezeichnete.

Auch die große Militärparade in Moskau am 9. Mai, dem Jahrestag des Sieges über den Faschismus, demonstrierte die Entschlossenheit der russischen Regierung, das Land gegen Bedrohungen von außen zu verteidigen.

Präsident Putin bot dem Westen jedoch auch „Beratungen über Fragen der Sicherheit und strategischen Stabilität“ an. In der Antrittsrede zu seiner fünften Amtszeit erklärte Putin am 7. Mai:

Eine solche Zusammenarbeit müsse auch Gespräche über Sicherheit und strategische Stabilität in gegenseitigem Respekt und auf Augenhöhe umfassen, betonte Putin:

Rußlands Staatlichkeit und Gesellschaftssystem müßten flexibel und widerstandsfähig gegenüber Herausforderungen und Bedrohungen sein, um seine Einheit und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Er halte es für wichtig, daß „wir sehen können, daß sich die Atmosphäre in der Gesellschaft verändert hat und wie sehr wir heute Zuverlässigkeit, Verantwortung, Aufrichtigkeit, Integrität, Großzügigkeit und Mut schätzen“.

Er schloß mit einem Versprechen an seine Landleute: „Ich werde alles tun, was nötig ist, alles, was ich kann, um Ihr Vertrauen in mich zu rechtfertigen, indem ich die Befugnisse nutze, die mir die Verfassung als Staatsoberhaupt verleiht. Gleichzeitig möchte ich betonen, daß der Erfolg dieses Unterfangens vor allem von unserer Einigkeit, unserer Integrität und unserem Willen abhängt, unserem Vaterland zu dienen, es zu schützen und nach besten Kräften zu arbeiten...

Wir stehen als eine vereinte und große Nation. Gemeinsam werden wir alle Hindernisse überwinden und dafür sorgen, daß alles, was wir erstreben, Wirklichkeit wird. Gemeinsam gewinnen wir!“1

Versteht der Westen die Botschaft?

Die Botschaften Putins und Xis richteten sich natürlich nicht nur an Frankreich und Großbritannien, sondern an alle westlichen NATO-Mitglieder. Sowohl China als auch Rußland reagieren auf die internationale strategische Krise mit dem gemeinsamen Ziel, eine neue, für alle Seiten vorteilhafte Gemeinschaft der Menschheit zu schaffen. Putin wird Mitte Mai wieder nach China reisen, laut Kremlkreisen wahrscheinlich am 15. und 16. Mai.

Sicherheitsexperten wie Peter Kuznick, Direktor des Nuclear Studies Institute an der Washingtoner American University, und der ehemalige UN-Waffeninspekteur Scott Ritter riefen den Westen auf, Rußlands Gesprächsangebot anzunehmen. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitierte Kuznick, die USA, die Ukraine und die NATO sollten Putins Angebot annehmen, eine Lösung für die Ukraine auszuhandeln und die Gespräche über die strategische Stabilität wieder aufzunehmen. „Weiteres Säbelrasseln auf beiden Seiten verstärkt nur die Krankheit, die über unseren Planeten hereingebrochen ist… Gespräche und der Versuch, eine gemeinsame Basis zu finden, sind längst überfällig, ebenso wie der Versuch, zu verstehen, wie die Welt durch die Augen unserer Gegner aussieht – eine Fähigkeit, die kein amerikanischer Präsident seit dem letzten Jahr der Kennedy-Präsidentschaft an den Tag gelegt hat.“

Ritter erklärte gegenüber Sputnik: „In seiner Antrittsrede hat Wladimir Putin deutlich gemacht, daß die Sicherheit Rußlands und des russischen Volkes für ihn oberste Priorität hat. Warum sollte er das sagen? Weil Rußland in diesem Moment von vielen Ländern auf der ganzen Welt angegriffen wird – Ländern, die Rußland, wenn nicht durch Gewalt, so doch durch wirtschaftliche Strangulierung auslöschen wollen.“

TASS veröffentlichte auch ein Interview mit der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, in dem diese Putins Rede kommentierte. Sie sagte: „Es ist von existentieller Bedeutung, daß Präsident Putin in seiner Antrittsrede seine Bereitschaft zu einem Dialog mit dem Westen auf Augenhöhe und unter Achtung der gegenseitigen Interessen bekräftigt hat.“ Gleichzeitig mache die russische Führung jedoch „durch die Manöver zum Üben des Einsatzes taktischer Atomwaffen deutlich, daß Rußland das Überschreiten weiterer roter Linien nicht tolerieren wird“.

Putins Rede erinnere „an den Geist des Westfälischen Friedens, der zustande kam, als die Kriegsparteien des Dreißigjährigen Krieges erkannten, daß bei einer Fortsetzung des Krieges niemand mehr am Leben sein würde, der den Sieg genießen könnte… Das Schlüsselprinzip des Westfälischen Friedens war die Erkenntnis, daß man die Interessen des anderen respektieren muß, wenn man Frieden haben will.“2

In ihrem internationalen Internetforum am 8. Mai warnte Zepp-LaRouche, es müsse ein Weg gefunden werden, um den Westen von seinem Atomkriegskurs abzubringen, bevor es zu spät ist. „Wir nähern uns schnell einem gefährlichen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt… Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die westlichen Führer zur Vernunft kommen müssen, oder wir werden in den Dritten Weltkrieg eintreten“, erklärte Zepp-LaRouche.

Das derzeitige Establishment beweise „völlige Inkompetenz und Verblendung“ und verfolge die Idee, man müsse Rußland zerstören und China gleich mit. „Das muß aufhören! Wir brauchen eine Reaktion der Öffentlichkeit, denn die westlichen Regierungen, die sich wie Lakaien und Zwerge verhalten, haben kein Recht, die Welt in eine Richtung zu führen, die zur Vernichtung der Zivilisation führen kann“, forderte Zepp-LaRouche.


Anmerkung

1. Eine vollständige Übersetzung von Putins Rede ins Englische wurde hier veröffentlicht.

2. Das TASS-Interview mit der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, in dem diese
Putins Rede kommentierte gibt es hier