Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
[an error occurred while processing this directive]
Folgen Sie uns auf
acebook
Neue Solidarität
Nr. 2, 11. Januar 2024

– Dokumentation –

BlackRock und State Street Corporation

Das wahre Gesicht des Militärisch-Industriell-Finanziellen Komplexes

Von Richard Freeman

Die Steuerzahler in den Vereinigten Staaten und Europa zahlen jedes Jahr riesige Summen an den Militärisch-Industriell-Finanziellen Komplex, was weltweit massive Zerstörung anrichtet und volkswirtschaftlich eine enorme Verschwendung ist. Aber die Banken und Investmentgesellschaften der Wall Street und der Londoner City verdienen sich daran eine goldene Nase. Sie halten den Großteil der Aktien der Konzerne, die die Kriegswerkzeuge herstellen. Sie stärken die Militärindustrie für die endlosen, illegalen und zerstörerischen Kriege, denen Hunderttausende von Menschen zum Opfer fallen und die unsere Welt an den Rand der atomaren Selbstzerstörung gebracht haben.

Es ist an der Zeit, dem Feind ein Gesicht zu geben, um die Kriegsmaschinerie zu demontieren und sie auf die Produktion von Gütern umzurüsten, die die Armut beenden und die physischen und kognitiven Kräfte des Menschen fördern.

Im folgenden betrachten wir zwei dieser riesigen Vermögensverwalter: BlackRock und State Street Corporation. Sie verkaufen Anlageprodukte wie börsengehandelte Fonds (ETFs) an Privatpersonen, insbesondere an die Superreichen in den oberen 10% der Einkommensklasse. Diese Investmentfirmen sammeln die Gelder ihrer Kunden, um in die großen Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman zu investieren. Die Gelder, die BlackRock und State Street anlegen, gehören technisch gesehen nicht ihnen, sondern ihren Kunden. Aber BlackRock und die Spekulanten der Wall Street nutzen diese immensen Summen, um politisch Einfluß zu nehmen und bedeutende Macht auszuüben.

BlackRock ist mit einem verwalteten Vermögen von 9,4 Billionen Dollar die größte Investmentgesellschaft der Welt. State Street ist die fünftgrößte Investmentfirma der Welt und verwaltet ein Vermögen von 3,7 Billionen Dollar. Beide sind strategisch wichtig, um Blutgeld aus der Rüstungsindustrie zu saugen und gleichzeitig den Rüstungskonzernen die Kriegspolitik der Londoner City und der Wall Street zu vermitteln.

BlackRock

Rund 35 Millionen Menschen investieren in die 1300 Anlageinstrumente von BlackRock, wie börsengehandelte Fonds (ETFs), Geldmarktfonds usw. Seit 2008 hat BlackRock sein verwaltetes Vermögen von 1,3 Billionen US-Dollar auf 9,4 Billionen US-Dollar gesteigert, das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 15%.

Betrachten wir einige der Führungskräfte von BlackRock:

Laurence Fink, der Gründer und CEO von BlackRock, begann seine Karriere bei der Investmentbank First Boston Corporation, die sich auf den Markt für spekulative Fusionen und Übernahmen spezialisiert hatte. Fink war maßgeblich an der Popularisierung und Ausweitung des Marktes für hypothekenbesicherte Wertpapiere und an der Immobilienblase beteiligt. Als diese Blase platzte, war das ein Auslöser des Crashs von 2007-09, der beinahe das Weltfinanzsystem zum Einsturz brachte. 1986 verloren Fink und seine Abteilung 100 Millionen Dollar bei einer mißglückten Zinsspekulation.

1986 gründeten Fink und einige seiner Kollegen bei First Boston das Investmentunternehmen BlackRock. Im Laufe der Jahre sicherte sich Fink Geld aus unbekannten Quellen, um ein Unternehmen nach dem anderen zu übernehmen. Am 1. Dezember 2009 übernahm BlackRock die britische Barclays Global Investors (BGI), einen der weltweit größten Vermögensverwalter. Durch die Übernahme wurde das von BlackRock verwaltete Vermögen von 1,44 Billionen auf 3,29 Billionen Dollar mehr als verdoppelt. Damit war BlackRock der größte Investmentfonds der Welt. Fink profitierte dabei vom großen Crash 2007, wie er der Financial Times am 6. Mai 2019 sagte: „Ohne die Finanzkrise hätten wir den Kauf von BGI nicht durchführen können.“

Fink gewann immer mehr Einfluß auf Politiker und Banker. Er arbeitete mit dem Gouverneur der Bank von England Mervyn King und dem Federal-Reserve-Chef Ben Bernanke zusammen, und er stand im Mittelpunkt der Bemühungen zur Rettung des spekulativ aufgeblähten monetaristischen Weltfinanzsystems (anstatt es sinnvollerweise zu begraben und durch ein Hamiltonisches System zu ersetzen).

Vanity Fair beschreibt in einem Artikel vom 2. März 2010 mit dem Titel „Larry Finks 12-Billionen-Dollar-Schatten“ Finks Rolle bei der Bankenrettung: „Heute ist BlackRock durch etliche Verträge mit der Regierung faktisch der Hauptmanager von Washingtons Rettungsaktion für die Wall Street geworden. Das Unternehmen überwacht die 130 Milliarden Dollar an toxischen Vermögenswerten, die die US-Regierung im Rahmen des Verkaufs von Bear Stearns und der Rettung von AIG übernommen hat; es überwacht auch die Bilanzen von Fannie Mae und Freddie Mac – die sich zusammen auf etwa 5 Billionen Dollar belaufen – und liefert der New Yorker Fed tägliche Risikobewertungen zu den hypothekengesicherten Wertpapieren im Wert von 1,2 Billionen Dollar, die diese in dem Bemühen erworben hat, den Immobilienmarkt des Landes anzukurbeln.“

Nach dem Austrocknen des Interbank-Kreditmarktes (Overnight Treasury Repo Markt) ab September 2019 und der Verschlechterung durch die COVID-Pandemie beauftragte Federal-Reserve-Chef Jerome Powell 2020 BlackRock mit dem Ankauf von Unternehmensanleihen und gewerblichen Hypotheken für die Federal Reserve. In der Forbes-Berichterstattung vom 20. April 2020 hieß es dazu kritisch: „Ein eklatanter neuer Interessenskonflikt“. Am 21. Mai 2020 erschien in Businessweek ein Artikel mit dem Titel „In Fink We Trust: BlackRock ist jetzt der ,Vierte Zweig der Regierung'“.

Sammelpunkt für Zentralbanker

BlackRock-Führungskräfte machen Politik:

Philipp Hildebrand: Der BlackRock-Vizechef Philipp Hildebrand unterbreitete auf dem jährlichen Gipfeltreffen von Bankern, Zentralbankern und Finanzpolitikern in Jackson Hole im US-Staat Wyoming vom 22. bis 24. August 2019 einen Vorschlag für eine Art Weltdiktatur der Zentralbanken. Das Papier trug den Titel „Den nächsten Abschwung bewältigen: von unkonventioneller Marktpolitik zum beispiellosen Abschwung“ (Dealing with the Next Downturn: From Unconventional Monetary Policy to Unprecedented Downturn). Es war ein Plan, die Macht der Zentralbanken so zu stärken, daß das Weltfinanzsystem völlig umgestaltet wird.

Der Schweizer Hildebrand war früher Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, der Zentralbank des Landes gewesen. Und siehe da, zwei weitere Autoren des Papiers waren ebenfalls ehemalige Zentralbanker:

Stanley Fischer, damals leitender Berater des BlackRock-Instituts, war von 2005-13 Gouverneur der Bank of Israel und dann von 2014-17 stellvertretender Vorsitzender des U.S. Federal Reserve Board; und

Jean Boivin war von 2010-12 stellvertretender Gouverneur der Bank of Canada. Boivin war als Forschungsdirektor (Global Head of Research) für das BlackRock Investment Institute tätig.

Das ist ein wahres Konklave von Zentralbankern – wahrscheinlich das erste Mal in der Geschichte, daß ein einziges Finanzinstitut drei ehemalige Zentralbanker in der Führungsspitze hat.

Die Schlußfolgerung ihres Papiers lautet: „Es ist nicht genügend geldpolitischer Spielraum für den nächsten Abschwung vorhanden.“ Angesichts der damals extrem niedrigen Zinssätze kam eine weitere Zinssenkung nicht in Frage; auch gewisse Kürzungen im Staatshaushalt wurden ausgeschlossen. Die Lösung bestehe darin, direkt Geld in die Hände der Bevölkerung zu geben. Dazu sollte man eine sog. „Ständige Fiskalische Notfazilität“ (SEFF) einrichten, ein Geldfenster im Haushalt unter Aufsicht der Zentralbank. Die Zentralbank würde ermächtigt, darüber „private Vermögenswerte zu kaufen“.

Da es laut Gesetz der Federal Reserve nicht gestattet ist, private Vermögenswerte wie Aktien und Anleihen zu kaufen, wäre dies eine Rettungsaktion für Finanzinstitute – faktisch durch „Helikoptergeld“ – unter Umgehung geltenden Rechts. Es wäre eine Diktatur der Zentralbanker.

Sandy Boss, bis dahin Vorsitzender des Risikoausschusses der Bank von England, wechselte im April 2020 zu BlackRock und ist dort Senior Managing Director.

BlackRock im US-Finanzministerium

Wally Adeyemo: Schließlich wurde, in umgekehrter Richtung der Drehtür, Wally Adeyemo, von 2017-19 Senior Advisor bei BlackRock, zum Unterstaatssekretär im Finanzministerium der Biden-Administration ernannt. Damit hat BlackRock erheblichen Zugang zum US-Finanzministerium.

George Osborne wurde im Februar 2017 Berater von BlackRock. Osborne war von 2010-16 britischer Schatzkanzler (Finanzminister) gewesen. Er blieb bis März 2021 als Berater für BlackRock tätig und erhielt ein Gehalt von 650.000 Pfund für einen Tag Arbeit pro Woche. Osbornes eigentliche Aufgabe war die Kooperation und Koordination mit der Londoner City, um BlackRock den Weg in die höchste Finanzwelt zu ebnen.

Darüber hinaus sitzen einige wichtige Personen im Verwaltungsrat von BlackRock:

Gordon Nixon war Präsident und CEO der Royal Bank of Canada, der größten Bank Kanadas und einer der 25 größten Banken der Welt, die voll in die Geschäfte der City und der Wall Street integriert ist.

Marco Antonio Slim Domit ist Vorsitzender der mexikanischen Finanzgruppe Inbursa, die seinem Vater Carlos Slim Helu gehört – mit einem geschätzten Vermögen von 104 Milliarden Dollar einer der zehn reichsten Oligarchen der Welt. Das verschafft BlackRock massiven Zugang zu Geld.

Mark Wilson, ehemaliger Präsident und CEO der Londoner Versicherung Aviva Plc, die auf das Jahr 1696 zurückgeht. Sie ist das größte britische Unternehmen und das zwölftgrößte der Welt.

State Street Corporation

Die State Street Corporation ist mit einem verwalteten Vermögen von 3,7 Billionen Dollar das fünftgrößte Investmentunternehmen der Welt. Einer ihrer Finanzierungs- und Einflußkanäle geht bis auf die 1791 in Massachusetts gegründete Union Bank zurück, die das Geld der Möchtegern-Aristokraten („Bostoner Brahmanen“) verwaltete, die vor allem im Seehandel reich geworden waren. 1925 fusionierte die National Union Bank mit dem State Street Trust und nahm den Namen State Street an.

Wie BlackRock hat sich die State Street Corporation durch aggressive Übernahmen entwickelt. 2003 erwarb State Street für 1,5 Milliarden Dollar die Abteilung Global Securities Services (Investment-Dienstleistungen) der Deutschen Bank; 2007 übernahm sie für 4,5 Milliarden Dollar das Unternehmen Investors Bank and Trust.

2007 mußte das US-Finanzministerium State Street über den Bankenrettungsfonds TARP (Troubled Asset Relief Program) mit einer Notspritze von 2 Milliarden Dollar beispringen, um das Unternehmen vor dem Untergang zu bewahren. Dennoch nahm State Street ohne Rücksicht auf die Risiken seine aggressiven Fusionen und Übernahmen wieder auf, um andere Unternehmen aufzukaufen und supergroß zu werden.

Die im Verwaltungsrat von State Street versammelte Führung verkörpert einige der mächtigsten Unternehmen in den Strukturen der Wall Street und der City. Zum Beispiel:

Sean O'Sullivan war Group Managing Director und Group Chief Operating Officer der HSBC Holdings. HSBC mit Hauptsitz in London ist die siebtgrößte Bank der Welt. Diese Bank, ursprünglich aus der Hongkong and Shanghai Banking Corporation hervorgegangen, war die wichtigste Bank des weltweiten Opiumgeschäfts als Teil der berüchtigten globalen „Rauschgift GmbH“, schon seitdem Großbritannien im 19. Jahrhundert nach den Opiumkriegen Hongkong annektiert hatte.

Patrick de Saint-Aignan war Geschäftsführer von Morgan Stanley, einer der größten und einflußreichsten Investmentbanken der Welt.

Marie Chandoha war Präsidentin und CEO von Charles Schwab, dem größten Finanzmakler der Welt. Heute ist Schwab der größte börsennotierte Investment-Dienstleister der USA mit einem Kundenvermögen von rund 8,18 Billionen Dollar.

Donnalee DeMaio war Chief Operating Officer des Versicherungsriesen American International Group (AIG), der von Maurice „Hank“ Greenberg geleitet wurde und in zwielichtige Geschäfte verwickelt war. Der Bankrott und Beinahe-Zusammenbruch von AIG 2007-08 war ein wichtiger Moment in der Finanzkrise. AIG, ein Unternehmen mit einem Vermögen von etwa 1 Billion Dollar, hatte in großem Umfang in toxische Derivatgeschäfte mit minderwertigen Hypotheken investiert. Die Federal Reserve rettete das Unternehmen mit 180 Milliarden Dollar und übernahm die Mehrheit der Anteile.

Sara Mathew war Vorsitzende und CEO des Unternehmens Dun & Bradstreet, das kommerzielle Daten, Analysen und Forschung für Unternehmen anbietet und über eine Datenbank mit über 500 Millionen Geschäftseinträgen weltweit verfügt.

William Craig Freda war stellvertretender Vorsitzender von Deloitte, der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Welt.

BlackRock und State Street sind ganz in die höchste Ebene und politische Einflußnahme der Londoner City und der Wall Street eingebunden.1 Sie haben sich fest in die Kriegsindustrie eingeklinkt, um das Blutgeld aufzusaugen.

Wie das Schiller-Institut in seinen jüngsten Publikationen im Rahmen der Kampagne „Schwerter zu Pflugscharen“ darstellt, sind State Street und BlackRock die Hauptaktionäre der größten Rüstungskonzerne. Sie sind die beiden größten Aktionäre von Lockheed Martin, dem größten Waffenproduzenten der Welt, State Street hält 14,4% und BlackRock 6,8% der Aktien. State Street ist der größte Aktionär von Northrop Grumman, dem drittgrößten Militärunternehmen der Welt, mit einem Anteil von 9,2%. BlackRock ist der zweitgrößte Aktionär von BAE (British Aerospace), dem sechstgrößten Rüstungskonzern der Welt, mit einem Anteil von 9,9%. (Lesen Sie dazu auch unser Dossier in dieser Ausgabe, „Den Militärisch-Finanziellen Komplex auf die Produktion nützlicher Güter umstellen!” und der Artikel in Neue Solidarität 1/2024, „Die Waffenindustrie umrüsten auf Friedensproduktion”). BlackRock, State Street und die anderen riesigen Investment-Spekulanten der Wall Street sind die wichtigsten Besitzer der weltweiten Kriegsindustrie.

Über diesen Militärisch-Industriell-Finanziellen Komplex setzt die britisch geführte Oligarchie mit ihren Finanzzentren der City und der Wall Street ihre massenmörderische Politik von Krieg und Zerstörung um. Dabei stützt sie sich zum einen auf Firmen wie BlackRock, State Street Corp, HSBC Bank und JP Morgan Chase und zum anderen auf Institutionen wie das Royal United Services Institute (RUSI).

Wir werden den Militärisch-Industriell-Finanziellen Komplex entmachten, die Kriegsmaschinerie demontieren und ihre industriellen Anlagen und Arbeitsplätze dafür verwenden, nützliche Güter für den Fortschritt der Menschheit zu erzeugen.


Anmerkung

1. Aufsichtsratsvorsitzender von BlackRock Deutschland von 2015-2020 war übrigens Friedrich Merz, der heutige Vorsitzende der CDU und der Bundestagsfraktion seiner Partei.