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Am 25. Dezember berichtete die arabische Nachrichtenseite Ultra Palestine, Israel habe in Gesprächen mit katarischen Vermittlern die Freilassung des führenden Fatah-Mitglieds Marwan Barghuti und des Leiters der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PLFP) Ahmad Saadat angeboten. Die Angaben von Ultra Palestine stammen vom PFLP-Beauftragten für internationale Beziehungen Maher Al-Taher, der an den Verhandlungen beteiligt ist.
Al-Taher teilte Ultra Palestine am 25. Dezember mit, der israelische Unterhändler habe vier Tage zuvor über den katarischen Vermittler einen Sieben-Punkte-Vorschlag vorgelegt. Die Widerstandsgruppen hätten ihn jedoch abgelehnt, weil er weder die Einstellung der Aggression gegen den Gazastreifen noch die Freilassung aller in israelischen Gefängnissen inhaftierten Palästinenser vorsah.
Demnach umfaßt das israelische Angebot die folgenden Punkte:
„Erstens: eine zweiwöchige Waffenruhe, die um weitere Tage verlängert werden kann.
Zweitens: Ein Abkommen über den Austausch von ,zivilen’ Gefangenen, die von den Widerständlern in Gaza festgehalten werden, sowie gefangenen israelischen Soldatinnen, gegen eine noch zu vereinbarende Anzahl von palästinensischen Gefangenen.
Drittens: Rückzug Israels aus den Städten des Gazastreifens und Beibehaltung einer Sperre zwischen dem Norden und Süden des Streifens sowie eines Sicherheitsgürtels in den nördlichen Gebieten.
Viertens: Bereitstellung von Hilfsgütern auf nicht näher spezifizierte Weise.
Fünftens: Rückkehr der Bevölkerung in den nördlichen Gazastreifen und die Erlaubnis für Hilfsorganisationen und humanitäre Einrichtungen, Zelte aufzustellen und Hilfsangebote zu leisten.
Sechstens: Die Freilassung von wichtigen Kämpfern, darunter PFLP-Generalsekretär Ahmad Saadat und Marwan Barghuti vom Fatah-Zentralkomitee.
Siebtens: Vorbereitung der zweiten Phase, Verhandlungen über alle Gefangenen und späterer Rückzug aus dem Gazastreifen.“
Der israelische Vorschlag läßt auch darauf schließen, daß die Vereinigten Staaten nicht dagegen sind, daß die Hamas zusammen mit anderen Gaza nach dem Krieg verwaltet, aber nicht wollen, daß sie dort allein die Kontrolle hat.
Al-Taher teilte mit, eine Delegation der Volksfront werde in Ägypten die Bemühungen Katars und Ägyptens zur Beendigung der Aggression gegen den Gazastreifen erörtern. Alle Widerstandsgruppen verträten in den genannten Punkten eine einheitliche Position.
Wenn der Bericht zutrifft, würde das ein bedeutendes Zugeständnis bedeuten. Von offizieller israelischer Seite gab es jedoch keinen Kommentar dazu.
Tatsächlich hätte die Frage einer stabilen und allgemein akzeptierten palästinensischen Regierung schon vor zwei Jahrzehnten gelöst werden können.
Anläßlich der Beerdigung des verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat im Jahr 2004 verwiesen sowohl der ehemalige US-Präsidentschaftskandidat Lyndon LaRouche als auch der ehemalige US-Außenminister James Baker III auf Marwan Barghuti, Anführer der Fatah im Westjordanland, als die offensichtliche Person, die eine Einigung ermöglichen würde. Barghuti genießt unter den Palästinensern großes Vertrauen. Schon damals lag er einer Umfrage mit 51 Prozent weit vor dem Hamas-Führer Ismail Haniyya mit 28 Prozent. Das Problem war, daß Barghuti in einem israelischen Gefängnis saß. Fast 20 Jahre später befindet er sich immer noch in Haft.
Barghuti war in den 1980er Jahren vom israelischen Militär ins Exil getrieben worden, kehrte aber nach den Osloer Verträgen ins Westjordanland zurück und wurde 1996 in den Palästinensischen Legislativrat gewählt. Gemeinsam mit seinen israelischen Amtskollegen bemühte er sich, den Friedensprozeß zum Erfolg zu führen und seine Fatah von einer Widerstandsorganisation in eine zivilgesellschaftliche politische Partei umzuwandeln. Doch der massive illegale Ausbau der israelischen Siedlungen im Westjordanland 1998 zwang ihn zum Handeln, und Barghuti führte Massenproteste gegen die Siedlungen an. Ariel Scharons berüchtigter Marsch auf den Tempelberg im Jahr 2000 löste einen Aufstand der Palästinenser aus, die Intifada, deren öffentliches Gesicht Barghuti war. Er war ein Kämpfer, aber vor allem ein Kämpfer für die Zweistaatenlösung.
In einem Gastbeitrag in der Washington Post vom 15. Januar 2002 schrieb Barghuti: „Die einzige Möglichkeit für die Israelis, Sicherheit zu erlangen, ist ganz einfach, die 35-jährige israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete zu beenden. Die Israelis müssen sich von dem Mythos verabschieden, daß Frieden und Besatzung gleichzeitig möglich sind, daß eine friedliche Koexistenz zwischen Sklaven und Herren möglich ist. Der Mangel an israelischer Sicherheit ist das Ergebnis des Mangels an palästinensischer Freiheit. Israel wird erst nach dem Ende der Besatzung Sicherheit haben, vorher nicht.“
Drei Monate später, am 15. April 2002, wurde er in seinem Haus verhaftet. Seine Frau und seine vier Kinder durfte er bis heute nicht wiedersehen.
Jetzt fordern weltweit immer mehr Stimmen seine Freilassung, um Verhandlungen über eine Beilegung des Palästina-Konfliktes zu ermöglichen, darunter auch Helga Zepp-LaRouche und der frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade. Cheminade, Vorsitzender der Partei Solidarité et Progès in Frankreich, gab dazu im Dezember die folgende Einschätzung ab:
„Laut verschiedenen Quellen in den palästinensischen Befreiungsbewegungen kann nur die Freilassung von Marwan Barghuti aus dem israelischen Gefängnis die Voraussetzungen für einen Frieden in der Region schaffen. Er hatte die Osloer Abkommen (1993-95) unterstützt und war dann in dieser Frage auf den Widerstand der Hamas gestoßen. Unter dem Einfluß von Yahya Sinwar, der mit Barguthi im Gefängnis saß, hat sich die Hamas seit 2018 jedoch umorientiert.
Die Hamas hat die Existenz eines israelischen Staates nicht formell anerkannt, aber sie fordert einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967. Dies bedeutet eine faktische Anerkennung Israels außerhalb davon. Daher sind sowohl für Barghuti als auch im Prinzip für die Hamas die drei verbleibenden politischen Fragen, sobald die Existenz Israels anerkannt ist, folgende:
Barghuti spricht perfekt Hebräisch und wird von einem Teil der israelischen Geheimdienste respektiert.“
Die Freilassung Barghutis, die Einbeziehung Südwestasiens in einen „Oasenplan“, wie er von den BRICS-Plus angestrebt wird, und Helga Zepp-LaRouches Initiative „Schwerter zu Pflugscharen“ (zur Umstellung der Waffenindustrie auf zivile Produktion) sind nur ein Teil des Ideenarsenals, das allen zur Verfügung steht, die, wie der ermordete Jitzhak Rabin es nannte, „den Mut haben, ihre Axiome zu ändern“. Der Prophet Jesaja sagte: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln umschmieden; kein Volk wird mehr das Schwert gegen das andere erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.“
dea