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Neue Solidarität
Nr. 19, 9. Mai 2024

„Die weißrussische Perspektive für Dialog,
Sicherheit, Frieden und Entwicklung“

Von Pavel Schidlowski

Pavel Schidlowski ist Geschäftsträger Weißrußlands in den Vereinigten Staaten. In der Konferenz des Schiller-Instituts zum Oasenplan am 13. April sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt.)

Ich möchte der Leitung des Internationalen Schiller-Instituts für die Einberufung dieser wichtigen und zeitgemäßen Konferenz danken. Ich schätze die professionellen, profunden, nuancierten und nüchternen Vorträge der angesehenen Redner zu den Themen, die ganz oben auf der Tagesordnung der politischen Entscheidungsträger der Welt stehen und die künftige Weltordnung prägen.

Ich stimme voll und ganz mit der Aussage der Konferenzveranstalter überein, daß es unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, daß jedes Leben auf der Welt heilig ist, daß das Völkerrecht Vorrang haben muß, um Völkermord zu verhindern, und daß die wirtschaftliche Entwicklung der Motor für den Frieden sein muß. Wir in Belarus verfolgen denselben Ansatz.

Ich freue mich und fühle mich geehrt, daß ich die Gelegenheit habe, die Vision von Belarus zu den Themen unseres heutigen Panels vorzustellen: Dialog, Sicherheit, Frieden und Entwicklung – mit besonderem Augenmerk auf Südwestasien.

Wir alle wissen, daß die sich abzeichnende multipolare und gerechtere Weltordnung für den kollektiven Westen, der seine politische, finanzielle und wirtschaftliche Vorherrschaft mit allen Mitteln und um jeden Preis aufrechterhalten will, kategorisch inakzeptabel ist.

Belarus ist seit langem als Netto-Geberland für Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region bekannt. Die internationale Gemeinschaft betrachtet Belarus als eine tragende Säule der regionalen Sicherheit. Wir waren die ersten, die einseitig auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet haben. Wir waren unter den ersten, die den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa umgesetzt haben. Wir haben die „Integration der Integrationen“ im postsowjetischen Raum und darüber hinaus vorgeschlagen. Bekannt sind unsere Initiativen wie die Schaffung eines atomwaffenfreien Raums in Mittel- und Osteuropa, die Anerkennung der unterschiedlichen Entwicklungspfade der Staaten, die Einrichtung eines Helsinki-2-Dialogs und die Entwicklung des Gürtels der digitalen Nachbarschaft, um nur einige zu nennen.

Jeder kennt das Minsker Abkommen, das dazu beigetragen hat, zwischen 2015 und 2022 massive menschliche Opfer in der Ostukraine zu vermeiden, und das der einzige Weg zum Frieden in dieser Region war. Es ist nicht unsere Schuld, daß die Vereinbarungen nicht umgesetzt wurden.

Als 2022 die russische Militärische Sonderoperation in der Ukraine begann, initiierte Belarus drei Runden von Friedensgesprächen zwischen Rußland und der Ukraine und richtete diese aus. Der Vertragsentwurf wurde von den Parteien paraphiert – Rußland machte darin erhebliche Zugeständnisse –, aber irgend jemand im Westen wollte keinen Frieden in der Ukraine, sondern wollte den Krieg bis zum letzten Ukrainer. Daher wurden die Gespräche nach der vierten Runde in Istanbul ganz eingestellt.

Weißrußland könnte die Rolle einer dritten Partei bei der Lösung des Konflikts zwischen Rußland und der Ukraine spielen, sagte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko kürzlich. Erst vergangenen Donnerstag [11. April] hat Lukaschenko seine Bereitschaft erklärt, bei Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew zu helfen.

Weder die Ukrainer noch der Westen haben es nötig, die Beziehungen zu Belarus zu verschlechtern. Eine dritte Partei ist immer dann von Vorteil, wenn zwei Staaten, und hier sogar eine Nation, gegeneinander ausgespielt werden. In diesem Fall sieht es so aus, als bräuchten sowohl Rußland als auch die Ukraine ein friedliebendes, ruhiges und berechenbares Belarus.

Dialog mit allen Seiten

Belarus verfügt über einen starken Staat, der auf der Einheit und dem Patriotismus des Volkes, dem Engagement der Weißrussen für eine friedliche evolutionäre Entwicklung und der kategorischen Ablehnung zerstörerischer Farbrevolutionen beruht. Der letzte Versuch des Westens, im Jahr 2020 eine Farbrevolution in Belarus zu inszenieren, ist gescheitert – und wir haben seitdem umfassende Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, daß sich das nie wiederholen wird.

Wir bekämpfen den Informationskrieg, der gegen uns geführt wird, mit der Wahrheit. Wir haben eine landesweite, umfassende Untersuchung der Verbrechen des Völkermords eingeleitet, die von Nazideutschland und seinen Kollaborateuren am weißrussischen Volk begangen wurden. Wir stellen sicher, daß der Nazismus in Belarus nie wieder sein häßliches Haupt erhebt.

Belarus hat eine strategische Entscheidung getroffen – es wird nicht möglich sein, unser Land von Rußland loszureißen. Aber ein normaler Dialog mit dem Westen ist im Interesse beider Seiten. Weißrußland ist bereit, den Dialog mit dem Westen wieder aufzunehmen und gemeinsam nach Auswegen aus der derzeitigen Situation zu suchen. Wir appellieren an unsere westlichen Partner, die aktuelle Lage realistisch einzuschätzen und alles gründlich zu überdenken.

Die Fähigkeit, als logistisches Bindeglied zwischen Asien und Europa zu fungieren, ist die wichtigste Grundlage für die politische Ökonomie der weißrussischen Staatlichkeit. Belarus spielt eine wesentliche geostrategische Rolle in den logistischen Verkehrsnetzen zwischen Asien und Europa durch den „Nördlichen Korridor“, der über Rußland und Belarus verläuft. Die Instabilität im Nahen Osten und am Roten Meer hat die Nachfrage nach Landtransporten über diese Route erhöht.

Wir sehen enorme Vorteile in der Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen wie der Bewegung der Blockfreien Staaten, in der wir seit langem Mitglied sind. Unsere Zusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens, einschließlich Südwestasiens, hat sich erheblich weiterentwickelt. Der historische Prozeß des Beitritts von Belarus zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ist in seine letzte Phase eingetreten. Belarus hat seinen Beitritt zur BRICS-Gruppe eingeleitet. Die systematische Arbeit zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit ASEAN wurde fortgesetzt, unter anderem durch die Förderung des Antrags von Belarus auf Beitritt zum Bali-Vertrag.

In unserer Außenpolitik ist unser wichtigstes Ziel Fairneß. In unserem Handeln haben pragmatische wirtschaftliche Überlegungen Vorrang vor ideologischen Positionen. Wir haben zahlreiche Verbindungen zu internationalen Partnern im Globalen Süden und anderswo aufgebaut.

Für einen historischen Kompromiß im Nahen Osten

Zum Nahen Osten: Im Oktober 2023 äußerte Belarus seine ernste Besorgnis über die drastische Verschärfung der Lage im Nahen Osten. Wir waren zutiefst schockiert über die exorbitante Zahl von Opfern. Wir trauern mit den Angehörigen und Freunden der Verstorbenen und wünschen den Verletzten baldige Genesung.

Wir sind der Auffassung, daß jede Form von Aggression inakzeptabel ist. Opfer unter der Zivilbevölkerung sind unannehmbar. Wir rufen die Konfliktparteien auf, dringend Maßnahmen zur Deeskalation der Spannungen in der Region zu ergreifen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und Wege zur Wiederaufnahme des Dialogs zu finden, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt. Das Hauptziel ist es, einen historischen Kompromiß zu erreichen. Wir sind davon überzeugt, daß der Weg direkter Verhandlungen für eine langfristige Beilegung der palästinensisch-israelischen Krise alternativlos ist.

Belarus ist der Ansicht, daß die Schaffung eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten eine wichtige Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand, einen Wachstumsfaktor für den internationalen Handel sowie die langfristige Stabilität der Staaten in der gesamten Region darstellt. Wir sind überzeugt, daß der Frieden in der Region das ist, woran die Länder in der ganzen Welt heute interessiert sind.

Wir gehen davon aus, daß der Konflikt ausschließlich auf einer internationalen Rechtsgrundlage durch die Umsetzung des Prinzips „Zwei Staaten für zwei Völker“ gelöst werden kann.

Belarus hat den Oasenplan noch nicht geprüft, aber in Hinsicht auf das gerade Gesagte würden wir jede Initiative unterstützen, die darauf abzielt, eine langfristige und dauerhafte Lösung und Frieden zu sichern. Programme, die eine nachhaltige Entwicklung vorsehen, sind von besonderem Wert, da es sich dabei zweifellos um Lösungen handelt, von denen alle Seiten profitieren. Der Oasenplan ist ehrgeizig, aber er ergibt sich aus der Situation vor Ort und bietet Vorteile für alle Parteien. Je mehr man sich mit ihm beschäftigt, desto mehr wächst er einem ans Herz. Hoffen wir, daß die Hauptakteure und die internationale Gemeinschaft insgesamt den Appell beherzigen und sich der Initiative anschließen werden.

Ich danke Ihnen.