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Neue Solidarität
Nr. 19, 9. Mai 2024

Der Oasenplan, ein Beitrag zur
wirtschaftlichen Stabilität Südwestasiens

Von Ilja Andrejew

Ilja Andrejew ist Erster Sekretär und Experte für humanitäre Angelegenheiten an der Mission der Russischen Föderation bei den Vereinten Nationen. Im zweiten Abschnitt der Konferenz zum Oasenplan am 13. April sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen.)

Guten Tag, verehrte Kollegen. Zunächst möchte ich mich bei den Veranstaltern der heutigen Konferenz für die Gelegenheit bedanken, unsere Ansichten zur Lage im Gazastreifen und allgemein zu den Entwicklungsperspektiven der Region Südwestasien darzulegen.

Leider sind wir Zeugen einer katastrophalen humanitären Situation im Gazastreifen, wo die rücksichtslose Militäroperation Israels entgegen der Resolution 2728 des UN-Sicherheitsrates, die einen sofortigen Waffenstillstand fordert, weitergeht. Zwei zuvor angenommene Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zur Frage des Zugangs für humanitäre Hilfe sind ebenfalls „nicht wirksam“. Israel schafft weiterhin Hindernisse für die humanitären Helfer vor Ort, denen angemessene und sichere Bedingungen vorenthalten werden. Der Beschuß geht weiter und tötet Zivilisten, medizinisches und humanitäres Personal sowie Freiwillige, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Bedürftigen in dieser schwierigen Situation zu helfen.

Eines der jüngsten Beispiele ist der Angriff auf die Organisation World Central Kitchen. Leider handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfall. Dieser spezielle Fall wurde in der Öffentlichkeit breitgetreten, weil Bürger aus westlichen Ländern getötet wurden.

Unter den derzeitigen Umständen ist es natürlich wichtig und notwendig, über den Wiederaufbau Palästinas zu sprechen und das Entwicklungsparadigma der gesamten Region zu ändern, auch wenn das im Moment nicht die wichtigste Aufgabe ist. Die Hauptsache ist heute ein dringend nötiger, echter Waffenstillstand. Nur so kann die Apokalypse verhindert werden, nach der es vielleicht nichts mehr wiederaufzubauen gibt. Man muß bedenken, daß der „palästinensische Kollaps“ unweigerlich die gesamte Region erfassen wird, wenn es den Parteien nicht gelingt, in naher Zukunft ein Friedensabkommen zu schließen.

Verehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, am Vorabend der Konferenz haben die Veranstalter einen Ausschnitt aus einem Interview mit der Gründerin des internationalen Schiller-Instituts, Frau Helga Zepp-LaRouche, als „Denkanstoß“ veröffentlicht. Wir unterstützen die Hauptbotschaft in Bezug auf die Umsetzung des großangelegten Oasenplans zur Versorgung der Region mit Wasser, auch für die Bewässerung. Gerade ein solches großes internationales Infrastrukturprojekt könnte als Anreiz für die Wirtschaft Palästinas, Syriens, Jemens und anderer Länder dienen. Sein Start hätte mit Sicherheit positive Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen, auch qualifizierte, auf die Schaffung von Voraussetzungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und auf die wirtschaftliche Stabilität der gesamten Region. Das ist sicherlich eine sehr attraktive Idee.

Natürlich hängt ihre Umsetzung nicht nur vom politischen Willen der Staaten, sondern auch von erheblichen Investitionen ab. Verschiedenen Expertenschätzungen zufolge hat Israel bereits mehr als 100 Milliarden Dollar für den Krieg in Gaza ausgegeben, und dabei ist die humanitäre Hilfe, die die internationale Gemeinschaft in die Region schickt oder zu schicken versucht, um die Folgen zu bewältigen, noch gar nicht mitgerechnet. Ich lasse die Argumente zu dem Preis an Menschenleben außen vor - er läßt sich überhaupt nicht bemessen.

Stellen Sie sich einfach vor, diese Mittel könnten für friedliche Zwecke verwendet werden, was theoretisch auch im Interesse Israels sein müßte. Vielleicht hätten diese Mittel nicht ausgereicht, um ein solches Großprojekt, von dem Frau Zepp-LaRouche erzählt hat, zu realisieren, aber die Grundlage dafür wäre auf jeden Fall geschaffen worden. Wir könnten den Multiplikatoreffekt in der Wirtschaft bereits sehen, und Wachstumsanreize würden definitiv auftreten.

Es gibt auch Schätzungen der Weltbank und des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, daß der Wiederaufbau des Gazastreifens nach dem heutigen Stand rund 18 Milliarden Dollar erfordern wird. Auch die UNCTAD arbeitet an solchen Berechnungen. Aber inzwischen sind auch die Grundwasserleiter im Gazastreifen beschädigt. Daher ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu berechnen, wieviel Zeit und Geld es braucht, um eine so komplexe Umweltsituation im Gazastreifen zu verbessern.

Wir sind nach wie vor der Ansicht, daß die wirtschaftliche Entwicklung von Staaten auf der Grundlage eines offenen Handels die entscheidende Basis für Stabilität ist. Der Kampf gegen die Armut, von dem im UN-System so oft die Rede ist, beruht ebenfalls auf dem Prinzip der wirtschaftlichen Entwicklung. Es ist unmöglich, den Hunger zu beseitigen, wenn man nur verzehrfertige Lebensmittel anbietet; man muß den Bedürftigen die sprichwörtliche Angelrute geben. Die Staaten sollten Infrastrukturprojekten, auch internationalen, mehr Aufmerksamkeit schenken. Eine solche Zusammenarbeit, die auf den Grundsätzen der gegenseitigen Achtung beruht, schafft in der Tat die starken industriellen Bindungen und Gemeinsamkeiten, die es den Völkern ermöglichen, in Frieden und Harmonie zu leben.

Sehr geehrte Damen und Herren, leider ist heute nicht der beste Zeitpunkt, um über die langfristigen Aussichten für eine israelisch-palästinensische Lösung zu sprechen. Wie ich bereits sagte, besteht die Hauptaufgabe im Moment darin, dafür zu sorgen, daß die „eisernen Schwerter“ so schnell wie möglich wieder in die Scheide gesteckt werden. Das hält uns natürlich nicht davon ab, über neue Ansätze für die langfristige Lösung eines der komplexesten und verwirrendsten Konflikte unserer Zeit nachzudenken.

Wir sind froh, daß solche Arbeiten, auch unter der Schirmherrschaft des Schiller-Instituts, im Gange sind, und wir sind zuversichtlich, daß sie nach dem Beginn der bisher verzögerten, aber dennoch unvermeidlichen grundlegenden Veränderungen, die sowohl die palästinensische als auch die israelische Gesellschaft zunehmend verändern werden, gefragt sein werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.