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Neue Solidarität
Nr. 12, 21. März 2024

„Wenn man sieht, daß man besiegt wird,
muß man den Mut haben, zu verhandeln“

Von Alexander Hartmann

Mit diesen Worten hat Papst Franziskus die Ukraine zu Verhandlungen ermutigt, um den Krieg mit Rußland zu beenden, bevor es zu spät ist. In einem Interview mit dem französischsprachigen Schweizer Sender RTS,aus dem am 9. März vorab Auszüge gezeigt wurden und das am 20. März in der Kultursendung „Cliché“ vollständig ausgestrahlt wird, wurde der Papst gefragt: „In der Ukraine fordern einige den Mut zur Kapitulation, zur weißen Fahne. Aber andere sagen, das würde die stärkere Partei legitimieren. Was sagen Sie dazu?“

Papst Franziskus antwortete: „Das ist die eine Interpretation. Aber ich glaube, der Stärkere ist derjenige, der die Situation sieht, der an die Menschen denkt, der den Mut zur weißen Fahne hat, um zu verhandeln… Das Wort ‚verhandeln‘ ist ein mutiges Wort. Wenn man sieht, daß man besiegt wird, daß die Dinge nicht gut laufen, muß man den Mut haben, zu verhandeln. Sie mögen sich schämen, aber mit wie vielen Toten wird es enden? Verhandeln Sie rechtzeitig; suchen Sie nach einem Land, das vermitteln kann. Heute, zum Beispiel im Krieg in der Ukraine, gibt es viele, die vermitteln wollen. Die Türkei hat sich dafür angeboten. Und andere. Schämen Sie sich nicht, zu verhandeln, bevor die Dinge noch schlimmer werden.“

Der Papst hat oft angeboten, persönlich bei Friedensverhandlungen zu helfen, sowohl in der Ukraine als auch im israelisch-palästinensischen Konflikt. Franziskus sagt in dem Interview, er habe einen Brief an die „Juden Israels“ geschrieben, um über die Situation nachzudenken. Verhandlungen seien niemals eine Kapitulation, sondern der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu treiben. Er sprach auch über seine täglichen Telefonate mit der Gemeinde in Gaza, wo 600 Menschen Zuflucht gefunden haben und ihre Situation mit ihm besprechen. Es sei ein militärischer und ein Guerillakrieg, für den beide Seiten verantwortlich seien.

Es ist klar, daß die Worte des Papstes nicht oder jedenfalls nicht nur an die Ukraine gerichtet waren, sondern vor allem an die westlichen Regierungen, die Kiew zur Fortsetzung des Krieges antreiben. Dies betonte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am 10. März, als sie von der italienischen Nachrichtenagentur ANSA auf den Appell des Papstes angesprochen wurde. „So wie ich es sehe, fordert der Papst den Westen auf, seine Ambitionen zurückzustellen und zuzugeben, daß er falsch lag“, antwortete sie. Rußland habe Verhandlungen nie blockiert. „Jeder Experte, jeder Politiker, jeder Diplomat versteht heute, daß sich die Situation in der Ukraine in einer Sackgasse befindet, und deshalb rufen viele Diplomaten und Länder zu Verhandlungen auf.“

Der Westen will nicht lernen

Aber anstatt auf die Mahnungen des Papstes zu hören, reagieren die Vertreter der Kriegspartei in den westlichen Regierungen und den Medien „wie der Teufel aufs Weihwasser“. Gegen die Äußerung von Papst Franziskus wird polemisiert, sie wird als Aufruf zur Kapitulation der Ukraine verspottet. Am 11. März behauptete NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel an der Seite von Ministerpräsident Ulf Kristersson aus Schweden – dem jüngsten NATO-Mitglied –, wieder einmal, daß nur Krieg Frieden bedeute: „Wenn wir eine friedliche, dauerhafte Verhandlungslösung wollen, dann ist der Weg dorthin die militärische Unterstützung der Ukraine.“

Diese Unbelehrbarkeit der westlichen Kriegspartei ist das eigentliche Problem. Der britische Kolumnist Simon Jenkins schließt einen Kommentar im Londoner Guardian vom 5. März mit der Feststellung: „Die offenkundige Untauglichkeit westlicher Militärinterventionen über ein Vierteljahrhundert hinweg sollte uns eigentlich eine Lehre sein. Sie ist es offenbar nicht.“

Dies trifft alle diejenigen, die behaupten, Präsident Bidens jüngste Rede an die Nation sei „eine der besten aller Zeiten“ gewesen, verblendete westliche Militärs und Geheimdienstler, die immer noch für „unsere Ukraine-Politik“ werben, sowie die kriminellen Finanzinteressen, die davon profitieren, einschließlich Silicon Valley und seiner Derivate. Sie klammern sich verzweifelt an ihre seit über vier Jahrzehnten andauernden psychologischen und finanziellen Investitionen in eine „Revolution der militärisch-finanziellen Angelegenheiten“, deren Endresultat ist, daß die Welt an der Schwelle eines thermonuklearen Krieges steht.

Jenkins konstatiert, das Friedensabkommen vom Frühjahr 2022, das zwischen der Ukraine und Rußland ausgehandelt, aber auf Druck des Westens von Präsident Selenskyj fallengelassen wurde, wäre eigentlich sinnvoll gewesen. „Statt dessen erscheint die Ukraine immer mehr wie ein NATO-Söldner für westliche Generäle, die ihre Budgets aufbessern und die Spiele des Kalten Krieges ihrer Jugend wieder aufleben lassen wollen… Westeuropa hat kein denkbares Interesse daran, den Krieg in der Ukraine durch einen Schlagabtausch von Langstreckenraketen zu eskalieren… Es hat jedes Interesse daran, sich um eine baldige Einigung zu bemühen und mit dem Wiederaufbau der Ukraine zu beginnen.“ Zudem seien auch die westlichen Sanktionen, die die russische Wirtschaft lahmlegen sollten, gescheitert.

Jenkins schreibt: „Da der Konflikt in der Ukraine eine vorhersehbare Pattsituation erreicht hat, hat die Strategie der NATO jede Kohärenz verloren. Das ist der Moment, in dem solche Kriege außer Kontrolle geraten.“

Tatsächlich ist die Lage der Ukraine sogar noch schlimmer, denn es gibt keine Pattsituation: Rußland wird seinen bereits offensichtlichen militärischen Sieg konsolidieren, es sei denn, die NATO, d.h. die Vereinigten Staaten, beginnen einen Atomkrieg.

Der gleiche Wahnsinn ist überall im Westen zu beobachten. Polens Präsident und Ministerpräsident reisten am 12. März nach Washington und forderten die Stationierung weiterer US-Truppen in Osteuropa sowie eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben aller NATO-Mitgliedsstaaten von derzeit 2% auf 3% des BIP. Etliche NATO-Staaten setzen Deutschland weiter unter Druck, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern, entweder direkt oder über einen Ringtausch mit den Briten.

Bestärkt durch die Kriegspartei in den NATO-Ländern, lehnen die Machthaber in der Ukraine Verhandlungen bisher immer noch ab. Deshalb ist der NATO-Krieg mit Rußland tatsächlich dabei, außer Kontrolle zu geraten – dank der arroganten und unfähigen „Genies“ im US-Außenministerium und im britischen MI6, die die Folgen ihres Handelns nicht begreifen können oder wollen. Es ist nicht Rußland, sondern das dysfunktionale, unrettbar bankrotte Finanzsystem der Anglosphäre, das in den totalen Krieg rennt.

Die Axiome korrigieren

Die LaRouche-Bewegung und ähnlich denkende Kräfte müssen die falschen Axiome im Denken der Bürger, die diese Krise überleben wollen, korrigieren. (Fast) niemand will einen Atomkrieg. Aber wenn der Kurs nicht radikal umgekehrt wird, das bankrotte Finanzsystem nicht einem Insolvenzverfahren unterzogen wird, keine neue, fortschrittliche wirtschaftliche Plattform für Bergbau, Produktion, Landwirtschaft und Infrastruktur geschaffen wird, dann ist es unmöglich, den impulsiven Versuch einer „Erhaltung des Systems“ durch einen totalen Krieg zu entschärfen.

Ebenso wird Israels kaltblütiges Vorgehen im Gazastreifen nur noch mehr Blutvergießen in der gesamten Region und darüber hinaus garantieren, wenn die ethnische Säuberung gegen die Palästinenser nicht gestoppt wird. Das einzige, was noch schlimmer ist, als ein Feind der „regelbasierten Ordnung“ des Westens zu sein, ist, ihr Freund zu sein.

Der beste und vielleicht einzig wirksame Ausweg, der den Westen, den Globalen Süden und die BRICS-Plus-Staaten in ein gemeinsames Friedensprojekt einbindet, ist Lyndon LaRouches Oasenplan. Am 13. April veranstaltet das Schiller-Institut in Zusammenarbeit mit der Internationalen Friedenskoalition (IPC) und anderen Organisationen eine Konferenz mit dem Titel „Der Oasenplan: Die LaRouche-Lösung für Frieden durch Entwicklung zwischen Israel und Palästina und für ganz Südwestasien“. (Die Einladung zu dieser Konferenz finden Sie auf Seite 8.) Ohne eine neue strategische und entwicklungspolitische Architektur der Welt auf der Grundlage der richtigen Prinzipien, wie den Zehn Prinzipien von Helga Zepp-LaRouche, die es dem Westen ermöglichen, aus dem kulturellen Verfall des letzten halben Jahrhunderts herauszukommen, muß es zu einem thermonuklearen Krieg kommen – nicht von Rußland oder China, sondern von London und Washington ausgehend. Das ist unvermeidlich, wenn die falschen Axiome nicht geändert werden.