Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Folgen Sie uns auf
acebook
Neue Solidarität
Nr. 1, 4. Januar 2024

Den Völkermord stoppen durch globale Entwicklung

Von Marcia Merry Baker

Die Organisation „Kritisches Denken“ in Nicaragua diskutierte über eine neue globale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur.

Am 10. und 11. Dezember veranstaltete die Organisation Central American and Caribbean Critical Thought („Kritisches Denken in Mittelamerika und der Karibik“, CPCCC) aus Nicaragua eine zweitägige internationale Online-Konferenz unter dem Titel „Eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur aus der Sicht einer multipolaren Welt“, Der erste Tag wandte sich an ein weltweites Publikum, mit Simultanübersetzung vom Spanischen ins Französische, Englische und Deutsche. In überzeugenden Vorträgen und intensiven Diskussionen wurden dabei fünf Themen behandelt, etwa 250 Personen aus mindestens 15 Ländern nahmen teil, und Fragen und Kommentare kamen aus der ganzen Welt, von Weißrußland bis Peru. Der zweite Konferenztag am Sonntag richtete sich dann nur in spanischer Sprache vor allem an ein lateinamerikanisches Publikum.

Die beiden Moderatoren, Bolívar Téllez vom CPCCC aus Nicaragua und Dennis Small vom Schiller-Institut aus den USA, erläuterten in ihren Eröffnungs- und Schlußworten am ersten Tag die Bedeutung der Veranstaltung. Téllez sagte, die Konferenz sei von den „Zehn Prinzipien einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“ der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, inspiriert, und die Beratungen des Wochenendes würden sich an Zepp-LaRouches Grundsatzrede zu diesem Thema orientieren. Dabei gehe es nicht um eine bloße Reform der kaputten alten Weltordnung, sondern wie schon der Titel der Veranstaltung besagt, um eine völlig neue Architektur, die das gescheiterte bisherige Finanz- und Sicherheitssystem der Welt ablöst. Das könne nicht von Zauberhand und auch nicht über Nacht geschehen, und daher brauche man jetzt einen Dialog über eine neue konzeptionelle Architektur, an dem sich Studenten, Professoren und viele andere beteiligen. Die zweitägige Veranstaltung sei nach Themenschwerpunkten geordnet, erläuterte Téllez, um Gespräche auf mehreren Ebenen zu führen.

Dennis Small erklärte, es handele sich um die erste internationale Diskussionsveranstaltung dieser Art, aber viele weitere würden folgen. Sie sei aus dem Prozeß der Zusammenarbeit in der Internationalen Friedenskoalition (IPC) entstanden, die seit ihrer Gründung vor einem halben Jahr in wöchentlichen Internetkonferenzen zusammenkommt. Small dankte der CPCCC für die Einberufung der Konferenz. Die Teilnehmer würden darin unterschiedliche Ansichten zu Themen wie Wirtschaft, Klima und Musik hören, aber auch das gemeinsame Engagement dafür feststellen, die Welt vom Rande eines Atomkriegs und eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs wegzuholen. Es sei angemessen, daß eine solche Konferenz gerade in Mittelamerika stattfindet, wo die alte Weltordnung versagt hat, wo die Menschen Kriege und bittere Armut aus erster Hand kennen und verstehen, warum das überall auf der Welt ein Ende haben muß.

Die Teilnehmer spürten die besondere Bedeutung dieser Konferenz über eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für die Welt, nachdem am Tag zuvor das eklatante Versagen der alten Institutionen sehr deutlich geworden war, als der UN-Sicherheitsrat eine Resolution für einen Waffenstillstand zwischen Palästina und Israel nicht verabschieden konnte, weil die USA ihr Veto einlegten, obwohl 13 von 15 Ratsmitgliedern die Resolution unterstützten (Großbritannien enthielt sich). Dies geschah gegen den Willen der „globalen Mehrheit“ und der Mehrheit der US-Bürger gleichermaßen.

Viele Aspekte dieses Themas wurden von den Rednern und Anrufern erörtert, darunter auch die Frage: Wenn die ganze Welt einig ist im Entsetzen über Völkermord in Gaza und dessen Beendigung fordert, wie können wir dann gemeinsam beraten und uns für ein neues Weltwirtschafts- und Sicherheitssystem einsetzen, das alle Völker und Nationen so dringend brauchen?

Die Konferenz war ein Beispiel dafür, daß dies gelingen kann. Es gab unterschiedliche, manchmal gegensätzliche Ansichten zu verschiedenen Themen, sogar gegensätzliche Ideologien, trotzdem wurden echte Fortschritte beim Verständnis neuer Standpunkte und der Möglichkeiten der Zusammenarbeit erzielt.

© EIRNS
Karte der karibischen Projekte

Fünf Themen

Den ersten von drei Vorträgen am Samstagvormittag (Ortszeit) hielt die Gründerin und Leiterin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, zum Konferenzthema „Die neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“. Im November 2022 hatte sie ihre „Zehn Prinzipien“ dazu veröffentlicht, und sie ging in ihren Ausführungen auf jedes einzelne davon ein, mit Aktualisierungen und Präzisierungen.

So sagte sie zum Beispiel in Bezug auf das 5. Prinzip, das die globale Finanzarchitektur betrifft, man müsse die militärisch-industriellen Kapazitäten der Länder auf die wirklich notwendigen Bereiche der Wirtschaft wie Infrastruktur und Gesundheitswesen umstellen. „Klingt das zu optimistisch?“, fragte sie. Damit sei man bei dem 10. Prinzip angelangt. Tatsächlich sei es gar nicht utopisch, daß sich die Menschheit von Prinzipien des Gemeinwohls anstatt von einer bloßen Optimierung privater Interessen leiten lassen kann. (Den vollständigen Text ihrer Ausführungen finden Sie auf den Seiten 4-5 in dieser Ausgabe.)

Einer der Schwerpunkte des nächsten Vortrags, „Kapitalismus und Multipolarität“, den die Wissenschaftler Luis Guzmán und Rafael Paz Narváez vom CPCCC hielten, war die These, daß im Kapitalismus immer Gier und Profitmaximierung herrschen und er unweigerlich in Abwärtsspiralen zu Zusammenbruchsphasen führt. Ihr bebilderter Vortrag bezog sich zum Teil auf den Postdekonstruktivisten Jacques Lacan (1901-1981), dessen psychoanalytischen Ansatz sie auf den Kapitalismus anwandten. Guzmán und Paz sprachen über die Aspekte des Kapitalismus, die zu Armut und Krieg führen. Paz kritisierte vor allem, daß das „Wissens-Management“ der Gesellschaft Fesseln auferlege, was auf ein „Chaos-Management“ hinauslaufe.

Das dritte Thema des Tages war „Die Wirtschafts- und Finanzkrise und die Rolle der BRICS-Staaten“. Dennis Small erläuterte, warum der gegenwärtige finanzielle und wirtschaftliche Zusammenbruch keine konjunkturelle Krise sei, aus der eine Erholung zu erwarten ist, sondern systemisch ist. Dabei stellte er die Methode des US-Ökonomen und Staatsmannes Lyndon LaRouche (1922-2019) vor und zeigte LaRouches berühmte „Typische Kollapsfunktion“ oder „Dreifachkurve“, die illustriert, wie die Realwirtschaft zerfällt, während Finanzwerte und Geldmengen steil ansteigen - so lange, bis es zum Kollaps kommt. Small zeigte ein kurzes Video über LaRouche und die Bedeutung des Verständnisses der physischen Wirtschaft, das der renommierte russische Ökonom Sergej Glasjew 2022 anläßlich LaRouches 100. Geburtstags aufgenommen hatte.

Small widerlegte in seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion zum Abschluß des Vormittags auch die Behauptung, es gebe einen globalen „Klimanotstand“ und für die Klimaveränderungen seien die vom Menschen verursachten Emissionen verantwortlich. Er befaßte sich besonders mit Lösungskonzepten für eine neue Wirtschaftsarchitektur.

Neue Institutionen, die BRI

Der ehemalige Staatspräsident von Guyana (2011-15) Donald Ramotar hielt den vierten Vortrag, „Alternativen zum System der unipolaren Vorherrschaft der USA“. Er nannte dramatische Beispiele für die einseitige „Rechtsbeugung“ und Korruption von Institutionen wie dem UN-Sicherheitsrat, dem Internationalen Strafgerichtshof und anderen, wofür die Vereinigten Staaten, die NATO und generell die herrschenden Mächte verantwortlich seien. Ramotar betonte auch: „Die Verwüstung in Gaza hat der westlichen Demokratie die Maske heruntergerissen...“

Den fünften und letzten Vortrag des Tages hielt Ismael Cañas von der CPCCC zum Thema „Chinas Neue Seidenstraße contra Netanjahus ,Seidenstraßen‘-Vorschlag an die UN“. Cañas ging auf die Geschichte der alten Seidenstraße ein und stellte ihre moderne Version, Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI), in ihrem ganzen Umfang vor. Anschließend sprach er den „Anti-BRI-Plan“ an – den geopolitischen Plan „Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa (IMEC) -, den der israelische Ministerpräsident Netanjahu kürzlich vor der UN-Vollversammlung angepriesen hatte.

Die abschließende Diskussion war ein faszinierender Austausch über die Perspektiven der BRI, insbesondere in Süd- und Mittelamerika. Cañas und Small erörterten einige konkrete Pläne, u.a. für den Bi-Ozeanischen Eisenbahnkorridor zwischen Atlantik und Pazifik, für den drei Routen vorgeschlagen sind, für Tiefseehäfen in der Karibik in Kuba und Puerto Rico sowie für Häfen auf dem südamerikanischen Festland, in die China bereits investiert.