Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
[an error occurred while processing this directive]
Folgen Sie uns auf
acebook
Neue Solidarität
Nr. 30, 27. Juli 2023

Syrien, Grund zur Hoffnung...

Von Patricia Lalonde

Patricia Lalonde ist ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, Vizepräsidentin von Geopragma und Forscherin am Institut Prospective et Sécurité en Europe (IPSE).

Seit sieben Jahren steht das syrische Volk hinter seinem Präsidenten Baschar el Assad und sieht sich einem Angriffskrieg gegenüber, der von den drei westlichen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats inszeniert und von einer Koalition unterstützt wird, die sich „Freunde Syriens“ nennt (120 Mitglieder im Jahr 2001, ein Dutzend im April 2012).

Es war ein uneingestandenes, aber voll und ganz akzeptiertes Bündnis mit den Islamisten. 400.000 mehr oder weniger gemäßigte Dschihadisten strömten aus allen Ecken herbei, um als „Stellvertreter“ des Westens an diesem „heiligen Krieg“ teilzunehmen... All das natürlich im Namen der „Menschenrechte“ im Gefolge des Arabischen Frühlings, der im Wahn des „Regimewechsels“ Demokratie bringen sollte...

Die syrische Armee hat viereinhalb Jahre lang tapfer durchgehalten, natürlich mit Hilfe ihrer regionalen Verbündeten und der von der syrischen Regierung geforderten Intervention Rußlands, die die Situation umkehrte und im September 2015 den Beginn des Rückzugs dieser islamistischen bewaffneten Banden markierte.

Das Jahr 2018 sollte den politischen und militärischen Sieg von Baschar el Assad markieren.

Diese unglaubliche Niederlage des Westens gegen die syrische Armee hat dazu geführt, daß sich das syrische Volk hinter seinen Präsidenten gestellt hat.

Ich bin gerade von einer Reise nach Damaskus und Umgebung zurückgekehrt, die von der Vereinigung France Syria organisiert wurde und bei der wir mit zivilen und religiösen Behörden, Diplomaten, dem Kulturminister, humanitären Helfern und Journalisten zusammengetroffen sind. Alles, was wir gesehen und gehört haben, erregte bei uns einerseits Empörung über das Leid des syrischen Volkes, andererseits volle Bewunderung für dieses stolze Volk.

Das syrische Volk ist in der Tat unglaublich widerstandsfähig und stolz darauf, Widerstand geleistet und gesiegt zu haben. Die Männer und Frauen, die wir treffen konnten, waren alle von höchster Qualität und Kompetenz und haben offen ihre Meinung gesagt.

Wir waren beeindruckt von ihrer religiösen Toleranz. Denn das syrische Volk hat gelitten: 500.000 Tote, zwei Millionen Verwundete und Krüppel, sechs Millionen Vertriebene, die auf die Straße geworfen wurden. Und natürlich nicht zu vergessen die Opfer des Erdbebens vom Januar dieses Jahres.

Damaskus wurde komplett wieder aufgebaut: die Umayyaden-Moschee, die Kirchen, das Damaskus-Museum – alles wurde neu gestaltet und läßt uns den Terror vergessen, den die von den Islamisten gejagten Christen erlebt haben.

Diese armen Nonnen, die mehrere Monate lang von Daesh (ISIS) entführt worden waren und sich in Maloola trafen, waren Zeugen davon. Die Stadt ist sauber. In den Straßen machen viele Generatoren den Stromausfall wett.

Syrien ist wieder der Herr seines Schicksals.

Italien und Griechenland haben ihre Botschaften wieder eröffnet, und mit Deutschland und Spanien sind Gespräche im Gange. Es ist zu hoffen, daß Frankreich diesem Beispiel folgen wird, denn der Weg nach Damaskus könnte für unsere künftigen Beziehungen zum Nahen Osten unverzichtbar und notwendig werden. Die Wiederaufnahme des Landes in die Arabische Liga, trotz des anfänglichen Widerwillens einiger Länder wie Katar, markiert den Beginn einer neuen Ära für Syrien, ob es dem Westen gefällt oder nicht.

Die Europäische Union, ein schlechter Verlierer, zuckte zusammen, und unsere französische Außenministerin Catherine Colonna wagte es, eine Erklärung abzugeben, in der sie die Entscheidung anprangerte... aber niemand schenkte ihr noch Beachtung. Das historische Abkommen zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien unter der Schirmherrschaft Pekings war ein weiterer Schock für den Westen.

Seitdem haben sich die Ereignisse überschlagen: Unmittelbar danach wurde eine chinesische Delegation in Damaskus empfangen, um über den Wiederaufbau zu sprechen; im Oman wurden Geheimverhandlungen zwischen Syrern und Amerikanern aufgenommen, ein Beweis für die Verwirrung der Amerikaner und ihre Angst, im Nahen Osten abgelöst zu werden. Der Abzug der ausländischen und vor allem der amerikanischen Truppen steht zweifellos im Mittelpunkt der Verhandlungen.

Iran, Rußland und die Arabische Liga drängen der Region nun ihre Agenda auf. Auch im benachbarten Libanon überschlagen sich die Ereignisse. Die Hisbollah, mit der man inzwischen rechnen muß, verhandelt mit Saudi-Arabien über die Unterstützung für die Wahl von Sleiman Franjie, einem Kandidaten für die bevorstehenden Wahlen, der sich für eine dringend benötigte Aussöhnung mit dem syrischen Regime einsetzt.

Der französische Präsident war zunächst dafür, aber es scheint, daß er unter Druck geraten ist. Und die Entsendung unseres ehemaligen Außenministers Jean-Yves Le Drian dürfte die Lage auch nicht gerade erleichtern. Aber ohne die Wahl eines neuen Präsidenten im Libanon abzuwarten, versuchen Damaskus und Beirut die Probleme zu lösen.

Der Beweis dafür ist das Treffen in Damaskus zwischen dem für syrische Vertriebene zuständigen Minister und seinem libanesischen Amtskollegen, der für Flüchtlinge zuständig ist. Sie einigten sich darauf, zu versuchen, die durch syrische Flüchtlinge verursachte schwere Krise in Libanon zu überwinden. Es wurde vereinbart, eine erste Welle von 180.000 Flüchtlingen so schnell wie möglich zurückzuführen.

Die Europäische Union hatte sich unnachgiebig bemüht, die Rückkehr der Syrer in ihr Heimatland zu verhindern, und es vorgezogen, ihnen im Libanon Hilfe zu leisten.

Während die Länder der Arabischen Liga und China beim Wiederaufbau des Landes helfen werden, geht die Europäische Union zögernd vor, um sicherzustellen, daß die humanitäre Hilfe nicht über das syrische Regime läuft, und zieht es vor, ihren „Deal“ mit der islamistischen HTC (Hayat Tahir al Sham) in der Provinz Idlib fortzusetzen.

Der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Martin Griffith, der (nebenbei bemerkt) auch Sonderbeauftragter für den Jemen war, als der unter einer der schlimmsten humanitären Krisen litt, kämpft bei der UNO dafür, daß diese Hilfe über die Türkei in den Nordwesten Syriens gelangt, ohne über die Behörden in Damaskus zu laufen. Dabei leben die meisten Syrer in den Regionen, für die diese zuständig ist, und brauchen Hilfe.

„Humanitäre“ Heuchelei!

Die Sanktionen, die seit Beginn des Krieges gegen Syrien verhängt wurden und trotz des Erdbebens fortbestehen, wirken sich auf die syrische Bevölkerung aus. China fordert eine Verstärkung der humanitären Hilfe und die Aufhebung der illegalen Sanktionen gegen Syrien. Wir hatten Gelegenheit, in Damaskus einen jungen Amerikaner zu treffen, der Leiter einer NRO ist, deren Ziel es ist, die Sanktionen zu umgehen und das Geld direkt an die syrischen Behörden weiterzuleiten.

Einige Länder, wie Italien und Griechenland, haben sich nicht an die europäischen Anweisungen gehalten.

Archäologen stehen bereit, um dieses unglaubliche Erbe wieder zum Leben zu erwecken. Palmyra wurde wiederaufgebaut. Eine Delegation australischer Bischöfe besucht derzeit Gotteshäuser und archäologische Stätten in Aleppo.

Es ist zu befürchten, daß die europäischen Länder in ihrer Haltung zu Syrien gespalten sein werden, während gute Beziehungen zu Syrien das Tor zu den Beziehungen zum Nahen Osten und zum Globalen Süden sind.

Von Frankreich hoffen wir, daß es sich plötzlich der Fehler bewußt wird, die es gemacht hat, und der Zeit, die es verschwendet hat. Die syrischen Offiziellen, die wir getroffen haben, waren sich einig: Sie wollen keine Rache für unsere Zurückweisung.

Das syrische Volk will, daß die Tortur ein Ende hat; es will sein Land wieder aufbauen.

Einige europäische Länder sowie Länder der arabischen Welt eröffnen wieder ihre Vertretungen in Damaskus und richten Kooperationsbudgets ein, während Frankreich nur noch einen französischen Vertreter für Syrien hat.

Wir dürfen uns nicht taub und blind stellen, wenn sich im regionalen Umfeld des Landes alles verändert hat.

Die internationale Gemeinschaft hat sich in zwei Gruppen von Feinden gespalten, die sich gegenseitig „ausspähen“ und sich in einer globalen Konfrontation miteinander messen: der Westen, dominant und selbstbewußt, eine sehr kleine Minderheit, und auf der anderen Seite der Rest des Planeten, die große Mehrheit der Völkergemeinschaft, die versucht, ihren rechtmäßigen Platz einzunehmen.

Syrien hat sich einen Platz im Feld der Sieger erobert und wird sich für den Wiederaufbau in erster Linie an sie wenden, aber auch an die reuigen arabischen Länder und einige europäische Länder, die ihre Beziehungen nicht abgebrochen haben: die Tschechische Republik, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Zypern, Italien und Griechenland.

Frankreichs Beziehungen zu Damaskus und zum Nahen Osten könnten uns davor bewahren, im Lager der Arroganz zu verharren, in einer Zeit, in der die Welt mehr denn je Bescheidenheit und Solidarität braucht, um die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der weltweiten Armut und den durch den Klimawandel verursachten Umwälzungen ergeben.

Die Zeit läuft ab, und Syrien, das nach dem Ersten Weltkrieg, als das Osmanische Reich zerfiel, unter französischem Mandat stand, ist im Begriff, zum Dreh- und Angelpunkt des Nahen Ostens und der arabischen Welt zu werden. Es wird endlich in der Lage sein, seinen Platz im Herzen der Geschichte einzunehmen. Lassen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen, uns wieder mit ihr zu verbinden.