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Neue Solidarität
Nr. 23, 8. Juni 2023

Klimapolitik als Geopolitik

Von Elke Fimmen

Als Jennifer Morgan, die langjährige Vorsitzende von Greenpeace, am 16.3.2022 von Außenministerin Annalena Baerbock als neue Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik vorgestellt wurde, war die Aufregung groß. Die CDU hielt die Berufung der Klimaaktivistin Morgan für inakzeptabel: Baerbock reiße damit die „Grenzen zwischen Staatlichkeit und Lobbyismus“ ein. LobbyControl und Transparency International fanden den Vorgang um Frau Morgan allerdings nicht problematisch, denn man müsse ja Fachleute von außen in die Ministerien holen können.

Frau Morgan bekam nun unter akuten Krisenbedingungen die Chance, an maßgeblicher Stelle in der deutschen Regierung eine von malthusianischen, imperialen Interessen geprägte Politik umzusetzen. Sie selbst sagt: „Ich bin mein ganzes Leben immer dorthin gegangen, wo ich den größten Unterschied machen kann mit meinem Know-How, meinen Netzwerken.“ (Süddeutsche Zeitung, 23.3.21).

Die gebürtige US-Amerikanerin war bereits über 25 Jahre an zentralen Stellen der internationalen „Klima“-Lobby sowie in Deutschland aktiv. Sie erhielt am 28.2.22 im Eiltempo ihre Einbürgerung und konnte so der Ministerin bei deren Verkündigung der Leitlinien einer deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie am 18.3.22 zur Seite stehen.

Warum die Eile? In der Aufregung der ersten Wochen nach Beginn des Ukraine-Konfliktes galt es, Deutschland auf „transatlantischen Kurs“ gegen Rußland zu halten, wogegen es ja noch eine Menge Widerstand gab.

Da Morgan sehr eng mit Professor Schellnhuber (Commander of the British Empire, CBE, und Klimaberater von Bundeskanzlerin Merkel) und auch sonst bereits an führender Stelle der deutschen Klimapolitik gearbeitet hatte, war diese Ernennung eigentlich nur ein weiterer logischer Schritt in der katastrophalen deutschen „Klima“-Politik, die sich nun nahtlos mit der transatlantischen Geopolitik und Konfrontation gegen Rußland verbinden ließ.

Genau diese Politik der „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ von Schellnhuber und seinen imperialen Auftraggebern wird von China, Indien und der Globalen Mehrheit der Menschheit entschieden abgelehnt, weil sie darin die häßliche, brutale Fratze des Kolonialismus und Rassismus erkennen. Sie wissen genau, daß Entwicklung und wirtschaftlicher Fortschritt das Hauptfeindbild der Wall Street und der Londoner City sind, deren Hauptziel es ist, ihr bankrottes Finanzempire um jeden Preis retten und jegliche Alternative dazu zu vernichten.

Am 23.3.23 berichtete die Süddeutsche Zeitung, wie Morgan in einem Interview ihre prominente neue Rolle definiert hat, unter der Überschrift: „Wir müssen Klimapolitik als Geopolitik verstehen“. Der Krieg in der Ukraine könne „eine Beschleunigung der globalen Energiewende bewirken“, sagte sie. „Jedem sei nun klar, woher Deutschland sein Öl und Gas bekommt. Ihr Ziel als ,Sonderbeauftragte‘ in der internationalen Klimapolitik sei eine möglichst breite Staaten-Allianz für das Klima.“

„Klimapolitik als Geopolitik“, das war auch die Linie von US-Präsident Biden, die dieser kurz nach seiner Amtseinführung im Januar 2021 verkündet hatte.

Unter der NATO-Sprechpuppe Annalena Baerbock wurde das deutsche Außenministerium mit der Devise „Außenpolitik = Weltinnenpolitik“ radikal umstrukturiert und die Regierung auf ideologischen Interventionismus, außen wie innen, getrimmt. Die Verlagerung der internationalen Klimapolitik aus dem Umweltministerium in das Außenministerium war ein zentraler Aspekt und Bestandteil der Koalitionsverhandlungen gewesen.

Es war dann auch nicht das Bundeskanzleramt oder das Verteidigungsministerium, das die „Nationale Sicherheitsstrategie“ entwarf, sondern das Außenministerium unter der neuen „Hyperministerin“, wie die FAZ kommentierte.

Baerbock verlangte in ihrer ganz auf Krieg eingestellten Rede dazu die uneingeschränkte „Wehrhaftigkeit im Bündnis“, die Glaubhaftmachung der nukleare Abschreckung der NATO, die nukleare Teilhabe der Bundeswehr und die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie.

Die Klimakrise bezeichnete sie als „die sicherheitspolitische Frage unserer Zeit“. Jede Tonne weniger CO2, jedes Zehntelgrad weniger an Erderwärmung sei ein Beitrag zur menschlichen Sicherheit. Klimaußenpolitik sei „ein integraler Bestandteil unserer Sicherheitsstrategie“, die Jennifer Morgan und andere im Ministerium nun gemeinsam mit anderen Ressorts auf den Weg bringen sollten, so die Ministerin. Man müsse die Zusammenarbeit „im außen-, aber auch wirtschafts-, energie-, entwicklungspolitischem Raum miteinander koordinieren“ und nicht mehr das „Gießkannenprinzip“ anwenden. Es gelte, „die meist verletzlichen Staaten... in die Zukunft zu führen, im Lichte dieser Erderwärmung“.

Besonders wandte sie sich gegen Investitionen „autoritärer Staaten“ in Europa: „... Denn Verwundbarkeit im 21. Jahrhundert, das kann eben auch sein, wenn autoritäre Staaten Milliarden von Euro in europäische Autobahnen, Straßen, Stromnetze und Häfen investieren. Deswegen stärken wir gemeinsam in der Sicherheitsstrategie, aber auch innerhalb dieser Bundesregierung, unsere außenwirtschaftlichen Instrumente. Und das ist der Kern von einer wertegeleiteten Außenpolitik. Eine wertegeleitete Außenpolitik bedeutet, gleichzeitig Werte und Interessen – auch wirtschaftliche Interessen – zu verteidigen. Weil das eine mit dem anderen ganz eng zusammenhängt...“

Eine transatlantische Klima-Partnerschaft,
die in den Nuklearkrieg führt?

Um welche oder besser wessen „Werte“ es sich bei dieser Strategie handelt, hat die bundesdeutsche Bevölkerung in der Zwischenzeit auch leidvoll erfahren: NordStream wurde mit Hilfe unserer amerikanischen Verbündeten ausgeschaltet. LNG-Flüssiggas aus den USA wird nun zu überhöhten Preisen importiert, anstatt günstiges Gas aus Rußland zu beziehen, und die deutsche Industrie, der Mittelstand, die Landwirtschaft und der Lebensstandard der Bevölkerung werden ruiniert. Auch daß amerikanische und britische neben deutschen Rüstungskonzernen mit dem immer weiter befeuerten Krieg durch Waffenlieferungen satte Gewinne machen und „Kriegswirtschaft“ ganz oben auf der Agenda der EU steht, gehört wohl zu dieser Art der „Wertschöpfung“.

US-Präsident Joe Biden machte nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt am 20.1.21 Klimafragen offiziell zu einem „wesentlichen Element der US-Außenpolitik und nationalen Sicherheit“. Am selben Tag veröffentlichte das Climate Action Team des Pentagon Artikel, die sich mit dem geopolitischen Wettbewerb um Ressourcen beschäftigten. Der „Klimawandel“ wurde – nach dem Intermezzo der Trump-Regierung – wieder zu einem festen Bestandteil der Planungen des Pentagon, während gleichzeitig die Provokationen gegen Rußland und China eskalierten.

Am 22. April 2021 brachte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auf dem UN-Klimagipfel unmißverständlich zum Ausdruck, daß „Klimaschutz“ als Vorwand für die fortgesetzte Erhaltung der geopolitisch-imperialen Agenda der „regelbasierten Ordnung“ herhalten muß. Die Klimakrise sei eine wirklich existentielle Bedrohung: „Klimawandel macht die Welt unsicherer und wir müssen handeln. Die Klimakrise ist eine zutiefst destabilisierende Kraft für unsere Welt. Die Arktis schmilzt, und der Wettbewerb um Ressourcen und Einfluß in der Region nimmt zu. Näher am Äquator drohen durch steigende Temperaturen und häufigere und intensivere Wetterereignisse in Afrika und Zentralamerika Millionen Menschen Dürre, Hunger und Vertreibung.“

Gleichzeitig verkündete die neue US-Regierung ihre veränderte Nuklearstrategie. Am 20. April 2021 veröffentlichte Stratcom, das für das US-Atomwaffenarsenal verantwortlich ist, den folgenden Tweet: „Das Spektrum der heutigen Konflikte ist weder linear noch vorhersehbar. Wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß ein Konflikt zu Bedingungen führt, die einen Gegner sehr schnell dazu bringen könnten, den Einsatz von Atomwaffen als die am wenigsten schlechte Option zu betrachten.“

Der Befehlshaber von Stratcom, Admiral Charles Richard, hatte schon im Februar 2021 Anweisung gegeben, die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges von „fast unmöglich“ auf „sehr real möglich“ heraufzustufen.

Die grüne Spitzenkandidatin Baerbock freute sich schon im Wahlkampf 2021 auf einen Neustart der amerikanisch-deutschen Allianz, eine „transatlantische Klimaallianz“, die sich primär gegen Rußland richtet. Baerbock war gegen Nord Stream 2 und sah dieses Projekt als Affront gegen die Ukraine, weil es die Energieabhängigkeit von Rußland (und vom Erdgas) erhöhe. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 25.4.2021 sagte sie: „Ich hätte schon längst Nord Stream 2 die politische Unterstützung entzogen.“ In demselben Interview rief sie auch dazu auf, wegen der Situation in der Ukraine und im Donbaß „den Druck auf Rußland zu erhöhen“.

Auch in Bezug auf China folgte sie dem Narrativ Washingtons; sie sprach von der „knallharten Machtpolitik Chinas“ mit der Neuen Seidenstraße, der „Unterdrückung der Uiguren“ und vom „Wettbewerb der Systeme“ zwischen „autoritären Kräften versus liberalen Demokratien“.

Daß sie höhere Verteidigungsausgaben forderte, um Soldaten mit mehr und besserem Material für „humanitäre Einsätze“ auszustatten, und kritisierte, Europa hätte in Syrien eingreifen sollen, um Grausamkeiten der Regierung zu verhindern, durfte nicht fehlen.

Nicht zuletzt gab auch Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank, Baerbock am 23. April 2021 anläßlich einer Pressekonferenz für ihr Engagement für „Klima- und Umweltschutz“ ihren Segen. Dies seien auch für sie „wichtige Themen“.

Mit solchen Förderern wurde Baerbock in den Sattel gehoben, mitsamt ihrer internationalen Klimazarin und dem dazugehörigen Hofstaat. Für Deutschland, Europa und die Welt ist es eine Katastrophe, die möglichst bald zu Ende gehen sollte.