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Von Rainer Apel
Eine Übersicht des von Robert Habeck (Grüne) geleiteten Bundeswirtschaftsministeriums für März 2023 zeigt einen alarmierenden Rückgang der Industrieproduktion sowie der Auftragseingänge. Besonders großen Anteil an dem Einbruch hatte die Automobilindustrie: Hier brach die Produktion im Vergleich zum Vormonat um 6,5 Prozent ein. Die Maschinenbauer produzierten 3,4 Prozent weniger. Die Bauwirtschaft meldete einen Produktionsrückgang von 4,6 Prozent. Gleichzeitig gingen die Neuaufträge im März um 10,7 Prozent zurück.
Das ist zurückzuführen auf die kombinierte Wirkung von inflationären Preisen für Rohstoffe und Energie sowie von Produktionskürzungen im Sinne der von EU-Kommission und Bundesregierung verordneten Reduzierung von CO2-Emissionen. Die Verknappung der deutschen Stromerzeugung seit der zweiten Aprilhälfte mit der Stillegung der letzten drei Kernkraftwerke wird dies noch verschärfen. Deutschland ist seit dem 15. April Importland für Strom und füllt seine Lücken jetzt mit teurem importiertem Strom aus den europäischen Nachbarländern, vor allem aus Frankreich. Diese Lücken werden zusätzlich zum Atomausstieg durch die häufig nicht erfüllten Erwartungen an die Stromerzeugung aus den unzuverlässigen Windkraftanlagen geschaffen.
All das ist die Folge der Grünen-Obsession mit der anzustrebenden „Nachhaltigkeit“ des Energiesektors, die Betriebe und Haushalte zu teuren, umfangreichen Umrüstungen in der Energieversorgung und bei Heizungsanlagen zwingt. Die Absicht, ganz aus der Versorgung mit russischem Erdgas auszusteigen, war übrigens bereits lange vor dem Ausbruch des militärischen Konflikts in der Ukraine Priorität der Grünen-Politik, die Sanktionen gegen das russische Erdgas haben ihren Ursprung hauptsächlich in der grünen Ideologie.
Die anfangs zitierten alarmierenden Zahlen über den Rückgang der industriellen Produktion werden, wenn es bei dem grünen Kurs bleibt, künftig ständiger Begleiter der Lage in Deutschland sein. Es droht ein Kahlschlag in der Industrie, der ohne Beispiel in den vergangenen 70 Jahren ist, wobei Einbrüche in der Produktion durch die bisher noch vermiedenen Rationierungen verschärft werden, mit denen jedoch bei zu erwartender ständiger Energieknappheit ganz sicher zu rechnen ist. Ganze Industriebranchen, vor allem energieintensive und mittelständische Betriebe, werden das nicht überleben, wenn kein drastischer Kurswechsel erfolgt.
Die Deindustrialisierung Deutschlands hat aber einen historischen Vorläufer in den umfangreichen Industriedemontagen der unmittelbaren Nachkriegszeit, die im wesentlichen durch den berüchtigten Morgenthau-Plan vorgegeben waren. Der im Herbst 1944 vorgelegte Plan, der nach dem amerikanischen Finanzminister Henry Morgenthau benannt ist, forderte nach der Besetzung Deutschlands die Demontage sämtlicher noch vorhandener industriellen Anlagen in Deutschland, ganz besonders im Ruhrgebiet. Auch wesentliche Teile der Transportinfrastruktur einschließlich des Nord-Ostsee-Kanals (von Morgenthau „Kielkanal“ genannt) sollten deutscher Verantwortung entzogen oder wie der Luftverkehr ganz untersagt werden. Morgenthaus Plan, der außerdem die Umsiedlung von Millionen Bewohnern des Ruhrgebiets vorsah, das ganz internationaler Kontrolle unterstellt werden sollte, wurde im September 1944 vom US-Präsidenten Roosevelt und dem britischen Premierminister Churchill auf ihrem Zusammentreffen im kanadischen Quebec unterzeichnet und galt als Blaupause für die militärische Besatzung von ganz Deutschland durch die Alliierten.
1800 industrielle Anlagen, überwiegend im britisch besetzten Nordwestdeutschland, sollten demontiert werden, wobei die Arbeiter jener Anlagen noch beim Abbau unter Aufsicht durch britische Soldaten eingesetzt wurden. Dies führte zu breiten Protesten, und der damalige CDU-Vorsitzende Konrad Adenauer, der ab Gründung der Bundesrepublik 1949 erster Bundeskanzler wurde, gehörte zu denjenigen, die den Morgenthau-Plan öffentlich scharf verurteilten und einen Kurswechsel in der Politik der Alliierten forderten. Dieser erfolgte aber erst Jahre später, nominell 1947 mit der Ankündigung der Wiederaufbaupolitik des Marshall-Plans, der sich aber erst Anfang der 50er Jahre gegen die weiterhin betriebenen Demontagen endgültig durchsetzte. Zum Glück wurden letztendlich nur etwas mehr als ein Drittel der durch den Morgenthau-Plan markierten Industrieanlagen demontiert, der Verlust für Deutschland lag also bei etwa 30 Prozent der bei Kriegsende nicht völlig zerstörten noch vorhandenen Industriekapazitäten.
Im sowjetisch besetzten Osten kam es zu noch umfangreicheren Demontagen, von der Sowjetunion mit den immensen Verlusten von über 25 Millionen Menschen und durch die Wehrmacht verursachten Zerstörungen begründet. Die ostdeutsche Industrie wurde auf 40 Prozent ihres Vorkriegsniveaus abgebaut – ein Nachteil, den die DDR während ihrer gesamten Existenz bis 1989-90 trotz aller Anstrengungen nicht überwinden konnte, sodaß sie immer hinter der Wirtschaft der Bundesrepublik zurückblieb. Wenn auch eigene sowjetische Motive im Spiel waren, so wirkte der extreme Morgenthau-Plan der Briten und Amerikaner als destruktiver Trendsetter auch für die sowjetische Besatzungspolitik. Genau davor hatten amerikanische Kritiker Morgenthaus kurz nach Bekanntwerden seines Plans 1944 gewarnt, sie konnten sich aber erst drei Jahre später mit dem Marshall-Plan durchsetzen, ohne dessen andere Zielsetzung der schnelle industrielle Wiederaufbau – das „Wirtschaftswunder“ – im westlichen Teil Deutschlands nicht möglich gewesen wäre.
Wenn die alliierte Besatzungspolitik mit Sicherheit nicht als „demokratisch“ gelten kann, so ist die laufende, mit dem angeblichen Zwang zum Klimaschutz begründete grüne Deindustrialisierung nicht weniger autoritär. Habecks ideologischer Kurs ist Kernelement der Politik dieser Bundesregierung, die in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission von einer industriefeindlichen Verordnung zur nächsten fortschreitet und schon längst dabei ist, den unter grünen und geopolitischen Vorwänden wiederbelebten Morgenthau-Plan umzusetzen. Von der führenden Industrienation Deutschland wird, wenn nicht kurzfristig eine Kurskorrektur kommt, da nicht viel übrigbleiben.