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Neue Solidarität
Nr. 21-22, 25. Mai 2023

Das kommende afghanische Wirtschaftswunder

Von Abdul Fatah Raufi,
afghanische Exilgemeinde in den Niederlanden
(Übersetzung aus dem Englischen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst möchte ich Ihnen meinen Dank und meine Anerkennung dafür aussprechen, daß Sie mir die Gelegenheit geben, auf dieser ehrenwerten Konferenz zu sprechen, und es ist mir auch eine Ehre, zu den Rednern dieser Konferenz zu gehören, die über dieses Thema diskutieren: Ohne die Entwicklung aller Nationen kann es keinen dauerhaften Frieden auf dem Planeten geben. In der Tat wird es ohne die Entwicklung aller Nationen keinen dauerhaften Frieden geben. Leider haben nur bestimmte Nationen die Chance, sich zu entwickeln, und vielen anderen wird diese Chance bewußt vorenthalten.

Lassen Sie mich darüber sprechen, was das für eine Nation bedeutet, der ich angehöre: die afghanische Nation. Außerdem vertrete ich ein Team von freiwilligen afghanischen Fachleuten im Exil, die am Projekt „Operation Ibn Sina“ arbeiten. Ich werde später in meiner Ansprache darauf zurückkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im letzten halben Jahrhundert haben viele Länder der Welt erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung ihrer Volkswirtschaften gemacht, die zur Beseitigung von Hunger, Armut, Mangel an sauberem Trinkwasser, Analphabetismus, unzureichender Gesundheitsversorgung und anderen Problemen der Unterentwicklung geführt haben.

Das beste Beispiel hierfür dürfte die Volksrepublik China sein, die viele Erfolge bei der Bewältigung der Herausforderungen in den oben genannten Bereichen erzielt hat, was sie schließlich zu einem voll entwickelten Land gemacht hat. Als sein Nachbarland wird Afghanistan definitiv von den Entwicklungserfolgen der Volksrepublik China profitieren.

Im Gegensatz zu den oben genannten Ländern war die afghanische Nation im letzten halben Jahrhundert zwei großen Invasionen ausgesetzt. Diese Invasionen haben dem afghanischen Volk alle Möglichkeiten genommen, einen Schritt in Richtung wirtschaftlicher Entwicklung zu tun, um Hunger, Armut, Arbeitslosigkeit, Analphabetismus, unzureichende Gesundheitsversorgung und andere Herausforderungen der Unterentwicklung zu beseitigen.

Außerdem haben alle Invasionen, denen das afghanische Volk ausgesetzt war, nicht nur Unterentwicklung, sondern eine Katastrophe im Leben des gesamten afghanischen Volkes verursacht, sogar im Leben derjenigen Afghanen, die diese Invasionen und Kriege unterstützt haben.

Die Kriege als Folge dieser Invasionen haben Millionen von Afghanen getötet oder dauerhaft verkrüppelt oder verwundet, und weitere Millionen von ihnen waren gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um anderswo, außerhalb ihrer Regionen oder sogar außerhalb ihres Heimatlandes, Nahrung und Unterkunft zu finden.

Die letzte NATO-Invasion und der Krieg, der von fast 50 Ländern der „zivilisierten Welt“ gegen das arme afghanische Volk geführt wurde, hat auch dem afghanischen Volk enorme Verluste, Schmerzen, Kummer und Leid gebracht. Es ist unmöglich, all diese Leiden mit Worten zu beschreiben.

Nach dem Abzug der NATO aus Afghanistan haben sie ein Volk zurückgelassen, das von Krieg, Hunger, Armut, Korruption, organisiertem Verbrechen, Krankheiten und Drogensucht verwüstet ist.

Nun sind diese Probleme nicht die Probleme der „zivilisierten Welt“, sondern die Probleme einer armen Nation, die unter den Sanktionen der „zivilisierten Welt“ steht. Nach ihrem Abzug haben sie das afghanische Volk mit Sanktionen belegt und ihr Vermögen eingefroren, was zu einer weiteren Verschlechterung der humanitären Lage in Afghanistan geführt hat.

UN-Angaben zufolge stellen afghanische Flüchtlinge nach mehr als 40 Jahren nach wie vor eine der größten und langwierigsten Vertreibungssituationen im Rahmen des Mandats des UNHCR dar. Mit einer Rekordzahl von 28,3 Millionen Menschen – zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung –, die im Jahr 2023 humanitäre Hilfe und Schutz benötigen, verschärft sich die schwere humanitäre Krise in Afghanistan weiter. Die anhaltende Krise hat dazu geführt, daß die Bemühungen zur Unterstützung der afghanischen Flüchtlinge und der Aufnahmegemeinschaften im Iran und in Pakistan, die sie seit über vier Jahrzehnten großzügig aufgenommen haben, intensiviert wurden.

Frau Mahbuba Saraj, eine US-amerikanische Staatsbürgerin afghanischer Herkunft, die heute hauptsächlich in Kabul lebt und sich für die Rechte der Frauen einsetzt, beschrieb in ihrem letzten Interview mit BBC Persian die aktuelle humanitäre Lage in Afghanistan wie folgt: „Afghanistan steht vor einer humanitären Katastrophe, und die Weltgemeinschaft unter der Führung der UNO hat kein moralisches Recht mehr, tatenlos zuzusehen. Sie sollten eine sofortige Lösung für diese Krise finden.“

Die „Operation Ibn Sina“

Sehr geehrte Damen und Herren, wie kann sich eine Nation unter solch harten und ungerechten Bedingungen entwickeln?

Während die Afghanen in Afghanistan ums Überleben kämpfen, hat eine Gruppe afghanischer Freiwilliger im Exil mit Unterstützung von Experten des Schiller-Instituts das Projekt „Operation Ibn Sina“ ins Leben gerufen, um einen Plan für die künftige wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans zu entwerfen.

Dieses Projekt ist nach Ibn Sina benannt, dem Begründer oder Vater der modernen Medizin, der in der westlichen Welt als Avicenna bekannt ist; er wurde in Balch, einer Provinz im Norden Afghanistans, geboren.

Dieser Plan wird die Afghanen in die Lage versetzen, ihr Land eigenständig wiederaufzubauen. Die Afghanen haben weltweit eine große Expertengemeinschaft, und die meisten von ihnen sind bereit, sich am Wiederaufbau ihres Landes zu beteiligen. Außerdem wird dieses Projekt von der afghanischen Regierung nachdrücklich unterstützt.

Ein weiterer Punkt, auf den ich die Aufmerksamkeit dieser ehrenwerten Konferenz lenken möchte, ist, daß wir neben traurigen Nachrichten über die humanitäre Krise in Afghanistan auch hoffnungsvolle Nachrichten von unseren Familien und Freunden erhalten:

Das afghanische Volk hat die oben genannten Privilegien wirklich verdient, nachdem es fast 50 Jahre lang unter den ausländischen Invasionen gelitten hat. All dies wurde mit begrenzten Mitteln und unter den verheerenden Sanktionen erreicht, und die großen Medien schweigen über diese Errungenschaften absolut.

Um auch Afghanistan die Möglichkeit zu geben, Hunger und Armut zu beseitigen und seine Wirtschaft zu entwickeln, möchte ich dazu aufrufen, die Sanktionen aufzuheben, die vor allem Frauen und Kindern schaden, und das Projekt der „Operation Ibn Sina“ zu unterstützen, das eine neue Hoffnung auf ein entwickeltes Afghanistan darstellt und zu dauerhaftem Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung in der Region führt.

Wenn Sie weitere Informationen über dieses Projekt wünschen, wenden Sie sich bitte an das Schiller-Institut; dort finden Sie auch die Kontaktdaten unseres Teams.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

fatah.raufi@gmail.com