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Neue Solidarität
Nr. 13, 30. März 2023

Afghanistan als Opfer geopolitischer Kriege

Von Fatah Raufi

Fatah Raufi sprach in der Internetkonferenz als Vertreter der afghanischen Exilgemeinde in den Niederlanden.

Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst möchte ich Ihnen meinen Dank und meine Anerkennung dafür aussprechen, daß Sie mir die Gelegenheit geben, meine Erfahrungen als Opfer mehrerer Invasionen und Kriege, die aus sehr engen geopolitischen Gründen geführt wurden, mit Ihnen zu teilen.

Meine Damen und Herren, ich vertrete eine Nation, die in der jüngeren Geschichte mehrfach Opfer von Invasionen und Kriegen wurde, die nicht für hohe Werte der Menschheit, sondern für sehr enge geopolitische Interessen geführt wurden. Alle diese Invasionen und Kriege, denen die Afghanen aus welchen Gründen auch immer ausgesetzt waren, haben das Leben des gesamten afghanischen Volkes und sogar das Leben derjenigen, die diese Invasionen und Kriege unterstützten, in eine Katastrophe gestürzt.

Das afghanische Volk leidet unter diesen Invasionen, denn sie zerstörten seine Dörfer und Städte, seine gesamte Infrastruktur für die Nahrungsmittelproduktion, wie landwirtschaftliche Betriebe und Bewässerungsanlagen, Schulen und Universitäten, Fabriken, Straßen und Brücken, die von einem Volk gebaut wurden, das zu den ärmsten der Welt gehört.

Diese Kriege haben Millionen Afghanen getötet, dauerhaft körperlich geschädigt oder verwundet, nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren und nicht das Glück hatten, zu entkommen.

Diese Kriege zwangen Millionen von Afghanen, ihre Heimat zu verlassen, um irgendwo außerhalb ihrer Dörfer oder sogar außerhalb ihres Heimatlandes Nahrung und Unterkunft zu finden.

Auch die letzte NATO-Invasion und der Krieg, der von fast 50 Ländern der „zivilisierten Welt“ gegen die armen Afghanen geführt wurde, haben dem afghanischen Volk enorme Verluste, Schmerzen, Kummer und Leid zugefügt, die mit Worten nicht zu beschreiben sind.

Nach dem Abzug der NATO aus Afghanistan hat das afghanische Volk nun mit großen Problemen zu kämpfen:

Wenn wir aus den genannten Problemen nur das Problem der Drogenabhängigkeit herausnehmen, dann sprechen wir von vier Millionen Menschen, die drogenabhängig sind – das sind ca. 10% der Bevölkerung Afghanistans, eine enorme Zahl. Unter diesen Süchtigen sind hochgebildete Menschen, deren Fachwissen jetzt für den Wiederaufbau des Landes dringend benötigt würde.

Warum wurden diese Menschen drogenabhängig? Weil sie jede Hoffnung auf Frieden, Sicherheit und eine Zukunft in absehbarer Zeit verloren haben. Während der NATO-Invasion lag die Vergabe aller Arbeitsplätze in den Händen hochgradig korrupter Leute, die für eine freie Stelle riesige Geldbeträge verlangten, Tausende von Dollar. Aber diese Menschen waren nicht in der Lage, eine solche Summe zu zahlen, um die Stelle zu bekommen.

Im strengen Winter dieses Jahres drohte diesen Menschen definitiv der Tod, weil die Temperatur in einigen Teilen Afghanistans auf minus 33 Grad Celsius sank. Aber zuletzt hat die Regierung Unterkünfte für sie gefunden und alle diese vier Millionen Abhängigen unter Schutz und medizinische Versorgung gestellt. Es handelt sich um eine riesige Operation mit sehr geringen finanziellen Mitteln. Das ist kein Problem der „zivilisierten Welt“, sondern ein Problem einer armen Nation, die unter den Sanktionen der „zivilisierten“ Welt steht.

Das andere große Problem Afghanistans ist die Armut; der Hauptgrund für die Armut in Afghanistan sind die aufeinanderfolgenden ausländischen Invasionen und die verheerenden Kriege, zu denen es als Folge der Invasionen kam. Man gibt dem Land keine Chance, sich von den Invasionen und Kriegen zu erholen und seine Wirtschaft wieder aufzubauen, um die Armut zu beseitigen. Indem man das gesamte afghanische Volk zur Armut verurteilt, werden die Menschenrechte des gesamten Volkes mißachtet – von Männern und Frauen, von Jungen und Alten, von Kindern und Erwachsenen – sogar die Rechte derjenigen, die Afghanistan verlassen haben und Tag und Nacht an die Zukunft ihrer zurückgelassenen Angehörigen denken.

Meine Damen und Herren, kein Krieg ist ein guter Krieg. Alle Kriege verursachen großes Leid für die Menschheit und verletzen ihre Würde. Deshalb sollte alles getan werden, um Invasionen und Kriege grundsätzlich zu verhindern. Es ist an der Zeit, friedliche Mittel zur Überwindung von Differenzen zu finden. An die Stelle von Invasionen und Kriegen sollten gegenseitiger Respekt, Austausch und gemeinsame kulturelle Werte treten.

Meiner Meinung nach hat unser Planet das Potential, die gesamte Menschheit zu ernähren und allen ein glückliches Leben zu ermöglichen. Hören wir also auf, Invasionen und Kriege zu führen, sondern fangen an, zu kooperieren, um die gesamte Menschheit zu ernähren und ihr ein glückliches Leben zu ermöglichen. Nur so werden wir die Achtung der Menschenrechte sicherstellen, die für die ganze Menschheit ohne Ausnahmen gelten.

Vielen Dank, daß Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, den Schmerz, den Kummer und das Leid eines Volkes zum Ausdruck zu bringen, das Opfer von Invasionen und Kriegen wurde, die nicht für gemeinsame Werte, sondern für sehr enge geopolitische Interessen geführt wurden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.