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Eine Internet-Konferenz des Schiller-Instituts am 12. November befaßte sich mit Wladimir Wernadskijs lebendigem Vermächtnis.
Das Schiller-Institut veranstaltete am 12. November ein internationales Online-Symposium mit dem Titel „Die physikalische Ökonomie der Noosphäre: Das Erbe Wladimir Wernadskijs wiederbeleben“. Es war der Wiederbelebung des Namens, der Methode und der Mission des großen russisch-ukrainischen Wissenschaftlers Wladimir Wernadskij (1863-1945) gewidmet. Ziel war es, wie es in der Einladung hieß, Wissenschaftler zu unterstützen und Bürger, insbesondere junge Menschen, auf der ganzen Welt zu inspirieren, sich zu treffen, „um die Bedingungen der Menschheit zu verbessern – die Noosphäre zu entwickeln.“
Die spannende siebenstündige Veranstaltung mit zwei Vortragsrunden umfaßte Vorträge von 13 Wissenschaftlern, Ingenieuren und Politikern sowie eine Live-Diskussion mit Fragen aus dem Publikum. Die Redner vertraten sechs Nationen – die USA, Rußland, Italien, Deutschland, Südafrika und Ägypten –, und die Zahl der Zuschauer, die live dabei waren, ging in die Hunderte und schnell in die Tausende.
Der erste Konferenzabschnitt hatte den Titel „Wernadskijs Revolution in Wissenschaft und Denken“; der zweite trug den Titel „Physikalische Wirtschaft: Die Entwicklung der Noosphäre“.
Konferenzmoderator Dennis Speed vom Schiller-Institut erklärte zur Eröffnung der ersten Sitzung, Wernadskijs Konzept der Noosphäre beschreibe die Dynamik, wie fundamentale Durchbrüche im Denken und Handeln der Menschheit, wenn sie im Produktionsprozeß umgesetzt werden, die Macht und die Zahl der Menschen in der Biosphäre erhöhen. So ist das menschliche Denken selbst eine geologische Kraft, die den physischen Bereich formt.
Dieses Konzept ist zutiefst kohärent mit der Methodik des Staatsmanns und Wirtschaftswissenschaftlers Lyndon H. LaRouche Jr. (1922-2019), der viel dazu beigetragen hat, Wernadskijs Beiträge bekannt zu machen, insbesondere unter einer Arbeitsgruppe junger Wissenschaftler, von denen zwei an dem Symposium teilnahmen. Zwei besonders bemerkenswerte Bücher LaRouches haben die gleiche Perspektive wie Wernadskij: The Economics of the Noösphere (2001) und Earth's Next Fifty Years (2005), ebenso wie zahlreiche Artikel. Wie Speed eingangs betonte, hatten sowohl Wernadskij als auch LaRouche ein „anti-malthusianisches Konzept“ und kein „Konstrukt der Grenzen des Wachstums“.
Zur Eröffnung des Symposiums wurde ein Video gezeigt, in dem LaRouche am 4. Mai 2001 auf einem Seminar von Wissenschaftlern und Ökonomen in Deutschland über die Idee der Noosphäre und die bewußte, interventionistische Entwicklung der Erde sprach. LaRouche sprach von „Entwicklungskorridoren“, die Eurasien umspannen sollen. Dabei handele es sich aber nicht nur um „Eisenbahnkorridore“ oder auch „Seidenstraßen“. Sie seien viel mehr, und der Bau dieser Korridore durch Zentral- und Nordasien sei eine der größten Entwicklungschancen, die es in der Geschichte der Menschheit je gegeben habe, und könne in den nächsten 25 Jahren verwirklicht werden. Er sprach davon, die „Wissenschaft der Wasserbewirtschaftung, die Wissenschaft der Wiederaufforstung ... die Wissenschaft der Atmosphäre und des Wetters“ zu nutzen. Wir sollten „die Biosphäre Zentral- und Nordasiens verändern“.
Helga Zepp-LaRouche, seine Mitdenkerin und Gründerin und Leiterin des Schiller-Instituts, bemerkte während der Diskussion, es sei „bemerkenswert, daß sich 20 Jahre später der Kontinent integriert“ und sich genau so entwickelt, wie Wernadskij und LaRouche es beschrieben hatten. Zepp-LaRouche berichtete über die Entwicklungsdynamik der Gürtel- und Straßeninitiative (BRI), der BRICS, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) und konkreter Projekte, die den eurasischen Wirtschaftsraum verändern. Man könne unsere Zeit vielleicht als die „Noo-Stufe der Zivilisation“ oder als die Zeit der „Noo-Gesellschaft“ bezeichnen.
Im Eröffnungsvortrag der ersten Sitzung, „Wernadskijs prometheisches Konzept des wissenschaftlichen Denkens als geologische Kraft“, stellte der politische Historiker und EIR-Korrespondent Bill Jones die Biographie und den Einfluß Wernadskijs vor. Die weiteren Redner und ihre Themen waren:
Das Wesen und die Bewirtschaftung von Wasser waren Thema der Präsentationen der zweiten Runde, die Rachel Brown vom Schiller-Institut moderierte. Drei der fünf Redner, die sich mit dem Nilbecken, dem Kongo- und dem Tschadbecken sowie mit Südafrika befaßten, zeigten faszinierende Perspektiven für Afrika auf.
Dr. Farouk el-Baz sprach über „Ägyptens Entwicklungskorridor“ und zeigte auf, wie in einem solchen Korridor, unmittelbar westlich des Nilverlaufs, ein ganz neuer Wirtschaftsraum – mit Landebenen, Wasser, Schienenverkehr und anderen Notwendigkeiten – geschaffen werden kann. In diesem Gebiet könnten viele Millionen Ägypter Platz finden, die sich bisher dicht gedrängt im Niltal sozusagen gegenseitig auf die Füße treten. Die ägyptische Bevölkerung liegt jetzt bei 104 Millionen und wächst weiter. Darüber hinaus kann man dieses Korridorkonzept von Ägypten aus erweitern bis ganz in den Süden nach Südafrika, wie el-Baz auf der Karte zeigte.
Dr. el-Baz, ein Weltraumgeologe, hat mehrere ägyptische Regierungen beraten. Er ist Forschungsprofessor und Direktor des Zentrums für Fernerkundung an der Universität von Boston in den USA und außerordentlicher Professor für Geologie an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Ain-Schams-Universität in Kairo. Er war einer der führenden Geologen des NASA-Mondprojekts.
Der italienische Ingenieur Andrea Mangano beschrieb „Das Transaqua-Projekt“, ein Programm zur Umleitung von Wasser aus dem Kongobecken zur Wiederauffüllung des Tschadsees und den Aufbau der damit verbundenen Energie-, Transport- und sonstigen Infrastruktur, um die gesamte Region auf eine höhere produktive Ebene zu heben. Mangano zeigte auch andere erschöpfte Flußbecken, in denen man durch menschliches Eingreifen buchstäblich neue „natürliche“ Ressourcen schaffen kann. Mangano ist ein Veteran des italienischen Ingenieurteams Bonifica, das in den 70er Jahren das ursprüngliche Transaqua-Konzept für Zentralafrika entwickelt hat.
Gaopalelwe „GP“ Santswere, ein Kernphysiker, Leitender Wissenschaftler der South African Nuclear Energy Corporation in Pretoria und Präsident der Pro-Kernkraft-Organisation African Young Generation in Nuclear (AYGN), sprach über „Afrikas Bedarf an Kernkraft und Nuklearmedizin“.
Michal Paluszek, Präsident der Firma Princeton Satellite Systems in Plainsboro/New Jersey (USA), gab einen anschaulichen Überblick über die Aussichten für die Fusionsenergie, einschließlich eines Berichts über das internationale ITER-Projekt in Frankreich. Sein Thema lautete „Neueste Entwicklungen in der Kernfusion“.
Der letzte Redner war Prof. Gerald Pollack, der über „Die vierte Phase des Wassers und des Lebens“ sprach. Er ist Professor für Bioengineering an der University of Washington in Seattle und Gründer der Jahreskonferenz über die Physik, Chemie und Biologie des Wassers.
Eine besondere Bedeutung erhielt dieses Wernadskij-Symposium auch dadurch, daß es zufällig genau zeitgleich mit der COP27-Konferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich stattfand, denn die Inhalte der Vorträge widerlegen alle die entwicklungsfeindlichen, angeblich wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Prämissen der UN-Klimakonferenz (die 1992 gegründet wurde und jetzt zum 27. Mal stattfand).
Zwei Redner der Schillerkonferenz gehören zu einer Gruppe italienischer Wissenschaftler, die vor kurzem (auf Italienisch) ein Buch mit dem Titel „Dialog über das Klima“ veröffentlicht haben, das auf einer ausgezeichneten Reihe von Vorträgen basiert, die sie im vergangenen Jahr gehalten haben, um den wachstumsfeindlichen wissenschaftlichen Betrug der „menschengemachten globalen Erwärmung“ zu widerlegen.
Eine weitere, tiefgreifende Dimension der Bedeutung des Wernadskij-Symposiums besteht darin, daß die vorgestellten Vorschläge und Initiativen die Dynamik der aufstrebenden Institutionen für eine neue globale Entwicklungs-Architektur verstärken. Viele Redner äußerten sich dazu. Jason Ross drückte es so aus: „Anti-entropisches Wachstum ist unsere Mission.“ Professor Pulinez stellte fest, dieses Symposium sollte erst der Beginn weiterer Treffen von Wissenschaftlern und Ökonomen sein, um die Debatte voranzubringen.
Helga Zepp-LaRouche betonte, der „kulturelle Optimismus, den Wernadskijs und LaRouches Werk ausstrahlt“, sei ein Beweis dafür, daß „die Malthusianer falsch liegen“. Wir können uns auf die Arbeit freuen, eine glänzende Zukunft zu schaffen.
Die gesamte Konferenz wurde auf Video aufgezeichnet und ist (in Englisch) im Internet zugänglich: https://schillerinstitute.com/blog/2022/11/11/
mgm