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Acht Vorstandsvorsitzende großer deutscher Unternehmen, die Bundeskanzler Olaf Scholz am 4. November nach China begleitet hatten, veröffentlichten in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. November eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Zusammenarbeit mit den Chinesen verteidigen, die im ureigenen Interesse Deutschlands liege. Ein Rückzug, wie von den geopolitischen Gegnern gefordert, würde Deutschland dagegen von industriellen Entwicklungsperspektiven abschneiden.
Sie begrüßen zunächst „die Intensität der öffentlichen Diskussion rund um die China-Reise von Bundeskanzler Scholz“, weil sie der Ausarbeitung der neuen China-Strategie der Bundesregierung zugute kommen werde.
In den 50 Jahren seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen seien die bilateralen Beziehungen von einer „immer engeren Kooperation beider Länder zum beiderseitigen Nutzen geprägt“ gewesen. „China hat enormes Wachstum erzielt, 800 Millionen Menschen aus der Armut in eine moderne Mittelschicht gebracht und ist heute die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.“
Deutschland habe zu dieser Entwicklung beigetragen, sei aber auch ein wichtiger Akteur in der Weltwirtschaft geworden, und die Präsenz von Unternehmen in China und anderswo leiste einen „wesentlichen Beitrag zu unserer Wettbewerbsfähigkeit“. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit China werde das Wachstum in Deutschland und ganz Europa stärken.
Allerdings müsse man die Risiken in wichtigen Bereichen wie Halbleiter, Batterien, Rohstoffe und seltene Erden diversifizieren und Abhängigkeiten verringern, wo dies notwendig ist. Die Spannungen mit Beijing in Fragen wie Taiwan und Xinjiang seien berechtigt, sollten aber im Dialog geklärt werden. Heute dagegen nehme man „eine fast ausschließliche Betonung der Rivalität der Systeme wahr – in Worten wie in Maßnahmen“.
Die acht Firmenchefs sind: Martin Brudermüller (BASF), Roland Busch (Siemens), Belen Garijo (Merck), Stefan Hartung (Robert Bosch), Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf), Jan Rinnert (Heraeus), Klaus Rosenfeld (Schaeffler), Angela Titzrath (Hamburg Port and Logistics).
Ihr Einsatz dafür, die Wirtschaftsbeziehungen zu Asien nicht von geopolitischen Erwägungen überschatten zu lassen, geht einher mit der wachsenden Einsicht führender Industrieller, daß das transatlantische Wirtschafts- und Finanzsystem, das in einer langwierigen Depression steckt, der deutschen Industrie keine großen Perspektiven bietet.
Die Dynamik im asiatisch-pazifischen Raum ist ganz anders, und das nicht nur in China. Dies wurde beim Besuch von Kanzler Scholz in Vietnam am 13. November deutlich. Obwohl Vietnam aus geopolitischer Sicht ein enger Verbündeter Rußlands ist, entwickelte es sich mit rund 350 dort tätigen deutschen Unternehmen und guten Möglichkeiten wirtschaftlicher Zusammenarbeit zum wichtigsten Partner Deutschlands in Südostasien. Für die deutschen Exporte ist die Zusammenarbeit mit solchen Ländern angesichts des Zustands der transatlantischen Partner ein Rettungsanker. Unter der doppelten Belastung durch die industriefeindlichen Vorschriften für angeblichen Umweltschutz und der durch die Rußland-Sanktionen verursachten Energieknappheit müssen sich die Unternehmen auf den Asien-Pazifik-Raum konzentrieren, sonst droht ihnen der Untergang.
rap