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Neue Solidarität
Nr. 43, 27. Oktober 2022

Nord Stream: Biden macht sich über uns lustig!

Von Ulf Sandmark,
Vorsitzender des Schiller-Instituts Schweden

Die Vereinigten Staaten haben sich von Anfang an gegen den Bau der Pipelines Nord Stream 1+2 gestellt, obwohl diese für Westeuropa von größter sicherheitspolitischer Bedeutung sind, um einen soliden Frieden in Europa auf der Grundlage einer weitreichenden und langfristigen Ost-West-Energiekooperation zu schaffen. Als Bundeskanzler Olaf Scholz am 7. Februar Washington besuchte, erreichte die amerikanische Mißachtung dieser grundlegenden Frage der Souveränität einen weiteren Tiefpunkt. Zu seiner großen Überraschung mußte der Kanzler Präsident Joseph Biden sagen hören: „Wenn Rußland in die Ukraine einmarschiert, wird es kein Nord Stream 2 geben. Wir werden dem ein Ende setzen.“ Eine Reporterin von ABC fragte daraufhin, wie das möglich wäre, schließlich unterstehe die Pipeline deutscher Kontrolle. Biden antwortete: „Ich verspreche Ihnen, wir können es bewerkstelligen!“ Scholz wurde nicht einmal konsultiert!

Als die beiden Pipelines Nord Stream 1+2 am Montag, dem 26. September, gesprengt wurden, machten sich die Vereinigten Staaten nicht einmal die Mühe, sich zu verstecken. Sie hatten ihr größtes Landungsschiff der US-Marine, die USS Kearsarge, zu einer Marineübung in die Gewässer um Bornholm geschickt, bei der unter anderem Minen mit Hilfe von ferngesteuerten unbemannten Unterwasserfahrzeugen zerstört werden sollten. Das Manöver fand zunächst im Rahmen der multinationalen NATO-Übung BALTOPS 2 und dann erneut im September statt. Aus den Flugdaten geht hervor, daß die Hubschrauber der USS Kearsarge am 3. September entlang der Pipelines im Gebiet der späteren Sprengungen flogen. Die USS Kearsarge hielt sich zu der Zeit 30 km vom Ort der Detonation von Nord Stream 1 und 50 km vom Ort der Detonation von Nord Stream 2 entfernt auf.1 Erst am Donnerstag, 22. September, verließ die USS Kearsarge mit zwei Hilfsschiffen die Ostsee durch den Fehmarnbelt, wie die deutsche Online-Zeitung Fehmarn 24 berichtet.2

Es ist klar, daß die NATO über die notwendigen Mittel verfügt, um Bomben jede Art an den Pipelines anzubringen. Die NATO war auch eindeutig in der Lage, Rußland oder andere gegnerische Nationen daran zu hindern, sich den Positionen für die Sprengungen vor Bornholm zu nähern. Schon vor der Anwesenheit der US-Marine-Einsatzkräfte war die Ostsee eines der am strengsten überwachten Gebiete der Welt.

Einige Jubelperser der NATO in Europa streuten noch skrupellos Salz in die Wunde der überrumpelten Deutschen, der ehemalige polnische Verteidigungs- und Außenminister Radek Sikorski veröffentlichte sogar ein Bild des Gasaustritts im Meer mit dem Kommentar: „USA, Thank you!“

Mehr noch als die unterwürfigen westeuropäischen Politiker wurden alle diejenigen Europäer über den Tisch gezogen, die zu Hunderttausenden gegen steigende Energie- und Lebensmittelpreise protestierten, um im Winter nicht hungern und frieren zu müssen, und die umgehende Öffnung der Nord Stream-Pipelines forderten. In den letzten Wochen haben sich die Demonstrationen in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Spanien, Tschechien, der Slowakei und Bulgarien zu einem Sturm ausgewachsen, und dabei wurde die Notwendigkeit der Beendigung der Rußland-Sanktionen und des Krieges in der Ukraine immer stärker betont.

Präsident Biden und seine verbündeten Kriegstreiber sind darauf aus, Rußland zu vernichten, indem sie die Ukrainer als Kanonenfutter benutzen und Europa noch aktiver in den aussichtslosen Krieg hineinziehen Das Ziel der NATO ist nicht der Frieden, sondern die Erhaltung der Vorherrschaft der westlichen Globalisten über die Welt. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA keinen Krieg mehr gewonnen, und jetzt, mitten in ihrer großen wirtschaftlichen und sozialen Krise, mit Schulden bis über beide Ohren, sind sie verrückt genug, einen Krieg gegen die Atommacht Rußland und auch gegen China zu führen. Die kranke Strategie der NATO beruht nur auf der Annahme, daß Rußland und China sich zurückhalten werden, aber wenn diese Nationen und ihre Verbündeten unter den Entwicklungsländern sich weigern, das Wohl ihrer Völker zu opfern, so wie es die europäischen Führer tun, dann wird die NATO der ganzen Welt einen Krieg aufzwingen.

Die Zerstörung dieser strategischen europäischen Energieinfrastruktur durch die USA richtet sich auch gegen Schweden, dem die Möglichkeit genommen wurde, die Versorgung mit überwiegend russischem Gas über die Pipeline entlang seiner Westküste wiederherzustellen.

Der schwedische Außenminister muß unverzüglich den US-Botschafter in Stockholm ins Außenministerium einbestellen, um gegen die „regelbasierte“ Entscheidung der USA zu protestieren, das souveräne Recht des schwedischen Volkes und der gesamten Europäischen Union, über unsere Energieversorgung selbst zu bestimmen, durch einen unprovozierten terroristischen Akt einzuschränken.

Die USA haben eine Sicherheitskrise in Nordeuropa geschaffen, weil der Anschlag Rußland zwingt, eine militärische Überwachung der Pipelines und Seewege in der Ostsee einzurichten. Deshalb sagt man bei uns: „Die NATO braucht Schweden nicht für den Frieden, die NATO braucht Schweden für den Krieg.“ Die NATO will unsere ehemals friedliche Weltregion für ihre eigenen und nicht für unsere Interessen nutzen, so wie das schwedische Schiller-Institut schon vor dem schwedischen NATO-Beitrittsantrag gewarnt hat.

Schweden muß seinen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO unverzüglich zurückziehen und sich für eine globale Architektur für friedliche Koexistenz und wirtschaftliche Entwicklung unter allen Nationen einsetzen – nach dem Vorbild des größten Geschenks unserer Nation an die Menschheit, der Beteiligung am Westfälischen Frieden –, für einen langfristigen Frieden unter souveränen Nationen, der auf dem Prinzip des „Nutzens des anderen“ beruht.


Anmerkungen

1. „Whodunnit?-Facts Related to the Sabotage Attack on the Nord Stream Pipelines“:
https://www.moonofalabama.org/2022/09/whodunnit-facts-related-to-the-sabotage-attack-on-the-nord-stream-pipelines.html#more

2. https://www.fehmarn24.de/fehmarn/passiert-fehmarnbelt-grosser-flottenverband-der-us-navy-91809308.html