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Neue Solidarität
Nr. 40, 6. Oktober 2022

Optimismus zur Genesung von unserer tödlichen Krankheit

Von Jacques Cheminade

Jacques Cheminade ist Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès und war mehrfach Präsidentschaftskandidat in Frankreich.

Das sind zwei Zeilen aus Lazare Carnots Ode an den Enthusiasmus.

Carnot war eine Schlüsselfigur der Französischen Revolution: Bekannt als „Organisator des Sieges“, besiegte er die Koalition aller europäischen Feudalregime gegen die Revolution. Aber er war mehr als nur ein General. Er war es, der die École Polytechnique inspirierte, die später zum Vorbild für die amerikanische Akademie West Point wurde; er war auch der erste Wissenschaftler, der den Begriff der „physischen Ökonomie“ prägte.

Darüber hinaus schrieb er Gedichte wie diese Ode, um die schöpferischen Kräfte der Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, zu feiern.

Ich beginne meine Rede damit, erstens, weil Enthusiasmus der höchste Ausdruck wahren menschlichen Optimismus ist, zweitens, weil sich seine Gedichte ausdrücklich auf Friedrich Schiller beziehen, und drittens, weil Lyndon LaRouche ihn immer als homo universalis bezeichnete, als einen Erforscher aller Wissensgebiete zum Vorteil der anderen. Er erklomm zu Lebzeiten den Gipfel des Ruhms, nachdem er sowohl die inneren als auch die äußeren Feinde der Revolution, wie die blutrünstigen Barbaren im französischen Konvent, bekämpft hatte, wurde aber am Ende aus Frankreich vertrieben und nach Magdeburg in Deutschland verbannt.

Trotz der fehlenden Anerkennung durch seine eigenen Landsleute und seiner ungerechten und erzwungenen Entmachtung beklagte er sich nie und kämpfte bis zu den letzten Momenten seines Lebens für seine Ideen, immer enthusiastisch optimistisch und in der Hoffnung, daß sich das Beste ergeben werde. Sein Engagement ist das Geheimnis eines solchen unermüdlichen Optimismus, die erhabene Blüte einer großen Seele.

Das Wort „Enthusiasmus“ stammt aus dem Altgriechischen in théo, was den inneren Gott bedeutet, der potentiell in jedem von uns steckt. Es verlangt von uns, das Universum in Resonanz mit dem Besten in uns selbst zu betrachten – unsere Fähigkeit, etwas zu schaffen, in Resonanz mit dem kontinuierlich geschaffenen Universum zu betrachten. Sie lehrt uns, sich selbstbestimmt von unserem Engagement für die höchsten Ziele leiten zu lassen und nicht fremdbestimmt von den tödlichen Gerüchten der öffentlichen Meinung.

Schauen Sie sich Johann Sebastian Bachs Jesu, meine Freude an: Das ist reiner enthusiastischer Optimismus, Freude über die Geburt Christi als Potential für das Gute und Schöne. Und Bach fügt hinzu: „Weicht, ihr Trauergeister..., dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu, meine Freude.“ Es ist die Hoffnung im Sinne eines echten Optimismus. Sie ist auch eine der drei theologischen Tugenden des Christentums, neben der Liebe und dem Glauben. Sie nimmt verschiedene Formen in den wichtigsten theologischen und moralischen Momenten der menschlichen Schöpfung an, prathidi oder apêksh im Hinduismus oder in den Worten von Konfuzius: „Bildung erzeugt Vertrauen, Vertrauen erzeugt Hoffnung, Hoffnung erzeugt Frieden.“

Pessimismus ist tödlich

Warum ist das, was ich Ihnen heute zu vermitteln versuche, so wichtig? Weil das, was man in unseren westlichen Ländern inmitten dieser potentiell tödlichen Krise für die Menschheit überall hört, nichts anderes ist als verschiedene Schattierungen von Pessimismus. „Die sind zu mächtig“; „man kann ja doch nichts machen“; „ich bin nur ein kleines Licht, könnt ihr nicht jemand anderen mobilisieren?“; „was ihr sagt, klingt gut, aber zu gut, um wahr zu werden“... usw. usw.

Ein solcher Pessimismus ist tödlich; er führt zu Passivität oder zu ohnmächtiger Wut. Das ist die wahre Tragödie unserer Zeit! Wenn eine Mobilisierung nötig ist, um unsere Nationen und die Menschheit zu retten, um unser Volk mit einem Programm für Sicherheit und Entwicklung für alle Nationen aufzuwecken – wenn sich eine Gelegenheit zum Reagieren auftut, weil die Verbrechen der Oligarchie unserem eigenen Leben und dem Leben anderer schaden, dann wird Pessimismus unser ärgster Feind. Und diejenigen, die sich „des Problems bewußt sind“, wie sie selbst sagen, aber wenig oder nichts tun, kann man nur noch als Feinde oder Prostituierte beschreiben.

Warum ist das so? Wenn man nichts tut, um andere zu retten, wenn man nicht optimistisch ist, dann weigert man sich damit, menschlich zu sein. Man gibt sich dem Schlaf der Vernunft hin, der bereits Monster hervorgebracht hat – siehe Liz Truss oder besser Powells Rede in Jackson Hole; siehe Wolodymyr Selinskyj und Joe Biden, siehe Emmanuel Macron, der ein Algorithmus für „Leben im Tod“ ist. Schauen Sie sich die Leute an, die nur pessimistisch kommentieren und nichts tun: Sie werden ein Teil dieser Gruppe – Clowns in einem Schlachthof.

Pessimismus ist ein Verbrechen gegen die Menschheit und gegen die eigene Seele. Denn wer pessimistisch ist, denkt nicht, er hat seine schöpferischen Kräfte aufgegeben. Man stellt sich damit gegen das Prinzip der Schöpfung, man wird zur Bestie, schlimmer als alle anderen. Man nimmt die Dinge als „selbstverständlich“ hin – ein Marsch zum Friedhof der Menschheit.

Also gehen wir dort nicht mit, es stinkt! Schenken wir stattdessen unserer Nation, unserer Gesellschaft und der gesamten Menschheit einen Anteil an der Unsterblichkeit, wie Lyndon LaRouche es getan hat, um im Einklang mit den Gesetzen des Universums frei zu sein. Freiheit bedeutet, neue Prinzipien zu entdecken, die die neugeborenen Babys des Geistes sind, das Erhabene zu inspirieren, um das Schlimmste zu konfrontieren.

„Sicher“, werden die Zyniker sagen, „aber Gandhi, Martin Luther King und John Kennedy wurden ermordet, Julian Assange und Lyndon LaRouche wurden ins Gefängnis geworfen.“ Nun, sie alle, jeder auf seine Weise, waren Menschen und haben ihren Teil der Unsterblichkeit erreicht, auch wenn sie, wie LaRouche sagte, aus dem Kelch von Gethsemane trinken mußten.

Manchmal ist das Leben oder die körperliche Freiheit der Preis, den man für sein Menschsein zahlen muß. Sie alle hatten ein höheres Ziel, und der gegenwärtige Zustand der Welt – die Gefahr, daß alles Schöne, das die Menschheit geschaffen hat, verschwindet, entweder durch einen Atomkrieg oder durch wirtschaftliches Chaos oder höchstwahrscheinlich beides. Dies zwingt uns, nach dem Vorbild dieser Helden zu handeln.

Der moderne Prometheus

In diesem Sinne war Lyndon LaRouche der Prometheus unserer beiden Jahrhunderte. Das ist nichts, was unseren Kamm schwellen lassen sollte, sondern eine Verantwortung, eine moralische Schuld gegenüber zukünftigen Generationen zu begleichen, die von den vergangenen Generationen eingegangen wurde. Unsere lange Geschichte von mutigen Frauen und Männern und kreativen Genies, das ist es, was auf dem Spiel steht, wenn wir optimistisch oder pessimistisch sind.

Die Frage ist, ob wir uns auf die Seite von Zeus oder von Prometheus stellen.

Zeus‘ Macht liegt in seiner Büchse der Pandora, die voller Plagen ist, voller Krankheit, Gier, Neid, Zorn und Haß auf die Menschen, deren Kreativität er als Bedrohung für sein Machtsystem fürchtet. Seine Politik ist das Teilen und Herrschen durch eine unendliche Geschichte von Familienfehden. Das Gleiche gilt für die Imperialisten der Finanzoligarchie, die die Entwicklung Chinas, eines Chinas, das der Armut ein Ende bereitet hat, als Bedrohung empfinden.

Prometheus ist nicht das, was die grünen Freaks unserer Zeit irgendwie glauben: Macht um der Macht über das Universum willen, gegen die Herrschaft des Zeus. Seine Macht liegt nicht in einer Machtdemonstration, sondern im schöpferischen Prinzip des Potentials des Feuers. Nicht für sich selbst, sondern für künftige Menschen, die das Feuer nicht fürchten und es nutzen werden, um schöpferisch auf das Universum einzuwirken, um zu wachsen und sich zu vermehren.

Prometheus fürchtet sich nicht davor, seine Macht mit den Menschen als sinnvolle Beteiligung am Schöpfungsprozeß zu teilen, so wie es in Aischylos‘ Prometheus-Figur treffend und schön zum Ausdruck kommt. Es stimmt, daß in der griechischen schwarzen Legende Zeus' Adler ewig die Leber des gefesselten Prometheus fressen soll. Aber ist es nicht unsere Aufgabe, sein Prinzip in unseren Köpfen zu entfesseln und danach zu handeln?

Wenn wir pessimistisch sind, neigen wir dazu, in der virtuellen Realität der Bildschirme zu versinken und die Euthanasie unserer Vorstellungskraft zu akzeptieren. Wir tappen in die Falle der Oligarchie: Bilder und Geld, Wahrnehmung, Frustration und Sucht.

Lyndon LaRouche prangerte die Sex-Drogen-Rock-Gegenkultur an. Wir sind mitten drin: die pessimistische Flucht vor der Realität, die die Mütter und Väter der 68er und Post-68er ihren Kindern auferlegt haben. Optimismus ist der Ausbruch aus dem Gefängnis einer süchtig machenden Gesellschaft, die auf der Gier nach Geld und der Lust an Bildern basiert, die uns glauben lassen, daß wir ein Individuum sind, während in Wirklichkeit sowohl unser Verstand als auch unsere Ersparnisse vom Feind besetzte Territorien sind!

Hören wir also auf zu denken, der Mensch sei des anderen Wolf. Andernfalls werden wir selbst zu Wölfen. Pessimismus ist an sich schon eine böse Krankheit. Hoffnung und Optimismus sind der Schlüssel zur Heilung, sowohl für den einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes, und unsere ist todkrank. Aus ökonomischer Sicht ist das Heilmittel ein Neues Bretton Woods, das allen Nationen zugute kommt: LaRouches Neues Bretton Woods.

In diesem Sinne ist die gemeinsame Erklärung von Xi Jinping und Wladimir Putin vom 4. Februar die beste Annäherung an eine Tür, die für unsere gemeinsame Zukunft geöffnet wurde. Vergleichen Sie das mit der rassistischen Ablehnung von allem, was russisch oder chinesisch ist oder zum Besten ihrer Kulturen gehört, durch die Randgruppe der westlichen „Eliten“, die mit den Schwarzen Sonnen unserer Zeit verbündet sind, deren morbides, bösartiges Licht weit über die Grenzen der Ukraine hinaus strahlt.

Natürlich verlangt eine Weltlandbrücke als geistige und physische Metapher für die gesamte Menschheit viel mehr. Es ist das, was Scott Ritter und andere vor kurzem gefordert haben: als ein Körper zu handeln, um politisch auf unsere Feinde zurückzuschlagen.

Dazu gehört auch, eine Flut des Lachens gegen sie zu entfesseln, denn Lachen ist nicht nur eine schöne Rache am ungebührlichen Respekt vor ihnen. Das Rabelaissche Lachen ist für freie Frauen und Männer unersetzlich. Unsere Denkweise zu ändern, das ist unsere unmittelbare Herausforderung, um Rückschläge oder selbstmörderische Fehler zu vermeiden und unsere Mission zu erfüllen.

Möge also unsere Freude ewig sein. Viel Spaß!