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Von Alexander Hartmann
Ein Internetseminar des Schiller-Instituts am 3. Februar befaßte sich mit den zerstörerischen Konsequenzen des „Great Reset“ und den möglichen Alternativen.
Das Schiller-Institut veranstaltete am 3. Februar ein dreieinhalbstündiges Internetseminar zum Thema „Mit dem ,Great Reset’ in den wirtschaftlichen Niedergang? Oder ein Neues Paradigma für Kooperation?“ Zu den Referenten gehörten neben der Vorsitzenden des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche und mehreren Autoren der kürzlich erschienenen E.I.R.-Studie Die Pandemie besiegen – Eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte der Sinologe Dr. Ole Doering und der Logistikexperte Dr. Uwe Behrens.
Helga Zepp-LaRouche eröffnete die Veranstaltung mit dem Thema: „Absturz in die grüne Ökodiktatur oder Kooperation für ein Weltgesundheitssystem?“ Sie beschrieb die von der globalen Pandemie und Kriegsgefahr beherrschte schreckliche Weltlage, betonte jedoch, es gebe eine Alternative zur gegenwärtigen Politik. Aber dafür sei ein anderes Denken notwendig, denn das neoliberale Modell funktioniere nicht mehr.
Schon 1971, als US-Präsident Nixon den Dollar vom Gold abkoppelte, habe ihr Ehemann, der verstorbene Ökonom Lyndon LaRouche, gewarnt, die damit eingeleitete Demontage der produzierenden Wirtschaft werde in eine Wirtschaftsdepression, Faschismus und Krieg führen. Nun fordere die Finanzwelt einen „Regimewechsel“ in der Finanzpolitik und wolle mit Hilfe der sog. „Taxonomie“ praktisch alle Aspekte des Lebens diktieren. Aber dies würde die Menschheit auf das Niveau vor der Industrialisierung zurückwerfen. Als Beispiel dafür, was dies bedeutet, verwies sie auf eine Studie über die Folgen eines langanhaltenden, großflächigen Stromausfalls, der schon nach wenigen Tagen zum Ausfall unserer lebensnotwendigen Infrastruktur und zum Zusammenbruch der Versorgung der Bevölkerung führen würde.
Der Grund für den erfolgreicheren Umgang vieler ostasiatischer Nationen, allen voran Chinas, mit der Pandemie sei deren vollkommen andere Denkweise. Sie verwies auf die Rede des chinesischen Präsidenten Xi Jinping beim „virtuellen“ Weltwirtschaftsforum, wo er im Gegensatz zu den Vertretern des „Great Reset“ eine Kooperation zur Entwicklung des globalen Südens forderte. Das sei der richtige Ansatz, betonte Frau Zepp-LaRouche, denn um die Pandemie wirklich zu besiegen, brauche die Welt ein Weltgesundheitssystem, in dem jedes Land nicht nur eine moderne medizinische Versorgung hat, sondern auch sauberes Wasser, Energie, Infrastruktur, eine produktive Landwirtschaft und Industrie.
Das Schiller-Institut fordere dies schon seit Jahrzehnten und habe seine Vorschläge hierzu in Form des Konzepts der „Weltlandbrücke“ zusammengefaßt. Die jüngsten Ansätze zur deutsch-russischen Kooperation bei der Produktion von Impfstoffen gegen COVID-19 seien ein kleiner Schritt in diese Richtung.
Als notwendige Richtschnur des Handelns verwies sie auf Lyndon LaRouches „Vier Gesetze“: Die Kasinowirtschaft muß durch die Rückkehr zum Glass-Steagall-Trennbankensystem beendet werden; in jedem Land müssen Nationalbanken zur Finanzierung der Entwicklung des Landes gegründet werden, ähnlich der Kreditanstalt für Wiederaufbau; die Nationen müssen im Rahmen internationaler Vereinbarungen eines neues Bretton-Woods-Abkommens kooperieren; und dies insbesondere beim Aufbau der Infrastruktur und in den Pionierbereichen der Wissenschaft wie der Kernfusion und der Weltraumforschung.
Der wesentliche Unterschied zwischen den Great Reset/Green Deal-Plänen der Davoser Eliten und dem globalen Weltaufbauprogramm des Schiller-Instituts liege im Menschenbild. Erstere betrachten die Menschheit als einen Parasiten, der die Welt zerstört, „aber der Mensch ist kein Parasit“.
Der Berliner Philosoph, Sinologe und Gesundheitsethiker Dr. Ole Doering sprach über das Thema: „Was man von China bei der Pandemie-Bekämpfung lernen kann.“ Er erinnerte an die berühmte „Ruck-Rede“ des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog und die spätere Feststellung dessen Nachfolgers Horst Köhler, der geforderte „Ruck“ sei ausgeblieben, weil alle auf ihn warteten, anstatt ihn gemeinsam in Gang zu setzen. Verantwortung werde ins Private verdrängt.
China hingegen habe einfach nur angewandt, was es vom Westen gelernt hat. Die Bereitschaft der Regierung zur Intervention habe nichts mit dem Kommunismus zu tun, vielmehr sei das Vermeiden von Chaos schon seit 3000 Jahren – seit der Ära der Streitenden Reiche, die er mit dem 30jährigen Krieg in Mitteleuropa verglich – eine wesentliche Priorität, dies sei tief in der chinesischen Kultur verwurzelt. Deshalb sei eine weitsichtige Perspektive in China selbstverständlich. Ökonomie werde in China noch so verstanden, wie es dem griechischen Begriff der „guten Haushaltsführung“ entspricht, als optimale Nutzung der Ressourcen, und nicht als System zur Erzielung maximaler Profite. „Wir können von China lernen, was wir bereits gewußt haben“ – insbesondere die innere Verknüpfung von Wirtschaft und Sozialethik.
Dr. med. Wolfgang Lillge, Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins Fusion aus Berlin, sprach über „Impfstoffe und Immunisierung für ein globales Gesundheitssystem“. Auch wenn die Lage in Ostasien etwas besser sei, sei COVID-19 insgesamt vollkommen außer Kontrolle, und mit der Zunahme der Fälle steige auch die Gefahr neuer Mutationen des Virus, wie sie bereits aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien gemeldet wurden. Solch neue Mutationen müßten so schnell wie möglich identifiziert werden.
Er beschrieb die Wirkungsweise der neuartigen Messenger-RNA-Impfstoffe, die er als wichtigen wissenschaftlichen Durchbruch bezeichnete. „Aber Impfungen allein werden nicht ausreichen“, es sei eine vollständige Kontrolle der Ausbreitung notwendig. Er zitierte dazu aus seiner Erklärung vom vergangenen September, in der er Massentests für die gesamte Bevölkerung gefordert hatte. Das sei aber leider nicht geschehen.
Notwendig sei eine weltweite Koordination und Strategie des Vorgehens, dafür sei der COVAX-Ansatz weltweiter Solidarität ein gutes Vorbild. Er verwies auf den Appell des südafrikanischen Präsidenten Ramaphosa, den unterentwickelten Ländern Zugang zu Impfstoffen zu ermöglichen, und unterstützte die Forderung, den Patentschutz für COVID-Impfstoffe aufzuheben: „Wir sind erst sicher, wenn alle Länder ein modernes Gesundheitssystem haben.“
Rainer Apel, Deutschland-Redakteur der Nachrichtenagentur E.I.R. in Wiesbaden, sprach über „Deutsche Medizintechnik für das Weltgesundheitssystem“. Deutschland sei weltweit nach den Vereinigten Staaten die Nummer zwei in der Medizintechnik, aber nur 2% der deutschen Medizintechnik-Exporte gehen nach Afrika. Das müsse sich ändern, denn Afrika brauche viele Krankenhäuser und Infrastruktur, Prothesen für Kriegsopfer u.v.a.m. Vor allem der Bereich der Automatisierung müsse weiterentwickelt werden. So müßten Krankenhäuser in Modulbauweise für die Massenproduktion entwickelt werden, um schnell Hunderte von Krankenhäusern aufbauen zu können.
Was jedoch fehle, sei die finanzielle Absicherung der Unternehmen. Ein Ansatz hierfür sei die deutsch-chinesische Vereinbarung über die Kooperation beim Aufbau der Infrastruktur in Afrika, die 2017 zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping getroffen wurde: „Frau Merkel muß nur zum Telefon greifen.“ Für die Finanzierung könne die von China initiierte Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) genutzt werden, in der Deutschland aufgrund seiner Erfahrungen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine wichtige Rolle spiele.
Claudio Celani vom E.I.R.-Wirtschaftsressort in Wiesbaden sprach dann über „Staatskredit zur Finanzierung des Aufschwungs“. Er griff zunächst eine Frage aus der vorangegangenen Diskussion zur Bedeutung richtiger Ernährung auf und betonte, vor allem müsse ein Mindestmaß an Ernährung für alle sichergestellt werden. Dazu müßten weltweit 1,5 Milliarden neue produktive Arbeitsplätze geschaffen werden, davon rund 30 Millionen in Europa. Dafür müßten drei Billionen Euro mobilisiert werden; das scheine sehr viel, aber die EZB habe im vergangenen Jahr allein 2 Billionen Euro eingesetzt, um die Finanzmärkte zu stützen. Das Problem sei, daß von all diesem Geld nichts in die Produktion fließe. Deshalb müsse anstelle des herrschenden Geldsystems ein Kreditsystem geschaffen werden, ein Neues Bretton Woods, wie es von Lyndon LaRouche vorgeschlagen wurde.
Dr. Uwe Behrens, Logistik-Manager i.R. in Berlin, beleuchtete dann „Chinas Erfolge bei der Pandemie- und Armutsbekämpfung“. Behrens lebte und arbeitete als Logistikexperte rund 27 Jahre in Asien und bereiste in dieser Zeit viele asiatische Länder. Im Westen herrsche Unverständnis, warum die ostasiatischen Länder so viel besser mit COVID fertig wurden. Einer der wesentlichen Gründe dafür seien die unterschiedlichen gesellschaftlichen Werte: Im Westen stehen die individuellen Rechte und Freiheiten ganz oben, im Osten soziale Harmonie und Berechenbarkeit, individuelle Interessen sollen hinter dem Interesse des Gemeinwohls zurückstehen. So sei der harte Lockdown in Wuhan allgemein akzeptiert worden, Maskentragen sei vollkommen normal, schon aus Rücksichtnahme auf die anderen.
Eine weitere Grundlage des Erfolgs sei die digitale Durchdringung der Gesellschaft. Bis zu 90% der Bevölkerung hätten Smartphones, überall sei die Corona-App installiert, und der gesamte Umgang mit Corona werde digital gesteuert. Dabei spiele auch das andere Verständnis des Staates eine große Rolle – in Europa gelte der Staat als etwas Fremdes, als ein Zwangsapparat, während in China 93% der Bevölkerung den Staat als etwas Positives betrachten; der Staat sorge für das Wohl der Bevölkerung und sei fast so etwas wie ein Teil der Familie.
Natürlich könne man nicht alles von China auf den Westen übertragen, aber man könne vieles lernen und übernehmen. Als Beispiel nannte er die Armutsbekämpfung: Während die Armut in der übrigen Welt wachse, herrsche in China ein ganz anderer Trend. Der Grund dafür sei vor allem der Ausbau der Infrastruktur, inklusive der Kommunikation. Selbst in kleinen Dörfern sei das Internet verfügbar, und es könnten dort Firmen gegründet werden, die ihre Produkte über das Internet überallhin vermarkten. Das gleiche sei auch in Afrika notwendig.
Zum Abschluß beschrieb Andrea Andromidas, E.I.R.-Energieexpertin in Wiesbaden, „Die Folgen der Dekarbonisierung für die wirtschaftliche Produktivität“. Ein wesentlicher, aber kaum diskutierter Aspekt der Dekarbonisierungspolitik sei, daß die fossilen Energieträger verschwinden sollen, weil sie die Grundlage für eine Industrialisierung darstellen. Sie skizzierte die Entwicklung der menschlichen Wirtschaft von der Nutzung von Wind- und Wasserkraft über Dampfmaschinen, die Nutzung von Kohle, Öl und Gas, den Einsatz von Verbrennungsmotoren und die Entwicklung der Kernspaltung und Kernfusion zu immer höheren Energiedichten. Dabei führe die Entwicklung von einer wetterabhängigen zu einer wetterunabhängigen Energieversorgung und von schmutzigen Industrien zu immer saubereren Industrien, bis die fossilen Energieträger schließlich nicht mehr verbrannt, sondern als industrieller Rohstoff genutzt werden. Wichtig sei dabei, daß die fossilen Energieträger ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu immer höheren Energiedichten sind, man könne nicht von Windmühlen und Wasserrädern direkt zur Kernspaltung oder Kernfusion übergehen.
Sie beschrieb dann an drei Beispielen die Folgen der Dekarbonisierungspolitik:
Deutschland werde nach dem Atomausstieg durch den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zurückgeworfen auf eine wetterabhängige Energieversorgung – ein unerhörter Vorgang, den es so in der Geschichte noch nie gegeben habe.
Im Gegensatz dazu habe China alles: Erneuerbare, Wasserkraft, alte (schmutzige) Kohlekraftwerke werden durch neue ersetzt und ergänzt, die Kernkraft wird ausgebaut, und es wird viel in die Entwicklung der Kernfusion investiert. Chinas Dekarbonisierungsstrategie ziele auf das Jahr 2060, um die Nutzung der fossilen Brennstoffe quasi auf natürlichem Wege hinter sich zu lassen.
Afrika hingegen werde es verboten, in Kohlekraft zu investieren; so werde in einem Papier der Bundesregierung argumentiert, wenn jeder Afrikaner Zugang zu elektrischem Strom erhalte, würden Hunderte von Kohlekraftwerken gebraucht, und das wolle man nicht. Für Afrika bedeute dies, daß es niemals eine Industrie entwickeln und somit auch nicht aus Armut und Elend herauskommen könne. Statt dessen wolle man in Afrika mit Windparks und Solaranlagen Wasserstoff zur Produktion von „grünem Stahl“ erzeugen – für Europa, aber nicht für Afrika, denn man wolle kein „zweites China“. Rußlands Präsident Putin habe Recht mit der Warnung in seiner Rede in Davos, die Welt werde in zwei Teile geteilt: „Der Westen marschiert zurück, die übrige Welt geht mit China voran.“
In ihrem Schlußwort betonte Helga Zepp-LaRouche nochmals, daß die selbstzerstörerische Politik des Westens die Gefahr einer nuklearen Konfrontation heraufbeschwört. Sie lud die Teilnehmer des Seminars ein, sich dem von ihr gegründeten „Komitee für die Coincidentia Oppositorum“ anzuschließen, um das vorherrschende Denken zu ändern und die Gegensätze zu überwinden.