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Neue Solidarität
Nr. 43, 28. Oktober 2021

LaRouches „Tripelkurve“ von 1995 erklärt den heutigen Zusammenbruch

Lyndon LaRouche im Wortlaut 2002

Am 12. Januar 2002 erläuterte Lyndon LaRouche bei einem Workshop in Kalifornien mit jungen Freiwilligen für seinen Wahlkampf im Rückblick die Entwicklung in den sechs Jahren seit der Vorstellung seiner „Dreifachkurve“, der „Typischen Kollapsfunktion“. Dies ist eine bearbeitete Abschrift dieses Vortrags.

© EIR
Abb. 1: Eine typische Kollapsfunktion
© EIR
Abb. 2: Der Kollaps erreicht einen kritischen Punkt der Instabilität
© EIR
Abb. 3: Das System bricht zusammen.

LaRouches Typische Kollapsfunktion
Die in LaRouches „Tripelkurve“ schematisch dargestellte Kollapsfunktion der Wirtschaft wird ausgelöst durch ein Schrumpfen der produzierenden Wirtschaft, während gleichzeitig das Finanzvolumen (Schulden) und die Geldmenge (Gelddrucken) geometrisch anwachsen (vgl. Abbildung 1).
   Es gibt einen ominösen „Kreuzungspunkt“, wenn das Gelddrucken (wie seit 2008 der Fall) noch schneller zunimmt als die Schulden, die damit gestützt werden sollen, und beides die produzierende Wirtschaft noch schneller schrumpfen läßt (vgl. Abbildung 2).
   Schließlich werden, wenn die Schuldenmassen nicht mehr bedient werden können und zusammenbrechen, die Währungen von Hyperinflation erfaßt (vgl. Abbildung 3).

Ende 1995 war ich Gast bei einer Konferenz im Vatikan, auf der es allgemein um das Gesundheitswesen ging. Als Beitrag für die Dokumentation dieser Konferenz verfaßte ich einen kurzen Bericht über damit zusammenhängende Probleme und legte eine grafische Darstellung des Kerns meines Berichts darüber vor, wohin sich die Weltwirtschaft in Europa, den Vereinigten Staaten und anderswo entwickelt und wie sich dies auf die Gesundheitsversorgung auswirken würde. Das war die berühmte Dreifachkurve (Abbildung 1).

Wie Sie sich erinnern, gab es zwei aufeinanderfolgende Versionen der Dreifachkurve. Die eine war diejenige, die ich 1995 für diese Veranstaltung im Vatikan erstellte und die ich dann als ein Schlüsselelement meines Präsidentschaftswahlkampfs 1996 reproduzierte. Die zweite Version wurde auf der Grundlage der Studie von 1999-2000 erstellt, in der genau untersucht wurde, wohin sich die Funktion der Dreifachkurve entwickelt. Ich zeige darin den „Kreuzungspunkt“ an, an dem wir uns gerade befinden (Abbildung 2).

Ich möchte Sie nur daran erinnern und dann zu dem kommen, worum es mir geht.

Sie erinnern sich an die Grafik. Die obere Kurve steht für eine Art hyperbolisches, sich selbst nährendes Wachstum von Finanzaggregaten – was man als „Shareholder Values“ bezeichnen könnte – nominale Aktienwerte, wie sie von Buchhaltern ausgewiesen werden, und ähnliches.

Dann gab es eine zweite Kurve, sie steht für die Ausweitung der Geldmenge durch Staatsanleihen, Zentralbanken usw., die die Geldzufuhr beschleunigen, um das Wachstum dieser Finanzblase zu unterstützen.

Die andere Tendenz, die ich bis auf das Jahr 1971 datiere, ist der immer raschere Rückgang der realen, physischen Produktion und des realen Verbrauchs, gemessen am Produktionspotential pro Kopf und pro Quadratkilometer. Das ist die untere Kurve. Die untere Kurve verläuft abwärts, die beiden oberen Kurven verlaufen aufwärts.

Die zweite Version, bei der ich mich im letzten Jahr mit dem Phänomen des „Importeurs der letzten Instanz“ befaßt habe, basierte auf der Tatsache, daß wir – wie in verschiedenen Berichten von Richard Freeman und anderen betont wurde – bereits zur der Zeit des US-Wahlkampfes 2000 den Punkt erreicht hatten, an dem wir uns in einem hyperinflationären Prozeß wie in der Weimarer Republik 1923 befanden.

Das Beispiel der Weimarer Republik

Man erinnere sich, daß die Hyperinflation in Deutschland bereits einige Jahre zuvor – etwa 1921 – begonnen hatte, noch vor dem berühmten Kurssturz der Reichsmark 1923. Das Problem wuchs allmählich. Es gab einen inflationären Anstieg der monetär-finanziellen Aggregate, vor allem der Schulden und insbesondere der Schulden bei den räuberischen Versailler Mächten für Kriegsreparationen oder andere Reparationen Deutschlands. Und dann war da noch das systematische Gelddrucken, um die Zahlungsfähigkeit Deutschlands und die Schaffung von Finanzwerten für die ausländischen Gläubiger aufrecht zu erhalten. Drittens gab es einen Prozeß, Deutschland im Innern realwirtschaftlich auszuplündern, bis hin zur Schließung von Unternehmen, um diesen monetär-finanziellen Prozeß am Laufen zu halten.

Das schien einigermaßen gut zu gehen, bis zum Frühjahr 1923. Die hyperinflationäre Tendenz der Finanzaggregate nahm zu. Es gab eine hyperinflationäre Tendenz in der Wachstumsrate der Emission der monetären Aggregate. Und es gab eine Hyperdeflation als Trend – d.h. einen hyperbolischen Trend nach unten – bei der physischen Produktion im Jahr ´23.

Irgendwann zwischen Ende Mai und Juli 1923 war dann die Geldmenge, die in das System hineingebracht werden mußte – also Geld aus der Druckerpresse –, um die bestehenden finanziellen Vermögenswerte zu refinanzieren, größer als die Menge dieser finanziellen Vermögenswerte selbst. Man verwendete dazu Finanzierungsmethoden, um Geld zu drucken, was zu einem großen Zusammenbruch der physischen Wirtschaft in Deutschland zu dieser Zeit führte: Produktion, Ausstoß, Verbrauch.

Das führte dazu, daß vom Frühsommer bis Oktober-November die Reichsmark praktisch unterging. Sie mußte zu einem späteren Zeitpunkt wieder aus dem Grab hervorgeholt werden.

Nun, was ich also feststellte, war, daß die Vereinigten Staaten und die mit ihnen verbundene Weltwirtschaft ab dem Frühjahr/Sommer 2000 offensichtlich in eine Phase eintraten, die genau mit dem Zustand vergleichbar war, der 1923 in Deutschland eingetreten war – aber diesmal im Weltmaßstab, mit einer Weltwirtschaft, nicht nur einer deutschen Wirtschaft.

Als ich die zweite [Geldmengen-] Kurve zeichnete, sagte ich: „Jetzt haben wir einen Punkt erreicht, an dem das Ausmaß der Geldmenge, die erforderlich ist, um diese Kurven aufrecht zu erhalten, größer ist als die Menge der Finanzaggregate, die durch dieses Geld aus der Druckerpresse gestützt wird.“ Gleichzeitig beschleunigt dieser monetär-finanzielle Prozeß den Zusammenbruch der realen Industrie, im Gegensatz zu unnützen Wirtschaftsbereichen.

Die sogenannte New Economy

Ein gutes Beispiel dafür ist die sogenannte New Economy. Die New Economy, die 1995 ihren Siegeszug antrat, war ein Schwindel, der von der Regierung oder mindestens mit dem Segen der Clinton-Gore-Administration ins Leben gerufen wurde.

Dabei wurden zwei Dinge behauptet. Erstens, daß die Gefahr eines Ausfalls der Computer im Jahr 2000 bestand, weil die Computer nicht weiter wüßten, wenn das Jahresende 1999 erreicht wird, weil sie nur alte, zweistellige Jahrescodes hätten. Die Buchhalter versuchten herauszufinden, wie es nach dem Jahr 2000 weitergehen würde. Sie neigten zu der Annahme, die Computer würden wieder im Jahr 1900 anfangen, statt im Jahr 2000. Das würde alles durcheinander bringen – so lautete das Argument.

Und natürlich stimmte es, daß man bei der Entwicklung von (der Computer-Programmiersprache) Cobol in den 1950er und frühen 1960er Jahren es bei diesem zweistelligen Jahrescode beließ. Und als später immer mehr Programme entwickelt wurden, blieb dieses Cobol-Element in der Grundanlage aller Programme fest eingebaut. Die von den Computern verwendeten Programme waren also voll von diesen zweistelligen Jahresangaben. So gab es zum Beispiel solche Buchhaltungssysteme in der Staatsverwaltung, deren Erstellung in die 1950er Jahre zurückreichte, als Computer zum ersten Mal eingesetzt wurden.

Also hieß es: „Wir müssen die Jahr-2000-Cobol-Krise stoppen. Sonst wird die gesamte Weltwirtschaft am 1. Januar 2000 untergehen“, und zwar wegen dieses Cobol-Problems in den heutigen Computersystemen und den darin installierten Programmen. Also müsse man eine riesige Menge Geld investieren. Sie sagten, sie müßten alle diese Computer von Behörden und Privatunternehmen umstellen. Also müsse man dafür Kredite bereitstellen.

Und dann hieß es: „Wenn wir schon die Rechner und die Programme ändern, warum bringen wir dann nicht bessere Rechner heraus – schnellere, effizientere?“ So kam es zu einem enormen Anstieg bei der Vermarktung von Computerhardware, Software usw. – eine große Inflation in diesem Bereich.

Das Ganze wurde von der US-Regierung und dem internationalen Bankensystem angeheizt. Sie erfanden die Legende, die Produktion von Informationen aus diesen Computern, dieses Zirkulieren von Informationen, sei an sich schon eine Steigerung des Wohlstands.

Und so schufen sie diese gewaltige Blase, die nicht auf den tatsächlichen Umsätzen oder Nettoeinnahmen der Unternehmen beruhte; denn was sie als Nettoeinnahmen zählten, war das Wachstum, die Werterhöhung des Aktionärsvermögens. Ein Unternehmen, das keinen Gewinn machte, aber dessen Aktien sich verkauften, deren Preis auf dem Markt in die Höhe getrieben wurde, das wies einen Kapitalgewinn aus – einen finanziellen Kapitalgewinn im aktuellen Preis der Aktie, obwohl das Unternehmen selbst, das diese Aktien ausgab, mit einem Nettoverlust arbeitete.

Und sie erfanden eine Menge Buchhaltungstricks und -fälschungen, um solche Dinge zu vertuschen, indem sie den Gewinn einer Aktie als Vermögenswert für das Unternehmen auswiesen. Das wurde dann umgedreht und als Wachstum des Unternehmens dargestellt, obwohl das Unternehmen in Wirklichkeit kein Geld verdiente, sondern massive Verluste machte.

Die Abrechnung

Nun kommt also das Jahr 2001. Die New Economy ist zusammengebrochen. Sie wurde im wesentlichen ausgelöscht. So legten wir in den USA die Wirtschaft lahm. Wir gaben den Menschen synthetische Jobs, Jobs auf Zeit, um sie ruhig zu stellen. Wir gaben ihnen sehr billige Jobs, sehr niedrige Reallöhne, aber wir gaben ihnen die Möglichkeit, drei Jobs pro Woche zu machen; vielleicht keine Vollzeitjobs, aber einen Vollzeitjob plus mehrere kleine Jobs pro Woche pro Person. Wir lassen praktisch jeden in der Familie arbeiten.

Die jüngeren Kinder, die nicht arbeiten konnten, wurden praktisch auf die Straße gesetzt, oder sie waren „Schlüsselkinder“. Wir verwehren ihnen jede anständige Ausbildung. So kamen sie aus der Schule, nicht qualifiziert für irgendeine ernsthafte Arbeit, ohne kulturelle Entwicklung – nur Sozialkunde in irgendeiner verrückten Form –, aber im Grunde genommen als Teil der werktätigen Bevölkerung nutzlose Menschen. Das war Betrug. Wir verlagerten die Arbeitsplätze nach Übersee. Wir haben das Nationaleinkommen ins Ausland verlagert.

Woher kommt unser Nationaleinkommen? Wir haben es gestohlen! Die USA setzen den IWF und andere Werkzeuge ein, um Länder unter Druck zu setzen, uns Dinge zu verkaufen, indem wir den Preis ihrer Währung nach unten drückten, damit wir ihre Waren billig kaufen konnten. Wir haben ihnen durch diese Manipulationen Schulden auferlegt, damit wir sie ausplündern konnten. Und das Argument war: „Seht her, wir müssen nicht mehr arbeiten. Wir werden unsere Macht intelligent einsetzen, unsere finanzielle Macht, unsere Kontrolle über die internationalen Finanzinstitutionen. Wir werden die Welt ausplündern, und wir werden gut zurechtkommen, in dieser Neuen Wirtschaft, dieser neuen Art zu leben.“ Und so weiter, und so fort.

Was jetzt passiert, ist, daß wir an den Punkt gekommen sind – und Sie können es an den Zahlen sehen –, daß all diese finanziellen Zusammenbrüche ab 1997 kommen. Das habe ich 1960 vorausgesagt, daß das passieren würde; 1997 ist es passiert. Man nannte es die „Asienkrise“. Es war keine Asienkrise, es war eine Krise des Systems, das sich aufzulösen begann. Dann erfanden sie diesen Betrug namens GKO-Anleihen, die in Wirklichkeit Schrottanleihen waren, gegen russische Staatsschulden. Das flog 1998 auseinander. Und das gesamte Weltsystem dümpelt im Grunde genommen seit 1998 in dem Zusammenbruchsprozeß vor sich hin.

Und was es am Laufen hält, ist im wesentlichen dieser Motor des Gelddruckens, wie die Monetarisierung des japanischen Yen – zinslose Kredite, Übernachtkredite, die Monetarisierung aller Arten von solchen Krediten. Man pumpt diese Kredite zu Zinssätzen von fast oder beinahe Null in die Finanzmärkte und versucht, die Finanzmärkte nach oben zu treiben – aber zu einer Zeit, insbesondere seit dem Jahr 2000, in der die Geldmenge, die man über die monetären Mechanismen in die Wirtschaft pumpen muß, um diese Finanzmärkte aufzublähen, größer ist als das Wachstum der Finanzwerte, das die Wirtschaft als Ergebnis dieser Geldzufuhr erzeugt.

Mit anderen Worten, wir befinden uns im Weltmaßstab in genau derselben Art von Mechanismen, wie sie in der Weimarer Republik von Sommer bis Herbst 1923 herrschten. Und in dieser Situation befinden wir uns ungefähr seit dem Sommer des Jahres 2000; Richard Freeman und andere haben die Zahlen vorgelegt, die diesen Vergleich präzise aufzeigen.