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Von Megan Dobrodt
Megan Dobrodt ist Präsidentin des Schiller-Instituts in den USA. Sie eröffnete den zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 26. Juni 2021 mit dem folgenden Vortrag.
Wie Sie gehört haben, besagt der Titel dieses Vortrags, daß die Welt – das Universum – mehr Menschen für seine weitere Existenz braucht. Das ist eine Idee, die ich zum ersten Mal von Lyndon LaRouche gehört habe. Das ist keine bloße Meinung, sondern eine Schlußfolgerung, die sich aus dem strengen wissenschaftlichen Studium der Geschichte unseres Planeten und der Wissenschaft der physischen Ökonomie ergibt.
Nicht jeder stimmt damit überein. Vielleicht haben Sie das schon gehört:
„Das menschliche Bevölkerungswachstum ist wahrscheinlich die einzige ernsthafte langfristige Bedrohung für unser Überleben. Wir stehen vor einer großen Katastrophe, wenn es nicht eingedämmt wird... Wir haben keine andere Wahl“ – Prinz Philip, 1981.
„Zu viele Autos, zu viele Fabriken, zu viel Waschmittel, zu viele Pestizide, sich vervielfachende Kondensstreifen, unzureichende Kläranlagen, zu wenig Wasser, zu viel Kohlendioxid – all das lässt sich leicht auf zu viele Menschen zurückführen“ – Paul Ehrlich, 1968.
„Wir sind eine Plage für die Erde. Das wird sich in den nächsten 50 Jahren oder so rächen. Entweder wir begrenzen unser Bevölkerungswachstum oder die Natur wird es für uns tun“ - Sir David Attenborough, 2013.
Die gute Nachricht ist, daß die Geschichte unseres Universums und der Biosphäre selbst das Gegenteil zeigt: daß es keinen Stillstand, keine „Erde im Gleichgewicht“ gibt. Statt dessen sehen wir einen natürlichen Prozeß der anti-entropischen Veränderung, der sich intensivierenden Transformation der natürlichen Welt, der die Bedingungen für das Auftreten von kognitivem Leben geschaffen hat und eigentlich mehr Menschen für seinen Fortbestand verlangt.
Um das zu verstehen, schauen wir uns kurz die Arbeit von Wladimir Wernadskij und dann von Lyndon LaRouche an.
Betrachten wir zunächst die heutigen irrtümlichen Auffassungen der meisten Menschen über die „Natur“ oder die „natürliche Welt“, der angeblich die menschliche Aktivität entgegengesetzt ist. Eine der großen Behauptungen ist jetzt, daß wir die Artenvielfalt zerstören. Der WWF behauptet, daß seit 1970 allein durch uns 60% der Wirbeltiere ausgerottet wurden.
Mit Hilfe der Entdeckungen von Wernadskij läßt sich diese Ansicht leicht korrigieren, beginnend mit der Vorstellung, was ein Lebewesen ist. Es gibt kein Lebewesen außerhalb der Biosphäre, d.h. außerhalb der materiellen und energetischen Umgebung, in der es lebt. Nimmt man ein Lebewesen aus der Biosphäre heraus, so stirbt es. Dieser Zusammenhang zeigt sich darin, daß der Körper eines Lebewesens, vom kleinsten Mikroorganismus bis zu den größten Pflanzen und Tieren, nicht aus demselben Material besteht wie im letzten Jahr, im letzten Monat oder sogar gestern. Ein lebender Körper befindet sich in einem unaufhörlichen Prozeß der Veränderung – er tauscht durch seine Ernährung und Atmung Material mit der umgebenden Biosphäre aus. Auch Sie selbst: In einem Jahr werden etwa 98 % der Atome in Ihrem Körper durch neue ersetzt sein, in fünf Jahren sogar 100 %.
Das veranlaßte den Naturforscher Georges Cuvier, den lebenden Organismus als unaufhörlichen Strom zu bezeichnen, als einen Strudel von Atomen, die von außen kommen und dorthin zurückkehren.
So ergibt sich eine neue Sichtweise auf die Lebewesen – nicht als Dinge, Objekte, mit Fell oder Füßen, oder Flossen oder Flügeln, sondern als etwas, das einem lebenden Mineral ähnelt. Wenn wir die Gesamtheit aller Individuen einer bestimmten Gattung auf dem ganzen Planeten nehmen, finden wir – bzw. Wernadskij fand –, daß diese Gattung durch eine mittlere Masse charakterisiert werden kann, und, was noch interessanter ist, durch eine sehr genaue Verteilung der chemischen Elemente und Isotope, aus denen ihr Körper besteht und die für dieses Lebenwesen besonders ist, wie ein chemischer Fingerabdruck oder eine Signatur.
Solange diese lebenden Mineralien im Austausch mit der Umgebung stehen, hinterlassen sie – sowohl in ihren Abfallprodukten als auch in den Körpern, die sie nach ihrem Tod zurücklassen – eine geochemisch veränderte, transformierte Umwelt.
Mein Lieblingsbeispiel ist vielleicht das Großes Oxigenierungsereignis, das sich vor 2 bis 2,4 Milliarden Jahren ereignete, kurz nach der Entwicklung der Photosynthese, als photosynthetische Cyanobakterien begannen, enorme Mengen an Sauerstoff in die Umwelt zu pumpen, der für das meiste Leben auf dem Planeten giftig war. Dies führte zu einem Massenaussterben, bei dem schätzungsweise 99 % des Lebens verschwand!
Aber was entstand dann? Was überlebte, waren vor allem die Lebensformen, die Sauerstoff verstoffwechseln konnten, was die freie Energie, die den Lebewesen zur Verfügung stand, revolutionierte und zur Entwicklung der Mitochondrien und des mehrzelligen Lebens führte.
Ich werde aus Zeitgründen jetzt nicht näher darauf eingehen, aber gleichzeitig wurde die Geologie des Planeten umgestaltet, was zu neuen Arten von Mineralien führte, die sich in Gegenwart von Sauerstoff bildeten, darunter die gebänderten Eisenablagerungen.
Die lebende Materie hat also die geochemische Zusammensetzung der Erde radikal verändert und die unbelebte Natur um sie herum durcheinander gebracht. Aus diesem Grund – der Arbeit, die durch die Aktivität des Lebens geleistet wird – nannte Wernadskij die lebenden Organismen „den Träger und Schöpfer der freien Energie“ in der Biosphäre.
Wernadskijs jahrzehntelange Arbeit führte ihn zu zwei wichtigen Schlußfolgerungen:
1) die Wirkung lebender Materie, die nicht-lebende Materie ihrer Umgebung zu reorganisieren, findet seit dem ersten Auftreten des Lebens auf der Erde statt und hat nie aufgehört; und
2) die Rate, mit der dies geschah, hat sich im Laufe der Zeit erhöht; was erreicht wurde durch den Wechsel der Artenzusammensetzung auf dem Planeten im Laufe der geologischen Zeit durch die Prozesse des Aussterbens und der Evolution.
Betrachten wir kurz ein Anzeichen dafür: Diese beiden Schaubilder zeigen die Artenvielfalt im Laufe der Zeit, eines für Landwirbeltiere und eines für Pflanzen. Die graue Linie in der Mitte zeigt die Zeit des K-T-Aussterbens vor etwa 65 Millionen Jahren (Abbildung 1). Man sieht, daß vor diesem Aussterben Organismen mit geringerer Stoffwechselintensität dominierten – Reptilien und Gymnospermen –, und nach dem Aussterbeereignis nahmen sie ab, während eine Reihe von Organismen mit höherer Energie – Säugetiere und Angiospermen, oder Blütenpflanzen – dominant wurden.
Wernadskij kommt zu dem Schluß, daß es eine bestimmte Richtung der Evolution gibt, nämlich die der Erhöhung der Intensität der biogenen Migration von Atomen, oder anders gesagt, der Intensität der Umwandlung der Erde durch die Wirkung der lebenden Materie, hin zu ihrer maximalen Ausprägung. So sehr, daß ein Organismus, der sich zufällig entwickelt hätte, nur überleben würde, wenn er mit der Intensität der Biosphäre mithalten und zu ihrer Förderung beitragen könnte.
Soviel zu der unberührten „Erde im Gleichgewicht“ – sie verändert sich ständig, und zwar so, daß sie zu zukünftigen Veränderungen immer fähiger wird, und auf diese Weise verbessert die Biosphäre die Erde. Sie maximiert die geleistete Arbeit; konzentriert Materialien in Formen, die nutzbar und von höherer Kraft sind, als sie es außerhalb des Lebens hätten sein können. Das ist die Natur!
Aber es gibt eine Grenze für die Biosphäre: Während die Evolution es der lebenden Materie ermöglichte, in immer tiefere Spalten unserer Erde und in die höchsten Bereiche der Troposphäre vorzudringen, wird die biologische Technologie am Rande des Weltraums, wo die Umgebung der Biosphäre endet, ausgebremst. Jedoch entwickelte sich die Biosphäre im Laufe der letzten paar Millionen Jahre bis zu einem Punkt, an dem die Entstehung einer anderen Art von Leben möglich wurde, die nicht in dieser Weise begrenzt ist: kognitives Leben.
Bei der Menschheit sieht man zum ersten Mal eine Gattung, die sich nicht über ihre Biologie entwickelt – Wernadskij selbst weist darauf hin, daß sich die biologische und neurologische Infrastruktur des menschlichen Organismus in den letzten Zehntausenden von Jahren nicht nennenswert verändert hat, aber unsere Gattung schon! Durch unseren sich entwickelnden Verstand ist eine Art biogene Migration von Atomen, oder der Austausch und die Umgestaltung der Geochemie der Erde, als ein bedeutender Faktor aufgetaucht, und das ist biogene Migration, die nicht über den Durchgang von Materialien durch den Körper verursacht wird, sondern aufgrund von Technologie – aufgrund der organisierten Arbeit einer Spezies.
Lassen Sie mich ein paar Beispiele hierfür nennen. Eines der wichtigsten ist die Landwirtschaft, die vor etwa 10.000 Jahren einsetzte, als die Menschen begannen, Pflanzen und Tiere zu selektieren, zu kultivieren, zu konzentrieren und zu verändern, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen (Abbildung 2). Diese Verläßlichkeit und Verbesserung der Nahrungsquellen eröffnete die Möglichkeit größerer Bevölkerungen, Siedlungen und städtischer Kultur – und auch zu einer erhöhten Produktivität verschiedener Pflanzen- und Tierarten, die ohne uns nicht erreicht worden wäre. Heute werden etwa 38% der Landfläche der Erde landwirtschaftlich genutzt.
Ein weiteres Beispiel ist die Anwendung des Feuers in der Metallurgie – die
Gewinnung von Metallen aus dem Gestein und die Formung dieser Metalle zu
Werkzeugen (Abbildungen
Diese einzigartige Fähigkeit hat es der Menschheit ermöglicht, frühere Grenzen ihrer Bevölkerung zu überwinden und Wernadskij stellt fest, daß in den 1930er Jahren die Obergrenze der menschlichen Bevölkerung auf der Erde wahrscheinlich bei etwa drei Billionen lag, obwohl sie mit dem Wissen über den Atomkern, das damals in die technologische Praxis kam, wahrscheinlich um ein Vielfaches höher liegen würde.
Mit der Anwendung der Vernunft in Form von Technologien hat in den letzten 100 Jahren die Noosphäre, also der Bereich der menschlichen Aktivität, begonnen, die Biosphäre in ihrer Intensität zu überholen, so wie die Biosphäre die Aktivität der Abiotik, des Unbelebten, überholt hatte. Und so war die Entwicklung unseres kleinen Planeten darauf ausgerichtet, die Dominanz der Macht der Vernunft auszudrücken.
Allein mit diesem kleinen Einblick ergibt sich die Tatsache, daß die Entwicklung unserer Erde von einem schöpferischen Prinzip geleitet wird. Alles nimmt daran teil, auch die Prozesse der Biosphäre, die dies instinktiv tun. Der Mensch nimmt daran bewußt teil.
An dieser Stelle wenden wir uns den Entdeckungen von Lyndon LaRouche in der physischen Ökonomie zu, die auf der Tatsache beruhen, daß das menschliche Leben ein höheres Existenzprinzip verkörpert als das der bloßen Tiere.
In seinem 1983 erschienenen Buch Es gibt keine Grenzen des Wachstums schreibt LaRouche:
„Der Mensch unterscheidet sich grundsätzlich von den Tieren. Er ist nicht bloß ein Geschöpf der Instinkte, das wie ein Tier nur Schmerz und Freude empfindet. Der Mensch ist hiervon vollkommen unterschieden. Er hat das Potential zur Vernunft, die kreative Fähigkeit, Entdeckungen zu machen, die seine wissenschaftlichen Erkenntnisse bereichern, und diese wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Technologie umzusetzen. Wir sind in der Lage, mit zunehmender Vervollkommnung die Gesetze zu entdecken, die der universellen Schöpfung zugrunde liegen, und die Natur immer besser zu beherrschen, indem wir uns selbst dazu erziehen, unsere Verhaltensweisen im Einklang mit den universellen Gesetzen zu verändern.“
Wie Lyndon LaRouche oft gesagt hat, hat kein Tier jemals ein Prinzip entdeckt. Nur der Mensch hat das getan. Das ist ein Teil des Guten der Menschheit: Unser Verstand ist so beschaffen, daß wir in der Lage sind, durch die Erzeugung kreativer Hypothesen innerhalb der Grenzen unserer eigenen Denkprozesse Prinzipien des Universums zu „sehen“ – wie die universelle Gravitation, den Elektromagnetismus oder die Kräfte des Atomkerns –, die von den tierischen Sinnen nie gesehen werden können. Und wenn wir diese Prinzipien als Ideen, die in Technologien verkörpert sind, anwenden, werden wir mit neuer und effizienter Macht ausgestattet, um das physikalische Universum zu verändern.
Und das ist das Geheimnis der menschlichen Ökonomie.
In einer Schrift aus dem Jahr 2005, „Die ursprünglichen Schöpfungen des Menschen“, sagte LaRouche:
„Ein törichter Ökonom mißt den Erfolg einer Volkswirtschaft an dem finanziellen, monetären oder – weit weniger närrisch – realen Wohlstand, den einige oder alle Mitglieder dieser Gesellschaft genießen. Der kompetente Ökonom mißt den Wohlstand der Wirtschaft am Grad der Selbstverbesserung der spezifisch menschlichen Qualität der Mitglieder der Gesellschaft. Oder anders gesagt, die wirtschaftliche Aufgabe der Gesellschaft besteht darin, die Menschen der Nation besser zu machen, als sie es heute sind.
Dies wird möglich, indem man den Menschen stets bessere Mittel an die Hand gibt, welche ihnen das Vermögen geben, pro Kopf die Macht des Menschen in der und über die Natur zu erhöhen. Oder besser können wir sagen: Der größte Wohlstand, den eine verstorbene Generation ihren Erben hinterläßt, ist eine Gesellschaft mit einer besseren Qualität lebender Menschen.“
Was ist der Hauptfaktor eines physischen Wirtschaftskreislaufs? Die Menschen! Die Arbeit und die unterstützenden Technologien der Gesellschaft. Und was ist das Hauptergebnis? Eine bessere Lebensqualität der Menschen! Mehr Menschen, die länger leben und besser in der Lage sind, die nächsten Entdeckungen zu machen und sie anzuwenden, was ein sich selbst erhaltender Prozeß ist. Das Universum zeigt seine Zustimmung zu dieser Art von Aktivität, indem es uns erlaubt – uns gewissermaßen dazu auffordert –, mehr davon zu tun.
Auf der Grundlage dieses Prinzips entwickelte Lyndon LaRouche ein Maß für den physikalisch-wirtschaftlichen Fortschritt, die sogenannte potentielle relative Bevölkerungsdichte. Wie viele Menschen könnten auf einer gegebenen Landfläche leben, wenn die verfügbaren technologischen Verbesserungen auf dieses Land und die Arbeitskraft der Bevölkerung angewandt würden? In einer erfolgreichen Wirtschaft gibt es eine zunehmende Steigerungsrate dieser Metrik.
Also zurück zur Biosphäre, die am Übergang zum Weltraum aufhört. Wir sind die einzige Gattung, die in der Lage ist, diese Grenzen zu überschreiten und die Biosphäre auf andere planetare Körper auszudehnen. Wenn wir das tun, werden wir den gleichen anti-entropischen Entwicklungsprozeß, den unser Planet durchlaufen hat, tiefer in unser Sonnensystem und schließlich auch in andere Sternensysteme bringen. Ohne uns kann es kein Leben geben. Vielleicht ist das ein Grund, warum das Universum uns geschaffen hat.
Ich möchte noch zwei Gedanken ansprechen. Erstens die von LaRouche vorgeschlagene Idee vom Potential der Menschheit für grenzenlosen, unendlichen Fortschritt. Er schreibt:
„Die physischen Fähigkeiten der Menschheit sind an und für sich begrenzt;
die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft, die sich aus den sich
entwickelnden Prozessen nicht des menschlichen ,Gehirns‘, sondern, entgegen
der landläufigen Meinung, des menschlichen „Geistes“ ergibt, haben keine
gegenwärtig annehmbaren Grenzen.“
(Aus Das Prinzip der Zukunft: Zum
Geburtstag von Helga: Der Mensch ist keine Bestie!)
Und zweitens die Tatsache, dass sich der Mensch, anders als der Lebensbereich, der auf seine schöpferische Aufgabe automatisch, instinktiv reagiert, für das Gute entscheiden muß. Dieser freie Wille ist für Leibniz das, was das Gute eigentlich ausmacht. Heute bitte ich Sie, sich das Gute vorzustellen, das den Milliarden derzeit lebenden Menschen und den Billionen, die darauf warten, geboren zu werden, zuteil würde, wenn wir den Malthusianismus für immer aus der menschlichen Kultur ausmerzen würden. Können wir als Menschheit endlich erwachsen werden und unser Verhalten in Einklang mit der eigentlichen Eigenschaft unserer Art bringen? Welche großen Wohltaten werden entstehen, wenn die Nationen endlich Lyndon LaRouches Entdeckungen in der physischen Ökonomie als bewußte Politik einsetzen, um die nächsten 100 Jahre zu gestalten?