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Von Alexander Hartmann
Alexander Hartmann ist Chefredakteur der Wochenzeitung Neue Solidarität und Landesvorsitzender der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) in Hessen. Er tritt im Wahlkreis 179 – Wiesbaden als Kandidat der BüSo zur Bundestagswahl an.
Wir haben gesagt, wir brauchen weltweit 1,5 Milliarden neue Arbeitsplätze vor allem im produzierenden Sektor, um überall auf der Welt moderne Gesundheitssysteme aufbauen und aufrecht erhalten zu können. Aber wenn man solche großen Aufgaben in den Raum stellt, dann wird natürlich sofort gefragt: „Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld?“
Der Zweck meines Vortrags ist es, deutlich zu machen, daß gerade das Geld an sich gar nicht das Problem ist. Jedenfalls könnte man das Finanzsystem mit relativ simplen Maßnahmen so umgestalten, daß die Finanzierung solcher Großprojekte kein Problem ist. Aber dazu müßte die Finanzpolitik sich radikal von den heutigen Methoden und Zielen verabschieden. Und das muß sie auch, wenn wir alle überleben wollen.
Ich will daher zunächst einmal kurz aufzeigen, warum das jetzige System nicht funktioniert, und warum es im Rahmen des jetzigen Systems keine Lösung geben kann. Und dann will ich beschreiben, wie das System funktionieren sollte, auch wenn natürlich klar ist, daß die gegenwärtigen politischen Mehrheiten, Vereinbarungen und Gesetze dieser Lösung im Wege stehen. Aber zunächst einmal muß man ja wissen, wie eine funktionierende Lösung aussehen kann, und dann muß man sehen, wie der dafür notwendige rechtliche Rahmen geschaffen werden kann – genauso, wie die Finanzwelt in den letzten Jahrzehnten den rechtlichen Rahmen gezielt umgebaut hat, um das jetzige Finanzsystem zu schaffen, nur eben in umgekehrter Richtung.
Das Problem liegt im Kern im Mißverhältnis zwischen dem Wachstum der Finanzwerte und dem Wachstum des physischen Produkts der Wirtschaft, das diesen Finanzwerten zugrunde liegt.
Hier sind einige Zahlen, um die Größenordnung des Problems zu verdeutlichen (Abbildung 1). Es ist nämlich wichtig, nicht die einzelnen Bäume zu betrachten, die die unterschiedlichsten Blüten treiben können, sondern man muß den ganzen Wald sehen.
Das weltweite Volumen der Finanzwerte lag 2019 bei etwa 2000 Billionen Dollar – das sind vor allem Aktien, Anleihen und Derivate. Derivate sind im Grunde Wetten auf die zukünftige Entwicklung von Finanzwerten aller Art, aber es sind in der Regel manipulierte Wetten, bei denen die Finanzwelt die Kursentwicklung durch ihre eigenen Geschäfte so beeinflußt, daß sie ihre Wetten gewinnen, und ihre Gegenstellen die Wetten verlieren, wovon viele Kommunen ein trauriges Lied singen können.
Aber das Volumen der Weltwirtschaft, gemessen am BIP, betrug 2019 nur rund 87 Billionen Dollar, davon etwa 3,5 Billionen Wertschöpfung in der Landwirtschaft und etwa 24,4 Billionen Dollar in der Industrie, zusammen nicht einmal 30 Billionen. Das bedeutet, daß das gesamte produktive Ergebnis der Weltwirtschaft sich auf nur etwa 1,5% der Finanzaggregate beläuft. Aus diesem Produkt muß jedoch nicht nur die Verzinsung der Finanzaggregate kommen, von diesem Produkt lebt die Weltbevölkerung, und es muß zum großen Teil wieder investiert werden, damit diese Produktion weiterlaufen kann!
Und das erklärt, warum die Zentralbanken die Zinsen auf Null oder sogar unter Null gesenkt haben, denn bei einer normalen Verzinsung dieser Werte würde das System sofort unter der schnell wachsenden Last dieser Schulden zusammenbrechen, weil die gesamte Weltwirtschaft gar nicht ausreicht, diese Werte zu verzinsen. Und Wertpapiere sind eben nur so lange Wertpapiere, solange jemand anderes bereit oder gezwungen und in der Lage ist, etwas für sie zu bezahlen. Ist dies nicht mehr der Fall, verwandeln sie sich in wertloses Papier.
Um zu verhindern, daß die Finanzblase platzt, findet die Finanzwelt daher Wege, der produktiven Wirtschaft Kapital zu entziehen. Das geschieht z.B., indem Industriekonzerne dazu veranlaßt werden, ihre eigenen Aktien zurückzukaufen, um die Aktienkurse hinaufzutreiben, anstatt das Geld in die Betriebsanlagen zu investieren. Es geschieht, indem überhaupt die Kreditvergabe an den produzierenden Sektor zurückgefahren wird. Es geschieht, indem mit physischen Werten, beispielsweise Rohstoffen, spekuliert wird. Es geschieht, indem Industriekonzerne selbst in die Spekulation einsteigen.
Und die Folge ist dann das, was Lyndon LaRouche schon 1995 in seiner „Typischen Kollapsfunktion“ (Abbildung 2) dargestellt hat: Es entsteht eine immer stärkere Diskrepanz zwischen der Entwicklung der Finanzaggregate und der Entwicklung der physischen Produktion – die Finanzaggregate vermehren sich, die physische Produktion schrumpft. Und wenn die Zentralbanken dann anfangen, immer mehr Geld zu drucken, um die Differenz auszugleichen und das System liquide zu halten, dann kommt es, wenn die Geldmenge schneller wächst als die Finanzaggregate, zu einem Kollaps.
Genau das erleben wir derzeit, und deshalb mehren sich jetzt die Warnungen vor einer Hyperinflation. Und es mehren sich die Bestrebungen der Finanzwelt, durch den „Green Deal“ eine neue Finanzblase aufzupumpen, in die sie ihr Geld retten können. Da ist die Rede von 60 Billionen Dollar und mehr, die dafür in Umlauf gebracht werden sollen. Zum Vergleich: die jetzige globale Geldmenge entspricht umgerechnet etwa 83 Billionen. Aber dieser zusätzlichen Geldschöpfung stünde keine zusätzliche Wertschöpfung gegenüber.
Man sieht dann auch ganz deutlich, daß Geld an sich keinen Eigenwert hat und an sich keinen Reichtum darstellt. Denn wenn dieses Geld tatsächlich einen Wert hätte, dann müßten die Zentralbanken nicht die Banken dafür bezahlen, daß sie es ihnen abnehmen – so, wie man die Müllabfuhr dafür bezahlt, daß sie den Müll entsorgt. (Ich komme gleich nochmal auf die Frage zurück, woher das Geld eigentlich seinen Wert bekommt.)
Man muß also konstatieren, daß das System bankrott ist. Es ist so stark überschuldet, daß die gesamte Weltwirtschaft nicht ausreicht, die Schulden zu bezahlen. Und deshalb muß man, wie in einem Konkursverfahren, darüber entscheiden, welche Schulden bezahlt werden, und welche nicht bezahlt werden.
Und da stellt sich schon das erste große Problem: In den sogenannten „Universalbanken“ werden nebeneinander Kundeneinlagen verwaltet und Spekulationen betrieben. Im Fall eines systemischen Zusammenbruchs würden die Spekulanten die Vermögen der normalen Bankkunden mit in den Abgrund reißen.
Genau mit dieser Drohung wurden die Regierungen und Bankaufsichtsbehörden nach dem Finanzkrach 2008 dazu erpreßt, durch riesige Bankenrettungsprogramme die Schulden der Spekulanten zu „verstaatlichen“. Die Folge war eine dramatische Finanzkrise der Regierungen, und nachdem von den Regierungen kein Geld mehr zu holen war, wurde dann sogar die Bail-in-Regel eingeführt, die besagt, daß im Fall eines Bankenkrachs die Erhaltung der etwa 30 „systemrelevanten“ Banken Vorrang hat und dazu im Zweifelsfall auch die Kundeneinlagen herangezogen werden. Dann würden die Bankenkunden ihr Geld komplett einbüßen.
Deshalb brauchen wir eine andere Lösung, und es gibt dafür einen Präzedenzfall: 1933 schuf der amerikanische Kongreß auf Veranlassung von Präsident Franklin D. Roosevelt das sog. Glass-Steagall-Gesetz, ein ganz simples Gesetz mit nur 35 Seiten Text. Zum Vergleich: Obamas Bankenrettungsgesetz, der Dodd-Frank Act, umfaßt insgesamt 16 Titel mit 541 Gesetzesartikeln auf 849 Seiten – und dazu noch Tausende von Seiten an Erläuterungen, die zahllose Schlupflöcher enthalten, damit die Banken ihre Spekulationsgeschäfte fortsetzen können, obwohl sie das ja angeblich nicht mehr tun sollten.
Glass-Steagall stellte die Banken vor eine einfache Wahl: Sie mußten sich entscheiden, ob sie in Zukunft Kundengelder verwalten, also normale Bank- und Kreditgeschäfte durchführen wollten, dann durften sie nicht spekulieren. Oder, wenn sie spekulieren, also Wertpapiergeschäfte tätigen wollten, dann durften sie keine Kundengelder verwalten. Und ihnen wurde eine Frist gesetzt, die jeweils anderen Abteilungen auszugliedern und abzustoßen oder ganz abzuwickeln. Sie durften keinerlei Geschäftsverbindungen mit Banken des jeweils anderen Sektors haben, keine finanziellen oder personellen Verflechtungen haben.
Es entstanden also zwei vollkommen getrennte Bereiche – die Geschäftsbanken und die Investmentbanken (Abbildung 3). Und der Staat steht mit seinen Garantien nur hinter den Geschäftsbanken. Die Investmentbanken sind mit ihren Spekulationen auf sich selbst gestellt und müssen im Ernstfall ihre Verluste selber tragen.
Die Wiedereinführung von Glass-Steagall ist das erste von Lyndon LaRouches berühmten „Vier Gesetzen“ zur Rettung der Wirtschaft.
Da die Werte der physischen Wirtschaft eng mit dem System der Geschäftsbanken verbunden sind, würde eine solche Regelung heute den Investmentbanken die Grundlage für einen großen Teil ihrer Spekulationen entziehen. Die Finanzblase würde also in sich zusammenbrechen, und der unblutigste Weg, das zu bewerkstelligen, ist meines Erachtens, die offenen Finanzderivate einfach durch Gesetz zu annullieren – beide Seiten bekämen ihren Wetteinsatz zurück und müßten somit auch keinen Verlust buchen. Aber der Berg der 1500 Billionen an diesen Derivaten würde dadurch auf sehr elegante Art und Weise weggeschrumpft, und das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um die Weltwirtschaft finanziell wieder solvent zu machen.
Die Beseitigung der Finanzblase hätte dann auch zur Folge, daß wir wieder zu normalen Bankzinsen zurückkehren können, sodaß es sich für die Sparer wieder lohnt, ihr Geld auf die Bank zu tragen. Dann wirkt die „Brandmauer“, die es den Geschäftsbanken untersagt, mit diesem Geld Spekulationsgeschäfte zu finanzieren, wie eine Staumauer, hinter der sich wirtschaftliche Kraft sammelt, die dann genutzt werden kann. Und da das Geld nicht in die spekulativen Finanzmärkte fließen darf, sind die Banken gezwungen, es in die physische Wirtschaft zu lenken, in Form von Krediten, die im Moment für den Mittelstand praktisch gar nicht zu bekommen sind.
Damit würde quasi der Schalter umgelegt, denn im Moment wird das Geld aus der normalen Wirtschaft herausgelenkt, um die Finanzblase zu erhalten. Im Rahmen eines solchen Trennbankensystems würde es dagegen in die normale Wirtschaft hineingeleitet, und die Geschäftsbanken würden zum sicheren Hafen für das Geld, wenn aus der Finanzblase die Luft herausgelassen wird.
Aber die Beseitigung der Finanzblase würde natürlich die verfügbare Geldmenge – und damit die Menge des Kredits – stark reduzieren. Deshalb muß der Wirtschaft quasi von außen frische Liquidität zugeführt oder zur Verfügung gestellt werden – es muß frisches „Geld“ oder frischer „Kredit“ geschöpft werden.
Während die Finanzwelt in der Vergangenheit solche Ideen im Sinne der neoliberalen Ideologie stets weit von sich gewiesen hat, ist sie inzwischen mit ihren Plänen für den „Great Reset“ und den „Green Deal“ offenbar selbst zu dieser Erkenntnis gelangt, daß neues Geld, neuer Kredit geschaffen werden muß. Aber sie will zig Billionen in Umlauf bringen, um eine neue Finanzblase zu schaffen, die das Platzen der jetzigen Blase auffangen soll – ohne die unbezahlbaren Schulden aus der Welt zu schaffen.
Auch wir würden die Kreditschöpfungsmaschine ankurbeln. Der entscheidende Unterschied liegt darin, wie dieses Geld bzw. dieser Kredit eingesetzt wird.
Die geistigen Väter des Green Deal wollen allen wirtschaftlichen Aktivitäten, die sie als „nicht nachhaltig“ einstufen, den Kredit sperren. In der Praxis bedeutet dies, daß nur noch solche Aktivitäten finanziert werden, die die Produktivität der Wirtschaft senken. Investitionen in die produktive Wirtschaft würden sich nicht lohnen, und so bleibt das Geld in der Finanzblase – genau da, wo die Finanzwelt es halten will.
Das Problem ist, daß in diesem System die Produktion der Dinge, die die Menschen zum Leben brauchen, immer weiter eingeschränkt wird, diese Dinge werden dann selbst zum Gegenstand der Spekulation, aber für einen immer größeren Teil der Menschheit würden die zum Leben und zum Überleben notwendigen Dinge unerschwinglich. Ein mörderisches System. Und man sollte die Verfechter dieser Lösung an das erinnern, was Porzia in Shakespeares Kaufmann von Venedig dem Kaufmann Shylock sagt:
„Wart noch ein wenig: Eins ist noch zu merken!
Der Schein hier gibt dir nicht ein Tröpfchen Blut;
Die Worte sind ausdrücklich: ein Pfund Fleisch!
Nimm denn den Schein, und nimm du dein Pfund Fleisch;
Allein vergießest du, indem du's abschneidst,
Nur einen Tropfen Blut, so fällt
Dein Hab und Gut nach dem Gesetz Venedigs
Dem Staat Venedigs heim.“
Und ehe wir das Leben auch nur eines Menschen opfern, um Banken zu retten, sollten wir lieber die papierenen Ansprüche opfern, damit die Menschen leben können.
Wie gesagt, auch wir würden Geld und Kredit schöpfen und im Umlauf bringen – aber erst, nachdem die Finanzblase beseitigt ist. Und die Regeln, wofür dieser Kredit in unserem System, das wir nach Alexander Hamilton, dem ersten Finanzminister der Vereinigten Staaten, das Hamiltonische nennen, verwendet werden darf, sind vollkommen andere.
Im Hamiltonischen System ist dieser Kredit reserviert für Aktivitäten, die die Produktivität der Volkswirtschaft erhöhen: Infrastrukturprojekte, produktive Investitionen, Forschung und Entwicklung, Bildungs- oder auch Gesundheitseinrichtungen, Projekte wie die Weltraumfahrt oder die Kernfusionsforschung. Und aufgrund dieser wachsenden Produktivität steht der wachsenden Geldmenge dann auch ein wachsendes physisches Produkt gegenüber, was eine Inflation verhindert. In den erfolgreichsten Zeiten, in denen dieses System angewandt wurde, ist der Geldwert sogar deutlich angestiegen.
In der Praxis läuft das darauf hinaus, daß die Zentralbanken durch gesetzliche Regelungen verpflichtet werden, die in Umlauf zu bringende Geldmenge ausschließlich für bestimmte Projekte oder Projekte bestimmter Art zur Verfügung zu stellen. Dieser Kredit könnte dann beispielsweise durch Banken wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verwaltet werden, so ähnlich, wie heute beispielsweise Kredite zur Wohnhausmodernisierung über die KfW ausgegeben werden, nur eben für größere Aufgaben, wie z.B. für den Bau eines nationalen Magnetbahnnetzes, Kernkraftwerke und andere Dinge dieser Art, die wirklich die Produktivität erhöhen. Dieser Kredit fließt dann an die ausführenden Firmen, die den Gewinn aus ihren Geschäften in den Geschäftsbanken deponieren, wo er dann für weitere Geschäfte genutzt werden kann (Abbildung 4).
Die Rückkehr zu diesem System der produktiven Kreditschöpfung ist das zweite von Lyndon LaRouches „Vier Gesetzen.“
Die Menge des Kredits, der auf diese Weise geschöpft werden kann, ohne Gefahr einer Inflation zu laufen, ist allein begrenzt durch die Größe der brachliegenden wirtschaftlichen Kapazitäten, die durch diesen Kredit mobilisiert werden können. Aber der Zweck dieses Systems ist es natürlich nicht, den Wert des Geldes zu erhalten, sondern die Produktion der Dinge sicherzustellen, die die Menschen brauchen.
Und da zeigt sich, daß der Ökonom Friedrich List Recht hat, der nicht das Geld oder den Handel als Quelle des Reichtums bezeichnete, sondern die produktiven Fähigkeiten der arbeitenden Bevölkerung. Denn da liegt das eigentliche Problem: In den letzten Jahrzehnten haben wir, auf dem Marsch in die nachindustrielle Dienstleistungsgesellschaft, leider einen erheblichen Teil der produktiven Fähigkeiten unserer arbeitenden Bevölkerung verloren.
Ich will das an zwei Beispielen verdeutlichen. Als unter Adenauer und de Gaulle die Mosel kanalisiert wurde, wurden gleichzeitig zehn Schleusen gebaut, die Kanalisierung der Mosel wurde sehr schnell vorangetrieben. Heute haben die staatlichen Stellen gerade noch das Personal, um jeweils zwei Schleusen gleichzeitig zu erneuern, das dauert also viel länger.
Oder denken wir an die Kernkraft: Nach fast 30 Jahren Ausstiegspolitik ist der deutsche Nuklearsektor weitgehend abgewickelt, und auch in den wenigen verbliebenen Kernkraftwerken steht ein erheblicher Teil der verbliebenen Mitarbeiter vor der Rente, weil es für junge Menschen schon seit Jahren keine Perspektive mehr gab, dauerhaft im Nuklearsektor zu arbeiten. Und deshalb würde uns, selbst wenn wir die Kernkraftwerke weiter betreiben wollten, das notwendige Personal dafür fehlen.
Die jungen Leute wollen heutzutage eher Fernsehstars, Fußballspieler oder Influencer werden als Ingenieure. Wir müssen also eine ganze Generation wieder dafür begeistern, eine produktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen, und dann müssen wir sie dafür ausbilden, daß sie es kann. Wenn wir also wiederaufbauen wollen, wird es etliche Jahre dauern, bis wir den Aufbau tatsächlich so in Gang gebracht haben, wie wir es uns wünschen sollten.
Natürlich muß dieser Wiederaufbau der Wirtschaft in Deutschland darauf ausgerichtet sein, daß Deutschland einen produktiven Beitrag zur Entwicklung der Welt leisten kann. Und das bedeutet, daß wir auch die internationalen Kreditbeziehungen neu regeln müssen.
Der vielleicht wichtigste Schritt ist hierbei die Rückkehr zu stabilen, verbindlichen Wechselkursen, wie sie vor der Zerstörung des Bretton-Woods-Systems bestanden. Lyndon LaRouche hat vorgeschlagen, die Wechselkurse zwischen den Währungen nicht am Dollar oder am Gold, sondern an der Entwicklung des Warenkorbs der jeweiligen Volkswirtschaften zu orientieren.
Wenn der gigantische Berg der Spekulationsblase beseitigt ist, dann ist es auch möglich, diese Wechselkurse gegen solche Spekulationen wie die, für die Herr Soros berüchtigt ist, zu verteidigen.
Die Existenz langfristig weitgehend stabiler Wechselkurse würde auch die Regierungen und Unternehmen von der Notwendigkeit befreien, sich durch den Kauf von Finanzderivaten gegen Wechselkurs- und Zinsschwankungen abzusichern, was eigentlich als eine Art Schutzgelderpressung seitens der Finanzwelt betrachtet werden sollte. Denn die gleichen Banken, die das System durch ihre Spekulationen so instabil machen, daß man sich gegen die Schwankungen versichern muß, verkaufen auch die Versicherungen dagegen.
Ein solcher, langfristig stabiler Rahmen ist vor allem notwendig, um solche großen Aufbauprojekte wie die Projekte der Belt & Road Initiative, die eine unverzichtbare Voraussetzung für den Aufbau ganzer Volkswirtschaften darstellen, durchführen zu können. Denn sie amortisieren sich erst nach 20, 30, 40 oder sogar 50 Jahren.
Anstatt die Finanzierung solcher Projekte abhängig zu machen von den „Erwartungen“ der Finanzwelt, muß durch Vereinbarungen zwischen Regierungen im Stile eines Neuen Bretton Woods ein Rahmen geschaffen werden, der die Projekte langfristig absichert. Die Rückzahlung der Kredite darf erst dann beginnen, wenn der wirtschaftliche Nutzen der realisierten Projekte die Erträge generiert, aus denen die Rückzahlung finanziert werden kann, während sie gleichzeitig die Voraussetzungen schaffen für die Produktion all der Dinge, die die Menschheit brauchen wird.
Und wenn auf diese Weise weltweit große Entwicklungsprogramme in Gang kommen, die eine langfristige Aufbauperspektive schaffen, dann wird es auch möglich sein, die junge Generation für diese Aufgaben zu gewinnen.
Diese großen, internationalen Aufbauprojekte sind das dritte von LaRouches „Vier Gesetzen“. Das vierte dieser Gesetze besagt, daß bei diesen Projekten die modernsten Technologien entwickelt und eingesetzt werden müssen, aber darauf wird Michael Gründler gleich noch genauer eingehen.
Natürlich gibt es zahllose internationale Vereinbarungen und nationale Gesetze, die der Einführung eines solchen Systems, wie wir es befürworten, im Wege stehen. Das ist kein Wunder, hat die Finanzwelt ja schon seit 50 Jahren – seit dem 15. August 1971, der Abkopplung des Dollars vom Gold - daran gearbeitet, das Finanzsystem zielgerichtet umzubauen, um es dem Dienst der Weltbevölkerung zu entziehen und es so zu gestalten, daß es allein den Interessen der Finanzoligarchie dient. Es wurden floatende Wechselkurse eingeführt, die Finanzmärkte wurden dereguliert, die Trennung der Finanzsparten wurde beseitigt, und zukünftig sollen die traditionellen Bankgeschäfte sogar praktisch ganz unterbunden und die Banken selbst durch direkt von den Zentralbanken verwaltete elektronische Zahlungsmittel ersetzt und abgeschafft werden.
Aber der Staat, der die Gesetze macht, soll dem Interesse der gesamten Bevölkerung dienen, dem Gemeinwohl. Es gibt in praktisch allen Verfassungen der Welt – außer in einigen Staaten oder staatsähnlichen Gebilden, die keine Verfassungen haben, wie Großbritannien oder die EU – eine Gemeinwohlverpflichtung für den Staat und alle seine Bürger. Die staatlichen Organe, wie z.B. der Bundestag, sind also verpflichtet, das Finanzsystem so zu ordnen, daß es den Bedürfnissen der gesamten Bevölkerung dient, und nicht nur den 30 Großbanken oder den Milliardären der Finanzwelt. Die Finanzwelt muß gezwungen werden, ihre Geschäfte gemeinwohlkonform zu gestalten.
Ob das geschieht, ist eine Frage der Macht und der politischen Entschlossenheit, d.h., die Bürger müssen es einfordern. Und die Regierungen müssen zusammenarbeiten, denn nur gemeinsam sind sie stärker als das Finanzempire.
Aus diesem Grund hatte Lyndon LaRouche schon lange vorgeschlagen, daß die Regierungen der USA, Rußlands und Chinas zusammenarbeiten um die Grundzüge eines neuen Bretton-Woods-Systems auszuarbeiten, dem sich dann alle übrigen Nationen anschließen können.
Tatsächlich ist nichts von dem, was ich hier als Lösung dargestellt habe, etwas Neues – diese Methoden zur Finanzierung einer solchen Aufbaupolitik haben sich historisch immer wieder bewährt, wenn sie angewandt wurden, und immer dann, wenn die Nationen sich von diesen Methoden abgewandt haben, folgte ein wirtschaftlicher Niedergang.
Daraus sollten wir lernen, und wir sollten als Bürger von unseren Politikern verlangen, daß sie es ebenfalls tun. Vielen Dank.