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Neue Solidarität
Nr. 16, 22. April 2021

Unsere globale Gesundheits-Mission

Von Dr. Joycelyn Elders

Dr. Joycelyn Elders leitete als Surgeon General (1993-94) das öffentliche Gesundheitswesen der Vereinigten Staaten. Im vierten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 21. März hielt sie den folgenden Vortrag.

Ich grüße Sie! Während Sie auf der ganzen Welt zu dieser Konferenz des Schiller-Instituts versammelt sind, freue ich mich immer, zu diesen Konferenzen zu sprechen. Und ganz besonders zu der teilnehmenden Jugend, denn ihr seid diejenigen, die sich an die Arbeit machen müssen. Ihr seid nicht nur unsere Hoffnung für die Zukunft, sondern ihr seid eure Hoffnung für die Zukunft.

Ich möchte Sie alle an etwas erinnern, das ich bei einer der letzten Konferenzen gesagt habe.

Als ehemaliger Surgeon General der Vereinigten Staaten leitete ich einen Zweig der Uniformierten Dienste, der sich United States Public Health Service Commission Pool nennt. Dieser Zweig hat oft Bilder von Surgeon Generals in Militäruniformen. Nun, einerseits trägt dieser Zweig des Militärs keine Waffen; er ist eine Vorhut dessen, was eines Tages 80 bis 90 % der weltweiten Militärpräsenz Amerikas ausmachen sollte: Ingenieure, Ärzte, Krankenschwestern, Lehrer, Wassermanagement-Spezialisten. Doch im weiteren Sinne sind wir befähigt, Kriege zu führen: Kriege gegen Krankheiten; Kriege für eine universelle öffentliche Gesundheitserziehung; Kriege für eine anständige Gesundheitsversorgung für alle. Das ist kein lokaler oder gar nationaler Krieg, sondern ein Weltkrieg für die ganze Menschheit.

Dr. Martin Luther Kings berühmte Aussage, daß eine Bedrohung der Gerechtigkeit irgendwo eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall ist, sollten wir immer beachten und sagen, daß eine Gesundheitsversorgung, die jemandem irgendwo auf der Welt verweigert wird, eine Bedrohung der Gesundheitsversorgung für jeden überall auf der Welt ist.

Diese Pandemie hat uns sicherlich eine Lektion erteilt, die tödlich sein wird, und wir werden tödlich bestraft werden, wenn wir sie irgendwie ignorieren oder so tun, als ob wir Probleme mit Blindheit hätten. Aber ich fand, daß COVID-19 unsere Augen so geöffnet hat, daß wir jetzt klar sehen und eine normale Sehstärke für all die Probleme haben sollten, die in der Welt vor sich gehen und ignoriert wurden.

Ich war besonders begeistert, als Helga vorschlug, daß wir als wichtigen Teil des Komitees für die Koinzidenz der Gegensätze eine Jugendkomponente nach dem Vorbild von Präsident Franklin Roosevelts CCC (Civilian Conservation Corps) in den 1930er Jahren schaffen sollten. Ich setze mich seit langem für die Idee örtlicher Gesundheitshelfer (Community Healthcare Workers) ein und fördere sie, insbesondere unter Einbeziehung junger Menschen, die in Gemeinden und Städten im ganzen Land und schließlich sogar international eingesetzt werden sollten. Ich freue mich, daß wir jetzt in Washington ein gutes Modell für ein solches Programm zum Dienst an der Gemeinschaft haben, über das Sie später in diesem Panel mehr hören werden: eine Art Erweiterungsdienst des Public Health Commission Corps, wie der berühmte Agricultural Extension Service, der der Bevölkerung Wohl statt Zerstörung bringt. Diese zivilen Kräfte könnten geschultes medizinisches Personal bei der Bekämpfung von Krankheiten ergänzen und unterstützen, insbesondere bei dieser Pandemie, die uns hoffentlich die Augen geöffnet und unsere Sicht verbessert hat. Diese Gemeindearbeiter können auch das nötige Vertrauen aufbauen, um diese Krise zu bewältigen. Dies muß sofort überall in den Vereinigten Staaten geschehen, und bisher ist es noch nicht geschehen.

Seit ich das letzte Mal gesprochen habe, sind wir im Kampf gegen diese Pandemie ein Stück weiter gekommen, mit der Entwicklung, Produktion und Verabreichung von mehreren Impfstoffen. Aber es gibt immer noch viel, was erreicht werden muß. Wir haben kein zuverlässiges öffentliches Gesundheitssystem aufgebaut. COVID-19 wütet in Europa, bei einer problematischen Verteilung und Verabreichung des Impfstoffs. Es gibt Krieg und Krankheit in vielen Teilen der Welt. David Beasley vom UN-Welternährungsprogramm hat gewarnt, daß etwa 16 Millionen Menschen im Jemen - etwa die Hälfte der Bevölkerung – aufgrund des andauernden Krieges an der Schwelle zur Unterernährung und zum Verhungern stehen, und zwar nicht nur wegen des Krieges und der Ernährungsunsicherheit. 270 Millionen Menschen weltweit sind allein in diesem Jahr von Unterernährung und Hunger bedroht. Ich bin besonders alarmiert, wenn ich von den verschiedenen ernsten Situationen in Brasilien höre, wo es 280.000 Todesfälle durch COVID-19 gegeben hat.

Diese Pandemie könnte in Verbindung mit den verarmten Verhältnissen zu schweren und weiteren Mutationen führen. Wir müssen die strafenden und kontraproduktiven Sanktionen gegen Nationen abschaffen. Nahrung und medizinische Versorgung ist ein grundlegendes Menschenrecht und darf nicht zur Geisel der Politik gemacht werden.

Es ist von großer Bedeutung und Dringlichkeit, daß die Nationen, insbesondere die großen Mächte wie die USA, China, Rußland und Indien, mit kleineren, aber wirtschaftlich mächtigen Nationen in anderen Teilen der Welt zusammenarbeiten, um diese Probleme zu lösen.

Wir werden später in diesem Panel auch von einem Pilotprojekt hören, das das Komitee in Mosambik beginnt, um Nahrungsmittel und medizinische Hilfsgüter zu liefern. Diese Projekte sind zwar von bescheidenem Umfang, aber sie tragen Früchte und können hoffentlich als Katalysator und Demonstration dessen dienen, was in einem viel größeren Maßstab getan werden kann, wenn wir den Willen und das Engagement haben, es zu tun und zusammenzuarbeiten.

Abschließend möchte ich sagen, daß die Welt, wie der Titel dieser Konferenz sagt, an einem Scheideweg steht. Sie, kluge junge Menschen, stehen an einem Scheideweg: Ihr müßt die Dinge tun, die wir tun müssen, um uns zu vereinen, zusammenzuarbeiten, unsere Ungerechtigkeiten zu lösen. Wir müssen den Weg aufzeigen, und wir müssen entscheiden, welchen Weg wir wählen werden. Werden wir Verzweiflung und Selbstzerstörung wählen oder Hoffnung und Heilung?

Lassen Sie uns zusammenarbeiten und hoffentlich das letztere wählen. Wir müssen zusammenarbeiten, um diese Welt zu einem besseren Ort für uns alle zu machen, und uns mit der moralischen Prüfung auseinandersetzen, die wir in dieser Welt bestehen müssen. Wir müssen überleben. Ich danke Ihnen.