Nr. 10, 11. März 2021
Kampagne für Kernenergie in Europa gewinnt an Boden
Ein (wahrscheinlich unerwartetes) Ergebnis der Kampagne zur Verteufelung
von CO2 als verantwortlich für eine drohende Apokalypse ist die
wachsende Unterstützung für die Kernenergie als hocheffiziente, sichere und
„saubere“ Stromquelle. Im Gegensatz zu Deutschland könnten sich bald zwei
europäische Länder, Polen und Irland, neu in die Reihe der
Atomstromproduzenten einreihen.
- In Polen verabschiedete das Kabinett am 2. Februar den nationalen
Energieentwicklungsplan (PEP2040), der den Schwerpunkt auf erneuerbare
Energien legt, um Kohle zu ersetzen, aber auch die Verpflichtung enthält, bis
2040 mindestens sechs Kernkraftwerke zu bauen, wobei der erste Reaktor 2033
ans Netz gehen soll. Am selben Tag traf sich Klima- und Umweltminister Michal
Kurtyka in Warschau mit Vertretern des französischen Energiekonzerns EDF. Er
bestätigte, daß die Regierung auch Gespräche mit der japanischen
Atomenergiebehörde über den Bau eines gasgekühlten
Hochtemperatur-Forschungsreaktors führt, der Teil der Lösung für die
Wasserstoffproduktion sein könnte.
- In Irland zieht sogar der Vorsitzende der Grünen Partei,
Umweltminister Eamon Ryan, die Kernkraft als Option in Betracht. Als er letzte
Woche bei einer Veranstaltung des Institute of International and European
Affairs gefragt wurde, ob modulare Atomreaktoren auf der Agenda der Regierung
stünden, antwortete Ryan, er „würde das nicht ausschließen, wenn jemand zeigen
kann, daß es eine neue Form der Atomkraft gibt, die in dieses Modell paßt“.
Bisher habe er nur mögliche Konstruktionspläne gesehen, doch wenn die Dinge
konkreter werden, werde er sich näher damit befassen.
- Auf europäischer Ebene schrieben 13 Gewerkschaften des Energiesektors
aus Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Rumänien und Ungarn einen
offenen Brief an die EU-Kommission, in dem sie betonen, daß die nukleare
Stromerzeugung eine Schlüsselrolle einnimmt, damit Europa sein Ziel der
Kohlenstoffneutralität erreichen kann, und um zur Energiesicherheit Europas
und zur Erholung von der COVID-19-Pandemie beizutragen. Sie merken an, daß
selbst dem Weltklimarat zufolge die Kernenergie ein unverzichtbarer Teil der
Lösung des Klimaproblems ist.
Schon jetzt, heißt es in dem Brief, liefere die Kernenergie fast die Hälfte
der kohlenstoffarmen Stromerzeugung in der EU. Sie fordern die Kommission auf,
diese saubere Energiequelle in die Taxonomie aufzunehmen, denn wenn man sie
ausschließe, „hätte dies nicht nur eine starke negative Auswirkung auf die
europäische Atomindustrie – die mehr als eine Million Arbeitsplätze in Europa
sichert –, sondern auch auf alle europäischen Industrien, die Elektrizität
nutzen“.
rap