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Neue Solidarität
Nr. 9, 27. Februar 2020

Die Situation der Landwirte in Deutschland

Von Bernhard Perschl

Der bayrische Landwirt Bernhard Perschl hielt beim Frankfurter BüSo-Parteitag am 2.2.2020 den folgenden Vortrag und beantwortete anschließend Fragen zu den Problemen der Landwirte.

Ich bin der Perschl-Bernhard, komme aus dem schönen Landkreis Altötting. Ich bewirtschafte einen Schweinezucht- und Schweinemastbetrieb, mit Biogas.

Zur Lage der Landwirtschaft: Warum sind jetzt auf einmal die Bauernproteste gekommen? Ehrlich gesagt, bis jetzt sind die Politik und die Grünen jeden Betriebszweig einzeln angegangen, so daß bei den Bauern eigentlich keine Einigkeit entstehen konnte. Mittlerweile sind wir aber an einem Punkt angelangt, wo es alle auf einmal trifft.

Im Fall der Zuchtsauenhaltung sind wir ja noch immer in der Luft, wie es in Zukunft mit der Abwässerbucht zu halten ist, mit der Ausgestaltung und der Größe, genauso mit der Ferkelkastration, die ab Ende dieses Jahres betäubungslos nicht mehr durchgeführt werden darf, da haben wir ja auch noch keine brauchbare Lösung.

Wie gesagt, das hat bisher immer nur einzelne Betriebe getroffen, und jetzt geht es mittlerweile los, mit der Düngeverordnung, mit den Nitratmeßstellen und all dem.

Ob das alles legitim und richtig ist, oder ob die Landwirte allein dafür verantwortlich sind?

Ein kleines Beispiel: Wir haben ja 80 Millionen Leute in Deutschland. Wo kommt das hin, was die, wie sagt man so schön, ausscheiden? Was passiert mit den ganzen Sachen? Ob das nicht auch für unser Grundwasser so gut ist, wenn das alles irgendwie geklärt wird und dann in die Flüsse hineinkommt? Denn die Kläranlage reinigt ja auch nur zu 90%.

Das alles ist mit ein Grund, warum die Landwirte jetzt auf die Straße gehen. Ich habe gerade aufs Handy geschaut: In Bayern ist auch in 48 Stunden irgendwas geplant. Sie sagen noch nicht, was und wo, aber der Aufruf ist wieder da: Traktor bereithalten, Handy einschalten, innerhalb der nächsten 48 Stunden ist die nächste Veranstaltung.

Die ganze Bewegung ist ja im Endeffekt von Holland gekommen, und das haben dann in Niedersachsen einige Landwirte aufgegriffen und haben das auch in Deutschland aufgezogen, und die jungen Leute sind heutzutage ja alle über Whatsapp vernetzt.

Jetzt haben wir anscheinend wirklich eine Chance, daß da etwas geht, und daß da etwas ausgerichtet wird.

Der Vorteil dieser ganzen Sache ist der: Ich habe auch daheim mit Bekannten politisiert usw.; jeder lacht dich aus, wenn man sagt, Medienfreiheit existiert schon lange nicht mehr. Jetzt begreifen sie es selber, daß Medienfreiheit nicht mehr existiert, daß sie eigentlich nur verarscht werden.

Am Mittwochabend waren vor der CSU-Zentrale in München ungefähr 80 bis 100 Traktoren. Das ist um eins, um 13 Uhr ausgemacht worden, um 15 Uhr sind die ersten gefahren, um 16 Uhr waren die ersten anwesend. Mal schauen, wie weit das geht.

Gefährlich ist, das muß ich ehrlich sagen, wenn man die Chat-Verläufe mitliest: Es könnte auch umschlagen in nicht mehr friedliche Proteste, es sind klare Tendenzen dazu da. Denn den Landwirten langt es, komplett. Sie werden für alles beschuldigt, ohne jeglichen Hintergrund, und ohne daß irgendwas Fachliches da ist.

Die 170 Kilo von der Düngeverordnung, mit der organischen Düngung, das ist bei weitem nicht der Bedarf von den Pflanzen von unseren Kulturen. Wir haben ja in Deutschland das Glück, wir haben relativ gute Böden, wir haben normalerweise ausreichend Niederschlag, wir können einen sinnvollen Ackerbau betreiben. Aber mit dieser Düngemittelverordnung werden wir eingebremst. Wir können nicht mehr so effizient arbeiten, wie wir es möchten.

Das ist unser Problem, weil die ganze Diskussion – moralisch, mental, oder wie man es nennen möchte – ideologisch ist, und nicht fachlich. Das ist in der Schweinehaltung dasselbe, in der Rinderhaltung auch, es ist mittlerweile egal, welchen Bereich man da nimmt. Da schaffen nur noch die Grünen an, und sonst nichts mehr.

Das ist so ein bißchen mein Standpunkt zur Lage der Landwirtschaft. Wenn jemand noch irgendwelche Fragen hat – [Applaus.]

* * *

Frage: Habe ich das richtig verstanden, daß die grüne Überregulierung Ihnen das Arbeiten unmöglich macht?

Perschl: Überregulierung? Ja. Ob das jetzt von den Grünen kommt? Es kommt hauptsächlich von den Grünen, das ist klar. Es kommt zu 90% von den Grünen.

Ein Beispiel ist der Güllegrubenbau, heutzutage. Die Firmen bauen nicht mehr, weil sie die Gewährleistung für 20 Jahre nicht geben können auf die Materialien. Das wird normal nicht mehr genehmigt oder gebaut. Wir kriegen längere Sperrfristen. Wir dürfen vom 1. November bis zum 1. Februar nichts mehr herausfahren auf die Felder, also müssen wir das irgendwo lagern, und da brauchen wir einen Platz dafür. Und mit dem ganzen Preisverfall, wo es immer „wachse oder weiche!“ heißt, braucht man natürlich auch eine Güllegrube dazu, aber die wird heute nicht mehr genehmigt. Ab 2025 müssen alle Altbestände auf Dichtigkeit geprüft werden.

Im Gegenzug wehren sich die Kommunen dagegen, daß die Abwasserkanäle saniert werden oder daß die Dichtigkeitskontrollen bekommen. Die müssen nur alle sechs Jahre eine Kamerabefahrung machen auf offensichtliche Schäden.

Qualitätsweizenproduktion ist mit dem, was im Moment von Brüssel vorgeschrieben wird, in Deutschland nicht mehr möglich. Dann müssen wir Qualitätsweizen – für Semmeln, für Brezeln – alles importieren. Denn du brauchst Energie, du brauchst Stickstoff, daß du die Eiweißwerte herbringst, du brauchst Pflanzenschutz, daß du es gesund erhalten kannst.

Wo wir jetzt beim Thema Pflanzenschutz sind: Es gibt jetzt das Thema Glyphosat, da hört man ja nichts anderes mehr. Weiß irgend jemand, wer hier in Deutschland der größte Abnehmer von Glyphosat ist? Die Deutsche Bahn. Um die Bahntrassen freizuhalten, mit Gewalt. Das ist das billigste und einfachste.

Frage: Sie haben es eben angesprochen, wir müssen die Lebensmittel auch einführen, aber dann nicht mehr aus der EU, sondern aus Ländern außerhalb der Europäischen Union, weil die Probleme sind ja in der ganzen EU, das trifft die ganze Wertschöpfung in der EU.

Perschl: Andere Länder nehmen es nicht ganz so genau mit der Auslegung. [Lachen.] Das ist Fakt. Einen griechischen Landwirt interessiert es nicht, was von Brüssel vorgeschrieben wird.

Frage: Könntest du noch etwas sagen über die Preislage in der Landwirtschaft?

Perschl: Die Preislage in der Landwirtschaft allgemein? Im Schweinesektor ist die momentan gut, weil ja China 50 Prozent seiner Schweinebestände mit der Afrikanischen Schweinepest verloren hat, die kaufen alles zusammen, weltweit. Die Rinderpreise sind nicht so gut momentan, dank Mercosur-Abkommen und was weiß ich noch welche Freihandelsabkommen, von Brasilien herüber. Die Getreidepreise dümpeln immer irgendwo knapp umeinander, das wird sich auch so schnell nicht mehr ändern. (...)

Mit den Biogasanlagen sind ja auch die Siloanlagen so viel mehr geworden. Über die Sinnhaftigkeit vom Biogas können wir uns trefflich streiten, die sehe ich nämlich auch nicht, zumindestens nicht für die Großanlagen, die es heute gibt. Denn daß man eines der besten Grundnahrungsmittel der Welt zu Strom macht, das ist in meinen Augen Irrsinn. So kleine Anlagen, okay, meinetwegen, so wie die Grünen das mal gedacht haben, sind ja relativ sinnvoll. Daß jeder Landwirt seine Gülle verwertet und die Abfallstoffe, die er drum herum hat, das ist ja nicht schlecht. Aber wie sind denn die großen Anlagen entstanden? Sie sind doch nur entstanden durch schlechte Preise: Der Weizen hat nichts mehr gekostet, die Viecher haben nichts mehr gekostet, und der Landwirt ist erfinderisch, er kämpft bis zum letzten Atemzug. Er sieht, da kriege ich für 20 Jahre einen sicheren Preis, da geht er hin, mit Schwung und Anlauf.

Frage: Vielleicht kannst du noch mal sagen, wenn man Investitionen plant, zum Beispiel in eurem Betrieb, um was für Größenordnungen es da geht, was man da braucht?

Perschl: Bei Traktoren, Leistungsklasse 150 bis 200 PS, Standardschlepper – 100.000 (Euro) wären schön, da würde ich gleich kaufen [Lachen.]. Nimm das mal fast mal zwei. Stahlbau – je nachdem. Kuhställe: Ich habe Bekannte, die jetzt für 70 Kühe mit einem Melkroboter bauen, die reden von knapp einer Million. Schweinehaltung, ein Zuchtsauenplatz komplett: Wenn man den baut, in der Größenordnung wie wir es jetzt haben, 700.000. Hier reden wir von jenseits einer halben Million, nach oben keine Grenzen.