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Von Benjamin Deniston
Kürzlich erregte ein Artikel meine Aufmerksamkeit: „Berühmtes Wirtschaftsexperiment tausendfach reproduziert“ von Whitney Clavin, California Institute of Technology.1 Der Artikel und die Studie, die ihm zugrunde liegt, demonstrieren beispielhaft die höchst problematische Natur der üblichen Debatten über Wirtschaftstheorie im heutigen Amerika. Statt endlos über Angebot und Nachfrage und freie Märkte zu diskutieren, wäre es weitaus nützlicher, den enormen weltwirtschaftlichen Nutzen eines Programms zur Kolonisierung von Mond und Mars zu untersuchen. Um dies kompetent zu tun, müssen wir die problematischen Axiome des modernen Denkens über Wirtschaft identifizieren und sie über Bord werfen und durch angemessene ersetzen.
Der fragliche Artikel beginnt wie folgt:
„Auf einem offenen Markt, wie z.B. einem Bauernmarkt, auf dem landwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Waren wie Kerzen und Blumen gegen Geld getauscht werden, werden sich schnell die idealen Preise sowohl für Verbraucher als auch für Verkäufer herausbilden... Dieses Phänomen, das mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage zusammenhängt, wurde seit den 1960er Jahren experimentell nachgewiesen... Jetzt, fast 60 Jahre später, haben Caltech-Ökonomen Daten von 2000 Wiederholungen dieser Experimente von Forschern aus der ganzen Welt analysiert, um zum ersten Mal nachzuweisen, daß [dies] in großem Maßstab reproduzierbar ist.“
Ich kann mir weitaus produktivere und nützlichere Studien vorstellen, denen diese Forscher ihre Zeit widmen könnten. Lyndon LaRouche hat sein Leben lang völlig richtig betont, daß die Diskussionen über Wirtschaft viel zu sehr von Studien und Spekulationen über Märkte und Kauf- und Verkaufsverhalten dominiert sind. Solche Studien mögen ihre Berechtigung haben (denke ich), aber die weitaus interessantere (und weitaus wichtigere) Frage ist die, die LaRouche in Angriff genommen hat: Wie erfaßt man wissenschaftlich wirtschaftlichen Wert und langfristiges Wachstum?
Gibt es, von diesem Standpunkt betrachtet, einen Zusammenhang zwischen den Preisen auf einem offenen Markt und dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert?
Das ist eine Gelegenheit, besonders auf eine Schrift LaRouches hinzuweisen, in der er sich eingehend mit der Frage des Preises befaßt. Sie stammt vom August 2005 und trägt den Titel LaRouches Bemerkungen über Professor Hankel und ihn selbst. Er schreibt darin:
„Die Folge dieser angedeuteten Denkfehler der üblichen Ökonomen und anderer relevanter Leute ist, daß die monetaristischen und verwandten Preistheorien, die bisher allgemein verwendet wurden, nichts mit dem zu tun haben, was man als eine tatsächliche Wirtschaftswissenschaft oder auch nur als vernünftige Methode des Wirtschaftens von Regierungen und des Managements der damit verbundenen Volkswirtschaften betrachten sollte. Sie haben eher den Charakter doktrinärer Debatten zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb eines heidnischen religiösen Kults – eines Kults, der auf dem Aberglauben an positive Magie beruht, mit Doktrinen, die in der offensichtlichen Absicht ausgearbeitet wurden, den Sklaven zu überzeugen, sein Schicksal zu akzeptieren, die aber keinerlei durchdachten Versuch darstellen, die Paradoxien der Volkswirtschaft in der heutigen realen Welt zu entmystifizieren. Die wirtschaftliche Realität liegt im physischen Ergebnis der angewandten Kräfte (d.h. der entdeckten universellen physikalischen Prinzipien), die in der Form der physischen Kosten umgesetzt werden, die erforderlich sind, um dieses so gesteigerte physische Ergebnis zu erzielen. Die Rolle des Geldes als Tausch- und Kreditinstrument muß den realwirtschaftlichen (d.h. physischen) Zielen der nationalen Wirtschaftspolitik wirksam untergeordnet sein.“2
LaRouche hat über die „realwirtschaftlichen (d.h. physischen) Ziele“ der Wirtschaftspolitik wahrscheinlich öfter geschrieben, als ich zählen kann, aber sein Lehrbuch der Ökonomie von 1984, Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten, ist immer ein guter Bezugspunkt, ganz besonders Kapitel 4 über „Die Definition des ökonomischen Werts“. Wenn Sie kein Exemplar davon besitzen, sollten Sie sich auf jeden Fall eines besorgen.3
Eine wissenschaftliche Definition von wirtschaftlichem Wert erfordert, die gesamte Wirtschaft (national, regional oder international) als eine Einheit zu behandeln und als ein thermodynamisches System zu untersuchen, das seine eigene Energie produziert, die das System zur Aufrechterhaltung seines Betriebs benötigt – ein geschlossenes thermodynamisches System. Für eine Volkswirtschaft, die auf diese Weise untersucht wird, gilt: Die Energie des Systems ist nicht die Energie an sich, sondern es sind die physischen Güter, die benötigt werden, um die Bevölkerung und den Produktionsprozeß der Wirtschaft auf einem konstanten relativen Niveau der Technik und des Lebensstandards zu halten. Nahrungsmittel, Elektrizität, Autos, Kleidung, Werkzeugmaschinen, Wasserinfrastruktur, Straßen usw. – all dies sind sowohl Produkte des Produktionsprozesses als auch für den Produktionsprozeß erforderliche Inputs (die Systemenergie wird in LaRouches Analyse mit V + C + D bezeichnet – siehe Abbildung 1).4
Nur ein begrenzter Teil der Erwerbsbevölkerung, die produktiven Arbeitskräfte, ist direkt an der Produktion der physischen Güter beteiligt, die von der Gesellschaft verwendet werden. Alles, was über die vom System benötigte Energie hinaus produziert wird, bildet den Nettobetriebsgewinn (S’), d.h. die freie Energie, die für Investitionen zur Verfügung steht, um die Wirtschaft auf ein höheres Niveau über dem durch die Systemenergie aufrechterhaltenen Status quo anzuheben.
Dies definiert die maximal vereinfachte Version des Prozesses, der isoliert werden muß, bevor eine wissenschaftliche Bewertung wirtschaftlichen Werts vorgenommen werden kann: die Nutzung eines Teils der (in einem früheren Wirtschaftszyklus erzeugten) Energie des Wirtschaftssystems durch die produktiven Arbeitskräfte, um die Systemenergie plus freie Energie für den nächsten Wirtschaftszyklus zu erzeugen.
Einzelne Personen auf offenen Märkten in Dörfern oder Städten mögen sich auf einen Marktpreis für Äpfel und Kokain einigen, aber was bitteschön sagt uns das über die Fähigkeit der Wirtschaft als ganzer, die Bevölkerung zu ernähren und zu wachsen?
Für die (in diesen thermodynamischen Begriffen betrachtete) Wirtschaft gibt es keinen stabilen Zustand, eine Wirtschaft bewegt sich immer entweder in eine entropische oder in eine negentropische Richtung. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ (eine andere Bezeichnung für „Nullwachstum“) ist ein gefährlicher Mythos.
Jede Volkswirtschaft, die versucht, ein gleichbleibendes Existenzniveau aufrechtzuerhalten – eine Nullwachstumspolitik –, wird die relativ hochwertigsten verfügbaren natürlichen Ressourcen verbrauchen, was sie dazu zwingt, auf qualitativ schlechtere und/oder schwieriger zugängliche (d.h. teurere) Lagerstätten dieser Ressourcen zurückzugreifen.
Das bedeutet, daß die Wirtschaft mehr Anstrengungen unternehmen muß, um die gleiche Energie zu produzieren, die das Wirtschaftssystem benötigt, nur um die Wirtschaft auf dem bestehenden Niveau zu halten. Ein größerer Anteil der Systemenergie wird im Produktionsprozeß verbraucht, und ein größerer Anteil der produktiven Arbeitskräfte wird gebraucht, um das gleiche Produktionsniveau wie im vorangegangenen Zyklus zu erreichen (so daß weniger Arbeitskräfte für die notwendigen Gemeinkosten zur Verfügung stehen). Von der Gesamtproduktion steht immer weniger als freie Energie für Investitionen zur Verfügung, und am Ende kann nicht einmal mehr die Systemenergie produziert werden, was die Wirtschaft in einen Kollaps-Modus zwingt – die „nachhaltige“ (Nullwachstums-)Wirtschaft marschiert auf einen entropischen Zusammenbruch zu.
Um die Folgen der Erschöpfung bestimmter Ressourcen zu überwinden, braucht jede Wirtschaft technischen Fortschritt – der zu einer Steigerung der Produktivkräfte der Arbeitskraft führt – und wissenschaftliche Revolutionen, die das Verhältnis der Menschheit zur natürlichen Welt und zu den sogenannten natürlichen Ressourcen neu definieren. (Wie wäre es mit einem Raumfahrtprogramm?)
Das ist die einzige wissenschaftliche Grundlage, um den wirtschaftlichen Wert zu definieren, und damit auch die Art und Weise, wie man die Preisgestaltung vom wissenschaftlichen Standpunkt aus angeht.
Damit das Segment der produktiven Arbeitskräfte auf einem Niveau der physischen Produktivität arbeiten kann, das ausreicht, um die Wirtschaft in einem negentropischen Modus zu halten, brauchen diese sowohl Investitionsgüter (C), die ein ausreichendes Maß an Technologie einsetzen, als auch Konsumgüter (V), die für den Unterhalt ihrer Haushalte erforderlich sind – eingeschlossen das Heranziehen einer neuen Generation produktiver Arbeitskräfte, die fähig sind, aktuelle und zukünftige Technologien zu nutzen. (Die katastrophale Natur der Globalisierung und der Billiglohnpolitik wird vollends deutlich, wenn man die Wirtschaft von diesem Standpunkt aus richtig versteht.)5
LaRouche stellt in der oben zitierten Schrift von 2005 fest:
„Bei der Preisbestimmung müssen in erster Linie die Lebens- und Arbeitsbedingungen der gesamten nationalen Erwerbsbevölkerung und der mit ihr verbundenen Haushalte berücksichtigt werden, und zwar nicht nur innerhalb der jeweiligen Nationen, sondern zunehmend auch im globalen Maßstab. Dies bestimmt die Vorstellung von der Größenordnung des privaten Einkommens, das durch wesentliche öffentliche und verwandte Dienstleistungen für die Haushalte ergänzt wird. Diese Schätzung des gesamten physischen Preises der Arbeit, definiert in Bezug auf die Haushalte, wird mit dem Produkt der Arbeit dieser Haushalte verglichen: grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur, Landwirtschaft, Produktion und grundlegende Dienstleistungen, einschließlich der vom Staat bereitgestellten.
Diese Konfiguration muß unter dem Gesichtspunkt mehrerer Faktoren beschrieben werden, darunter die Bildung von Sachkapital und die Raten der Entstehung und Anwendung des wissenschaftsgetriebenen technologischen Fortschritts. Die weitere Verfeinerung der Aufteilung auf diese verschiedenen Komponenten sollte programmatisch erfolgen. Ein solches Programm hat zwei wesentliche Ausprägungen, die sich überschneiden: die Arbeitsteilung innerhalb und zwischen diesen Kategorien, definiert durch die Erfordernisse eines beschlossenen nationalen Ziels mit einer bestimmten Rate und Richtung der realwirtschaftlichen Steigerung der Arbeitsproduktivkräfte. Die Aufgabenorientierung der nationalen Wirtschaftspolitik und verwandter Politik verläuft nicht von der Gegenwart zur Zukunft, sondern von der Zukunft zur Gegenwart: Eine gesunde Gesellschaft schafft die Grundlage für eine Zukunft, die die Gegenwart überholen muß.“
Und, kurz davor, in derselben Schrift:
„Die Entwicklung dieser allgemeinen Ziele ist für einen dynamischen Ansatz bei der Politikgestaltung erforderlich, um die physischen Produktivkräfte der Arbeit pro Kopf und pro Quadratkilometer des Territoriums zu verbessern. In dieser und ähnlicher Hinsicht zeigen die besten Erfahrungen der Vergangenheit, daß die Regierung sich soweit informieren kann, daß sie allgemeine Linien der technologischen Weiterentwicklung voraussehen und den Expertenrat einholen kann, mit dessen Hilfe sie das allgemeine Tempo beurteilt, mit dem solche Fortschritte möglich sind. Das US-Raumfahrtprogramm, wie es mit dem Programm zur bemannten Mondlandung durchgeführt wurde, ist eine Demonstration der Art und Weise, wie ,Crashprogramme’ als Wissenschaftsmotor für höhere potentielle Arbeitsproduktivität auf die Gesamtwirtschaft ausstrahlen.“
Die enormen wirtschaftlichen Vorteile des Raumfahrtprogramms der Apollo-Mondlandung wurden sowohl in konventionellen Wirtschaftsanalysen6 als auch aus LaRouches Sicht demonstriert.7
Das aufgabenorientierte Crashprogramm für die bemannte Mondlandung trieb die Entwicklung einer Vielzahl technologischer Durchbrüche an, die dann für die allgemeine Fertigung auch in allen Industriezweigen, die nicht mit dem Apollo-Programm in Verbindung standen, zur Verfügung gestellt wurden. In Begriffen von LaRouches Ansatz wurden diese neuen Technologien in die Entwürfe neuer Investitionsgüter (C) integriert, wodurch die produktiven Arbeitskräfte, die im Produktionsprozeß die fortgeschritteneren Investitionsgüter verwendeten, ihre Arbeitskraft erhöhten.
Interessant ist, daß im kombinierten Luft-, Raumfahrt- und Rüstungssektor der Wirtschaft durch die treibende Kraft des Mondlandeprogramms die Neuanschaffungen von Investitionsgütern um 90% anstiegen, in den übrigen Sektoren der Wirtschaft aber mit 130% noch schneller.8 Wenn man es richtig macht, können Weltraummissionen die gesamte Wirtschaft auf ein höheres Niveau bringen!
Präsident Trumps Plan für eine neue bemannte Mondmission hat das Potential, zum wichtigsten Crash-Programm zu werden, das die Wirtschaft antreibt. Lyndon LaRouche setzte sich ab 2009 erneut für eine globale Anstrengung zur industriellen Erschließung des Mondes und für eine bemannte Marsmission ein. Dies sollte das Schlüsselprogramm einer neuen Weltwirtschaftsordnung sein, die durch die Zusammenarbeit souveräner Nationen gelenkt wird, die dem globalistischen Finanzsystem der Londoner City die Macht nehmen. Diese Mission ist auch heute noch von entscheidender Bedeutung.
Marktpreise sind, was sie sind, aber Studien darüber sollte man nicht als Wirtschaftswissenschaft bezeichnen. Die wichtige Frage ist der wahre physische wirtschaftliche Wert, definiert durch Beiträge zum negentropischen Wachstum, das für das menschliche Überleben notwendig ist. Es ist an der Zeit, daß LaRouches Wissenschaft der Ökonomie die Politik bestimmt, sonst wird die Bevölkerung weiter den Preis für schlechte Wirtschaftspolitik zahlen.
Benjamin Deniston
LaRouchePAC-Wissenschaftsteam
Ben@LPAC-Organizers.com
Fußnoten
1. Siehe https://www.caltech.edu/about/news/famous-economics-experiment-reproduced-thousands-times
2. Veröffentlicht in EIR, 2. September 2005, siehe https://larouchepub.com/lar/2005/3234on_him_n_hankel.html
3. Für fünf Euro als E-Book zu bestellen unter https://shop.eir.de/produkt/was-sie-schon-immer-ueber-wirtschaft-wissen-wollten/.
4. Dieser Beitrag erschien ursprünglich in englischer Sprache auf der Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees LaRouchePAC, wo er durch mehrere Animationen ergänzt ist, um verschiedene Aspekte zu verdeutlichen, siehe https://action.larouchepac.com/20200817_price_v_value?recruiter_id=139893.
5. LaRouche geht in seinen „Bemerkungen über Professor Hankel und ihn selbst“ (vgl. Fußnote 2) darauf ein:
„Die Vorteile, die sich einige asiatische Nationen durch die Globalisierung des ,Freihandels’ gesichert zu haben scheinen, bestehen darin, daß sie die Preise ihrer Exporte auf dem Weltmarkt unter das Niveau des nationalen Exporteinkommens drücken, das erforderlich ist, um die wirtschaftliche Unterdrückung zu mildern, die sich gegenwärtig unter den Armen dieser oder ähnlich gelegener anderer Nationen oft noch verschärft. Diese Verschärfung der Armut der großen Masse der Armen spiegelt die Auswirkungen der Preisvorteilsspanne für den Export dieser Nationen wider, von der diese Nationen gegenwärtig in Bezug auf einen marginalen Faktor abhängen, den das frühere Wirtschaftsübereinkommen als „primitive Akkumulation“ bezeichnet hat: die Erhöhung des relativen Einkommens der Nation durch die Plünderung eines relativ enormen Teils ihres eigenen Territoriums oder des Territoriums und der Bevölkerung anderer Nationen.“
6. Z.B. in „The Economic Impact of NASA R&D Spending“, Chase Econometrics, 1976.
7. Z.B. „How defence and space programs drive economic growth“, EIR Quarterly Economic Report, 4. Quartal 1986; „Space: The Ultimate Money Frontier“, EIR, 5. Februar 1996.
8. Konkret der Vergleich des Jahrzehnts der 1950er Jahre mit dem Jahrzehnt der 1960er Jahre, erörtert in „How Defense and Space Programs Drive Economic Growth“ („Wie Verteidigungs- und Raumfahrtprogramme das Wirtschaftswachstum antreiben“), EIR Quarterly Economic Report, 4. Quartal 1986 (Seite 65).