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Neue Solidarität
Nr. 40, 1. Oktober 2020

Auszüge aus der Diskussion

An die Vorträge des zweiten Konferenzabschnitts schloß sich eine ausführliche Diskussionsrunde an, in der die Teilnehmer rund 90 Minuten lang auf Fragen und Aussagen der anderen Referenten, der Moderatoren und aus dem Publikum antworteten. Wir bringen Auszüge.

Dr. Bernard Bigot: Die Entwicklung der Wasserstoff-Fusion ist aus meiner Sicht sowohl eine wissenschaftliche als auch eine technische Frage. Wir müssen all diese Komponenten unter sehr präzisen Bedingungen zusammenbauen. Das ist noch nie zuvor gemacht worden, also ist die Technik als Fähigkeit absolut entscheidend. Aber wir erforschen, ich würde sagen, terra incognita. Noch niemals war jemand auf der Welt in der Lage, ein brennendes Plasma, ein sich selbst erhaltendes Plasma zu produzieren. Bei 150 Millionen Grad wird es einige Turbulenzen geben, einige verschiedene Ereignisse. Wir wissen, daß es sie geben wird, aber wir haben noch nie Erfahrungen in diesen Dimensionen gemacht. Aus meiner Sicht ist es also sowohl die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Entwicklung als auch die Notwendigkeit der Technik.

Dr. Stephen O. Dean: Danke, Bernard. Wir alle bewundern Sie auf der ganzen Welt für die Arbeit, die Sie bei diesem unglaublich großen, komplexen Bauprojekt leisten. Wir freuen uns auf den Tag, an dem wir tatsächlich das Plasma studieren.

Ich möchte nur etwas hinzufügen oder vielleicht erweitern, was Bernard gesagt hat: Fusion und Fusionswissenschaft und -technik sind in vielerlei Hinsicht nicht unähnlich der Geschichte der Wissenschaft und Technik und Technologie über die Jahrhunderte. Wir befinden uns noch in einem sehr frühen Stadium des Lernens, und wir müssen damit rechnen, daß das Erste, was wir tun, nicht das Letzte sein wird, was wir in Bezug auf Verbesserungen und die Suche nach neuen Wegen, nach neuen Erkenntnissen usw. tun. Wenn ITER in Betrieb ist, und wenn die Kernfusion im Labor wirklich stattfindet, dann ist das eigentlich der Beginn von wahrscheinlich einigen Jahrhunderten, die man sich kaum vorstellen kann. Genau wie man sich unsere heutigen Mobiltelefone vor hundert Jahren kaum hätten vorstellen können.

Dr. Bigot: Am 28. Juli waren wir sehr erfreut, die Ansichten der Staatschefs der sieben ITER-Mitglieder zum ITER-Projekt sowie zur Bedeutung des Beginns der Montagephase zu hören. Der französische Präsident Macron sagte sehr deutlich, daß die Welt Energie braucht – Energie ist Leben. Ohne Energie gibt es kein biologisches Leben, keine Natur, kein wirtschaftliches Leben, kein gesellschaftliches Leben und keine Entwicklung.

Die Energieversorgung der Welt ist nicht gut verteilt. Einige Länder verfügen über recht günstige Ressourcen an fossilen Brennstoffen, andere haben recht günstige Bedingungen für erneuerbare Energien. Aber viele haben Schwierigkeiten, eine langfristige nationale Energieversorgung sicherzustellen.

Für die Fusion verwendet man einen Rohstoff, Meerwasser, und eine sehr geringe Menge Lithium, die beide weit verbreitet sind. Mit der Fusion werden wir also Konkurrenz und Konfrontation wie in der Vergangenheit vermeiden, als man versucht hat, Energie aus einem anderen Teil der Welt zu beziehen. Das war der Grund dafür, daß wir die Wasserstofffusion entwickeln, die, wie jetzt vereinbart, von allen Menschen voll und ganz geteilt wird. Das geistige Eigentum wird mit allen ITER-Mitgliedern und darüber hinaus in vollem Umfang geteilt. Es könnte ein Durchbruch für einen langfristigen Frieden auf der Welt sein, wenn ich die Bedeutung von Präsident Macrons Erklärung richtig verstehe.

Dr. Bigot: Sieben Nationen haben das ITER-Übereinkommen unterzeichnet, wobei sich insgesamt 35 Länder zusammengeschlossen haben, weil sie wissen, daß es für sie keine alternative Option zur Entwicklung der Fusion gibt. Seit ich am ITER-Projekt beteiligt bin, ist ITER unabhängig davon, welche politischen Debatten unter den Mitgliedern geführt werden. Allen ist klar, daß sie die Fairneß unter sich wahren müssen, um erfolgreich zu sein. Daher habe ich im Moment keine Schwierigkeiten mit dem Problem, von dem Sie sprachen, mit dem Verbot einiger Unternehmen. Bis jetzt ist das noch nie geschehen, und die Arbeit ist auf dem besten Wege.

Das ITER-Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, daß es, wenn es ein gemeinsames Verständnis zwischen allen Nationen und den politischen Führern gibt, für sie keine andere Möglichkeit gibt, als ihre Kräfte aufrichtig zu bündeln, damit die Arbeit getan werden kann. Aus meiner Sicht ist es ein sehr gutes Beispiel für viele andere Probleme, mit denen die Welt konfrontiert ist, zum Beispiel in Bezug auf Nahrung, Medizin, Krankheiten, all diese Dinge. Ich bitte Sie, beten Sie dafür, daß diese Art der Zusammenarbeit beim ITER wie auch in vielen anderen Bereichen erhalten bleibt.