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Der folgende Auszug stammt aus dem Begleittext im Programmheft zu dem Konzert „Beethoven 250. feiern!“, das die Foundation for the Revival of Classical Culture am 16. Dezember 2019 im Stern Auditorium der Carnegie Hall veranstaltete.
Eine falsche Note zu spielen ist unwichtig, aber ohne Leidenschaft zu
spielen ist unverzeihlich.
– Ludwig van Beethoven
Beethoven ist einer der großen Freunde der Menschheit, und die ganze Menschheit verdient es, seine Musik zu hören, ja besser noch zu spielen. Wie die Vorstandsvorsitzende der Stiftung zur Wiederbelebung der klassischen Kultur, die Sängerin Elvira Green, bei der Vorbereitung dieser Aufführung sagte:
„Das Beispiel Beethoven lehrt uns, daß wir uns über unsere Grenzen erheben können, und wir können manchmal weit edlere Ideale ausdrücken, als unsere Zeit und vielleicht sogar unser Leben vorzuschreiben scheinen. Genau zu diesem Zweck wurde die Neunte Symphonie geschrieben – nicht für die Reichen, sondern für die Armen im Geiste; nicht für die materiell Privilegierten, sondern für die geistig Engagierten. Und für uns als Musiker ist trotz unserer zeitlichen Beschränkungen und unseres fragwürdigen Könnens das Herz, mit dem wir uns Beethovens Botschaft nähern, der wichtigste Faktor, um sie zu vermitteln.“
Für alle, die gegen scheinbar unüberwindliche Hindernisse ankämpfen und es wagen, sich ihnen auf ihre Weise zu stellen, kann Beethoven ein unerwarteter Verbündeter und eine brillante Kraftquelle sein. Wir wiederholen den scheinbar unerhörten Vorschlag: Die ganze Menschheit sollte einen Weg finden, Beethovens Musik aufzuführen.
Vor einigen Jahren beschloß ein Pilot namens Armand Diangienda in der Demokratischen Republik Kongo, daß er einen Weg finden wollte, sein Land nach Jahrzehnten Krieg und Zerrissenheit zu einen. Er beschloß, daß er Menschen, egal welcher musikalischer Herkunft, zusammenbringen würde, um Beethovens Neunte Symphonie aufzuführen. Und das taten sie! Dies geschah trotz der beschränkten musikalischen Ausbildung der meisten Beteiligten und trotz der Tatsache, daß dazu sogar der Bau vieler Instrumente – Geigen, Celli – erforderlich war, die die Menschen nicht besaßen.
Der Dokumentarfilm Kinshasa Symphony aus dem Jahr 2010 erzählt diese Geschichte.1 2012 sprach der Trompeter Wynton Marsalis in der CBS-Sendung „60 Minutes“ mit Bob Simon und Charlie Rose über das Orchester und sagte zu einem Video des Ensembles, das in der Sendung gezeigt wurde:
„Ich habe das Gefühl, daß es etwas über Musik zeigt, über die Menschen, eine andere Tradition. Sie sprechen jetzt eine andere Sprache, die Sprache Beethovens. Und die Musik kann einem so viel lehren, wenn man ihr begegnet, wo immer man auch ist. Denn es ist universelle Musik, es ist eine universelle Aussage. Und diese Liebe und Freude, mit der sie spielen – ich wurde davon erfüllt, als ich es das erste Mal sah, das Orchester mit ihren Instrumenten. Ich glaube, jemand wie Beethoven ist für sie wie einer von ihnen, irgendwo in seiner Kultur. Sie wußten, daß er ein Genie war, und er hatte einen Gedanken der universellen Brüderlichkeit. Er hat nichts mit dem Europa zu tun, das in die ganze Welt hinausging und den Menschen Dinge wegnahm. Er hat den Menschen etwas gegeben. Deshalb steht er im Laufe der Zeit für dieses Ideal.“
Ein verblüffter Bob Simon fragte Marsalis, als er über das Kongo-Orchester nachdachte: „Glauben Sie, daß Beethoven jemals erwartet hätte, daß seine Neunte Symphonie im Kongo aufgeführt wird?“ Marsalis sagte lächelnd und ohne zu zögern: „Er hätte wahrscheinlich gesagt: ,Ja, das werden sie.’“
Anmerkung