Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
[an error occurred while processing this directive]
Neue Solidarität
Nr. 36-37, 3. September 2020

Verdoppelt die Weltnahrungsmittelproduktion:
Brot für die Welt statt Profit für Spekulanten!

Von Elke Fimmen

Die Corona-Krise hat uns gelehrt, wie notwendig es ist, weltweit Ernährungssicherheit zu schaffen. Dazu muß die Welt von der Finanzdiktatur der Wall Street und der Londoner City befreit werden, einschließlich der globalen Agrar- und Nahrungsmittelkartelle, die die Produktions- und Vertriebsketten beherrschen und immer größere landwirtschaftliche Nutzflächen weltweit aufkaufen. Sie drücken die Preise für die Produzenten, indem sie in dem Kontinent oder der Nation produzieren, wo es gerade für sie am günstigsten ist.

Es besteht heute ein enormer und wachsender Bedarf an Nahrungsmitteln in der Welt, aber trotzdem werden die Landwirte in Europa, den Vereinigten Staaten und anderen Nationen systematisch daran gehindert, zu produzieren. So wie beim Ausbruch von COVID-19 ein dramatischer Mangel an medizinischer Grundausstattung herrschte, so gibt es unter dem heutigen neoliberalen System z.B. fast keine Reserven für den Fall von Nahrungsmittelknappheit. Europa hat bestenfalls Getreidevorräte für 45 Tage. Und mit dem „Green New Deal“ der Europäischen Kommission wird sich diese Lage noch weitaus verschlechtern.

Es ist kriminell, daß die Produzenten der Welt gegeneinander ausgespielt werden, um ihre Preise für Nahrungsmittel zugunsten der weltweiten Kartelle zu senken. Die Agrarpreise für die Produzenten wurden seit langem unter die Produktionspreise gesenkt. Und in den ärmsten Ländern der Welt läßt man zu, daß von der sowieso schon völlig unzureichenden Produktion bis zu 70% verloren gehen, weil es keine Kühlketten und mangelhafte Lagerkapazitäten gibt. Es ist kriminell, diese Länder dann auch noch zu zwingen, mehr für den Schuldendienst zu zahlen als für den Ausbau ihrer notwendigen Infrastruktur oder den Bau von Krankenhäusern und Schulen.

Der Direktor des UN-Weltnahrungsmittelprogramms, David Beasley, warnte in den letzten Monaten im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie mehrfach vor einer drohenden Hungerkatastrophe in Afrika, die noch verschärft wird durch die Heuschreckenplage in Ostafrika. Millionen von Menschen sind damit vom Hungertod bedroht.

In dieser Situation ist völlig klar, daß die hochproduktiven Bauern in Europa – und damit auch die Verbraucher – endlich vor dem Zugriff der Kartelle und der Strangulation durch die grüne EU-„Agrarpolitik“ geschützt werden müssen. Ebenso ist klar, daß Afrika und andere Nationen ein Crash-Programm für die Steigerung ihrer landwirtschaftlichen Produktion brauchen! Dafür ist die Schaffung von Infrastruktur (große Wasserprojekte ebenso wie Straßen- und andere Verkehrsinfrastruktur für den schnellen Transport der Güter) ebenso notwendig wie die Bereitstellung moderner landwirtschaftlicher Maschinen, Düngemittel und Pflanzenschutzmittel. Insbesondere bei der Lieferung von landwirtschaftlichen Maschinen kann Deutschland einen wichtigen Beitrag leisten.

Wie können wir Landwirtschaft und Verbraucher schützen?

Zuallererst muß klar sein: Die Landwirtschaft hat die Aufgabe, hochwertige Nahrungsmittel in ausreichender Menge für die Bevölkerung – im eigenen Land und weltweit – bereitzustellen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die physische Existenz der Menschheit! Durch immer bessere moderne Produktionsmethoden, den Einsatz von Elektrifizierung und die Erfindung der Düngemittel gelang es in den letzten 200 Jahren, die Nahrungsmittelproduktion pro Kopf massiv zu steigern.

Wissenschaftlich und produktionstechnisch könnten längst alle heute lebenden 7,8 Milliarden Menschen weltweit eine sichere, hochwertige Nahrungsversorgung haben und müßten nicht durch Krankheiten, Heuschreckenplagen oder Seuchen sterben – hätte es nicht die Ausplünderung durch den Kolonialismus, die erzwungene Unterentwicklung der Dritten Welt durch IWF und Weltbank und die mittlerweile fast perfekte Kontrolle von globalen Finanz- und Kartellinteressen in den letzten 50 Jahren gegeben.

Die GATT- und WTO-Verträge zur Globalisierung der Weltwirtschaft, die mit dem scheinheiligen Argument operierten, die Industrieländer müßten endlich die Handelsschranken gegenüber den Entwicklungsländern abbauen, zielten nur darauf ab, ein System grenzenloser Dumpingpreis-Handelsströme zu erzeugen, das die großen Kartelle mitsamt ihren Spekulationsbörsen kontrollieren. Die Produktion vor Ort wurde dabei zum Spielball, der jederzeit fallengelassen werden kann – mit ruinösen Folgen für die Menschen.

Die EU setzt mit ihrem Green Deal der Zerstörung der einheimischen, hochproduktiven Landwirtschaft fort. Mit ihrem Programm „Vom Hof auf den Teller“ und der Biodiversitäts-Strategie will sie die Produktion in Europa weiter reduzieren, um damit den Nahrungsmittelkonzernen noch mehr Möglichkeit zum Import von Nahrungsmitteln zu verschaffen und den einheimischen Landwirten das Wasser abzugraben. Dabei geht es nicht um Gerechtigkeit gegenüber den Entwicklungsländern, die auch „ihre Chance bekommen sollen“, sondern um knallharten Profit der großen Kartelle.

Deshalb muß sich Deutschland schleunigst von der gegenwärtigen EU-Politik lossagen und in Europa und global für eine völlig andere Agrarpolitik eintreten, die grundsätzlich auf die Erhöhung der Produktionsmengen und der Produktivität abzielt, und die Dominanz weltweiter Nahrungsmittel- und Finanzinteressen beseitigt. Globale Märkte und Nahrungsmittelvorräte müssen von souveränen Nationen im Kontext eines neuen Bretton-Woods-Kreditsystems weltweit organisiert werden, und zwar auf der Grundlage gerechter Preise, dem Paritätspreis. Dazu kommt die Bereitstellung entsprechender landwirtschaftlicher Maschinen, Saatgut und die Schaffung einer funktionierenden Infrastruktur. Dafür müssen neben Soforthilfen auch langfristig günstige Kredite bereitgestellt werden.

Die Beschäftigung einer großen Zahl von Menschen in der produktiven Landwirtschaft mit guter Bezahlung sowie der Aufbau einer eigenen lebensmittelverarbeitenden Industrie vor Ort werden weltweit und vor allem in den Entwicklungsländern dazu beitragen, langfristige Nahrungsmittelsicherheit herbeizuführen und die Gesundheit der Menschen zu verbessern.