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Neue Solidarität
Nr. 31, 30. Juli 2020

„Grüner Wasserstoff“ ist weder machbar noch bezahlbar

Mit großem Trubel besuchte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek am 14. Juli 2020, dem sog. „Wasserstofftag“, die Salzgitter AG, Deutschlands zweitgrößten Stahlproduzenten. Sie wollte sich aus erster Hand ein Bild von zwei Projekten machen, die als „neues Kapitel in der Stahlverhüttung“ beworben werden, mit dem Ziel, Kohle und Gas als Energieträger für die Stahlerzeugung durch „grünen“ Wasserstoff zu ersetzen. Die Ministerin behauptete, grüner Wasserstoff sei der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg der Stahlindustrie in Deutschland, entsprechend der Regierungspolitik, das Land zu einem der Weltführer bei der Wasserstoffproduktion zu machen.

Betrachtet man jedoch die Fakten der „grünen“ Wasserstoffproduktion, so hat man bei Karliczeks hochtrabender Ankündigung den Eindruck, die deutsche Regierung und ihre wissenschaftlichen Berater wollten die Akademie von Lagado aus Jonathan Swifts berühmtem satirischem Werk Gullivers Reisen nachahmen. Swifts Beschreibung dieser „Akademie“ vor mehr als 250 Jahren – wie die Episode, wo jemand versucht, Sonnenstrahlen aus Gurken zu extrahieren – ist zu einem Synonym für verrückte Absurdität geworden.

Allein die Kosten für die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff mit Sonnenkollektoren in den Mengen, wie sie für die Stahlschmelze benötigt werden, sind gigantisch. Eine aktuelle Studie von Deutschlands größtem Stahlproduzenten Thyssen-Krupp kommt zu dem Ergebnis, daß für eine solche Ökologisierung des Produktionsprozesses nicht weniger als 600 Terawatt Strom benötigt würden – das entspricht etwa dem jährlichen Strombedarf von ganz Deutschland.

Und da die Sonneneinstrahlung in Deutschland dafür zu schwach ist, sucht man die Lösung in Marokko. Die Kosten lägen ähnlich hoch wie bei dem Luftschloß „Desertec“: Dieses Projekt wurde 2003 mit der Idee ins Leben gerufen, 17% des gesamten Strombedarfs der EU aus riesigen Solarparks in der marokkanischen Wüste zu decken. Wie zu erwarten war, kam das Projekt nie in Gang, private Banken, die es mit mehreren hundert Milliarden Euro finanzieren sollten, zogen sich nach zehn Jahren zurück. Und natürlich herrschte große Skepsis hinsichtlich der technischen Machbarkeit des Transports solch riesiger Strommengen von Marokko nach Europa.

Wenn Berlin trotzdem keine Lehren aus dem Scheitern von Desertec ziehen und nun Milliarden für eine ähnlich verrückte Idee verschwenden will, zeigt das nur, daß das Lagado-Schildbürger-Prinzip beim Forschungsministerium und seinen wissenschaftlichen Beratern weiterlebt.

Zusammen mit dem 1 Billion Euro schweren „Green Deal“ der Europäischen Kommission droht dies die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlverhüttung gegenüber Chinas billigem Stahl auf Null zu reduzieren. Die Idee der Kommission, Stahlimporte aus China mit hohen Schutzzöllen zu belegen, wird mit Sicherheit einen Handelskrieg nach sich ziehen, wird aber den Stahl für europäische Produzenten und Verbraucher auch nicht erschwinglicher machen. Der Rückgriff auf „erneuerbare Energien“ zur Wasserstofferzeugung ist somit ein vorprogrammierter Marsch in den Ruin für die deutsche und europäische Stahlindustrie.

rap