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Von Helga Zepp-LaRouche
Das Jahr 2020 wird nicht nur in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem die Welt von der schlimmsten Pandemie seit 600 Jahren heimgesucht wurde, es ist allem Anschein nach auch das Jahr, in dem die chinesische Ökonomie dabei ist, die der USA zu überholen – und wenn es schiefgeht, könnte es auch das Jahr werden, in dem sich die Menschheit selbst in einem nuklearen Krieg auslöscht. Noch ist es Zeit, einen anderen Weg einzuschlagen, aber es erfordert einen dramatischen Kurswechsel in der internationalen Politik, um der Falle eben jener Geopolitik zu entgehen, die zu zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert geführt hat.
Diese Zahlen sind mehr als nur ökonomische Daten: Nachdem Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal als Folge der Pandemie um 6,8 % geschrumpft war – das erste Mal, das dies seit dem Ende der Kulturrevolution 1976 geschehen ist –, wuchs die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal um 3,2 %. Mei Xinyu, ein Wirtschaftsforscher des Handelsministeriums kommentierte: „Chinas BIP für das ganze Jahr 2020 könnte etwas unter dem der USA liegen. Aber falls das inländische Chaos in den USA eskaliert, könnte Chinas Jahres-BIP in diesem Jahr das der USA übersteigen.“
Diese wahrscheinliche Entwicklung bildet den Hintergrund, vor dem US-Justizminister William Barr soeben im Gerald Ford Presidential Museum eine von geopolitischer Konfrontation nur so feuerspeiende Rede hielt, die ihn allerdings in beste sinophobe Gesellschaft mit Außenminister Pompeo, Verteidigungsminister Esper und FBI-Direktor Wray brachte. Der phänomenale Aufstieg Chinas, den Deng Xiaoping mit seiner Reformpolitik einleitete, und mit der China 850 Millionen seiner Bürger aus der Armut befreite, ist für Barr nicht etwa der Beweis, daß die Regierung dem Gemeinwohl dient, sondern lediglich von dem Wunsch der Kommunistischen Partei beflügelt, zu beweisen, daß der Sozialismus dem Kapitalismus überlegen sei. Barr hätte ja auch mal diese 850 Millionen Chinesen oder die farbigen Bürger in Alabama und Mississippi zu ihrer Meinung befragen können.
Die ultimative Bedrohung sieht Barr in Chinas Programm „Made in China 2025“, dem schon vor Jahren angekündigten Plan der Volksrepublik China, bis zu diesem Jahr in zehn technologischen Bereichen wie z.B. Künstliche Intelligenz, Roboter und Telekommunikation zum Weltmarktführer aufzusteigen. Inzwischen hat China in einigen Bereichen diesen Status erreicht, wie z. B. bei der G5-Technologie, Schnellbahn- und Magnetbahn-Systemen, Kernfusionstechnologie und Aspekten der Raumfahrttechnologie. Diese technologischen Durchbrüche allein demonstrieren schon die Absurdität von Barrs Argumentation, daß China alle seine ökonomischen Errungenschaften nur habe erreichen können, weil es sie durch Industriespionage oder Einflußnahme auf amerikanische Firmen gestohlen habe.
Chinas Aufstieg könnte ja auch etwas damit zu tun haben, daß diese 5000 Jahre alte Zivilisation einerseits bewußt ihre beste kulturelle Tradition belebt hat, und andrerseits auf Innovation in der Produktion und auf Exzellenz in der Erziehung setzt. Daß diese erfolgreiche Kombination dann nach 40 Jahren Reformpolitik dazu führt, daß ein Volk von 1,4 Milliarden Menschen einen ebenbürtigen Rang unter den führenden Nationen der Welt beansprucht, sollte eigentlich nicht verwundern.
Die Kalkulation der Neoliberalen, daß China mit der Aufnahme in die WTO auch das westliche Modell der Demokratie und der freien Marktwirtschaft übernehmen würde, ist offensichtlich nicht aufgegangen. Dahinter stand die Vorstellung, der Fukuyama nach dem Ende der Sowjetunion mit der Idee vom „Ende der Geschichte“ Ausdruck gegeben hatte. Aber anstatt daß sich alle Staaten dem Diktat der Finanzmärkte und der damit verbundenen Profitmaximierung für die Kaste der Spekulanten unterworfen hätten, kam es weltweit zu einer gewaltigen Gegenbewegung. Vor allem seit China 2013 mit seinem Angebot der Zusammenarbeit in seiner Belt & Road-Initiative – der Neuen Seidenstraße – den Entwicklungsländern zum ersten Mal die Chance bot, durch die Entwicklung von Infrastruktur und Industrialisierung ihre eigene, vom Kolonialismus hinterlassene Unterentwicklung und Armut zu überwinden, charakterisierten die von der Londoner City und der Wall Street kontrollierten Geheimdienste China zunehmend als Bedrohung. Dabei hat China immer wieder betont, daß es keinesfalls die Absicht hat, die USA als alleinige Supermacht zu ersetzen, sondern vielmehr auf die Kooperation souveräner Staaten setzt, die sich weder in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen einmischen, noch versuchen, deren soziales System zu ändern.
Als im März und April deutlich wurde, daß China nicht nur wesentlich besser in der Lage war, die Coronavirus-Pandemie einzudämmen, sondern auch seine Wirtschaft schneller wieder in Schwung zu bringen, als die meisten westlichen Länder, steigerten sich die geopolitischen Attacken gegen China, aber auch gegen Rußland. Barr behauptete in der zitierten Rede, mit der Volksrepublik China verbundene Hacker würden amerikanische Universitäten und Firmen in der Absicht angreifen, um an Forschungsergebnisse für Impfstoffe und Medikamente gegen Covid-19 heranzukommen. Das britische Nationale Zentrum für Cybersicherheit (National Cyber Security Center, NCSC) seinerseits behauptet, die russische Gruppe APT29, auch bekannt als „Cozy Bear“, versuche sich Zugang zu akademischen und pharmazeutischen Forschungseinrichtungen zu verschaffen, in denen an Impfstoffen gesucht werde.
Eine explosive Wende in diesem Geheimdienstkrieg ergibt sich nun aus der Entscheidung Präsident Trumps, die drohende Gefängnisstrafe seines früheren Wahlkampfmanagers Roger Stone aufzuheben. Denn Stone arbeitet mit der Gruppe der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ (Veteran Intelligence Professionals for Sanity, VIPS) zusammen, einer Gruppe von Whistleblowern, die den forensischen Nachweis erbracht haben, daß es keine russische Hackerattacke auf die Computer des DNC, der Führung der Demokratischen Partei, gegeben hat, sondern das diese Daten vor Ort von einem Insider gestohlen worden sein müssen. Damit entfällt sowohl die gesamte Grundlage für das „Russiagate“ und den dreieinhalb Jahre andauernden Putschversuch gegen Präsident Trump, als auch für den gesamten Prozeß gegen Roger Stone.
Roger Stone enthüllte sofort nach der Suspendierung seiner drohenden Inhaftierung in einem Interview mit Fox-TV, daß er versucht habe, den früheren technischen NSA-Direktor William Binney, der den Nachweis für die technische Unmöglichkeit eines russischen Hackens erbrachte, in seinen Prozeß als Zeugen vorzuladen, was allerdings von dem korrupten Richter verhindert worden sei.
Die Brisanz dieser Geschichte liegt nicht zuletzt darin, daß die angeblichen Hacker, deren angeblicher Angriff auf die Computer des DNC die Grundlage für die Russiagate-Affäre bildet, die gleiche als „Cozy Bear“ bezeichnete Gruppierung ist, die ursprünglich von der Firma Crowdstrike für den Hackangriff verantwortlich gemacht wurde und jetzt beschuldigt wird, für den angeblichen Angriff auf die Impfstoffforschung verantwortlich zu sein. Aber der Chef von Crowdstrike hatte schon in einer erst kürzlich bekannt gewordenen Aussage vor dem Geheimdienstausschuß des US-Kongreß am 5. Dezember 2017 zugeben müssen, daß Crwodstrike keinerlei Beweise für den angeblichen russischen Hackangriff habe.
Ein weiteres Element der ungeheuerlichen Verschwörung, die dem Russiagate zugrunde liegt, kam jetzt vor einem britischen Gericht in einem Prozeß gegen Christopher Steele heraus. Wie der Enthüllungs-Reporter John Solomon berichtete, beweisen die Prozeßdokumente, daß das FBI sich einer kriminellen Täuschung des sogenannten FISA-Gerichtes schuldig gemacht hat, indem es verschwieg, daß der letztendliche Auftraggeber für die Russiagate-Geschichte Hillary Clinton war, und daß Steele seine Aktivitäten engstens mit eben jener Viktoria Nuland des State Department koordinierte, die auch in den Maidan-Putsch gegen die ukrainische Regierung im Februar 2014 involviert war.
Alle diese publik gewordenen Geheimdienstoperation zusammengenommen zeigen, daß die „Kollusion“ nicht zwischen Trump und der russischen Regierung 2016 stattgefunden hat, sondern zwischen dem Geheimdienstapparat der Obama-Administration und dem britischen Geheimdienst, zunächst gegen den Präsidentschaftskandidaten und dann den Präsidenten Trump. Und einige seiner Kabinettsmitglieder, die jetzt federführend in der Kampagne gegen China und Rußland sind, haben diese Informationen unterdrückt, wie zum Beispiel Pompeo, der sich auf Anweisung von Präsident Trump am 24. Oktober 2017 selbst von William Binney ausführlich über die forensische Unmöglichkeit des russischen Hackangriffs informieren ließ. Es bleibt abzuwarten, ob Justizminister Barr nun endlich gegen die Verschwörer der Russiagate-Affäre vorgeht, über die er alle notwendigen Informationen besitzt, oder ob er lediglich die Konfrontation gegen China vorantreibt.
Eines ist jedenfalls gewiß: die Repräsentanten des alten Paradigmas – oder auch der Geopolitik des Britischen Empire – werden alles versuchen, den von Präsident Putin vorbereiteten Gipfel der fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates durch solche Anschuldigungen gegen Rußland und China zu sabotieren. Denn dieser Gipfel hat das Potential, die Basis für ein neues Paradigma – die Kooperation zwischen den wichtigen Nationen der Welt, nämlich den USA, China und Russland – zu legen, und das wäre das Ende der geopolitischen Manipulation. Wenn man die Hetztiraden gegen Trump, Putin und Xi in den Medien liest und hört, sollte man das im Hinterkopf haben.