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Von Helga Zepp-LaRouche
Die Welt ist an einem Scheideweg angekommen, den Friedrich Schiller als Punctum saliens bezeichnen würde – dem Punkt, an dem die Handlung in einem Drama zur Entscheidung kommt: Können sich die Hauptpersonen zu einer höheren Ebene erhabenen Handelns durchringen, und sorgen damit für eine positive Lösung, oder bleiben sie gefangen in der Geometrie, in der die unlösbar scheinenden Gegensätze aufgetaucht sind, und lassen damit das Drama als Tragödie enden? An diesem Punkt befindet sich die Welt heute in doppelter Weise: in der Krise zwischen den USA und China, und innenpolitisch in den USA.
In einer als Folge der Covid-19-Pandemie, über 100.000 Toten und inzwischen 30% Arbeitslosigkeit ohnehin extrem angespannten Lage hat der brutale Mord an dem Afroamerikaner George Floyd eine Explosion von Gewalt und schweren Krawallen ausgelöst, die bis zum Schreiben dieses Artikels 24 Städte erreicht hatte. Präsident Trump forderte vom Pentagon militärische Optionen unter Berufung auf den Insurrection Act of 1807, und die Nationalgarde von Minnesota rückte zu ihrem größten Einsatz in ihrer 164-jährigen Geschichte an. Das Land ist polarisiert an der Grenze zum Bürgerkrieg. Aber diese Grenze ist nicht nur innenpolitisch erreicht, auch die strategische Konfrontation mit China hat einen Wendepunkt erreicht.
Schon lange bevor Donald Trump 2016 die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, waren die britischen Geheimdienste in Kollusion mit den US-Kreisen, die verkürzt oft als „Deep State“ bezeichnet werden, damit beschäftigt, breitangelegte Fallstricke zur Ausschaltung von Trump zu legen, falls dieser die Wahl gewinnen sollte. Bereits am 21. Januar 2017 lautete die Überschrift des Londoner Spectator: „Wird Donald Trump ermordet, durch einen Putsch gestürzt oder nur abgesetzt werden?“ Der Skandal um den abgesetzten britischen Botschafter in Washington, Sir Kim Darroch, warf das Scheinwerferlicht auf die Methoden, mit denen das Britische Empire nach Trumps Amtsantritt mit gigantischem Aufwand bemüht war, für Trump eine völlig kontrollierte Umgebung zu schaffen („flooding the zone“), indem über die britische Botschaft versucht wurde, jeden einzelnen Kontakt, den Trump hatte, zu beeinflussen. Das Ziel war, wenn weder Putsch noch Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gelingen sollte, ihn dann auf diese Weise im Sinne der Ziele des Britischen Empire „einzuhegen“.
Und „eingehegt“ war Trump allerdings, als er jetzt am 29. Mai im Rosengarten des Weißen Hauses die Pressekonferenz gab, in der er den ganzen Katalog britisch inspirierter Lügen gegen China und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verkündete. Umrahmt von Pompeo, Mnuchin, O'Brien, Lighthizer, Kudlow und Navarro verkündete Trump, woran Pompeo seit Monaten auf Hochtouren gearbeitet hatte: die Aufhebung des Sonderstatus von Hongkong als Finanzplatz und Steuersonderzone und der Zusammenarbeit mit der WHO. Chinas Fehlverhalten sei offensichtlich, so Trump, es sei schuld daran, daß die USA jedes Jahr aufgrund unfairer Handelsbeziehungen viele Hunderte Milliarden Dollar eingebüßt hätten, China hätte den Ausbruch von Covid-19 verschleiert und sei schuld an der weltweiten Verbreitung der Pandemie, die mehr als 100.000 Menschenleben in den USA und über eine Million weltweit gekostet habe. Trump wiederholte auch die völlig diskreditierte Lüge des Briten Niall Ferguson, China habe die Flüge aus Wuhan innerhalb Chinas gestoppt, aber in den Rest der Welt weiter erlaubt und so zu nicht abschätzbarem Tod und Zerstörung beigetragen. Die Industriespionage Chinas müsse gestoppt werden, so Trump, chinesische Forscher und Studenten stellten ein Sicherheitsrisiko dar, chinesische Firmen würden von den US- Börsen ausgeschlossen.
Mit dieser Pressekonferenz hat das Verhältnis zwischen den USA und China einen neuen Tiefpunkt erreicht: Es droht nicht nur eine Entkopplung der beiden Ökonomien in eine neue Blockbildung und ein neuer Kalter Krieg, sondern es ist eine Wegrichtung eingeschlagen, die zum dritten Weltkrieg führen kann.
Trump insistierte, China habe einseitig die Kontrolle über Hongkongs Sicherheitsstatus verhängt und damit den Vertrag mit Großbritannien von 1984 verletzt. Was er ausließ, ist die Vorgeschichte, daß die schweren Krawalle in Hongkong von britischen und amerikanischen Institutionen wie National Endowment for Democracy (NED) mit dem expliziten Ziel der Farbrevolution gegen die Regierung in Beijing angestiftet und finanziert worden sind. Das NED, zu dem Demokraten und Republikaner gehören, wandte jahrelang beträchtliche finanzielle Zuwendungen und „Demokratie-Training“ für Anführer von Protesten auf, in Hongkong ebenso wie für den faschistischen Maidan-Putsch in der Ukraine. Ziel der teilweise gewalttätigen und terroristischen Operation war es, eine militärische Intervention in Hongkong durch die chinesische Armee zu provozieren, um damit einen weltweiten Protest auszulösen. Begleitet wurden diese Terrorakte durch gehässige Artikel in den transatlantischen Medien, die wie z.B. der Artikel von Bret Stephens in der New York Times vom 3. Oktober 2019 mit der Überschrift „Is China Heading for Crisis?“ den bevorstehenden Niedergang Chinas herbeizureden versuchten.
Wenn jetzt der chinesische Volkskongreß ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedete, das dieser terroristischen Destabilisierung Hongkongs Einhalt gebieten soll, dann ist dies das gute Recht der chinesischen Regierung, für die das „eine China“ die rote Linie ist, deren Überschreitung sie nicht tolerieren wird. Der Verlust und die Wiedergewinnung Hongkongs ist neben Taiwan und der Erinnerung an die territorialen Verluste durch die Opiumkriege, die mit Waffengewalt erzwungene Öffnung chinesischer Häfen für britisches Opium und die „ungleichen Verträge“, in denen China damals gezwungen wurde, Hongkong an England abzutreten, das absolute Synonym für das „Jahrhundert der Schande“.
China hat aus diesen historischen Erfahrungen den Schluß gezogen, daß es nie wieder erlauben kann, daß es überrannt und von imperialen Mächten besetzt und entmachtet werden kann. Dies war bereits die Debatte unter Intellektuellen, die zur Gründung der Neuen Republik China geführt hatte und die vor allem seit den Reformen Deng Xiaopings die Wirtschaftspolitik der Volksrepublik bestimmt hat. Mit dieser Orientierung hat China es geschafft, die gesamte Axiomatik der Chaos-Jahre der Kulturrevolution zurückzuweisen und das größte Wirtschaftswunder in der Geschichte in Gang zu setzen, und dabei 850 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. In den letzten 40 Jahren seit der Reform und Öffnung der Wirtschaftspolitik hat sich China dabei zunehmend auf Wissenschaft und Technologie als Motor des gesellschaftlichen und ökonomischen Fortschritts konzentriert.
In dieser Politik – die im übrigen den Prinzipien des Amerikanischen Systems der Ökonomie von Alexander Hamilton und des deutschen Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg sehr viel näher steht als etwa der sozialistischen Planwirtschaft der Sowjetunion – liegt der Grund für den Aufstieg Chinas. Und dieser Politik, und nicht primär Industriespionage, die von allen Staaten betrieben wird, ist es zu verdanken, daß China heute eine Weltspitzenposition z.B. in der Entwicklung von Schnellbahnsystemen, der Kernfusionsforschung und der Raumfahrt erreicht hat. Die Vorstellung, eine Nation von 1,4 Milliarden Menschen, die eine auf wissenschaftlichen Fortschritt orientierte Wirtschaftspolitik betreibt, „eindämmen“ zu können, ohne den dritten, diesmal nuklearen Weltkrieg zu provozieren, sollte ein für allemal ad acta gelegt werden.
Es ist den chinesischen Medien nicht zu verdenken, daß sie darauf hinweisen, daß die „wunderschönen Ansichten“ – so hatte Nancy Pelosi die Bilder der gewalttätigen Aufständischen in Hongkong genannt – sich nun in die USA verlagert hätten. Und auf die Doppelmoral: Wenn Amerikaner aus Protest gegen rassistische Morde auf die Straße gehen, dann dürfen sie erschossen werden, aber wenn in Hongkong Radikale Benzinbomben werfen und öffentliches Eigentum zerstören, sind sie Helden der Freiheit?
Es müßte jedem denkenden Menschen klar sein, daß angesichts der ausufernden Anzahl existentieller globaler Krisen – von der Covid-19-Pandemie, der um sich greifenden weltweiten Wirtschaftsdepression, der drohenden Gefahr einer Welthungerkrise bis zu dem sich deutlich anbahnenden Kollaps des Finanzsystems – eine Katastrophe nur verhindert werden kann, wenn die wichtigsten Nationen der Welt, nämlich die USA, China, Rußland und Indien, bei der Lösung dieser Probleme kooperieren. Nur wenn eine Ebene der internationalen Kooperation auf der Ebene der Vernunft gefunden werden kann, die die Geopolitik überwindet, hat die Menschheit eine Zukunft.
Es ist deshalb um so dringender, daß Präsident Trump wieder zu seiner ursprünglich positiven Haltung und direkten Gesprächen mit Präsident Xi Jinping zurückfindet, und zu der Zeit, in der er seine Bewunderung für die chinesische Kultur zum Ausdruck brachte. Trump schrieb nach der Entlassung seines Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton in einem Tweet, wenn er auf ihn gehört hätte, wären wir bereits „im sechsten Weltkrieg“. Er sollte sich bei Außenminister Pompeo, dessen strategische Positionen in vielerlei Hinsicht mit denen Boltons identisch sind, auch an dessen Worte erinnern. Pompeo hatte in einer Rede in Texas mit einer für einen fundamentalistischen Christen bemerkenswerten Unbekümmertheit zugegeben: „Ich war der Direktor des CIA. Wir haben gelogen, wir haben betrogen, wir haben gestohlen... Wir hatten ganze Trainingskurse dafür.“ Ganz in diesem Sinne hat Trump es Pompeo zu verdanken, daß die Russiagate-Farce nach 2017 weiterlaufen konnte, denn allerspätestens seit Pompeos Gespräch mit dem ehemaligen NSA-Computerspezialisten Bill Binney im Oktober 2017 standen ihm die Beweismittel dafür zur Verfügung, daß es keinen russischen Hackerangriff auf die Computer der Demokratischen Partei gegeben hatte.
Lyndon LaRouches politisches Aktionskomitee (LPAC) hat soeben ein Programm für die Schaffung von 1,5 Milliarden neuer, produktiver Arbeitsplätze auf der Welt veröffentlicht – ein Programm, das nur durch die internationale Kooperation der wichtigsten Industrienationen, vor allem aber durch die Überwindung der geopolitischen Konfrontation zwischen den USA und China, Rußland und Indien, verwirklicht werden kann. In dieser beispiellosen Krise wird die Menschheit gewissermaßen getestet, ob wir uns rechtzeitig eine neue Ordnung geben können, die am Gemeinwohl aller Menschen auf diesem Planeten orientiert ist und die das dauerhafte Überleben unserer Gattung ermöglicht. Das Beste, was alle anderen Nationen dazu beitragen können, ist die öffentliche Unterstützung für einen Notgipfel zwischen den Präsidenten Trump, Xi Jinping und Putin und Premierminister Modi.