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Neue Solidarität
Nr. 23, 4. Juni 2020

Grußbotschaft von Gregory Hopkins

Der Dirigent und Tenor Gregory Hopkins aus New York, der seit vielen Jahren mit dem Schiller-Institut zusammenarbeitet, übermittelte die folgende Grußbotschaft.

Seien Sie gegrüßt! Mein Name ist Gregory Hopkins.

Gestatten Sie mir zunächst, meiner Kollegin und Freundin Elvira Greene meine Anerkennung auszusprechen. Ursprünglich sollte sie an dieser Stelle stehen, aber die Umstände ließen es nicht zu. Elvira ist gebildeter, wortgewandter und besser darauf vorbereitet als ich. Und sie ist hübscher als ich!

Nun bin ich eben Ihr Spatz in der Hand. Das Problem mit dem Spatz in der Hand ist, daß immer die Möglichkeit besteht, daß sie schmutzig wird. Nun, es war in den 80er Jahren, vor fast 40 Jahren. Meine Freundin und Mentorin Sylvia Olden Lee machte mich mit dem Schiller-Institut bekannt. Als Ergebnis dieser Begegnung hatte diese damals junge Sängerin durch „Schiller“ [das Schiller-Institut] das große Privileg, Auftritte und Seminare mit unzähligen berühmten Persönlichkeiten zu geben, wie William Warfield, der zusammen mit Sylvia im Vorstand des Schiller-Institut diente, Raymond Jackson und George Shirley.

Zusammen mit einem Kader anderer Musiker gab uns „Schiller“ die Gelegenheit, die Hochkultur durch Musik im ganzen Land und im Ausland zu teilen. Jedes Mal, wenn ich mein Büro in der Kirche betrete, werde ich an die Tournee erinnert, die wir mit dem Schiller-Institut in Frankreich machten und die unser Leben veränderte. Das Plakat schmückt meine Atelierwand.

Spulen wir schnell nach vorne, bis vor einigen Jahren: Das Schiller-Institut und das Harlem Opera Theater, dessen künstlerischer Leiter ich bin, haben zum Gedenken an Sylvia Lees 100. Geburtstag zusammengearbeitet, mit zwei verschiedenen Programmen, eines im Schomburg Center for African American Culture und das andere in der Carnegie Hall. Große Musik in großen Sälen.

Und „Schiller“ hat stets die Hochkultur durch die Präsentation großer Musik gefördert, insbesondere der klassischen Musik und der Negro Spirituals, der Wurzel aller amerikanischen Musik, und unser kulturelles Erbe vor allem den jungen und hierin unterversorgten Menschen zugänglich gemacht.

Dies entspricht ganz dem Vermächtnis Friedrich Schillers, der selbst schon als Schüler an der Diskussion und Entwicklung klassischer Ideen interessiert war. Über diese kulturellen Plattformen diskutierte er nicht nur mit seinem Freund und Mentor Goethe, sondern auch mit vielen anderen, darunter seine Kommilitonen.

Schiller hat schon sehr früh gelernt, daß es von größter Wichtigkeit ist, die Menschen schon in jungen Jahren mit Dingen von Schönheit und Wert zu konfrontieren.

Jetzt ist eine Zeit der großen Krise, da wilder Taumel und Fluchen und die Respektlosigkeit unsere musikalische Landschaft zu bestimmen scheinen, ganz zu schweigen von der offensichtlichen Präsenz und Wirkung dieser Plage namens COVID-19. Wäre Schiller noch am Leben, würde er gegen die soziale und politische Korruption schimpfen, die sich ausbreitet, während uns Berichte um Tests, Beatmungsgeräte und Konjunkturprogramme ergötzen. Unsere Gesellschaft ist physisch, wirtschaftlich, moralisch, geistig und kulturell degeneriert. Dies ist eine besonders schwierige Zeit für Musiker, ganz besonders für afroamerikanische Künstler, die ihr gesamtes vertraglich vereinbartes Jahresgehalt in Windeseile verloren haben. Selbst in meiner Kirche war ich gezwungen, mein gesamtes Musikpersonal zu entlassen. Viele Musiker leben von der Hand in den Mund ohne Hoffnung, diese Saison noch zu retten.

Zudem leben viele Unglückliche unter alles andere als idealen Bedingungen, was die Isolation schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht, und einige haben keine Krankenversicherung. Man hat mir gesagt, daß das chinesische Zeichen für „Krise“ verkehrt herum zum Zeichen für „Chance“ wird. Das erteilt uns einen Segen, dies als eine Zeit der Chance zu nutzen, eine Zeit des Wandels in der Künstlergemeinschaft, eine Zeit der Schaffung eines neuen Paradigmas der Harmonie und Zusammenarbeit, eine Gelegenheit für die Künstler, ihre Aufführungen auf eine neue und andere Art und Weise zu betrachten. Eine Zeit, in der geniale Wege gefunden werden müssen, um das Publikum anzulocken. Es ist an der Zeit, neue Wege zu finden, um Geld zu sammeln.

Mehr als je zuvor ist jetzt die Zeit, in der große Kunst unentbehrlich ist, um uns zu helfen und zu inspirieren, über Widrigkeiten mit Schönheit zu triumphieren. Mit den Worten des alten Spirituals: „I'm so glad trouble don't last always“ – „Ich bin so froh, daß Not nicht ewig währt.“ Wir haben die Aufmerksamkeit des Publikums, es ist unser Gefangener. Was werden wir für es tun?

Vielen Dank.