|
|
Es hat etwas krankhaft Unmoralisches, die Angst vor dem Coronavirus als Vorwand für einen neuen Mega-Bailout des Finanzsystems zu benutzen, doch genau das tut die verzweifelte Finanzelite in Kooperation mit der US-Notenbank. Das 2 Bio.$ schwere „Hilfspaket“, das der US-Kongreß am 27. März verabschiedete, enthält zwar auch absolut notwendige Finanzmittel, um angesichts des weitgehenden Stillstands der US-Wirtschaft zur Bewältigung der Pandemie den neuen Arbeitslosen – allein letzte Woche über 3 Mio. –, Bundesstaaten und Gemeinden, Krankenhäusern und kleinen Unternehmen zu helfen.
Dennoch ist versteckt inmitten dieses Gesetzes eine Maßnahme, wonach die Federal Reserve über 450 Mrd.$ vom Finanzministerium erhält, die sie durch Kreditaufnahme bis zu zehnmal hebeln kann, indem „Zweckgesellschaften“ zur Bereitstellung von Rettungsgeldern geschaffen werden, die in erster Linie dem Schattenbankensystem zugute kommen sollen. Das ist kein Rettungsplan für die amerikanische Bevölkerung, sondern ein Plan, Anlegern und Spekulanten riesige Summen „Hubschraubergeld“ zur Verfügung zu stellten, damit sie stark gesunkene Vermögenswerte aufkaufen, in der Hoffnung, daß diese in der Zukunft wieder steigen.
Ein „Aufsichtsgremium“ unter der Leitung von BlackRock, dem größten Aktienfonds der Welt, wird den Liquiditätsfluß verwalten. Im Gegensatz zur üblichen Praxis der Federal Reserve, Protokolle über die Entscheidungen zu liefern, werden die Sitzungen des Gremiums geheim sein und es werden keine Protokolle veröffentlicht.
Der jüngste Mega-Bailout begann im September 2019, als die Fed gezwungen war, Mittel für den Übernacht-Kreditmarkt oder „Repo-Markt“ bereitzustellen. Zu Beginn erklärte die Fed, daß die Beträge begrenzt sein würden, vielleicht in der Größenordnung von 25-40 Mrd.$, und die Aktion nach einigen Wochen vorüber wäre. Doch einige Tage vor der Verabschiedung des Entlastungsgesetzes kündigte die Fed an, daß sie mehr als 2,5 Bio.$ für Repo-Kredite zur Verfügung stellen wird, zusätzlich zu 700 Mrd.$ für die Quantitative Lockerung. Außerdem kauft die Fed praktisch jedes verfügbare Finanzinstrument, wie Geldmarktpapiere, Unternehmensanleihen – von denen viele auf oder unter Ramsch-Niveau eingestuft sind – und sogar Aktien, obwohl ihre Satzung dies gar nicht erlaubt!
Es gibt viele weitere Details, die den Rahmen dieses Berichts sprengen. Es genügt zu sagen, daß dies kein Plan für wirtschaftliche Erholung ist, sondern eine Neuauflage der gescheiterten Rettungsaktion von 2008-09.
Ein Vorschlag des ehemaligen EZB-Vorsitzenden Mario Draghi, die Staatsverschuldung auszuweiten, um den Coronavirus-Notstand zu bewältigen, fand einen Konsens auf den Finanzmärkten und klang sogar für seine Gegner verführerisch. Er enthält jedoch eine gewaltige Falle, die sich hinter den schönen Worten über die Sorge um das Allgemeinwohl und das Schicksal von Produzenten und Verbrauchern verbirgt.
Der wichtigste Teil in Draghis Vorschlag, der in der Financial Times vom 26. März erschien und sich an die europäischen Staats- und Regierungschefs richtet, ist der folgende:
„Obwohl die verschiedenen europäischen Länder unterschiedliche Finanz- und Industriestrukturen haben, besteht der einzige wirksame Weg, sofort in alle Poren der Wirtschaft einzudringen, darin, ihr gesamtes Finanzsystem vollständig zu mobilisieren: die Anleihenmärkte, vor allem für große Unternehmen, die Bankensysteme und in einigen Ländern für alle anderen sogar das Postsystem. Und das muß sofort geschehen, um bürokratische Verzögerungen zu vermeiden. Vor allem die Banken erstrecken sich über die gesamte Wirtschaft und können sofort Geld schaffen, indem sie Überziehungskredite gewähren oder Kreditfenster eröffnen. Die Banken müssen schnell und zum Nulltarif Gelder an Unternehmen verleihen, die Arbeitsplätze retten möchten. Da sie auf diese Weise zu einem Vehikel der öffentlichen Ordnung werden, muß das Kapital, das sie für diese Aufgabe benötigen, von der Regierung in Form von staatlichen Garantien für alle zusätzlichen Überziehungen oder Kredite bereitgestellt werden. Weder Vorschriften noch Regeln für Sicherheiten sollten der Schaffung des dafür erforderlichen Spielraums in den Bankbilanzen im Wege stehen. Darüber hinaus sollten die Kosten dieser Garantien sich nicht nach dem Kreditrisiko des Unternehmens richten, das sie erhält, sondern sollten null sein, unabhängig von den Finanzierungskosten der Regierung, die sie abgibt.“
Draghis Vorschlag könnte sogar gut klingen, wenn die Banken echte Banken wären, d.h. wenn sie nur die klassische Funktion der Einlagenverwahrung und der Kreditvergabe an Unternehmen und Privathaushalte erfüllen würden. Aber in der Eurozone und in der transatlantischen Welt haben wir sogenannte „Universalbanken“, d.h. sie sind ganz und gar mit dem Finanzkasino der Derivate und Spekulationsschulden vermengt. Heute unterschiedslos Geld in das Bankensystem zu pumpen, wie es die Zentralbanken bereits tun und wie es nach Draghis Willen nun die Regierungen tun sollen, bedeutet nur, die Spekulationsblase aufzublasen. Kein einziger Cent davon wird als Kredit an die Realwirtschaft gehen.
Draghi ist nicht vom Saulus zum Paulus geworden. Er ist immer noch und ausschließlich damit beschäftigt, das bankrotte Finanzsystem zu retten.