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Von Alexander Hartmann
Während sich der US-Kongreß mit einem Telefonat von Präsident Trump mit dem neuen ukrainischen Präsidenten beschäftigt, ignorieren diese Politiker und die Massenmedien fast völlig die akute Krise im Bankensystem. Die Wahrheit ist, daß die Megabanken, die in der Finanzkrise 2007-08 scheiterten und dank massiver Stützungsaktionen mit Steuergeldern seither noch größer wurden, nun doch wieder scheitern. Die 23-Billionen-Dollar-Rettungsaktion von 2008-09 reicht nicht mehr aus, plötzlich ist das ganze System aus den Fugen.
Seit fast einem Monat ist die Federal Reserve gezwungen, an jedem Werktag 50-100 Milliarden Dollar an kurzfristigem Geld in die Wall-Street-Banken zu pumpen, und es ist kein Ende in Sicht. Allein am 10. Oktober vergab die Fed Über-Nacht- und Zwei-Wochen-„Repo“-Kredite an Banken in Höhe von fast 90 Milliarden Dollar. Zwei Tage zuvor hatte der Fed-Vorsitzende Powell eine baldige, noch verstärkte Quantitative Lockerung (quantitative easing, QE) angekündigt – dabei jedoch steif und fest behauptet, es sei gar „keine QE“. Zwar wird ein Teil der Repo-Darlehen von den Banken zurückgezahlt, aber das tatsächliche Maß für die Krise, mit der die Fed konfrontiert ist, ist der enorme Betrag, um den sie ihre Bilanz seit dem 17. September aufblähen mußte (durch Reinvestieren von Zinsen auf Staatspapiere und die von ihr gehaltenen MBS-Hypothekenpapiere sowie auch durch Notfall-Repo-Darlehen, beides Methoden für eine schnelle Liquiditätszufuhr in das Bankensystem). Wie der Internetblog Wall Street on Parade berechnete, waren das allein in den zwei Wochen bis zum 30. September 176 Mrd. Dollar, und am 9. und 10. Oktober vergab die Fed in nur zwei Tagen weitere Repo-Kredite in Höhe von 118 Mrd. Dollar.
Die Lohnschreiber der Finanzpresse behaupten, niemand kenne die Gründe dafür. Die Wahrheit ist, daß einige Banken an der Wall Street nur noch „Zombies“ sind, lebende Leichen. Die anderen Banken wissen, daß diese Institute zahlungsunfähig sind, sei es aufgrund ihrer eigenen Geschäfte oder wegen ihrer bankrotten Großkunden. Sie geben ihnen keine Kredite mehr, und deshalb bedienen sich diese bankrotten Banken heimlich am Kreditfenster der Fed – genau wie 2008. Wie damals achtet die Fed geflissentlich darauf, deren Namen geheim zu halten, denn es wäre für jede von ihnen der Todeskuß, wenn es herauskäme.
So schreiben Pam und Russ Martens am 10. Oktober in Wall Street on Parade: „Erstaunlicherweise hat der Kongreß noch keine Anhörung einberufen, um diese entscheidenden Fragen zu stellen.“ Tja, die Politik ist mit anderem beschäftigt...
Sie fahren fort: „Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Bank mit einem großen, vernetzten Fußabdruck an der Wall Street, die in Schwierigkeiten steckt, und dazu noch einen großen Hedgefonds, der leckgeschlagen ist und vor dem Kentern steht. In dieser Situation könnte man erwarten, daß die New Yorker Fed (eine der zwölf Regionalbanken im Federal-Reserve-System) alle großen Kreditgeber an der Wall Street zu einem geheimen Treffen in ihre Büros einlädt und vorschlägt (in der Art, wie ein Mafia-Consigliere etwas vorschlägt), daß sie zum Wohle der Märkte und des Finanzsystems diese Unternehmen retten.“
Die beiden Autoren blicken dann auf vergleichbare Herbstabende früherer Jahre zurück:
„Hier ist ein Absatz aus einem Bericht des Wall Street Journal vom 25. September 1998:
,15 Finanzinstitute haben sich am Mittwochabend am Sitz der New Yorker Federal Reserve Bank darauf geeinigt, 3,5 Milliarden Dollar beizutragen, um den Hedgefonds Long-Term Capital Management L.P. am Leben zu erhalten.’“
Sie zitieren auch einen weiteren Bericht des Wall Street Journal vom 13. September 2008:
„Die Federal Reserve Bank von New York hielt am Freitagabend eine Sondersitzung mit Spitzenmanagern der Wall Street ab, um über die Zukunft der ehrwürdigen Firma Lehman Brothers Holdings Inc. und den prekären Zustand der US-Finanzmärkte zu diskutieren.“
Im Frühjahr 2007 fiel den meisten Leuten nur auf, daß die Zahl der Zwangsräumungen von Eigenheimen überall in den USA anstieg, einige Hypothekenbanken zusammenbrachen und die Häuserpreise nicht mehr stiegen. Dann begann die Federal Reserve, ebensolche Liquiditätskredite an Banken zu vergeben wie heute, während der damalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke versicherte, man habe die Probleme im Hypothekensektor erfolgreich eingedämmt. Als die Investmentbank Bear Stearns im Juni jenes Jahres zwei große Hedgefonds schließen mußte, weitete die Fed ihre Liquiditätskredite aus. Mit Hilfe dieser Geldspritzen wurden die Preise für toxische hypothekenbesicherte Wertpapiere aufrechterhalten und sogar weiter in die Höhe getrieben – so wie es in dem Film The Big Short ironisch dargestellt ist. Riesige Verbindlichkeiten der Banken und Versicherungen im damals 700 Billionen Dollar großen Derivatemarkt wurden verborgen gehalten – doch Lyndon LaRouche entgingen sie nicht, der 2007 den Tod des Finanzsystems verkündete und im nächsten Monat einen Gesetzesentwurf vorlegte, um Privathaushalte und Geschäftsbanken vor dem bevorstehenden Zusammenbruch zu schützen.
Als dann im März 2008 Bear Stearns selbst scheiterte, gewährte die Fed JPMorgan Chase ein sehr großes langfristiges Repo-Darlehen von 30 Mrd. Dollar, um die Vermögenswerte von Bear Stearns zu übernehmen. Dies zeigte, wie dünn bei der Fed die Trennlinie zwischen der Vergabe von kurzfristigen Repo-Notdarlehen an die Banken und dem Kauf von Wertpapieren der Banken zum Nennwert war. Genauso geht das Kreditfenster der Fed für kurzzeitige Repo-Kredite, das zum Dauerzustand geworden ist, nun quasi nahtlos in QE4 über.
Aber was damals funktionierte, wird jetzt nicht funktionieren – selbst wenn die Bürger dazu bereit wären. Wie Helga Zepp-LaRouche oft betont hat, haben Regierungen und Zentralbanken ihren „Werkzeugkasten“ komplett aufgebraucht. Man hat alles versucht: 23 Billionen Dollar an Rettungsaktionen, quantitative Lockerung (die die Fed wieder aufgenommen hat) und Nullzinsen, ja sogar die Einführung negativer Zinsen. Doch es wird am Ende nichts nützen.
Die Nullzinspolitik soll nun noch ausgeweitet werden, wie der Leiter des Europäischen Bankenverbands (EBF) und Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier am 3. Oktober forderte. Er sagte, die Banken sollten niedrige und negative Zinssätze an ihre Kunden weitergeben, um die Zinspolitik der Zentralbanken so effektiv wie möglich zu machen. Dies wird Privathaushalte und Rentenkassen veranlassen, mehr in Anlagen mit hoher Rendite und hohem Risiko zu investieren.
Das Blutbad an den Sparern ist besonders verheerend in Deutschland, dort gibt es gegenwärtig keine Staatsanleihen, in die es sich zu investieren lohnt. Derzeit werden folgende negativen Renditen angeboten: 2 Jahre: -0,793%; 3 Jahre -0,845%; 5 Jahre: -0,803%; 7 Jahre -0,764%; 10 Jahre -0,593%; 30 Jahre -0,089%. Wie wir oft gesagt haben, können die Zentralbanken im derzeitigen System nichts anderes tun – ihre einzige Wahl ist, ob sie durch Insolvenz oder durch Hyperinflation untergehen wollen.
Lyndon LaRouche hat 1995 mit seiner berühmten „Typischen Kollapsfunktion“ (siehe Abbildung) anschaulich erklärt, worin das Problem des Systems besteht und warum die einzige Lösung eine Insolvenzumstrukturierung ist. Das Diagramm besteht aus drei Kurven: oben eine hyperbolische Kurve, die das Wachstum der globalen finanziellen Vermögenswerte zeigt; darunter eine weitere ansteigende Kurve, die das Wachstum der Geldmenge zeigt, die diese erste Kurve stützt; und die dritte Kurve ganz unten stellt das Wachstum bzw. Nichtwachstum der Realwirtschaft dar.
Die Kluft zwischen der Realwirtschaft und den Finanzaggregaten ist so groß, daß eine Diskontinuität unvermeidlich ist. Diese tritt auf, wenn beispielsweise die Zentralbanken aufhören, die zweite Kurve auszudehnen. Das tat die Fed mit ihrer „quantitativen Drosselung“, durch die 1,4 Bio.$ an Bankreserven verlorengingen. Die Lage läßt sich nur normalisieren, indem man wieder für Übereinstimmung zwischen den drei Kurven sorgt.
Dazu müssen Billiarden US-Dollar an nominellen Finanzaggregaten, Derivaten und ähnlichen Instrumenten, die durch keine realen Werte gedeckt sind, gestrichen werden. LaRouche hat die vier entscheidenden Schritte in seinen Vier Gesetzen für eine wirtschaftliche Erholung (siehe Neue Solidarität 25/2014) umrissen:
1. Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanken,
2. Einrichtung einer Bank für nationale Entwicklungskredite,
3. öffentliche Großinvestitionen auf der Grundlage hoher Energieflußdichte;
4. Förderung der Forschung in Kernfusion und Raumfahrt als Wissenschaftsmotor.
Diese Maßnahmen müssen ergänzt werden durch ein „neues Bretton Woods“: Die USA, China, Rußland und Indien müssen gemeinsam ein neues weltweites Kreditsystem durchsetzen, welches das derzeitige bankrotte Weltwährungssystem ablöst. Die reale physische Wirtschaft muß gerettet werden, während der finanzielle Sukkubus der Londoner City und der Wall Street isoliert und einem Insolvenzverfahren unterzogen wird.
Anstatt über die dringend notwendigen Maßnahmen zur Sanierung des Finanzsystems zu diskutieren, vergeuden die Marionetten der internationalen Finanzoligarchie im US-Kongreß unser aller Zeit mit Debatten über Präsident Trumps Absetzung. Offensichtlich befürchten diese Kreise, daß Präsident Trump in die von LaRouche angegebene Richtung gehen könnte, sobald sie nicht mehr in der Lage sind, die Finanzkrise zu vertuschen.