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Nach der Wahl des chinesischen Beamten Qu Dongyu zum Präsidenten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Juni gab es wilde Gerüchte über einen angeblichen chinesischen Plan, die Nahrungsmittelproduktion in Afrika an sich zu reißen, um die eigene Bevölkerung zu ernähren. Der französische Agronom Jean-Jacques Gabas reiste nach Afrika, um die Lage vor Ort zu untersuchen und chinesische Versuchsfarmen zu besichtigen. In einem lehrreichen Interview mit Le Monde, das am 13. September erschien, stellte er in Bezug auf die Vorwürfe von Lebensmittelexport, Landraub usw. die Tatsachen klar.
Auf die Frage, ob China mehr afrikanische Agrarerzeugnisse importieren will, antwortete Gabas unverblümt: „Nein. Peking ist seit Ende des Jahres 2000 der größte Handelspartner von Afrika südlich der Sahara, doch der Anteil der Landwirtschaft an den afrikanischen Exporten nach China macht nur 2-3% des Handelsvolumens aus, fast nichts. Chinas Investitionen in die afrikanische Reis- und Zuckerproduktion fließen in regionale afrikanische Märkte.“
China sei zwar in hohem Maße auf Lebensmittelimporte angewiesen, aber der Staatsführung sei bewußt, daß eine Weltwirtschaftskrise, einschließlich einer Lebensmittelkrise in Afrika, sich automatisch negativ auf die eigene Getreideproduktion auswirken würde. Deshalb wolle sie „die Lebensmittelerzeugung des afrikanischen Kontinents stabilisieren“. Chinas wichtigste Importgüter aus Afrika seien „Gummi, Maniok für Lebensmittelverpackungen und, jährlich variierend, Erdnüsse, Baumwolle und Holz. Auch südafrikanische Weinberge werden für Exportzwecke gekauft.
Afrika exportiere weit mehr Lebensmittel nach Europa als nach China. Zusammengefaßt: „Chinesische Unternehmen sind präsent und profitieren von Markt- und Investitionschancen, aber ohne eine ausgeprägte Strategie, China zu ernähren“.
Auf eine Frage zu dem Landraubvorwurf antwortete Gabas, verläßliche Statistiken zeigten, daß China weit davon entfernt ist, hier die Nummer eins zu sein, und nur auf dem achten oder neunten Platz liegt. Die größten Investoren in Grund und Boden, „ob für Landwirtschaft, Bergbau, Forstwirtschaft oder Gummibäume“, sind OECD-Länder wie die USA, England und Frankreich, nationale Unternehmen des betreffenden Landes oder Golfstaaten wie Saudi-Arabien. Außerdem „annullieren oder ändern die Chinesen den Vertrag, wenn sie Land kaufen und ein Konflikt um das Land entsteht oder die Bevölkerung Widerstand leistet... Der chinesische Landraub ist ein Mythos.“
Viele im Westen waren schockiert, daß so viele afrikanische Länder für einen chinesischen Experten als FAO-Vorsitzenden stimmten, und nicht für die von Europa oder den USA vorgeschlagenen Kandidaten. (Qu Dongyu erhielt 56% der Stimmen.) Gabas sieht darin ein klares Signal gegen die Beziehungen zu den OECD-Staaten. „Tatsächlich war das Finanzierungsniveau der OECD für die Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren sehr niedrig und sank bis zur Nahrungsmittelkrise 2008 immer weiter... Wenn man mit afrikanischen Landwirtschaftsministern über die chinesische Strategie spricht, sagen sie: ,Hören Sie auf, uns Ratschläge zu erteilen und Angst zu haben. Was haben Sie in den letzten 30 Jahren finanziert? Angesichts des Bedarfes sehr wenig.’ Und damit haben sie nicht ganz unrecht...“
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