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Der Auftritt des erst vor sieben Jahren gegründeten „International Tatarstan Youth Orchestra“ aus Kasan/Rußland, das zum ersten Mal am Internationalen Festival der Jugendorchester „Young Euro Classics“ in Berlin teilnahm, war ein bewegendes und wirklich besonderes Ereignis. Das Jugendorchester mit mittlerweile 88 jungen Musikern im Alter von 8-16 Jahren, die aus 25 Musikschulen Kasans und der weiteren Umgebung kommen, entstand 2012 in der Hauptstadt der autonomen russischen Republik Tatarstan. Zwei Mal pro Woche treffen sich die Kinder und Jugendlichen am Kasaner Konservatorium zu den Orchesterproben und studieren ihr Repertoire. Unterstützt von Holz- und Blechbläsern der UdK Berlin spielten die jungen russischen Musiker bravourös ein äußerst anspruchsvolles Programm.
Unter der Leitung des Dirigenten Mokhail Mosenkov erklang im schönen Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt als erster Teil W.A. Mozarts Sinfonie g-Moll KV 183, gefolgt von Johann Sebastian Bachs Konzert für Klavier, Streicher und Basso continuo d-Moll BWV 1052, mit der 12jährigen Alexandra Dovgan am Klavier. Sie spielte nach viel Applaus für ihre besonders einfühlsame Interpretation noch als Zugabe Bachs „Jesu bleibet meine Freude“. Alexandra Dovgan hatte bereits Anfang 2019 an der Eröffnung des russischen Kulturprojektes „Russian Seasons“ im Januar in der Berliner Philharmonie unter Stardirigent Waleri Gergijew mitgewirkt und wird demnächst bei den Salzburger Festspielen auftreten.
Nach der Pause wurden Auszüge aus der Ballettmusik „Schurade“ des tatarischen Komponisten Farid Yarullin vorgetragen. Sie basiert auf tatarischen Märchenmotiven und zählt zur besonderen Musiktradition Tatartstans. Die „Carmen-Suite“ für Streichorchester und Schlaginstrumente des zeitgenössischen russischen Komponisten Rodion Schtschedrin nach George Bizet bildete den fulminanten Abschluß des offiziellen Programms. Der Komponist hat die Ballettmusik mit 47 verschiedenen Schlaginstrumenten 1967 für seine Frau, die berühmte russische Primaballerina des Bolschoi-Theaters Maya Plissezkaja, geschrieben. Nach frenetischem Beifall des Publikums folgten dann noch drei Zugaben – Chatschaturjans Maskerade-Walzer sowie zwei spanische Tänze aus Tschaikowsky-Balletten, die ebenfalls begeistert aufgenommen wurden.
Svetlana Los, künstlerische Leiterin und engagierte treibende Kraft des Projektes, brachte das Ziel dieses besonderen Jugendorchesters beim Pressegespräch vor dem Konzert so auf den Punkt: „Nicht alle von ihnen werden später professionelle Künstler werden. Wir wollen mit dem Orchester jungen Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten die Möglichkeit geben, in einer der schönsten Formen der Kommunikation, der Musik, in Verbindung zu treten. Wir hoffen, daß die Emotionalität der jungen Leute auf das Publikum überspringt und auf diese Weise zu einem ,Miteinander der Seelen’ führt.“
Und Nikolaus Rexroth, Projektleiter des Tatarstan-Jugendorchesters und Leiter des Künstlerischen Betriebs der Russisch-Deutschen Musikakademie, ergänzte: „Wir wollten etwas Neues, über den musikalischen Horizont Hinausgehendes bieten.“ Zwischen den Musikern aus Tatarstan und Deutschland bestünden sehr enge Kontakte. Im Mai seien deutsche Künstler und Künstlerinnen in Kasan, der Hauptstadt Tatarstans, das immerhin etwa 2300 Kilometer von Berlin entfernt liegt, zu Besuch gewesen. Das Projekt entstand im Zusammenhang mit dem „Deutsch-Russischen Kreuzjahr des kulturellen Austauschs 2012/2013“. Der Berliner Konzertauftritt im Rahmen der Konzertreihe XX. Young Euro Classic ist auch Teil des russischen internationalen Kulturprojekts „Russian Seasons“.
Wer nun neugierig geworden ist, hat noch bis zum 22. August 2019 beim Deutschlandfunk-Kulturprogramm Gelegenheit, das Jugendorchester kennenzulernen und das Konzert anzuhören: https://www.deutschlandfunkkultur.de/young-euro-classic-2019-das-jugendorchester-tatarstans.1091.de.html?dram:article_id=452896
Elke Fimmen