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Neue Solidarität
Nr. 26-27, 27. Juni 2019

Eine Prinzipiengemeinschaft

Von Lyndon H. LaRouche jun.

Die folgenden grundsätzlichen Gedanken zur Außenpolitik stammen aus dem Buch „Die kommenden 50 Jahre der Erde“ (2005) und wurden in der neuen EIR-Studie „Wird Europa die Ära der Neuen Seidenstraße mitgestalten?“ nachgedruckt. Eine vollständige Neuauflage des Buches als E-Book ist in Vorbereitung.

Der amerikanische Außenminister John Quincy Adams riet seinem Präsidenten James Monroe, einen vom britischen Minister Canning angebotenen Vertrag abzulehnen, weil es keine Prinzipiengemeinschaft zwischen den USA und England gebe. Stattdessen empfahl Adams in der als Monroe-Doktrin bekannt gewordenen Denkschrift, die Vereinigten Staaten sollten eine Prinzipiengemeinschaft mit den neu entstehenden Republiken auf dem amerikanischen Kontinent anstreben und auswärtige feindliche und imperialistische Kräfte der Zeit (das britische Empire und das Habsburgerreich) mit Gewalt fernhalten, sobald es die Kräfte der USA erlaubten, die befreundeten Republiken auf dem amerikanischen Kontinent zu verteidigen. Wie Adams betonte, gab es in dieser politischen Frage keine Prinzipiengemeinschaft zwischen den USA und dem imperialen England (oder der restaurativen Ordnung um Fürst Metternich usw.).

Auch wenn heute im In- und Ausland über Adams’ Doktrin und über Präsident Franklin D. Roosevelts Wiederaufnahme dieser Politik z.B. im Vertrag von Rio von Akademikern und anderen viele Lügen verbreitet werden: Dies war und ist das grundsätzliche Erbe der Vereinigten Staaten, schon aus der Zeit vor 1776. Es ist heute immer noch das einzige Prinzip wahren Eigeninteresses der USA als Republik. Es ist das wissenschaftlich definierte Prinzip einer Politik im Eigeninteresse der USA, das auf eine wachsende weltweite Gemeinschaft souveräner nationalstaatlich verfaßter Republiken anwendbar ist.

Adams’ ursprüngliche Ausarbeitung der Prinzipien der Monroe-Doktrin gehört in den realen geschichtlichen Zusammenhang des Zeitraums vom Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 bis zu den Folgen der Schlacht bei Gettysburg, als die weisesten Kreise in den USA ihr Interesse darin sahen, sich mit der Unmoral der großen Mächte Europas, wofür die mehr oder weniger rivalisierenden britischen und habsburgischen Interessen beispielhaft waren, nicht einzulassen.

Später, nach dem Sieg der Nordstaaten unter Präsident Abraham Lincoln über die von britischen Interessen gesteuerten konföderierten Südstaaten, und insbesondere seit Europa auf die bei der Weltausstellung in Philadelphia zur Hundertjahrfeier der USA gezeigten Errungenschaften aufmerksam wurde, waren die USA nicht nur eine Macht in der Welt, sondern trugen zunehmend die Verantwortung einer Führungsrolle in den Weltangelegenheiten, auch weit über den amerikanischen Kontinent hinaus. Seit dieser Zeit war die große Frage der Weltpolitik, ob die Ordnung der Beziehungen auf der Welt vor allem dem amerikanischen oder dem britischen Vorbild folgen sollte.

Aus verschiedenen historischen Gründen sind die Interessen der anglo-holländisch-liberalen  Finanzoligarchie – nicht die Macht einzelner europäischer Staaten – im Weltfinanz- und Währungssystem seit dem Tode Franklin D. Roosevelts immer mehr vorherrschend geworden. Im Gefolge der Ereignisse der Jahre 1962-64 und besonders seit 1971-72 wurden sogar die USA selbst praktisch zu einer Provinz des anglo-holländischen liberalen supranationalen Weltreichs; gemeint ist das heutige IWF-System privater finanzoligarchischer Macht. Die USA waren und sind der mächtigste Nationalstaat der Erde, aber gleichzeitig wurden sie praktisch immer mehr eine Satrapie des anglo-holländischen liberalen Imperiums, also der internationalen finanzoligarchischen Kräfte hinter dem IWF-System seit 1971. Wenn diese wesentliche Tatsache nicht anerkannt wird, ist eine Rettung aus dem heranstürmenden allgemeinen Währungs- und Finanzkollaps unwahrscheinlich. Die USA sind als Nation am besten geeignet und in der besten Ausgangslage, die Macht dieses anglo-holländischen liberalen Imperiums zu brechen.

Das ist die harte Wahrheit, und alle Einwände dagegen sind entweder kraftlos oder regelrecht böswillig. Es ist der Knackpunkt, hiervon hängt ab, ob ein Dialog der Kulturen Erfolgsaussichten hat oder scheitern muß.

Angenommen, genügend Kräfte sind weise genug, so zu handeln, wie es diese Sicht der Weltgeschichte der letzten Jahrhunderte nahelegt, dann stellt sich die Frage: Welche konkrete Form der Organisation zwischen Nationen wäre der unmittelbare erste Schritt einer allgemeinen Organisation hin zu einer ständigen weltumspannenden Prinzipiengemeinschaft uneingeschränkt souveräner Nationen? Der Eckstein der ersten Phase der neuen Weltordnung ist der Rückgriff auf das Vorbild von Bretton Woods, das unter der Ägide Präsident Franklin D. Roosevelts begründet wurde.

Ein System fester Wechselkurse nach dem Vorbild der Erfahrung des ursprünglichen Bretton-Woods-Systems ist der Bezugspunkt für eine inzwischen unverzichtbare Vereinbarung für die heutige Welt, die für mindestens einige zukünftige Generationen Geltung behält. Wenn ich „mindestens einige zukünftige Generationen“ sage, habe ich vor allem gewisse unverzichtbare langfristige Verträge und ähnliche Vereinbarungen zur erforderlichen Kapitalbildung im Sinn, insbesondere im Zusammenhang mit grundlegender wirtschaftlicher Infrastruktur. Da wir bereit sein müssen, diese über 50 oder mehr Jahre reichenden Vereinbarungen zu erfüllen, muß das System, das wir jetzt einrichten, die Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtungen vorsehen.

Später, wenn die Fälligkeit der ersten dieser Zahlungsverpflichtungen naherückt, wird man Verbesserungen im Weltsystem natürlich berücksichtigen. Bis dahin werden kluge Regierungen die kommenden beiden Generationen als Richtschnur für eine entsprechende Einigung nehmen, auf deren Grundlage das neue Weltsystem für die unmittelbare Zukunft entworfen und verwirklicht wird.

Dementsprechend wird das System fester Wechselkurse grundsätzlich wie folgt festgelegt.

Zunächst behandle ich die Bedeutung der Rohstoffpolitik, danach die Bevölkerungspolitik. Das sind vorläufig die verhältnismäßig neuen Entwicklungen auf der Welt, die den Gedanken eines Systems fester Wechselkurse wichtiger machen als je zuvor.

Zusammengenommen bringen die Auswirkungen der Entwicklung und Anwendung der Technik sowie der Anstieg der Bevölkerungszahl und eines akzeptablen Lebensstandards der Menschen diesen Planeten in absehbarer Zeit in die Lage, daß wir nicht länger davon ausgehen können, die Rohstoffe, auf die unsere Zivilisation angewiesen ist, seien einfach nur eine Gabe der Natur. Wir müssen jetzt die Verantwortung dafür übernehmen, die Versorgung mit diesen Rohstoffen aus der abiotischen Erde und der Biosphäre, von denen der weitere Anstieg der Weltbevölkerung und die weitere Verbesserung der Lebensumstände abhängen, aufrechtzuerhalten und auszuweiten.

Die verrückte Gier nach Rohstoffen als Beutegut, die auf das Denken der Physiokraten zurückgeht – eine verrückte und immer auch mörderische Gier, wofür Henry Kissingers These im Sicherheitsmemorandum NSSM-200 typisch ist –, ist heute der eigentliche Eifer der Finanzoligarchie geworden. Diese verrückte Gier muß durch gemeinsame Regulierung souveräner Nationalstaaten in Schach gehalten werden. Wernadskijs Vermächtnis verdeutlicht allgemein die Lösung: Man muß in der Erschließung mineralischer Rohstoffe und ihrer Verwaltung einen Faktor an Kapitalkosten sehen, den alle Volkswirtschaften der Welt gemeinsam tragen müssen. Wir müssen eine ausreichende zukünftige Versorgung mit allen grundlegenden Rohstoffen zu annehmbaren Preisen sicherstellen. Mit Hilfe wissenschaftlicher Fortschritte läßt sich diese Herausforderung meistern, sogar recht bequem – aber meistern muß man sie.

Diese Veränderung im Umgang mit Rohstoffen wird durch das Bevölkerungswachstum in Asien und insbesondere in China und Indien dringend erforderlich, und sie stellt die Welt vor die Notwendigkeit, umgehend ein umfassendes System fester Wechselkurse zu errichten. Wegen dieser Notwendigkeit kommt zu den Kernvereinbarungen, auf denen das neue System gründen muß, der schöpferische, aktive Umgang mit Rohstoffen als zusätzlicher Faktor hinzu.

Die Erde ist begrenzt. Wir sind fast am Ende der Möglichkeiten einer Gesellschaftsform, die davon lebt, den Planeten zu plündern, und gleichzeitig die Auswirkungen davon auszugleichen versucht. Wir müssen ein System schaffen, das die Versorgung mit und die Verfügbarkeit als Rohstoffe kategorisierter Güter ausweitet und vor allem selbst „Rohstoffe“ erzeugt, statt sie nur auszubeuten. So müssen wir mit den mineralischen Rohstoffen verfahren und gleichzeitig die Biosphäre mit großen Wasserprojekten, Begrünung von Wüsten usf. entwickeln.

Um die absehbaren sehr hohen Kapitalkosten dafür aufzubringen, müssen wir den technischen Fortschritt in der Produktion und Produktgestaltung mindestens so weit beschleunigen, daß die zusätzlichen gesellschaftlichen Kosten für den weltweiten Verbrauch von Rohstoffen und damit verwandte Umweltentwicklung aufgefangen werden, ohne den Lebensstandard irgendeines Teils der Menschheit zu senken. Das erfordert massiv gesteigerte Zuwachsraten bei der realen Pro-Kopf-Produktivität weltweit und eine Anhebung des Einkommensniveaus derzeit armer Nationen durch eine entsprechende Förderung des technischen Fortschritts. (...)

Eine Bemerkung zum Schluß

Die Wiederherstellung des Kerns des ursprünglichen Bretton-Woods-Systems als solchem muß hier nicht ausführlich erläutert werden. Das System lief erfolgreich und hätte das auch weiter getan, wenn der politische Wille dagewesen wäre, eine Anpassung des Goldpreises und andere Reformen vorzunehmen, um das System grundsätzlich aufrechtzuerhalten. Die Ziele bei der Neuauflage eines Systems dieser Art und Form müssen sein, den Wert der Währungen möglichst nahe an realistisch eingeschätzten relativen Preisen festzulegen, einen angemessenen Ausgangspreis für Reservegold zu wählen und einen internationalen Kreditmechanismus einzurichten, der Kreditziehungsrechten der Mitglieder entspricht.

Eine ganz wichtige Aufgabe des wiedergegründeten Systems besteht in seiner angemessenen Verbindung zu einem Netz langfristiger vertraglicher Vereinbarungen der Art, wie sie heute in Eurasien z.B. zwischen West- und Mitteleuropa, Rußland, China, Indien usw. besonders angemessen sind. Der wichtigste Motor einer allgemeinen weltweiten realwirtschaftlichen Erholung sind dann langfristige Investitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur und gebündelte langfristige Kreditlinien für Investitionspakete bestimmter privater Kreditnehmer. Die physische Lebensdauer grundlegender wirtschaftlicher Infrastruktur in der ersten Kategorie liegt zwischen einem Viertel- und einem halben Jahrhundert. Typisch sind Energie, Wasser, Massenverkehrsmittel und langfristige Stadt- und Landentwicklung, z.B. für neue Städte, Wiedernutzbarmachung von Trockenzonen, weitflächige Aufforstung usw. In eine zweite allgemeine Kategorie fallen Investitionen in die Realkapitalbildung im Zusammenhang mit dem Markt, der durch den Bau öffentlicher Großvorhaben entsteht.

Finanzieren lassen sich derartige Investitionen durch Kredit, der in Form von vertraglichen Vereinbarungen geschöpft wird, oder durch Kapital, das im Rahmen vertraglicher Regelungen bereitgestellt wird. Eine wesentliche Aufgabe des Systems fester Wechselkurse besteht darin, daß Kredite, die zu festgelegten Zinsen über einen langen Zeitraum vergeben werden, durch den festen Wechselkurs abgesichert sind.

Unter den derzeitigen Bedingungen, wo die meisten privaten Finanzinstitute auf der Erde praktisch bankrott sind, ist eine Kreditschöpfung in bedeutenderem Umfang nur über diese Kombination – staatlich abgesicherter Kredit unter dem Schutz eines Systems fester Wechselkurse – möglich. Ohne ein solches System bedeutete der inzwischen unvermeidliche Zusammenbruch des gegenwärtigen Weltwährungs- und -finanzsystems, daß unmittelbar ein Absturz der ganzen Welt in ein langes finsteres Zeitalter droht.

Eine solche Erholung aus der derzeitigen Krise kann es nur geben, wenn die Bedingungen einer regulierten Volkswirtschaft – wie in den Vereinigten Staaten vor den Veränderungen von 1969-82 und ähnlich in Kontinentaleuropa – prompt wiederhergestellt werden. Die Auslandsschulden Afrikas, Mittel- und Südamerikas müssen entweder gestrichen oder bis auf weiteres eingefroren werden, und alle Schulden im Zusammenhang mit Derivatgeschäften sind als illegale Wettschulden zu betrachten und damit null und nichtig.

Meine Damen und Herren, wir haben keine andere Wahl. Entweder wir greifen angesichts der Lage zu den beschriebenen Maßnahmen oder wir müssen davon ausgehen, daß wir nur zusammengekommen sind, um der menschlichen Zivilisation auf ziemlich lange Zeit Lebewohl zu sagen.