Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 2, 10. Januar 2019

Chang’e-4 weist der Welt den Weg
in das neue Paradigma der globalen Kooperation

Von Alexander Hartmann

Die Landung der chinesischen Mondsonde Chang’e-4 auf der erdabgewandten Seite des Mondes am 2. Januar markiert den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Menschheit. „Dies ist ein historischer Schritt in der internationalen wissenschaftlichen Erforschung des Mondes, der die luna incognita auf der erdfernen Seite des Mondes erstmals für die Erforschung seiner Oberfläche zugänglich macht“, kommentierte der Mondwissenschaftler James Head von der Brown University in Providence/Rhode Island den Erfolg.

Chinas staatlicher Fernsehsender CGTN sendete anläßlich der Landung eine Reihe kurzer pädagogischer Videos, in denen die Chang’e-4-Mission erklärt und in Chinas Mondforschungsprogramm eingeordnet wurde. Ouyang Ziyuan, der wissenschaftliche Leiter und Vater des chinesischen Mondforschungsprogramms, sprach in einem Interview über das Programm und über seine Entdeckung, daß das im Staub an der Mondoberfläche enthaltene Helium-3 ausreichen würde, um die Menschheit mit Hilfe der Kernfusion 10.000 Jahre lang mit Energie zu versorgen.

Zu diesem Zeitpunkt wurden die großen Vorteile, die die erdabgewandte Seite des Mondes für die Niederfrequenz-Radioastronomie bietet, bereits genutzt, als die chinesische Landesonde mit dem Queqiao-Satelliten zu einem Radioteleskop zusammengeschaltet wurde, das weit über unsere Galaxis hinausreicht und gegen Störungen von der Erde abgeschirmt ist. Gleichzeitig maß die Mondsonde auch die lokale Wasserkonzentration, im Hinblick auf zukünftige bemannte Landungen.

Die Führung der NASA reagierte begeistert und machte deutlich, daß sie sich von der chinesischen Mission eine Revolution im Verständnis des Ursprungs und der Evolution des Mondes und des Sonnensystems verspricht. NASA-Administrator Jim Bridenstine schrieb in einer Twitter-Mitteilung: „Glückwunsch an Chinas Chang’e-4-Team für die offenbar erfolgreiche Landung auf der erdfernen Seite des Mondes. Dies ist etwas Neues für die Menschheit und eine beeindruckende Leistung“, und der wissenschaftliche Leiter der NASA, Dr. Thomas Zurbuchen, twitterte: „Als Teil der internationalen Wissenschaftsgemeinde freuen wir uns darauf, mehr über diesen ziemlich unerforschten Teil unseres Mondes zu erfahren.“

Aber noch wichtiger ist die Rolle von Chang’e-4 im Fortschritt der Menschheit auf dem Weg, über die Erde hinaus in das Sonnensystem, in die Galaxis und in das übrige Universum vorzudringen, wozu die Menschheit im 20. Jahrhundert durch die großartigen Leistungen deutscher, amerikanischer und russischer Forscher aufgebrochen war, bevor die weiterreichenden Pläne nach den amerikanischen Mondlandungen 1969-72 abgebrochen wurden. Nun, zwei Generationen später, wird diese großartige Mission der Menschheit endlich wieder aufgegriffen. Man sollte sich dabei an die Worte des großen russischen Weltraumforschers Sergej Pawlowitsch Koroljow erinnern, der seinem Team in Baikonur nach dem erfolgreichen Start des Sputnik am 4. Oktober 1957 sagte: „Die Träume der besten Söhne der Menschheit wurden verwirklicht – der Vormarsch in den Weltraum hat begonnen.“

Zusammenarbeit statt Konfrontation

Während der chinesische Erfolg in der globalen Wissenschaftsgemeinde große Freude und Optimismus ausgelöst hat, zeigt er durch den Kontrast gleichzeitig auf, was in der westlichen Welt verloren gegangen ist, wo sich die Weltraumfahrt in den letzten Jahrzehnten zu einem politischen Fremdkörper entwickelt hat: Im Freund-Feind-Denken der Geopolitik hat die Kooperation mit dem Gegner keinen Platz, die Finanzwelt lenkt die Gelder lieber in Spekulationen als in nützliche Investitionen, und grüne Ideologen lehnen es ab, nach der Erde auch noch den Mond und den Mars durch eine menschliche Präsenz zu „verschmutzen“.

Alle diese Haltungen sind Ausdruck der Denkweise der westlichen Eliten, die in den letzten Jahrzehnten, seit dem Tod von Präsident Kennedy und erst recht seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, fast überall auf der Welt durchgesetzt wurde. Man glaubte, das „Amerikanische Jahrhundert“ sei angebrochen, es gebe nur noch eine Weltmacht – die anglo-amerikanische –, und das werde auch so bleiben; man müsse nur dafür sorgen, daß keine andere Macht oder Mächtegruppe jemals in die Lage käme, die Vorherrschaft des Westens in Frage zu stellen. Daran sollte sich nichts ändern – man glaubte, „das Ende der Geschichte“ erreicht zu haben, und deshalb war auch technologischer Fortschritt nicht mehr erwünscht.

Diese krankhafte Sichtweise hatte zur Folge, daß die Weltraumforschung ebenso wie andere Hochtechnologiebereiche nicht die Unterstützung erhalten hat, die sie verdient. So kritisierte Frank Borman, der Kommandeur der Apollo-8-Mission der NASA, die vor genau 50 Jahren erstmals den Mond auf einer Umlaufbahn umrundete, jüngst in einem Interview mit dem Magazin Politico, daß „die NASA nicht in der Lage war, eine konsistente Mission zu definieren“. Sämtliche Präsidenten hätten sich seitdem zwar zur Weltraumforschung bekannt, „aber keiner von ihnen hat sie ausreichend finanziert“.

Inzwischen zeigt sich, daß sich der Westen mit seiner Haltung in eine Sackgasse begeben hat. Rußland und China haben sich der Dominanz des Westens entzogen und sind dabei, ihn technologisch und wirtschaftlich zu überflügeln. Die Idee einiger westlicher Geopolitiker, diese Konkurrenz mit militärischen Mitteln niederzuhalten, ist angesichts der thermonuklearen Waffen absurd und undurchführbar.

Schon US-Präsident John F. Kennedy hatte dies erkannt. Im Juni 1963 sagte er in einer Rede an der American University in Washington:

Die Ironie ist, daß der Westen nur dann mit Rußland und China mithalten kann, wenn er sich ganz von seinem geopolitischen Konkurrenzdenken verabschiedet und erkennt, daß die Lösung nicht in der Konfrontation liegt, sondern in der Kooperation – einer Kooperation, wie sie in der Weltraumforschung schon heute praktiziert wird, und wie sie China mit seiner Seidenstraßen-Initiative der ganzen Welt anbietet.

Helga Zepp-LaRouche hat die notwendige, neue Herangehensweise im Oktober 2014 in ihrer Rede bei der Konferenz zum 30jährigen Bestehen des Schiller-Instituts beschrieben:

Die Weltraumfahrt und vor allem ihre Erfolge sind selbst wahrscheinlich das beste Mittel, ein solches Umdenken herbeizuführen. In ihrem Interview antworteten die beiden inzwischen 90jährigen Astronauten Borman und Lovell auf die Frage, ob wir so etwas wie die von Apollo-8 am Weihnachtstag 1968 aufgenommenen Bilder des Erdaufgangs brauchen, um die Menschen zusammenzubringen: „So etwas wie das wäre jetzt sehr hilfreich... Es war eine Art Geschenk der Apollo-8-Mannschaft an die Menschen auf der Erde... Wir mögen ein Planet von vielen, vielen Nationen sein, aber wir sind nur eine Welt.“