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Am 12. Januar 2019 habe ich mich auf Artikel 41 Absatz 3 der Charta der Grundrechte der EU berufen. In diesem Artikel wird Folgendes erwähnt: „(3) Jede Person hat Anspruch darauf, daß die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“ Das Aufforderungsdokument war dem Schreiben beigefügt, das an den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean Claude Juncker, gerichtet war (siehe unten). Per Einschreiben ging es am 17. Januar bei der Kommission ein. Am 23. Februar sandte ich eine E-Mail an Herrn Michael, ein hochrangiges Mitglied im Kabinett des Präsidenten, verantwortlich für die Charta der Grundrechte, und sandte ihm die vorherige Korrespondenz an Herrn Juncker, wobei ich um eine Antwort bat. Bis heute habe ich keine Antwort von der Europäischen Kommission erhalten. Es sei daran erinnert, daß in Artikel 17 des EU-Vertrags erwähnt wird, daß die Kommission die Anwendung der Verträge sicherzustellen hat.
Es ist eine Schande, wenn die Kommission nicht auf offizielle Briefe von Unionsbürgern antwortet und gegen die Verträge verstößt, die sie umzusetzen verpflichtet ist. Die Entstehung des sogenannten Populismus in der EU ist in erster Linie eine Folge der Verletzung ihrer eigenen Verträge und Richtlinien durch die EU.
Im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen sollten Parteien gewählt werden, die noch nie zuvor im Europäischen Parlament vertreten waren, mit der Hoffnung, daß diese die anderen EU-Institutionen dazu verpflichten, der europäischen Bevölkerung mit Achtung zu begegnen.
Leonidas Chrysanthopoulos
Botschafter ad honorem
An den Präsidenten der Europäischen Kommission H.E. Jean Claude Juncker
Rue de la Loi 200, 1049, Brüssel, Belgien
12.1. 2019
Eure Exzellenz,
In der Anlage finden Sie meinen an die Europäische Kommission gerichteten Antrag, in dem ich mich auf Artikel 41.3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berufe, um die Entschädigung für Schäden zu verlangen, die meiner Person durch Fehler der Europäischen Union und ihrer Organe entstanden sind.
Als junger Diplomat war ich Mitglied der Delegation, die den Beitritt Griechenlands zur EWG ausgehandelt hat, aber das war eine andere Organisation als sie es heute ist. Die EWG stellte die Bürger der Mitgliedstaaten, deren Wohlstand und deren sozialen Rechte in den Mittelpunkt, im Gegensatz zu dem, was heute geschieht, wo der Sicherheit des Bankensektors Priorität eingeräumt wird, während die Interessen und Rechte der Bürger von der EU völlig mißachtet werden. Als Generaldirektor für EU-Angelegenheiten des Griechischen Außenministeriums habe ich im Jahr 2004 an den Verhandlungen über die EU-Verfassung teilgenommen und auch im Rat für Allgemeine Angelegenheiten partizipiert.
Bezüglich Griechenlands ist zu sagen, daß die strengen Austeritätsmaßnahmen der Memoranda-Politik meinem Land nach der offiziellen Begründung auferlegt wurden, um die öffentliche Verschuldung zu reduzieren, die 2010 etwa 120% des BIP ausmachte. Doch statt einer Reduzierung erreicht das Niveau der Verschuldung heute ungefähr 185%. Wir wissen jedoch alle, daß der wahre Grund für diese Maßnahmen darin bestand, französische und deutsche Banken vor einem Zahlungsausfall zu retten, falls Griechenland Konkurs anmelden würde. Von Anfang an war vielen klar, daß die Maßnahmen nicht wirksam sind, dennoch weigerten sich die für Planung und Implementierung Verantwortlichen, die fehlerhaften Richtlinien zu ändern, selbst noch nachdem sie ihre Fehler zugegeben hatten.
Die gegen Griechenland verhängten Maßnahmen verletzen die Menschenrechte des griechischen Volkes. Zu diesen Verstößen wurden zahlreiche Berichte veröffentlicht:
Auch der Vertrag der Europäischen Union und die Charta der Grundrechte wurden, insbesondere Artikel 2 betreffend (Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte), verletzt. Diese Menschenrechtsverletzungen haben zum Tod vieler Griechen durch den Zusammenbruch des Nationalen Gesundheitssystems geführt (öffentliche Finanzierung der Gesundheit wurde um 42,5% reduziert), zu Unterernährung, Mangel an ausreichender Heizung, Selbstmord. Vor dem Jahr 2009 betrug der jährliche Durchschnitt der Todesfälle in Griechenland zwischen 60.000 und 70.000 Menschen pro Jahr. 2017 waren es 124.832, im Jahr 2018 waren es 120.886. Die griechischen Regierungen seit 2010, die Mitgliedstaaten der Eurozone, die EU als Institution und der IWF tragen alle gemeinsam die Verantwortung für diese Menschenrechtsverletzungen in Griechenland, die zum Tod vieler Menschen geführt haben.
2017 und 2018 besuchte ich die Außenministerien der Benelux-Länder und Berlins, wo ich mit den Verantwortlichen für Menschenrechtsfragen zusammentraf. Ich habe die Frage der Menschenrechtsverletzungen in Griechenland angesprochen. Sie alle haben die Verletzung der Menschenrechte anerkannt und das Problem auf das mangelnde Interesse der Eurogruppe an dieser Frage zurückgeführt, und sie konnten nicht sagen, wie sich dieses Problem lösen lassen könnte. Ihre Antwort war, den Empfehlungen der unabhängigen UN-Experten zu folgen, die vorschlugen, keine Sparmaßnahmen zu ergreifen, die die Menschenrechte verletzen würden. Leider wurden die Menschenrechtsverletzungen trotz des Treffens der unabhängigen Experten der Vereinten Nationen mit der Europäischen Kommission im Jahr 2015 fortgesetzt.
Ich bin mir sicher, daß mein Antrag auf Entschädigung abgelehnt wird. Folgende Argumente werden Sie hierzu verwenden:
1. Sie werden mir sagen, daß die Programmdokumente nicht auf dem EU-Recht basieren, sondern auf zwischenstaatlichen Gesetzen, und daß die MOU keine EU-Maßnahmen sind, sondern zwischen Griechenland und ihren Kreditgebern bilateral vereinbart wurden. Folglich sind EU-Gesetze in meinem Fall nicht anwendbar und Artikel 41.3 kann diesbezüglich nicht angewandt werden. Meine Antwort darauf wäre, daß es der EU nicht gut ansteht, sich hinter den rechtlichen Formalitäten zu verstecken, um Artikel des Vertrags nicht umsetzen zu müssen. Ich erinnere mich an die Diskussion dieser Artikel im Rahmen der Vertragsverhandlungen diskutiert. Der Vertreter der Kommission versicherte uns, daß dieser Artikel den europäischen Bürger vollständig vor Fehlern der EU-Institutionen schützen solle.
2. Sie werden mir sagen, daß ich verpflichtet bin, mich in diesem Fall an den Europäischen Gerichtshof zu wenden, der für solche Fälle zuständig ist. Ich werde Ihnen antworten, daß ich nicht die finanziellen Mittel habe, um den EuGH zu konsultieren, und statt dessen einen außergerichtlichen Vergleich vorschlagen.
3. Schließlich werden Sie mir antworten, daß die griechische Regierung für die Herabsetzung meiner Rente um 60% verantwortlich ist. Meine Antwort darauf wäre, daß die griechische Regierung diese Maßnahmen nicht ergriffen hätte, wenn die EU-Institutionen keine derartigen Maßnahmen auferlegt hätten.
Natürlich können Sie andere Gründe finden, um meine Anfrage abzulehnen, aber das ist nicht die Frage.
Es geht darum, daß die Artikel des Vertrags zum Schutz der EU-Bürger vor Fehlern der EU-Organe – sofern gerechtfertigt –, zu Gunsten der Bürger und nicht der Organe umgesetzt werden müssen. Dies sollte im Hinblick auf die europäischen Parlamentswahlen im Mai ernsthaft in Erwägung gezogen werden.
Ich versichere Ihnen in Erwartung Ihrer Antwort, Eure Exzellenz, meiner vollsten Hochachtung.
Leonidas Chrysanthopoulos
Botschafter ad Honorem
Agioi Apostoloi 45, 25100, Aigio, Griechenland