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Das Nachrichtenmagazin Executive Intelligence Review veröffentlichte am 21. Februar auf seiner Internetseite den folgenden ausführlichen Nachruf auf seinen Gründer.
Lyndon H. LaRouche jr., der amerikanische Ökonom und Staatsmann, der zwischen 1957 und 2007 die weltweit zutreffendsten Wirtschaftsprognosen erstellt hat, ist am 12. Februar 2019 verstorben. Als Autor von tausenden Artikeln und über hundert Büchern und umfangreichen Pamphleten und strategischen Studien war LaRouche eine der umstrittensten politischen Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte.
Einer der Gründe hierfür waren LaRouches herausragende, kühne und ausdauernde Präsidentschaftskampagnen 1976-2004, um nach den Morden an John F. Kennedy, Malcolm X, Martin Luther King und Robert Kennedy die verfassungsmäßige Selbstregierung der Vereinigten Staaten wiederherzustellen. Ein weiterer Grund war seine erfolgreiche Einrichtung eines unabhängigen Presse- und Nachrichtendienstes, der ihm und seinen Mitarbeitern die Möglichkeit einer ungefilterten Bewertung von Ereignissen verschaffte und es ihnen erlaubte, den wahren Zustand der amerikanischen Volkswirtschaft und häufig auch den wahren Hintergrund sonst undurchschaubarer amerikanischer und internationaler politischer Prozesse publik zu machen.
LaRouche begründete eine internationale philosophische Vereinigung auf der Grundlage des wiederbelebten Wissens um die jahrtausendealte Kontroverse zwischen der platonischen Tradition und der aristotelischen Schule – dem Kampf zwischen dem republikanischen Staatsmodell und dem oligarchischen Imperialsystem.
LaRouches Einfluß außerhalb der Vereinigten Staaten ergab sich daraus, daß es ihm gelang, Hunderte politisierte Studenten aus verschiedenen Ländern zu rekrutieren, besonders aus Europa, Kanada, Mittel- und Südamerika. Diese persönlich ausgewählte Intelligenzia verschaffte ihm die Fähigkeit, mit Hilfe kleiner, aber gut ausgebildeter und extrem gut informierter Gruppen politische Veränderungen einzuleiten und umzusetzen. So wurden viel größere Kräfte in verschiedenen Ländern katalysiert, indem sie „wie ein Kopf auf vielen Kontinenten“ wirkten.
LaRouche war dafür bekannt, daß er von jedem Bürger der Vereinigten Staaten und von allen Bürgern souveräner Nationen verlangte, sich in wichtigen politischen Fragen, die die Zukunft ihrer Länder und der Menschheit insgesamt betreffen, kundig zu machen; nur solche politischen Forderungen zu erheben und zu verfechten, die „das allgemeine Wohl von uns selbst und unserer Nachwelt befördern“; und gegen rücksichtslose Finanzmaßnahmen vorzugehen, die zur Durchsetzung einer rassistischen Entvölkerungspolitik vor allem gegen Länder Afrikas, Asiens und Mittel- und Südamerikas betrieben werden, manchmal kaschiert als „Umweltschutz“ oder „nachhaltige Entwicklung“.
Prominente internationale Persönlichkeiten und Institutionen haben zwar jüngst über LaRouche zu berichten begonnen, doch hat es keines der „großen Medien“ bisher gewagt, LaRouches wirkliche Ansichten über politische Fragen, für die er bekannt war, zu zitieren, obgleich er einer der produktivsten Autoren Amerikas gewesen ist. Diese Angst vor LaRouche ist erstaunlich, aber nicht neu. Es war schon immer so, daß die Macht von LaRouches Ideen, genauso wie oder noch mehr als die Person LaRouche von seinen Gegnern zutiefst gefürchtet wurde. Diese Furcht wird mit seinem Tod nicht nachlassen.
LaRouches Vier Gesetze, sein Vorschlag eines Viermächteabkommens zwischen den USA, Rußland, China und Indien, die von ihm entwickelte und 1983 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan verkündete Strategische Verteidigungsinitiative (SDI) und sein jahrzehntelanger intensiver Einsatz für die Entwicklung der kontrollierten Kernfusion dürfen von den heutigen „Mainstream-Medien“ selbst nach seinem Ableben nicht erwähnt werden. Hätte die amerikanische Bevölkerung heute Kenntnis über diese politischen Alternativen und wüßte damit, was ihr durch den jahrzehntelangen Pakt des Schweigens um LaRouche vorenthalten wurde – insbesondere während der Finanzkrise und den sinnlosen Raubkriegen der letzten 15 Jahre –, so wäre sie zu dem einfachen Schluß gekommen, daß jemand sich all diese Jahre nach Kräften bemüht hat, sie von Lyndon LaRouches Ideen fernzuhalten.
Die Ausrede, „Er ist ein Bösewicht, aber wir dürfen Ihnen nicht sagen, warum“, genügt nicht mehr als Erklärung für die Menschen, warum sie jetzt nicht wissen sollten, „wer LaRouche ist“. Damit die Beschränkungen der Fake News wirklich durchbrochen werden, muß der wirkliche Lyndon LaRouche jetzt endlich gehört und bekannt werden. Hierzu dient die folgende kurze, sehr unvollständige Darstellung seines Lebens und Werkes.
LaRouche hat sich über mehr als vier Jahrzehnte als der Hauptfeind des britischen Imperialsystems erwiesen, sowohl in dessen Ausprägung vor dem Zweiten Weltkrieg wie auch in der Form des Commonwealth nach dem Krieg. LaRouches Militärdienst im Zweiten Weltkrieg vor allem im Einsatzgebiet von Burma hat ihn entscheidend geprägt. „Das Erlebnis in Kalkutta 1946 prägte meine politische Grundüberzeugung, daß die Vereinigten Staaten nach dem Krieg die Führung beim Aufbau einer neuen Weltordnung übernehmen müßten, mit der Aufgabe, die Wirtschaftsentwicklung der heutigen ,Entwicklungsländer’ zu fördern“, schrieb LaRouche in seiner Autobiographie Die Macht der Vernunft 1988. LaRouche nahm den Kampf gegen die „politischen Wirtschaftstheoretiker“ und Sklavenhändler der heutigen Form der britischen Ostindiengesellschaft auf, deren Theorien nach dem Krieg an den Wirtschaftsfakultäten der amerikanischen Universitäten vorherrschten.
LaRouche war ein entschiedener Gegner der Ansicht, der Mensch sei ein Tier, wie es Francis Bacon, Thomas Malthus und John Locke vertraten. Statt dessen setzte sich LaRouche für die Wiedereinführung der Wissenschaft der physischen Ökonomie in den Vereinigten Staaten ein – eine Wissenschaft, die der deutsche Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz, der Entdecker der Infinitesimalrechnung und Miterfinder der Dampfmaschine, 1672 begründet hatte. Zwischen 1948 und 1952 betrieb LaRouche intensive unabhängige Studien in vielen naturwissenschaftlichen Bereichen, um seine Methode der Wirtschaftsprognose zu entwickeln. In dem Buch LaRouche: Will This Man Become President? (1983) heißt es dazu:
„1952 erkannte LaRouche erstmals, daß es mit Hilfe eines Energiebegriffs in Übereinstimmung mit [Bernhard] Riemanns Habilitationsschrift von 1854 Über die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegen möglich ist, technologisches und wirtschaftliches Wachstum mit diesem so definierten Energiebegriff zu messen. In LaRouches Ansatz wird wirtschaftlicher Wert – reales Wirtschaftswachstum – vor allem im Sinne einer Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der Gesellschaft gemessen.“
LaRouche betrachtete jedoch alle seine Arbeiten über physische Ökonomie als spezifischen Ausdruck einer tieferen epistemologischen Aufgabe. In seinem Artikel „Beethoven als Musikwissenschaftler“ (1988) schreibt er:
„Meine wichtigsten Entdeckungen in allen Bereichen, in denen ich Beiträge geleistet habe, basieren auf meiner Widerlegung des berühmten Kantschen Paradoxes, wie es in Immanuel Kants Kritik der Urteilskraft geltend gemacht wird. Kant behauptete zwei Dinge, die hier von Bedeutung sind.
Erstens äußerte er, daß es zwar schöpferische Prozesse gebe, die zu gültigen grundlegenden wissenschaftlichen Entdeckungen führten, aber diese Prozesse selbst lägen jenseits jeden möglichen menschlichen Verstehens. Das habe ich als falsch nachgewiesen, und ausgehend von diesem Beweis entwickelte ich eine verständliche Darstellung dieser kreativen Prozesse und damit der impliziten Messung des technischen Fortschritts als solchem.
Auf Grundlage der ersten Behauptung argumentierte Kant zweitens, daß es in der Ästhetik keine allgemeinverständlichen Kriterien von Wahrheit oder Schönheit gebe. Der Umstand, daß der gesamte moderne Irrationalismus in Kunstfragen so allgemein toleriert wird, ist darauf zurückzuführen, daß in Deutschland und anderswo diese von Kant und später von Friedrich Karl von Savigny verbreitete These über Ästhetik akzeptiert wurde.“
Die Vielzahl von LaRouches Schriften über Musik, Wirtschaft, Geschichte, Sprache und Naturwissenschaft hat zahlreiche Menschen auf der ganzen Welt zur Zusammenarbeit und zum Austausch angeregt. LaRouche war in erster Linie ein Staatsmann – kein Politiker –, der Staatskunst im Sinne des Sokrates von Athen praktizierte. Durch eigene Lehrtätigkeit baute er Organisationen auf, angefangen mit einer mehrteiligen Vorlesungsreihe 1966, in der er vor allem an Universitäten seine Methode der Wirtschaftsprognose darlegte und zur Diskussion stellte. Viele sind erstmals auf LaRouche gestoßen, als er mit akademischen Ökonomie- und Politikgrößen Debatten führte. Das hörte 1971 auf nach LaRouches berühmter Debatte mit dem Ökonomen Abba Lerner, der die Debatte verlor, als er behauptete, wenn man die Sparpolitik von Reichsfinanzminister Hjalmar Schacht in den 1920er Jahren umgesetzt hätte, „wäre Hitler nicht notwendig gewesen“. Innerhalb weniger Monate fand sich niemand mehr, der bereit war, mit LaRouche zu debattieren, und seither fand keine solche Debatte mehr statt.
LaRouches Vorlesungen über „dialektische Ökonomie“, wie er es damals nannte, waren genau das: Dialoge zwischen LaRouche und philosophischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Köpfen der Geschichte, die er anschaulich und präzise porträtierte, stets ohne Notizen, oft auch ohne irgendein Buch. Die Studenten erhielten einen umfangreichen Lehrplan mit einem festgelegten wöchentlichen Lesestoff. Ein damaliger Teilnehmer erinnerte sich: „Es wurde auf Passagen aus Werken wie beispielsweise Kants Kritik der Praktischen Vernunft verwiesen. Man wurde aufgefordert, diese zu lesen. Wenn man dies tat und zur nächsten Vorlesung kam, beschrieb LaRouche zunächst seine Vorstellungen über diese Passage, und das überzeugend und sehr genau. Im weiteren nahm er die Passage Stück für Stück auseinander, und da man sie gelesen und akzeptiert hatte, entdeckte man plötzlich die Trugschlüsse, die tief im eigenen Denken verwurzelt waren. Er zeigte einem den Unterschied zwischen Lesen und Denken auf. Das waren keine Vorlesungen; das waren Zwiegespräche. Und das weckte unser Interesse.“
LaRouches Hauptorganisation war der National (später International) Caucus of Labor Committees, eine philosophische Vereinigung in Form eines „Systems von Konferenzen“, die gewöhnlich zweimal im Jahr stattfanden. Aus dieser Vereinigung gingen viele weitere Organisationen hervor, etwa die Fusion Energy Foundation, die U.S. Labor Party, das National Democratic Policy Committee, die Anti-Drug Coalition und andere. LaRouche gründete Organisationen in Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden, Kanada, Dänemark, Mexiko, Kolumbien, Peru, Australien und vielen anderen Ländern und arbeitete mit ihnen zusammen.
Im Dezember 1977 heiratete LaRouche in Deutschland Helga Zepp, die später das Schiller-Institut gründete, eine Denkfabrik für die Förderung von Staatskunst und einer Renaissance der klassischen Kultur.
„Im Herbst 1977 schlug ich vor, wir sollten heiraten... Ich war etwas überrascht, aber angenehm, als sie zustimmte... Wir führten beide wahrlich kein normales Leben, und es war sehr unwahrscheinlich, daß es je anders sein würde. Wir heirateten am 29. Dezember 1977 in Wiesbaden. Die Trauung wurde auf deutsch vollzogen; der Standesbeamte fragte mich auf deutsch, ob ich wüßte, was vor sich ging. Meine Freunde haben noch Wochen später darüber gelacht.“
Sie blieben 41 Jahre lang verheiratet.
Der kämpferische und polemische Stil von Wahlkämpfen und anderen Kampagnen LaRouches und seiner Verbündeten waren im politischen Leben Amerikas der 70er, 80er und 90er Jahre einzigartig. LaRouches halbstündige Fernsehsendung von 1976 „Dringende Ansprache an die Nation“ war das erste Mal, daß ein unabhängiger Kandidat in einer Präsidentschaftswahl soviel Sendezeit im Privatfernsehen kaufte. Bei der Präsidentschaftswahl 1984 trat LaRouche 15 Mal in halbstündigen Fernsehsendungen auf, wodurch er praktisch erfand, was später als „Infomercial“ (Informations-Werbesendung) bekannt wurde. LaRouches Präsidentschaftskampagnen und auch die Kandidaturen seiner Mitstreiter – 1986 allein bewarben sich tausend LaRouche-Kandidaten um ein öffentliches Amt – versetzten seine Gegner in Angst und Schrecken, ermutigten jedoch auch andere, sich nicht nur um ein öffentliches Amt zu bewerben, sondern auch eine Politik zu unterstützen, die nicht nur den „örtlichen Krähwinkel“ betrifft, sondern die gesamte Menschheit voranbringt.
Eine solche Politik war 1975 LaRouches Vorschlag einer Internationalen Entwicklungsbank (IEB) anstelle des Internationalen Währungsfonds, um die sogenannte „Dritte Welt“ zu entwickeln, indem man den Export moderner Technik und sogar den Bau ganzer Städte finanziert. Diese Städte sollten als Ausbildungsstätten für die Bevölkerung des Entwicklungssektors dienen, um ihnen möglichst schnell das Rüstzeug zur Entwicklung einer „vollständigen“ Volkswirtschaft zu geben, anstatt zu Schuldsklaven zu werden, wie es anschließend tatsächlich geschah.
Politiker wie Fred Wills, der damalige Außenminister von Guyana, unterstützten LaRouches IEB-Vorschlag auf einer UNO-Sitzung 1976. Der mexikanische Präsident José López Portillo und die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi trafen sich mit Lyndon und Helga LaRouche und übernahmen Aspekte seiner Vorschläge, von welchen viele in Buchform verbreitet wurden, so u.a. „Operation Juárez“ für Mexiko, „Die Industrialisierung Indiens: Aus der Rückständigkeit zur Industriemacht in 40 Jahren“ und „Ein fünfzigjähriger Entwicklungsplan für den Indischen Ozean und den Pazifik“. Alle diese Schriften, die noch heute ihre Gültigkeit haben, hat LaRouche Anfang der 80er Jahre verfaßt.
Um LaRouches Ideen zu verbreiten, bedienten sich seine Anhänger der sokratischen Methode – dem direkten Gespräch mit Menschen an Infoständen, vor Arbeitsämtern, Postämtern, an Flughäfen, Straßenecken, in Innenstadtbereichen und Einkaufszentren. Der direkte Kontakt mit der amerikanischen Bevölkerung vermittelte LaRouche zudem ein viel besseres Bild über die Zustände „vor Ort“, über das keine andere politische Kraft verfügte. Korrupte Elemente im Justizministerium und sog. „Nichtregierungsorganisationen“, die grünes Licht erhielten, das verfassungsmäßige Recht der LaRouche-Bewegung auf freie Meinungsäußerung zu stören, konnten sich nur noch darauf verlegen, die LaRouche-Organisation als „Sekte“ zu verleumden, um Bürger von Unterstützung abzuhalten.
Keiner von LaRouches Verleumdern konnte seine zutreffenden Wirtschaftsprognosen wegdiskutieren, darunter den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems am 15. August 1971, den Wall-Street-Crash im Oktober 1987 (von LaRouche im Mai jenes Jahres vorhergesagt) und seine Vorhersage in einer Internetsendung vom 22. Juli 2007 zum Billionen-Dollar-Börsencrash vom September 2008. Am 12. Oktober 1988 sagte LaRouche in einer Rede im Berliner Hotel Kempinski:
„Von Beruf bin ich Wirtschaftswissenschaftler in der Tradition von Gottfried Wilhelm Leibniz und Friedrich List in Deutschland sowie von Alexander Hamilton und der Brüder Carey in Amerika. Auch meine politischen Grundsätze teile ich mit Leibniz, List und Hamilton, aber auch mit Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt. Wie die Gründerväter der Vereinigten Staaten glaube ich ohne Einschränkungen an die Notwendigkeit vollkommen souveräner Nationalstaaten und lehne deshalb alle supranationalen Einrichtungen, die die Souveränität einer Nation untergraben, ab. Wie Schiller glaube ich, daß jeder Mensch, der eine schöne Seele werden will, ein wahrer Patriot und zugleich Weltbürger sein muß.
In den vergangenen 15 Jahren bin ich ein ausgewiesener Fachmann in den außenpolitischen Angelegenheiten meines Landes geworden. Infolge dieser Arbeit habe ich in einigen Kreisen meiner Regierung in Fragen der Außenpolitik und Strategie wachsenden Einfluß gewonnen. So arbeitete ich in den Jahren 1982 und 1983 zusammen mit dem Nationalen Sicherheitsrat am Entwurf der Strategie, die später Strategische Verteidigungsinitiative, kurz SDI, genannt wurde. Auch wenn die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit vertraulich sind, so kann ich doch sagen, daß meine Ansichten über die gegenwärtige strategische Lage heute in den USA mehr Einfluß haben als zu irgendeinem früheren Zeitpunkt.
Deshalb kann ich Ihnen versichern, daß man das, was ich Ihnen nun zum Thema einer möglichen deutschen Wiedervereinigung sagen werde, in relevanten Kreisen in den Vereinigten Staaten sehr sorgfältig prüfen wird.
Viele Menschen sind heute der Meinung, daß unter den richtigen Bedingungen die Zeit gekommen ist, erste Schritte hin zu einer baldigen deutschen Wiedervereinigung einzuleiten. Es ist offensichtlich, daß Berlin dann wieder die deutsche Hauptstadt werden sollte.“
Zwei Tage nach dieser Rede im Kempinski erhob die US-Justiz Anklage gegen Lyndon LaRouche und mehrere seiner Mitarbeiter. Im Nationalen Presseclub äußerte sich LaRouche später dazu: „Man könnte über diese Anklage sagen, daß jeder, der sich an Gott oder der Menschheit oder beiden versündigt, früher oder später seine gerechte Strafe erhält.“ Zwei Jahre vor der Anklageerhebung war am 6. Oktober 1986 ein Mordanschlag auf LaRouche verübt worden, über den sich LaRouche 2004 in einer Schrift mit dem Titel „,Sperrt ihn ein oder tötet ihn!’ Die Nacht, in der sie kamen, um mich umzubringen“ so äußerte:
„Am 6. Oktober 1986 fiel ein Heer von über 400 bewaffneten Beamten in die Stadt Leesburg in Virginia ein, um die Büroräume von EIR zu durchsuchen; sie verfolgte aber noch eine andere, üblere Mission. Das Anwesen, in dem ich damals wohnte, wurde von einer bewaffneten Einheit umstellt, während Flugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge und weitere Einsatzkräfte auf den Befehl warteten, vorzurücken und zu schießen. Glücklicherweise kam es nicht zum Schußwechsel, da jemand mit einer höheren Autorität als William Weld von der Kriminalabteilung des Justizministeriums Anweisung erteilte, den Angriff auf mich abzublasen. Die Einsatzkräfte, die bereit waren, gegen mich, meine Frau und einige meiner Mitarbeiter vorzugehen, wurden am Morgen abgezogen.
Das war die zweite vollständig dokumentierte Beteiligung des US-Justizministeriums an Operationen mit dem Ziel, mich aus der Politik zu eliminieren.“
LaRouche und sechs andere wurden zwar von einem Gericht in Alexandria (Virginia) im Dezember 1988 schuldig gesprochen und am 27. Januar 1989 inhaftiert, aber der internationale und nationale Aufschrei gegen diese korrupten Urteile dauert bis heute an. Der ehemalige amerikanische Justizminister Ramsey Clark, der LaRouche als Anwalt vertreten hat, erklärte zu Recht, bei der Strafverfolgung LaRouches habe es „mehr und längeren bewußten Betrug und systematisches Fehlverhalten unter Ausnutzung der staatlicher Macht gegeben als bei jeder anderen mir bekannten Anklage der US-Regierung“. In einem Dossier von Executive Intelligence Review vom September 2017 „Robert Mueller ist ein amoralischer juristischer Auftragstäter – er wird seinen Job eiskalt erledigen, wenn wir es nicht verhindern“ wird umfassend dargestellt, wie der heutige Sonderermittler gegen Donald Trump, Robert Mueller, ein wichtiger Beteiligter bei der politischen Verfolgung Lyndon LaRouches in den 1980er Jahren gewesen ist.
In seiner Gefängniszeit schrieb LaRouche weiter, wobei er oft ganze Buchkapitel durch das Telefon diktierte, auch das ohne irgendwelche Nachschlagewerke. Neben der Schriftensammlung Christentum und Wirtschaft und andere Gefängnisschriften schrieb oder diktierte LaRouche viele weitere Dokumente, von denen einige mit anderen bisher unveröffentlichten Schriften zusammengetragen wurden.
Während des Jahres 1989, als offensichtlich wurde, daß der sowjetische Comecon zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, arbeiteten LaRouche und seine Frau Helga intensiv an einem Programm mit dem Namen „Produktives Dreieck Paris-Berlin-Wien“, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zur „Eurasischen Landbrücke“ erweitert wurde. Das Programm sah vor, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Bevölkerungs- und Industriezentren Europas und Asiens durch sog. Entwicklungskorridore zu integrieren. Dies war der einzige umfassende Friedensplan für das 21. Jahrhundert, der damals auf dem Tisch lag – eine Option, die von den Briten und anglophilen Neokonservativen in den Vereinigten Staaten vehement bekämpft wurde, da diese ihre Politik einer unipolaren Welt und ihr neoliberales System unbedingt erhalten wollten. Die Eurasische Landbrücke wurde sehr schnell auch als „Neue Seidenstraße“ bekannt. Mehr als zwei Jahrzehnte später ist die chinesische Gürtel- und Straßen-Initiative, die sich aus diesem Konzept entwickelte, zur wichtigsten Lokomotive der physischen Wirtschaft der Welt geworden.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis am 26. Januar 1994 setzte LaRouche seine Arbeit als Wirtschaftsprognostiker fort. Er entwickelte 1995 als pädagogisches Modell die „Tripelkurve“ oder „Typische Kollapsfunktion“, um auch Nichtökonomen zu verdeutlichen, wie die transatlantische Welt von einer „Weimarer Hyperinflation“ erfaßt und so ausgeblutet wurde, daß nichts mehr das vorherrschende Geldsystem retten konnte. Die einzige Möglichkeit war, es umfassend zu reorganisieren, in dem man unter Rückgriff auf Franklin Roosevelts Glass-Steagall-Trennbankengesetz aus der Zeit des New Deal die Banken saniert. Im Januar 2001 warnte er vor der Gefahr eines schweren Terrorangriffs auf eine oder mehrere amerikanische Städte und stellte diese Warnung in den Zusammenhang einer Analyse, warum und wie das Finanzsystem 1999-2000 in eine Phase einer „Hightech-Blase“ eingetreten war.
LaRouche sprach davon, daß es zu einer Art „Reichstagsbrand“ kommen könnte, wenn die Vereinigten Staaten infolge des sich verschärfenden wirtschaftlichen Ruins unregierbar würden. Ähnlich wie er im Mai 1987 den Kollaps des Aktienmarktes im Oktober 1987 vorausgesagt hatte, erklärte LaRouche am 22. Juli 2007, ein Jahr vor der finanziellen Kernschmelze von Lehman Brothers und AIG, im September 2008:
„Das Weltfinanzsystem befindet sich derzeit im Prozeß der Desintegration. Daran ist nichts Geheimnisvolles. Ich spreche darüber bereits seit einiger Zeit, es ist im Gang, es läßt nicht nach. Was als Aktienwerte und Marktwerte auf den Finanzmärkten international geführt wird, ist Quatsch! Das sind rein fiktive Vorstellungen. Dahinter steht keinerlei Wahrheit; die Gaunerei ist enorm. Ein ist ausgeschlossen, daß das jetzige Finanzsystem nicht kollabiert. Es ist am Ende – jetzt!
Das jetzige Finanzsystem läßt sich unter keinen Umständen aufrechterhalten, unter keiner Präsidentschaft, unter keiner nationalen Führung. Nur eine grundlegende und plötzliche Veränderung im Weltwährungs- und -finanzsystem könnte eine allgemeine, sofortige Kettenreaktion in den Kollaps verhindern. Wie schnell das geht, wissen wir nicht, aber er wird weitergehen und unaufhaltsam sein. Und je länger er andauert, bevor es endet, um so schlimmer wird es.“
Wie aus dieser Vorhersage deutlich wird, die LaRouche im Alter von 84 Jahren erstellte, war er weiterhin sehr produktiv, und mehr noch. Um die Jahrhundertwende leitete LaRouche Schritte zur Rekrutierung junger Menschen ein, und diese Jugendbewegung war so erfolgreich, daß die Demokratische Partei in verschiedenen Teilen der USA versuchte, sie zu vereinnahmen. Tausende junge Leute durchliefen diesen Erziehungsprozeß. Die LaRouche-Jugendbewegung produzierte in Videoformat bahnbrechende Beiträge zur Darstellung von Johannes Keplers Werk, zum klassischen Belcantogesang für die höhere Schulbildung wie auch als Gegenmittel gegen die kulturelle Selbsterniedrigung sowie die Darstellung der amerikanischen Geschichte und auch der aktuellen Geschichte (nicht als „Zeitgeschehen“ oder bloße „News“), wie den Film 1932.
Seit seines Hervortretens als öffentliche Person vor über 50 Jahren bestand die einzige Tragödie in Lyndon LaRouches Leben darin, daß nicht zugelassen wurde, daß er als US-Präsident oder als Berater eines Präsidenten die Wirtschaftsreformen durchzusetzen konnte, die das Leben von Millionen Amerikanern und vielen hundert Millionen Menschen auf der ganzen Welt verbessert hätten.
Auch wenn Lyndon LaRouche viele Freunde auf der Welt hatte und hat, führende Köpfe in Wissenschaft, Musik, Wirtschaft und Politik, waren seine besten Freunde – abgesehen von seiner Ehefrau Helga – die vielen vergessenen Männer und Frauen in Amerika und anderen Ländern.