|
|
Wie Bloomberg ausgehend von den Bilanzen der Wall-Street-Großbanken für das 4. Quartal 2017 berichtete, haben vier Megabanken durch den Zusammenbruch der Steinhoff-Gruppe zusammen mehr als 1 Mrd.$ verloren. Der südafrikanische Konzern ist noch nicht formell bankrott, kann aber nur überleben, wenn er schneller Besitzanteile verkauft, als sein Aktienkurs sinkt. Nachschußforderungen haben eine Verkaufswelle der Aktie ausgelöst – der gleiche Mechanismus, der zum Abschmelzen der Börse 2007-08 führte.
Hintergrund sind Aktienrückkäufe auf Kredit, sog. „Margin Debt“: Ein Unternehmen kauft seine eigenen Aktien und leiht sich dazu beispielsweise die Hälfte der Kaufsumme. Die Aktien dienen dann als Sicherheit für den Kredit. Solange der Aktienkurs steigt, verfügt das Unternehmen dementsprechend über mehr Sicherheiten, kann weiter Aktien kaufen, und es schafft sich eine Aufwärtsspirale. Fällt jedoch der Aktienkurs unter die geforderten Sicherheiten, erhebt der Gläubiger Nachschußforderungen, und es wird ein Ausverkauf losgestreten. Die Gesamtverschuldung von Steinhoff soll über 20 Mrd.$ betragen.
Man könnte diesen Typ von Schulden die „tönernen Füße“ des Aktienbooms nennen. Das Verhältnis der Schulden für Aktienkäufe zum Gesamtwert aller Aktien in den USA beträgt derzeit 2,4%, der bisher höchste Anteil war 2,5% im Jahr 2007.
Seit Ende 2012 haben US-Firmen für 2,7 Bio. $ eigene Aktien zurückgekauft, gleichzeitig stieg ihre Verschuldung um 4,5 Bio.$ auf etwa 14 Bio.$. Diese Kombination aus viel höherer Verschuldung und viel weniger Eigenkapital (da durch den Aktienrückkauf entsprechend Aktienwert vom Markt genommen wird) hat eine enorme Fremdfinanzierung zur Folge. Im 3. Quartal 2017 lief dies weiter mit Rückkäufen in Höhe von 130 Mrd.$.
Ein wachsender Anteil von Unternehmen, die auf diese Weise fremdfinanziert mit ihren Aktien spekulieren, wird inzwischen als „Zombie“, als „lebende Leiche“ eingestuft, weil ihre Einnahmen nicht mehr reichen, um die Zinsen auf ihre Schulden zu bedienen. Merrill Lynch hat 2017 in einer Erhebung das Verhältnis zwischen Nettoeinnahmen und Zinszahlungen untersucht. Liegt das Verhältnis bei 1 oder darunter, ist das Unternehmen eine „lebende Leiche“: Heute sind dies 9% aller Unternehmen!
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schätzt, daß jedes zehnte Unternehmen in Europa betroffen ist, und der britische Buchhalterverband RRR schätzte im vergangenen Jahr, daß es in Großbritannien sogar 25% der Unternehmen sind. Der IWF kam in seinem Finanzstabilitäts-Bericht 2017 zu dem Schluß, daß im Falle einer Zinserhöhung 20% der US-Unternehmen „Zombies“ werden können.
Ein mittelgroßer Zombie, Carillion, ist in Großbritannien gerade pleite gegangen. Carillion ist kein Großkonzern und hat weitaus weniger Wertpapierschulden als Steinhoff, weniger als 2 Mrd.$ an Anleihen. Aber als relativ großes, international tätiges Bauunternehmen sitzt es auf Milliarden an kurzfristigen Krediten sowie vielen Gemeinschaftsvorhaben (mit gemeinsamer Kreditaufnahme) mit anderen Baufirmen, die nun unter Druck stehen.
Die Zahlen zu Chinas Wirtschaftswachstum im Jahr 2017 – im Jahresvergleich 6,9% – waren für alle westlichen „Experten“, die eine Krise von Chinas Wirtschaft vorhergesagt hatten, eine große Überraschung. Der Erfolg übertraf sogar die Erwartungen chinesischer Analysten. Mehrere Faktoren trugen dazu bei: Als die Wirtschaftskrise im Westen befürchten ließ, daß China sein zweistelliges Wachstum aus dem vorangegangenen Jahrzehnt nicht aufrechterhalten würde, änderte die Regierung den Kurs und setzte zunehmend auf den Binnenkonsum als Wachstumsmotor. Auch der Übergang von Billiglohn-Industrieproduktion zu höherwertiger Produktion mit Schwerpunkt auf Innovation trug zum starken Wachstum der Produktionszahlen bei. Der reale Wertzuwachs der Industrieunternehmen lag bei 6,6%. Im Hochtechnologie- und Ausrüstungsbereich waren es sogar 13,4% bzw. 11,3%, während Bergbau und Stahlerzeugung rückläufig waren.
China weitet auch seinen Dienstleistungssektor aus, insbesondere im Gesundheitswesen und in der Altenpflege, was beträchtlich zu den Wachstumszahlen beitrug – der Index der Dienstleistungsproduktion stieg um 8,2%. Hinzu kommt ein geringer Zuwachs der Exporte im Vergleich zu 2016.
Die Staatsführung setzt weiterhin auf umfangreiche öffentliche Investitionen, diese sollen jedoch gezielter in den Aufbau der Realwirtschaft und in die Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) fließen. Parallel dazu hat die Regierung aus Sorge über die Risiken im Finanzsektor eine strengere Regulierung der Branche zur Priorität gemacht. Dies stand auch im Mittelpunkt der Zentralen Ökonomischen Arbeitskonferenz am Jahresende, wo Präsident Xi Jinping zu Wachsamkeit in Bezug auf Risiken für das Finanzsystem mahnte.
Die Konferenz war sich einig darin, daß die „proaktive Orientierung der Haushaltspolitik beibehalten wird, die Struktur der Haushaltsausgaben jedoch optimiert werden sollte“. In den kommenden drei Jahren möchte das Land einen „positiven Kreislauf zwischen Finanzen und Realwirtschaft“ fördern. Wie ein Kommentator anmerkte, gibt es in China keine Debatte über „virtuelle Wirtschaft“ (d.h. Spekulation à la Wall Street) contra Realwirtschaft, „weil in China die Realwirtschaft im Mittelpunkt steht und die Finanzen nebensächlich sind“. Die Aufsichtsbehörden werden die Risiken von Schattenbanken und marktübergreifenden Finanzprodukte weiter eindämmen, indem sie Verstöße in Interbankgeschäft, Vermögensverwaltung und außerbilanzlichem Geschäft systematisch ahnden. Auch die Aufsicht über die Unternehmensführung von Geschäftsbanken wird intensiviert, um zu verhindern, daß Großaktionäre bevorzugt werden oder einzelne Aktionäre einen zu großen Anteil an einer Bank erwerben.