Nr. 45, 8. November 2018
Firmenübernahmen: Briten kaufen mehr deutsche Firmen als Chinesen
Der Spruch „China kauft den deutschen Mittelstand auf” dient der
Bundesregierung als Begründung für angeblich dringende Abwehrmaßnahmen wie die
geplante Senkung der Alarmschwelle für staatliches Eingreifen von derzeit 25
Prozent Aktienbesitz auf 10 oder sogar nur 5 Prozent. Interessanterweise kommt
ausgerechnet die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in
einer gerade kürzlich veröffentlichten Studie zu diesem Thema zu einem
überraschenden Resultat: im Zeitraum 2005-2017 wurden nur 2,2% aller
Firmenübernahmen durch Chinesen getätigt, während Übernahmen durch Engländer
5%, also mehr als doppelt so viele, betrugen, durch Amerikaner sogar 8,3%.
Zwar lagen chinesische Übernahmen im Jahr 2016 mit 5,9% über dem
Durchschnittswert, im Jahr 2017 aber sanken sie wieder auf 4,2%. Allerdings
ist China mit 14% überdurchschnittlich bei Übernahmen von ansonsten
insolventen Firmen, für die sich keine Investoren aus anderen Ländern
interessierten, vertreten – der Fall „Kuka” ist hier der prominenteste. Hätte
China die Firma nicht übernommen, wären Kuka und viele andere Firmen mitsamt
ihren in der Regel hochqualifizierten Arbeitskräften längst von der Bildfläche
verschwunden.
Übrigens werden die allermeisten Übernahmen deutscher Firmen von Deutschen
selbst getätigt: im Zeitraum 2005-2017 waren es 58%, selbst im Jahr 2017, als
die anti-chinesische Hysterie geschürt wurde, lagen sie noch bei 51%. Ein
Viertel aller Übernahmen deutscher Firmen geschah im Vergleichszeitraum durch
Investoren aus dem europäischen Ausland. Nebenbei fällt auf, daß
Investmentgesellschaften und Heuschreckenfonds wie Cerberus und Blackrock in
England und in den Vereinigten Staaten bei Übernahmen dominieren – das aber
scheint für die Bundesregierung überhaupt kein Thema zu sein, da wird keine
Alarmglocke geläutet. Statt dessen soll die KfW als Aufkäufer
eingreifen, wenn Chinesen mehr als 5-10% Anteile eines deutschen Unternehmens
erwerben wollen.
eir