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Neue Solidarität
Nr. 31, 2. August 2018

Eine Rolle für Europa in der Belt & Road Initiative

Von Wang Hao

Wang Hao ist 1. Sekretär für Wirtschaft und Handel an der Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Bad Sodener Konferenz des Schiller-Instituts hielt er am 30. Juni den folgenden Vortrag, der für den Abdruck aus dem Englischen übersetzt wurde.

Guten Tag allerseits! Es ist mir eine große Ehre, eingeladen zu sein, heute an Ihrer Konferenz teilzunehmen. Zunächst einmal möchte ich dem Schiller-Institut meinen herzlichen Dank dafür aussprechen, daß es viel Mühe und Leidenschaft aufgewandt hat, um diese Konferenz zu organisieren.

Mein Thema lautet „Eine Rolle für Europa in der Belt & Road Initiative“. Das ist ein Thema, das mir von den Organisatoren vorgegeben wurde. Ich fand das Thema schwierig, aber sinnvoll. Schwierig, weil es mir als Diplomat schwer fällt, Europa zu sagen, wie es sich an der Belt & Road Initiative beteiligen soll. Aber auf der anderen Seite ist es sinnvoll, daß die Europäische Union als der größte Handelspartner Chinas sich an dieser Initiative beteiligen sollte.

Auch Europas Unternehmer haben ihr Interesse gezeigt. Ich möchte daher gerne mit Ihnen über dieses Thema diskutieren.

Warum die Belt & Road Initiative?

Zunächst einmal möchte ich Ihnen mitteilen, warum China die Belt & Road Initiative vorgeschlagen hat. Der Geist der Seidenstraße bestand darin, die Völker miteinander zu verbinden. Auch im Zeitalter der Globalisierung hat dieser Geist noch seine Bedeutung. Eine der Voraussetzungen für die Verbindung zwischen den Völkern ist Infrastruktur, wie etwa Straßen und Eisenbahnen. China hat von den Imperialisten gelernt, wie wichtig Verkehrsnetze für die Entwicklung der Wirtschaft sind.

Ich möchte Ihnen etwas über meine eigene Geschichte sagen. Als ich noch ein Kind war, fuhr ich oft zu meinen Großeltern, die in der Provinzhauptstadt lebten, die weniger als 200 km entfernt war. Aber wegen des schlechten Zustands der Straßen damals dauerte die Reise fast einen ganzen Tag. Dadurch ging nicht nur viel Zeit verloren, es zeigte sich auch in der Ineffizienz der Wirtschaft. Heute sind die beiden Städte durch eine Autobahn miteinander verbunden, wie die meisten chinesischen Städte, und die Reise dauert keine zwei Stunden. Wir Chinesen haben ein Sprichwort: „Um reich zu werden, mußt du als erstes eine Straße bauen.“

Heute ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, und der Aufbau eines modernen Infrastrukturnetzes hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet. Derzeit hat China 136.000 km Autobahnen und 25.000 km Hochgeschwindigkeitsbahnen, das sind zwei Drittel aller Strecken weltweit. Sieben der zehn größten Seehäfen der Welt liegen in China. Sowohl der Personen- als auch der Güterverkehr der Eisenbahnen entwickelt sich in China sehr schnell. All das hat das Leben der Menschen verändert, und es hat ein solides Fundament für die schnelle Entwicklung der chinesischen Wirtschaft gelegt.

Im Zeitalter der Globalisierung gibt es immer noch viele Orte auf der Welt, die unterentwickelt sind und wo grundlegende Infrastruktur fehlt. Der Bedarf dieser Gebiete ist enorm. Nach Einschätzung der Asiatischen Entwicklungsbank muß Asien allein von 2017 bis 2030 jedes Jahr eine Billion Dollar in die Infrastruktur investieren, um sein Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten.

Wie Sie vielleicht wissen, gehört die Schaffung von Einrichtungen zur Vernetzung zu den fünf Prioritäten der Belt & Road Initiative. Mit Einrichtungen sind hier nicht nur Verkehrsanlagen gemeint, sondern auch Öl- und Gaspipelines, Elektrizitätsnetze und der Bau von grenzüberschreitenden Kabeln. Das Ziel ist es, die Eisenbahn- und Straßenverbindungen auszubauen und die Verkehrsengpässe zu beseitigen, um den internationalen Verkehr und Handel zu erleichtern, und die Häfen, Öl- und Gaspipelines, Leitungs- und Kabelnetze in Asien zu verbessern.

Wir glauben, daß eine gute Verkehrsinfrastruktur die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung darstellt. Das ist einer der Gründe, warum China die Belt & Road Initiative vorgeschlagen hat.

Ich möchte hier betonen, daß die Belt & Road Initiative keine Strategie ist, sondern eine Initiative. Jede Nation kann sich daran beteiligen und Nutzen daraus ziehen. Die Belt & Road Initiative ist ein öffentliches Gut, das China der Welt anbietet: Sie ist ein Schnellzug zur Prosperität, der bereit ist, jeden mitzunehmen. Sie ist auch ein massives, langfristiges Projekt und dient nicht nur dem kurzfristigen Profit.

Europa profitiert schon jetzt

China ist ein Land mit begrenzten Ressourcen und Kapazitäten, es ist auf die aktive Teilnahme anderer Partner, darunter Deutschland und Europa, angewiesen.

Wie kann Europa einen Beitrag leisten und davon profitieren?

19 europäische Länder, darunter Deutschland, Großbritannien und Frankreich, sind schon Mitglieder der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die solide finanzielle Unterstützung für die Seidenstraßen-Initiative liefert. Deutschland ist als größter Partner außerhalb der Region in der AIIB vertreten. Die Deutsche Bank gehörte zu der ersten Gruppe von Anbietern finanzieller Dienstleistungen für die Seidenstraßen-Initiative, die nicht aus der Region kommen.

An Projekten im Rahmen der Belt & Road Initiative beteiligen sich auch europäische Unternehmen mit ihrer Technologie, Kapital, Produkten und Knowhow. Ich möchte betonen, daß europäische Unternehmen selbst Initiativen ergreifen sollten, um sich an Belt & Road zu beteiligen, und nicht darauf warten sollten, daß das Projekt zu ihnen kommt. Sie sollten ihre Chancen suchen. In dieser Hinsicht können die europäischen Handelskammern in den Ländern entlang der Routen eine wichtige Rolle spielen.

Meine Damen und Herren, von der Kooperation an Gürtel und Straße werden sowohl China als auch Europa wirtschaftlich profitieren, und die Staaten an den Routen erhalten Verbesserungen der wirtschaftlichen Entwicklung und Lebensbedingungen, was weitere neue Gelegenheiten für Geschäfte schaffen und die innere und äußere Sicherheit Europas verbessern wird.

Es gibt bereits einige sichtbare Errungenschaften, etwa, daß 2017 mehr als 3000 Schnellzüge zwischen China und Europa gefahren sind – 48 davon zwischen China und Deutschland. Der Schnellzug wurde zum Symbol für die Initiative in Europa. Duisburg und Hamburg sind zwei wichtige Destinationen in Europa und haben viel davon profitiert. Auch andere Städte, wie Mannheim, Rostock und Bremen, haben großes Interesse am Betrieb der Schnellzüge gezeigt. Wir ermutigen weitere europäische Länder, Schnellzüge zum Transport ihrer Güter nach China und in andere asiatische Länder zu nutzen und so Zeit zu sparen und die Kosten zu senken.

Doch last but not least hoffe ich sehr, daß Europa und China sich dem Zug der Zeit anschließen, eine offene Win-Win-Kooperation eingehen, Reformen und Innovationen annehmen und die historische Gelegenheit der Belt & Road Initiative wahrnehmen werden.

Ich bitte um Entschuldigung, daß ich vorzeitig abreisen muß und mich nicht an der Podiumsdiskussion beteiligen kann, obwohl ich das gerne tun würde, aber mein Kollege und ich müssen unseren Zug zurück nach Berlin erreichen, denn unser Premierminister wird kommende Woche Deutschland besuchen. Es wartet also viel Arbeit auf uns.

Ich wünsche dieser Konferenz viel Erfolg und wünsche Ihnen allen einen guten Tag.

Vielen Dank.