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Neue Solidarität
Nr. 28, 12. Juli 2018

Das Furtwängler-Prinzip in Aktion

Den Abschluß des ersten Tages der Konferenz des Schiller-Instituts am 30. Juni bildete ein klassisches Konzert, ein musikalischer Dialog der Kulturen. Der Dirigent und Kontrabassist Jochen Heibertshausen, der viele Jahre lang die Dirigiermethode Wilhelm Furtwänglers studiert hat (und darüber am zweiten Konferenztag berichtete), leitete bei diesem Konzert ein 13köpfiges Streichorchester, außerdem traten die Sopranistinnen Leena Malkki aus Schweden und Ekaterina Mamyschewa aus Rußland, der Bariton Frank Mathis aus den USA sowie der Erhu-Spieler Lu Jianguo aus China auf. Konzertmeister war Gian Marco Sanna aus Italien, der sich mit einem Geminiani-Orchesterprojekt für die Verdi-Stimmung (c’= 256 Hz) einsetzt, in der auch dieses Konzert aufgeführt wurde.

Das Programm begann mit Johann Sebastian Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 3. Vom ersten Taktschlag an konnte man sehen, daß Heibertshausen nicht nur deshalb ein „Furtwängler-Dirigent“ genannt wird, weil er viel über Furtwängler weiß, sondern, weil seine Bewegungen beim Dirigat tatsächlich sehr an Furtwängler erinnern. Der so geschaffene Klang war überwältigend – schwer, intensiv und lebendig, im Unterschied zu dem „schwachen Tee“, den man sonst meist von Barockorchestern zu hören bekommt. Während der Proben zeigte Heibertshausen den Musikern, wie sie den Klang durch ihr Spielen gestalten können, was für die meist jungen Musiker eine große Herausforderung war.

Auf das Brandenburgische Konzert folgte die Air aus Bachs 3. Orchestersuite. Die an eine Brise der Schönheit erinnernde, ruhige und feierliche Aufführung wurde dem Titel des Stücks gerecht. Es folgte ein weiteres berühmtes Stück von Bach, die „Badinerie“, die den Bach-Teil des Programms abschloß.

Dann trat die russische Sopranistin auf die Bühne, um „Lascia la spina“ aus Händels Oper Rinaldo wunderschön vorzutragen.

Der nächste Programmpunkt war Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“, die ebenso wie zuvor das Brandenburgische Konzert mit viel Schwung gespielt wurde.

Es folgten zwei chinesische Stücke, vorgetragen auf der Erhu – der chinesischen Geige – von Lu Jianguo: zunächst das Volkslied „Jasminblüte“, und dann das von Lu selbst komponierte „Sommerfest“, beide arrangiert von Benjamin Lylloff. Die Erhu und die Streicher des Orchesters paßten wunderbar zueinander und schufen die Atmosphäre der Neuen Seidenstraße.

Von einem kaum bekannten Stück von Franz Schubert – „Salva Regina“ für Sopran und Streichorchester – war das Publikum besonders begeistert. Der Vortrag von Leena Malkki war eine wahrhaftige und ergreifende Wiedergabe dieses katholischen Gebets.

Ekaterina Mamyschewa sang dann ein Stück von Borodin aus der Oper Fürst Igor, gefolgt von Frank Mathis, der die Arie „Di provenza il mar“ des Germont aus Giuseppe Verdis Oper La Traviata vortrug. Verdi wäre stolz gewesen – nicht nur, weil es in der Verdi-Stimmung gesungen wurde.

Als nächstes sangen Leena Malkki und der Chor des Schiller-Instituts ein weiteres Gebet – „Casta Diva“ aus Bellinis Oper Norma –; ein Vorgeschmack auf eine Inszenierung dieser Oper, die mit Sannas Orchester und unter Heibertshausens Leitung im Juli und August in Schweden und Dänemark in der Verdi-Stimmung auf die Bühne gebracht wird.

Schließlich präsentierten Mamyschewa und Mathis das Duett „Pa pa pa pa“ aus Mozarts Zauberflöte, bevor der Chor, das Orchester und die Solisten als Finale des Konzerts das „Godiam la pace“ aus Mozarts Oper Idomeneo aufführten, eine Hymne an die Freude des Friedens und den Triumph der Liebe. Das Publikum war begeistert, nicht nur über die Musik, sondern auch über das Potential für eine Revolution in der Interpretation klassischer Musik, wenn man richtig an sie herangeht.

Benjamin Lylloff