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Kasai McGee berichtet über das inspirierende Kulturfest des Schiller-Instituts „Dialog der Kulturen entlang der Neuen Seidenstraße“ am 21. April in Dresden.
Alexander S. Puschkin, 1836
Ein Denkmal baut ich mir, wie Hände keins erheben,
Des Volkes Pfad zu ihm wächst niemals zu; es wagt
Unbänd'gen Hauptes höher himmelan zu streben,
Als Alexanders Säule ragt.
Nein, ganz vergeh ich nicht – im heil'gen Klang der Saiten
Lebt unverweslich, wenn der Leib zerfiel, mein Geist -
Lebendig werd ich sein, solang auf Erdenbreiten
Man einen einzigen Dichter preist.
So weit sich Rußland dehnt, kennt jeder meine Muse,
Es nennt mich jedes Volk, das unser Reich umspannt:
Der Slawen stolzer Sproß, der Finne, der Tunguse
Und der Kalmück am Steppenrand.
Und lang wird liebend mich das Volk im Herzen tragen,
Weil Edles ich erweckt mit meiner Leier Klang,
Weil ich die Freiheit pries in unsern strengen Tagen
Und Nachsicht mit den Opfern sang.
Dem Gott gehorsam, Muse, bleib auf deinen Pfaden,
Gleichmütig, ob man gut, ob bös man von dir spricht;
Verlange keinen Kranz und scheue keinen Schaden
Und wider Dummheit streite nicht.
(Übers. Hiller von Gaertringen, 1934)
Dauerhafter Frieden, Stabilität und gemeinsames Wohlergehen sollten natürlich im Mittelpunkt internationaler Beziehungen stehen. Dies beginnt aber nicht am Verhandlungstisch der Politiker, sondern in unser aller Herzen – und was könnte die Seelen und Herzen unserer Völker nicht besser verbünden als die Idee der Wahrheit, Freiheit und Schönheit? Die schöne Kunst hat nach Lessing und Schiller die höchste Aufgabe, den Menschen zu rühren. Mit Musik und Poesie aus verschiedenen Ländern und Kulturen sowie Redebeiträgen wurde am 21. April in Dresden vor knapp hundert Gästen ein Zeichen des Optimismus gesetzt.
Zu Beginn wurde die Grußbotschaft des chinesischen Botschafters Shi verlesen, worin er u.a. die historische Bedeutung der Seidenstraße nicht nur für den Warenhandel, sondern als Korridor der Kommunikation zwischen den verschiedenen Kulturen der Welt hervorhob (den Text der Grußbotschaft finden Sie in dieser Ausgabe).
Die Veranstaltung hätte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können. Das Ausmaß der gefährlichen Eskalationsspirale der letzten Wochen wurde von der Gründerin und Präsidentin des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche aufgegriffen und dem Projekt der Neuen Seidenstraße gegenübergestellt, welches das größte Infrastrukturprojekt der Welt darstelle und mittlerweile in 140 Nationen der Welt den Weg zu Optimismus und Wirtschaftswachstum bereite. Die Neue Seidenstraße setze insbesondere in Verbindung mit einem Dialog der Kulturen eine Vision für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit ganz konkret auf die Tagesordnung.
Das Besondere an der Beschäftigung mit Hochphasen der Kulturen sei, daß interessante Gemeinsamkeiten gefunden werden: ein optimistisches Menschenbild, die Rolle des Menschen im Universum und das Verständnis, daß es einen Zusammenhang gibt zwischen den menschlichen Fähigkeiten, der Harmonie unter den Staaten und den Gesetzen des Kosmos. „Die Dichter und Denker, Philosophen und Künstler, die ihr Lebenswerk der Veredlung der Menschheit gewidmet haben, haben alle ähnlich gedacht: Konfuzius, Platon, Mendelssohn, Menzius, Nikolaus von Kues, Leibniz, Schiller, Tagore, um nur einige zu nennen.“ Als typisches Beispiel führte sie Konfuzius’ Menschenbild aus und hob dessen Ähnlichkeit mit dem Menschenbild von Schiller hervor: Der Mensch ist von Natur aus gut, alles Schlechte ist nur ein Mangel an Entwicklung.
Es folgte ein farbenfroher Blumenstrauß traditioneller chinesischer Musik von den Künstlern Christina Ravn (chinesische Zither Guqin), ihrer kleinen Schwester Anna (Sopran) und Hui Liu, der zuletzt mit verschiedenen traditionellen chinesischen Musikinstrumenten das Publikum auf die Probe stellte, indem er Melodien aus verschiedenen Ländern entlang der Neuen Seidenstraße spielte und nach der jeweiligen Herkunft fragte – zum großen Vergnügen von Seiten des Publikums, auch wenn nicht jedes Land richtig erraten wurde.
Benjamin Lylloff und der Chor des Schiller-Instituts führten das russische Volkslied „Odnozvuchno Gremit Kolokolchik“ (Das einsame Glöckchen) und eine von ihm arrangierte Version der südafrikanischen Nationalhymne „Nkosi sikelel’iAfrika“ auf.
Entgegen der weit verbreiteten Meinung bewies Portia Tarumbwa-Strid in ihrem Redebeitrag anhand der Manuskripte von Timbuktu, daß Afrika eine sehr interessante Geschichte besitzt. Diese Manuskripte enthalten zahlreiche Dokumente, die sich mit Medizin, Astronomie, Philosophie u.a. beschäftigen und bis zum 10. Jahrhundert zurückreichen. Afrika trägt dieses Erbe in sich und – wie man an der Dynamik der Neuen Seidenstraße in Afrika ersehen kann – auch das Potential, an dieses Goldene Zeitalter als Handels- und Kulturzentrum von einst anzuknüpfen.
Im folgenden wechselte der Vortrag von Volksliedern und klassischer Lieder mit Poesie: von dänischen, albanischen, deutschen und russischen Liedern über die Lesung der Ringparabel aus Nathan der Weise bis hin zur Rezitation des Gedichtes „Exegi monumentum“ von Alexander Puschkin.
Das Kulturprogramm wurde beendet mit dem eindrucksvollen Chorstück von Felix Mendelssohn Bartholdy „Verleih uns Frieden“.
Diese letzte Bitte geht von uns allen aus, und doch hängt es von uns allen selbst ab, ob dieser historische Moment in der Geschichte für die Etablierung einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung genutzt wird – um es in Schillers Worten zu sagen: ob der freigebige Augenblick ein empfängliches Geschlecht finde.
Kasia McGee