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Der China-Pakistan-Wirtschaftskorridor ist eines der ehrgeizigsten Elemente der Gürtel- und Straßen-Initiative. Zusätzlich zu dem Hauptverkehrskorridor, der sich von Kashgar im westlichsten Teil der chinesischen Region Xinjiang durch die Berge Nordostpakistans bis ganz in den Süden zum Hafen Gwadar am Indischen Ozean erstreckt, liefert China Pakistans Wirtschaft auch neue Energiequellen. Eine davon ist das große Wasserkraftprojekt Karot nahe der Hauptstadt Islamabad.
Am Bau dieses Projekts sind 18.000 Pakistaner beschäftigt, unterstützt von den Meistern in diesem Bereich, dem chinesischen Drei-Schluchten-Konzern (Three Gorges Corporation), genauer gesagt, eine Tochtergesellschaft davon, China Three Gorges South Asia Investment. Sie verdienten sich ihre Lorbeeren in den 90er Jahren beim Bau des gewaltigen Drei-Schluchten-Damms in China. Auch 460 Chinesen sind mit dem Projekt beschäftigt, ihre Aufgabe besteht vor allem in der Ausbildung der pakistanischen Arbeiter. Noch vor dem Ende des Baus werden wahrscheinlich schon bis zu 3500 Arbeiter in den Kraftwerken beschäftigt sein, davon 85% aus Pakistan. Die erste Einheit wird 2021 ans Netz gehen.
Nach der Fertigstellung soll das 720-MW-Kraftwerk 3,2 Mrd. KW Strom in der Stunde erzeugen. Das ist das Äquivalent von 1,5 Mio. Tonnen Steinkohle in einem Jahr. Pakistan leidet seit langem unter Stromausfällen, selbst in der Hauptstadt Islamabad sind sie nichts Ungewöhnliches. Im Sommer kann ein solcher Ausfall sich bis zu 12 Stunden an einem Tag hinziehen. Das Kraftwerk Karot ist das erste, das über den Seidenstraßenfonds finanziert wird, den Chinas Präsident Xi im Dezember 2014 zur Erleichterung der Finanzierung von Projekten entlang Gürtel und Straße angekündigt hatte.
Der Damm wird in der Nähe der Dörfer Karot in Punjab und Hollar in Azad Jammu und Kaschmir etwa 55 km südöstlich von Islamabad liegen. Er wird 95,5 m hoch und über den Fluß Jhelum hinweg 460 m breit sein. Das Wasserkraftprojekt wird beim Höchststand eine Speicherkapazität von 164,5 Mio. m3 Wasser haben und soll etwa 2 Mrd.$ kosten. Der Stausee wird sich oberhalb des Damms in einer Höhe von 461 m über dem Meeresspiegel etwa 27 km stromaufwärts erstrecken. Das oberirdische Kraftwerk, das aus vier Turbinen besteht, wird etwa 650 m stromabwärts der Dammkrone und 300 m stromaufwärts der Karot-Brücke liegen.
Zu dem Projekt gehören außerdem vier 316 m lange Stollen, ein Überlauf, drei 447 m lange Ableitungsstollen sowie Kofferdämme stromaufwärts und -abwärts des Hauptdamms. Das Kraftwerk wird über eine 5 km lange 500 kV-Leitung mit dem nationalen Stromnetz verbunden. Es wird sechs Monate im Jahr Strom erzeugen.
Die Karot Power Company, deren Hauptaktionär der Drei-Schluchten-Konzern ist, wird den Damm 30 Jahre lang betreiben, anschließend geht er in den Besitz des pakistanischen Staates über.
Die Islamische Entwicklungsbank (IDB) mit Sitz im saudischen Dschidda ist mit 57 muslimischen Nationen als Aktionären die größte Institution für Entwicklungsfinanzierung in der islamischen Welt. Allerdings stammt der Löwenanteil der 150 Mrd.$ Kapital nur von Saudi-Arabien (26%, Stand 2015) und 7-8 weiteren Ölstaaten am Persischen Golf und in Afrika. Die IDB verlangt, dem islamischen Recht folgend, keine Kreditzinsen, sondern erhält von den Besitzern islamischer Anleihen (Sukuk) Dividenden aus den finanzierten Projekten. Sie konzentriert sich allerdings ähnlich wie die Weltbank auf kleine, über drei Kontinente verteilte Projekte, die auf die Volkswirtschaften wenig Auswirkung haben.
Und da sie sich über die Sukuk finanziert, erwarten die Aktionäre Gewinne aus den Projekten. Weil aber die Infrastruktur – der Hauptbereich der IDB-Kreditvergabe – selten direkt Gewinn abwirft, sondern indirekt die Gesamtproduktivität der Volkswirtschaft steigert, sind immer mehr Projekte Öffentlich-Private Partnerschaften, die auf Profite aus Nutzungsgebühren zielen und so arme Länder zusätzlich belasten. Beispielsweise vergab die IDB 2016 einen Kredit über 100 Mio.$ für die Hochgeschwindigkeitsbahn Tanger-Casablanca in Marokko, welcher nicht einmal ein Zehntel der Kosten deckt, während das Projekt ohnehin unter hohen Belastungen durch mehr als 1,8 Mrd.$ kommerzielle Kredite französischer und marokkanischer Banken leidet. Um nach der Fertigstellung der Bahn die Kredite zurückzahlen zu können, werden die Fahrpreise extrem teuer sein.
Das Neue Paradigma mit Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative als Speerspitze beruht hingegen nicht auf gewinnorientierten Geldanlagen, sondern auf der Vergabe nationaler und internationaler Kredite für Entwicklung. In der Ära des Neuen Paradigmas, wie es das Schiller-Institut in seinem Bericht über die Ausweitung der Neuen Seidenstraße auf Westasien und Afrika vorschlägt, kann die IDB eine nützliche Kreditinstitution sein, die nationale Entwicklungsbanken unterstützt, indem sie Anleihen von ihnen kauft oder ihnen gestattet, von der IDB garantierte Anleihen für Infrastruktur-Großprojekte auszugeben.
Eine neue Vereinbarung mit der von China initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ist ein positiver Schritt in diese Richtung. IDB-Präsident Bandar Hadschar sagte der Financial Times, seine Bank werde zukünftig viele Projekte mit der AIIB in Afrika mitfinanzieren. „Afrika braucht etwa 150 Mrd.$ jährlich, um Infrastruktur zu finanzieren, und es gibt etwa 650 Millionen Menschen in Afrika ohne Stromanschluß.“
Die IDB hat bereits 3,1 Mrd.$ für afrikanische Länder südlich der Sahara genehmigt. Allerdings muß sich, wie wir oben erläuterten, sowohl die Methode der gemeinnützigen Kreditschöpfung als auch die Größenordnung ändern. Allein die Staatsfonds der Golfstaaten verfügen über mehr als 2 Bio.$ Reserven, die sie überwiegend in westlichen Banken und Finanzinstituten angelegt haben.