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Alexander Hartmann, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der Bürgerrechtsbewegung Solidarität bei der kommenden Landtagswahl in Hessen, umreißt im folgenden Aufsatz aus seiner Sicht, wie sich Hessen für die kommenden 50 Jahre aufstellen muß.
Wenn man den Vertretern der etablierten Parteien glauben soll, dann ist die Finanzkrise weitgehend überwunden und unsere Wirtschaft befindet sich in einem Aufschwung, die Arbeitslosigkeit sinkt. Dennoch sind noch immer rund 900.000 der etwa 6,2 Millionen Menschen, die in Hessen leben – also ein Siebtel der Bevölkerung –, von Armut bedroht, aber in Berlin und Wiesbaden tut man so, als sei das kein Beleg für das Scheitern der Wirtschaftspolitik; man müsse lediglich etwas mehr umverteilen, um die Kinderarmut und Altersarmut zu lindern, und ansonsten sei alles in Ordnung. Die Armut als solche wird jedoch durch solche Umverteilungsmechanismen nicht beseitigt, sondern nur verwaltet, die eigentlichen Ursachen werden nicht bekämpft.
Wie jeder erfahrene Konkursverwalter weiß, liegen die Ursachen für das Scheitern eines Unternehmens in der Regel gerade in jenen Bereichen, in denen die Geschäftsleitung überzeugt ist, „alles richtig zu machen“. Und so liegt auch die Ursache der Krise unseres Landes in eben jenen Grunddogmen der Politik, die von niemandem in Frage gestellt werden. Bei genauerer Betrachtung wird man feststellen, daß die Ursache der Armut zum großen Teil in einer Politik liegt, die den Ausstieg aus der Industriegesellschaft als unvermeidbares Schicksal akzeptiert oder sogar als Fortschritt betrachtet und nach Kräften fördert.
Ein Beispiel hierfür ist die verrückte sog. „Energiewende“, bei der ohne Not effiziente, billige und saubere Technologien wie die Kernenergie durch ineffiziente, teure und umweltschädliche Technologien ersetzt werden, deren Leistungsfähigkeit für eine moderne Industrie schlicht und einfach nicht ausreicht. Statt auf den Einsatz energieintensiver, produktiver Technologien im eigenen Land setzt man auf billige Zulieferer aus anderen Ländern und versucht, die Zukäufe über Dienstleistungen und Finanzspekulationen zu finanzieren.
Aber eine nachindustrielle Dienstleistungsgesellschaft ist eben nur eine „Zwei-Drittel-Gesellschaft“, in der ein Drittel der Bevölkerung von vornherein abgeschrieben wird, weil es für ihre Arbeitskraft vermeintlich keinen Bedarf gibt. Sie werden in Billiglohnbereiche oder in prekäre Minijobs abgeschoben, mit denen man weder Familien noch Renten finanzieren kann. Und da liegt die eigentliche Ursache der Armut.
Dort liegt auch die Ursache für die schlechten Wahlergebnisse der ehemaligen Volksparteien. Wer ein Drittel der Bevölkerung oder mehr einfach abgeschrieben hat, der kann wohl kaum für sich beanspruchen, daß er eine Politik für das Volk macht – und ohne das Volk sind die früheren Volksparteien eben nur Parteien, die die Interessen mehr oder weniger kleiner Interessengruppen vertreten, die mit- und gegeneinander um Sitze in den Parlamenten und den Einfluß auf die Regierungspolitik ringen. Da dürfen sie sich nicht beschweren, wenn sich die Bevölkerung von ihnen ab- und Protestparteien zuwendet oder ganz fern bleibt von den Wahlurnen.
Tatsächlich muß man feststellen, daß Parteien, die ein Drittel der Bevölkerung von vornherein abschreiben, offensichtlich gegen ihre Pflicht verstoßen, ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren, Schaden von ihm zu wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes zu wahren und zu verteidigen, ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben“, wie es im Amtseid des Bundeskanzlers heißt.
Will man aber die Ursachen der Armut bekämpfen, dann braucht man eine Strategie, um Vollbeschäftigung in gut bezahlten Arbeitsplätzen zu erreichen – so, wie China eine gezielte Strategie der Industrialisierung des Landes verfolgt, mit der es in den letzten Jahrzehnten rund 800 Millionen Menschen aus der Armut herausgeführt hat. Bis 2020 soll dies auch für die letzten 30 Millionen Armen in China erreicht sein – ein durchaus realistisches Ziel. Bis 2035 sollen alle Chinesen einen moderaten Wohlstand erreicht haben, und bis 2050 sollen die Menschen in China Demokratie, Menschenrechte, entwickelte Kultur und ein glückliches Leben haben. Aber eben nicht nur die Chinesen, sondern alle Völker auf diesem Planeten.
Und auch für Deutschland und Hessen ist es durchaus ein realistisches Ziel, die Armut bis 2020 oder wenigstens innerhalb der nächsten Legislaturperiode ganz zu beheben – es ist weltweit genug zu tun, um allen Menschen gut bezahlte Arbeit zu verschaffen. Entscheidend dafür ist es, die Wertschöpfung im eigenen Land deutlich zu steigern, sprich, unser Land wieder zu industrialisieren. Aber das muß man wollen und sich nicht von menschenfeindlichen wirtschaftlichen oder ökologischen Dogmen daran hindern lassen.
Es ist kennzeichnend für den Geisteszustand der Berliner Koalitionsparteien, daß sich in dem nach monatelangen Verhandlungen ausgehandelten Koalitionsvertrag lediglich ein einziger Satz mit Chinas Initiative der Neuen Seidenstraße befaßt – und auch dieser so formuliert ist, daß man damit offenbar mehr darauf abzielt, Chinas wachsenden Einfluß einzudämmen und abzuwehren, als darauf, daß sich Deutschland an diesem globalen Wirtschaftswunder beteiligen und von seiner Lokomotivwirkung profitieren kann. China wird nicht als potentieller Partner beim Aufbau wahrgenommen, sondern nur als unerwünschter Konkurrent. Und man scheint es China geradezu zu verübeln, wenn chinesische Firmen mit ihren Investitionen deutsche Unternehmen, die aufgrund der nachindustriellen Ausrichtung der deutschen Politik in Schwierigkeiten geraten sind, vor der drohenden Insolvenz retten, um ihre produktiven Kapazitäten und Fertigkeiten zu erhalten.
Tatsächlich ist Chinas Wirtschaftsgürtel-Initiative schon jetzt, knapp fünf Jahre nach ihrem Start im Herbst 2013, das größte Investitions- und Entwicklungsprogramm der Weltgeschichte; es wurden bereits Investitionen im Umfang von rund 1000 Milliarden Dollar angeschoben, davon etwa ein Drittel in China, der Rest im übrigen Asien, in Afrika, in Lateinamerika und sogar in Osteuropa, was dort einen deutlichen Aufschwung ausgelöst hat, dessen Ausstrahlung sich auch auf die deutsche Wirtschaft positiv auswirkt – trotz der bremsenden Wirkung der Politik der „Schwarzen Null“. Man darf getrost davon ausgehen, daß Chinas Präsident Xi Jinping in den letzten fünf Jahren mehr für die deutsche Wirtschaft getan hat als unser Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Umgekehrt zeigt die Erfahrung mit den chinesischen Infrastrukturinvestitionen in Zentralasien, Afrika und Osteuropa, daß es für Deutschland von großem Vorteil wäre, sich für solche Investitionen auch in unserem Land zu öffnen. Da die Politik der Bankenrettungen und der De-Industrialisierung einen gewaltigen Investitionsstau herbeigeführt hat, sollte man die Ersatzinvestitionen auch gleich dazu nutzen, den Sprung auf höhere Technologieniveaus zu vollziehen. Dazu sind gewaltige Investitionen notwendig, und China ist eines der Länder, die bereit und in der Lage sind, in erheblichem Maße in solche Projekte zu investieren.
Um so unsinniger ist die ablehnende Haltung, die die deutsche Politik gegenüber China und seiner Seidenstraßen-Initiative einnimmt. Wenn dies nicht geändert wird, wird dies den chinesischen Schnellzug mit Sicherheit nicht aufhalten, sondern nur bewirken, daß sich unsere Wirtschaft nicht an jene Lokomotive anhängen kann – jedenfalls nicht so wie andere Länder. Und das bedeutet, daß uns nicht nur China überholen wird, sondern auch viele andere Länder, die die Vorteile der Neuen Seidenstraße begreifen. Wer meint, daß Deutschland ohne eine Beteiligung an der Seidenstraßen-Initiative eine Zukunft hätte, verschließt schlicht und einfach die Augen vor der Realität.
Ein weiterer Bereich, in dem die Berliner und Wiesbadener Politik die Augen vor der Realität verschließt, ist der Finanzsektor. Das Wort Finanzkrise kommt im Berliner Koalitionsvertrag überhaupt nicht vor, obwohl zahlreiche Experten davor warnen, daß eine neuerliche Finanzkrise, die noch weit größer sein wird als die von 2008, unmittelbar bevorsteht. Auch hier wird so getan, als sei im Prinzip alles in Ordnung und man müsse nur hier oder da die eine oder andere Regel etwas anpassen, um sicherzustellen, daß das Bankensystem erhalten bleibt. Dafür ist man zur Not auch bereit, die Vermögen der Bankkunden zu opfern.
Da die größten Banken und deren Spekulationsblasen heute um rund 40-50% größer sind als bei der Finanzkrise 2008, muß damit gerechnet werden, daß die nächste Finanzkrise entsprechend schlimmer sein wird als die letzte. Und ebenso klar ist, daß dann weder die Regierungen noch die Bankkunden noch die Zentralbanken genug Mittel haben werden, um die Banken in einem solchen Fall nochmals zu retten. Aber davor verschließt die Politik die Augen, und sie vermeidet das Thema, damit sich die Wähler keine Gedanken darüber machen.
Tatsächlich kann der Finanzplatz Frankfurt nur dann überleben, wenn die normalen Bankgeschäfte nach dem Vorbild des amerikanischen Glass-Steagall-Trennbankengesetzes vollkommen von den Spekulationen abgetrennt werden, um die Geschäftsbanken als Infrastruktur für den Zahlungsverkehr und die Kreditvergabe zu erhalten. So oder so werden die spekulativen Blasen nicht zu retten sein, sodaß damit zu rechnen ist, daß dem Finanzsektor und damit auch dem Finanzplatz Frankfurt eine deutliche Schrumpfung bevorsteht.
Wer weder das eine noch das andere in seinen politischen Planungen und Programmen berücksichtigt, macht offensichtlich die Rechnung ohne den Wirt. Das gilt leider nicht nur für die Berliner Parteien, sondern auch für die hessische Politik, deren Vertreter auf beiden Seiten an den Berliner Verhandlungen beteiligt waren. Wenn Hessens Wirtschaft aufblühen soll, dann darf die hessische Politik nicht auf den „Finanzplatz Frankfurt“ und seine Beteiligung am globalen Finanzkasino setzen, sondern sie muß die physischen Voraussetzungen dafür schaffen, daß Deutschland und Hessen gut in das Infrastrukturnetz der Neuen Seidenstraße eingebunden sind, und darauf hinarbeiten, unser Land wieder zu industrialisieren.
Von diesem Ziel ausgehend, müssen alle bisherigen Positionen und Maßnahmen überprüft und geändert werden – von der Schul- und Kulturpolitik über die Infrastrukturentwicklung bis hin zur Energiepolitik. Hier einige Beispiele, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern mehr dazu dienen, die generelle Herangehensweise zu verdeutlichen:
Der wichtigste Bereich, in dem eine Gesellschaft in die Zukunft investiert, ist der Bildungssektor, und hier liegt vieles im Argen. Derzeit gilt ein erheblicher Teil der Schulabgänger als „nicht ausbildbar“, was nicht zuletzt einer Jugendkultur zu verdanken ist, die die Denk- und Konzentrationsfähigkeit der jungen Menschen zerstört. Gegen diese Kultur helfen weder Sexualkunde noch die Einführung von Computern im Schulunterricht.
Die zukünftigen Generationen müssen an den Schulen vor allem lernen, ihre eigenen kreativen Fähigkeiten zu entwickeln und zu nutzen. Deshalb muß insbesondere die praktische Beschäftigung mit klassischer Musik eine viel größere Rolle spielen als bisher, weil diese die Denk- und Konzentrationsfähigkeit der jungen Menschen fördert, was sich dann in allen anderen Bereichen positiv auswirken wird.
Ein zweiter Schwerpunkt des Bildungssystems muß in einer international stark vernetzten Gesellschaft die intensive Beschäftigung mit den kulturellen Höhepunkten der Zivilisationen der Welt und ihren Wechselwirkungen aufeinander sein – einschließlich unserer eigenen. Das bedeutet auch, daß die vorsätzliche Zerstörung der klassischen Kultur in den vom Staat geförderten Einrichtungen beendet werden muß.
Die Universitäten des Landes müssen auf die Zukunft ausgerichtet werden. Die Zentrale der Europäischen Weltraumbehörde ESA und die Technische Universität in Darmstadt bilden hierfür eine hervorragende Grundlage. Neben den Weltraumwissenschaften sollte als weiterer Forschungsschwerpunkt die Kerntechnik entwickelt werden, nicht nur für die Energieversorgung durch moderne Formen der Kernspaltung und der Kernfusion, sondern auch für den Einstieg in die Isotopenwirtschaft, in der isotopenreine Werkstoffe für die technologische Nutzung entwickelt werden. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt sind die Lebenswissenschaften, um neue Mittel gegen die Ausbreitung altbekannter und neuer Seuchen zu entwickeln, die Rätsel von ALS, Alzheimer und anderen, insbesondere altersbedingten Krankheiten zu lösen und überhaupt die Geheimnisse des Lebens an sich zu erforschen. Als Standort für die Schaffung solcher neuer Forschungseinrichtungen bietet sich die Landeshauptstadt Wiesbaden an.
Deutschland und Hessen ersticken schon jetzt im Verkehr, weil die Kapazitäten seit Jahrzehnten nur unzureichend ausgebaut wurden und die bisherigen Technologien an ihre Grenzen stoßen. Personen- und Güterverkehr nutzen die gleichen Systeme und behindern sich gegenseitig. Wir brauchen also verkehrstechnisch einen Quantensprung.
In China hat man sich das Ziel gesetzt, den Nahverkehr im Großraum Peking, Tianjin und Hebei mit seinen 130 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 200.000 km2 so zu organisieren, daß alle Beschäftigten innerhalb von 20 Minuten ihren Arbeitsplatz erreichen können. Das geht nur durch den intensiven Einsatz modernster Technik.
Das gilt auch für Hessen. Es ist daher an der Zeit, die Magnetbahntechnik einzuführen, bei deren Entwicklung Kassel eine wichtige Rolle gespielt hat. Schon zwei Magnetbahnstrecken – von Wiesbaden über Mainz, Rüsselsheim, Frankfurt, Hanau und Fulda nach Kassel und von Kassel über Marburg, Gießen, Bad Homburg, Frankfurt und Darmstadt nach Mannheim – könnten alle hessischen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern derart untereinander und mit den internationalen Flughäfen verbinden, daß man innerhalb einer Stunde von jeder Station dieses Netzes jede andere Station erreichen kann. Hessen sollte ein solches Netz realisieren und so zur Keimzelle eines gesamtdeutschen und gesamteuropäischen Magnetbahnnetzes werden.
Die Verkehrspolitik muß insbesondere darauf abzielen, den Güterverkehr vom Personenverkehr zu trennen und jeweils für sich zu optimieren, sodaß sie sich nicht gegenseitig behindern. In Ballungsgebieten bieten sich für den Güterverkehr neuartige Verkehrskonzepte wie das auf Magnetbahntechnik beruhende CargoCap-System an, mit dem Europaletten vollautomatisch und ohne störende Emissionen unterirdisch von Güterverkehrszentren am Rande der Stadt zu den Empfängern beispielsweise im Einzelhandel oder in Industrie und Gewerbe transportiert werden könnten.
Wenn unser Land wieder industrialisiert werden soll, wird auch der Materialumsatz im Import und Export steigen, wofür die entsprechende Verkehrsinfrastruktur geschaffen werden muß. Derzeit ist die Kapazität der Eisenbahnen im Rheintal als Teil des wichtigen Nord-Süd-Korridors von Rotterdam nach Genua vollkommen ausgereizt. Deshalb brauchen wir Projekte wie den Westerwald-Taunus-Tunnel, der den Frachtverkehr zum Wohl der lärmgeplagten Bewohner des Rheintals von der Rheinstrecke nehmen und gleichzeitig die Transportkapazität auf dem Nord-Süd-Korridor verdreifachen würde.
Für den Transport von Rohstoffen für die Industrieproduktion und von sperrigen Industrieprodukten wie z.B. Turbinen und anderen Schwermaschinen ist die Schiffahrt eine günstige Option. Deshalb sollte Hessen darauf hinwirken, daß die Weser und die Fulda bis Kassel als Bundeswasserstraße der Wasserstraßenklasse Vb ausgebaut werden und so das nordhessische Industriezentrum wirksam an das europäische Wasserstraßennetz angehängt wird.
Um die industrielle Wertschöpfung in unserem Land deutlich zu steigern, müssen die produktivsten Technologien eingesetzt werden – und dazu muß auch die Stromerzeugung in unserem Land ebenso deutlich gesteigert werden. Das geht nicht mit „erneuerbaren“ Energien, die a priori eine geringe Energiedichte und Effizienz haben, deshalb ist ihr weiterer Betrieb und Ausbau – der im übrigen keine positive Auswirkung auf die Umwelt hat – volkswirtschaftlich unsinnig. Wir brauchen also den Ausstieg aus dem Atomausstieg. Die jetzige Generation der Kernkraftwerke muß abgelöst werden durch moderne, inhärent sichere Kernkraftwerke der „Vierten Generation“ und durch die Kernfusion.