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Neue Solidarität
Nr. 43, 26. Oktober 2017

Wirtschafts-Nachrichten

Zentralbanken bereiten sich auf den großen Crash vor

Während der deutsche Aktienindex DAX, gefüttert vom billigen Geld der EZB, am 13. Oktober ein Allzeit-Rekordhoch über 13.000 Punkten erreichte, beschrieb der Wirtschaftsjournalist Charles Hugh Smith in seinem Blog Of two Minds (www.oftwominds.com) den Wahnsinn auf den Finanzmärkten mit einer treffenden Metapher unter der Überschrift „Das Endspiel der Finanzialisierung: getarnte Nationalisierung“. Er schreibt:

„Der Zentralbankflieger fliegt in einer engen Schlucht mit tausend Meter hohen Wänden in hundert Meter Höhe. Alles scheint bestens zu laufen, bis der Zentralbankflieger in der Schlucht um eine Kurve fliegt und feststellt, daß diese in einer tausend Meter hohen, steilen Wand endet.“ Die Zentralbanker denken, ihr Flugzeug sei ein F18-Düsenjäger mit Nachbrenner, der fast vertikal hochziehen kann, aber alle anderen sehen, daß es in Wirklichkeit ein Doppeldecker ist.

Die Zentralbanken haben schon mehr als 15 Bio. $ an Wertpapieren aufgekauft (allein 2017 2 Bio.$), mit denen sie Papiere, die zehnmal soviel wert sind, unter Kontrolle halten. Smith nennt das „getarnte Nationalisierung“, weil der Besitz privat bleibt.

Was passiert mit dem Flugzeug? „Im verzweifelten Versuch, dem Gefängnis in der Schlucht zu entkommen, werden die Zentralbanken ihre Anleihenkäufe steigern, um die Renditen nahe null zu halten, ebenso die Aktienkäufe, um die Preise der Blase hoch genug zu halten, um alle die Schulden und Fremdfinanzierungen zu stützen, die auf den verbrieften Sicherheiten des Aktienmarkts aufgetürmt wurden: Nicht-Phantom-Nettogewinne.“

Lyndon LaRouche hat diese Dynamik schon vor 20 Jahren in seiner berühmten „Typischen Kollapsfunktion“, der „Tripelkurve“, vorausgesehen. Der kritische Punkt ist erreicht, wenn die Geldmenge schneller wächst als die Summe der Finanztitel.

Wir sind jetzt sehr nahe an diesem Punkt angelangt, wie die Zunahme der finanziellen Wetten auf einen baldigen Kollaps zeigt. Megabanken wie JP Morgan, Goldman Sachs und Deutsche Bank, die nominell Billionen Dollars an Zockerpapieren besitzen, vertreiben jetzt ein neues Derivat, sog. Total Return Swaps (TRS): Wetten auf den Ausfall von nachrangigen Anleihen (Bail-in-Bonds oder Tier-1-Bonds).

Theoretisch sind TRS Versicherungen für die Käufer solcher nachrangiger Anleihen, die eine hohe Rendite bieten, aber im Fall einer Bankinsolvenz eingezogen werden. Doch wie bei allen Derivaten kann man damit auch handeln, ohne das Produkt zu besitzen, das „versichert“ wird. So wuchs dieser Markt schnell auf 150 Mrd.$ an – alles Wetten, bei denen eine Seite auf den kommenden Crash setzt (siehe: http://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/risikoanlagen-wetten-dass-die-krise-kommt-/20453786.html).

* * *

Drohende Finanzkrise ist nicht Chinas Schuld

In dem Jahrzehnt seit der „Großen Bankenrettung“ 2008 gehörte unser Nachrichtenbrief zu den sehr wenigen Stellen, die beharrlich darauf hinwiesen, daß der Kollaps des globalen Finanzsystems nur aufgeschoben wurde und daß eine strikte Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken die einzige dauerhafte Lösung ist. Nun warnen plötzlich alle möglichen Kreise vor einem nahen Systemkollaps – haben aber keine Lösung anzubieten.

Was noch schlimmer ist: Dieselben Personen und Institutionen, die für die Politik, die am Bankrott des Systems schuld ist, verantwortlich sind, behaupten nun, ein wahrscheinlicher Auslöser für den Kollaps wären chinesische Schulden. So tauchte diese Behauptung im IWF-Bericht vom August über Chinas Wirtschaftsaussichten auf (siehe den Originalartikel mit Grafiken: http://www.imf.org/en/news/articles/2017/08/09/na081517-china-economic-outlook-in-six-charts). Der IWF behauptet, das Verhältnis der Schulden außerhalb der Finanzbranche (was die Schulden von Privathaushalten und Unternehmen sowie Staatsschulden umfaßt) zum BIP werde von 235% im letzten Jahr bis 2022 auf 290% hochschnellen.

Die Schulden in China sind jedoch mit den faulen Schulden im westlichen Finanzsystem nicht vergleichbar, weil sie überwiegend das Geschäftsbankwesen betreffen, also mit Investitionen in die Realwirtschaft verbunden sind. Sicherlich gibt es auch in China Blasen (z.B. an der Aktienbörse), aber dank einer strikten Bankentrennung ist die chinesische Wirtschaft im Falle eines Zusammenbruchs im Spekulationsgeschäft ausreichend davon isoliert.

Zwei chinesische Experten, Li Shigang und Cao Yujin von der Chinesischen Akademie für Makroökonomische Forschung, widerlegen in einem Beitrag für die Global Times vom 11. Oktober den IWF. Zunächst weisen sie darauf hin, daß Chinas Schulden tatsächlich sinken, um dann fortzufahren:

Die beiden Autoren warnen anschließend vor dem Risiko durch die weltweite Verschuldung wegen des Liquiditätspumpens der westlichen Länder. Sie nennen Zahlen des Institute of International Finance, wonach „die globale Verschuldung Ende 2016 mit 217 Bio.$ oder 327% des BIP einen neuen Rekord erreichte“.