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Die europäischen Eliten reagieren auf die breite Welle der Ablehnung gegen ihre Politik mit dem Versuch, den Widerstand zu unterdrücken.
Jüngste Entwicklungen unterstreichen, daß sich gegenwärtig zwei gegensätzliche Dynamiken auf der Welt entfalten. Die geopolitische Methode, die die Vereinigten Staaten und Europa in letzten Jahrzehnten praktizierten, bricht in sich zusammen, und dies völlig zu Recht, weil sie dem Gemeinwohl immer mehr schadet.
Die Revolte gegen dieses Paradigma zeigte sich in der Brexit-Abstimmung, in Hillary Clintons Niederlage bei der US-Präsidentschaftswahl und dem Sieg des Anti-Establishment-Kandidaten Donald Trump und danach in Italien in der Ablehnung der Verfassungsänderung zur Übertragung von mehr Souveränitätsrechten an die EU. Die Bundestagswahl in Deutschland am 24. September bestätigte den Trend mit historischen Verlusten für die beiden großen Parteien CDU-CSU und SPD sowie einem alarmierenden Aufstieg der fremdenfeindlichen Alternative für Deutschland (AfD). Nicht überraschend ist die AfD besonders stark in den östlichen Bundesländern, wo unter der seit der Wiedervereinigung praktizierten neoliberalen Politik massive soziale Ungerechtigkeit herrscht. Das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien ist ebenfalls ein Ausdruck der gescheiterten EU/EZB-Politik.
In allen diesen Fällen wächst die Kluft zwischen Reich und Arm, und die Bevölkerung sieht sich von der politischen Klasse nicht mehr repräsentiert und geschützt. Hinzu kommt Furcht vor dem drohenden Absturz des transatlantischen Finanzsystems und Unmut über die Diskussion um neue Bail-out- und Bail-in-Pläne, womit Steuerzahler und Bankeinleger die Zeche zahlen müßten.
Die entgegengesetzte Dynamik ist, daß China in den letzten Jahrzehnten ein wahres Wirtschaftswunder vollbracht hat – vielleicht das größte der Geschichte – und alle anderen Länder einlädt, sich an seiner Gürtel- und Straßen-Initiative zu beteiligen, die bereits eine enorme Welle wirtschaftlicher Entwicklung ausgelöst hat.
Der entscheidende Unterschied zum transatlantischen monetaristischen Modell ist für die Länder der sog. Dritten Welt, daß sie zum erstenmal Zugang zu Kredit für die Entwicklung ihrer Volkswirtschaften haben. China gründete die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), den Neuen Seidenstraßenfonds und den Maritimen Seidenstraßenfonds, und die BRICS-Gruppe gründete die Neue Entwicklungsbank. In diesem Rahmen wird Kredit für konkrete Entwicklungsprojekte in Asien, Afrika, Lateinamerika bereitgestellt. Dadurch breitet sich, wie Helga Zepp-LaRouche betont, ein ganz neuer Geist aus. Zum erstenmal seit Jahrzehnten haben diese Länder die berechtigte Hoffnung, Unterentwicklung und Armut zu überwinden.
US-Präsident Trump plant im November einen Besuch Chinas, mit vielen Gesprächen mit asiatischen Regierungschefs während der Gipfeltreffen in Asien, und die große Frage ist, für welche Dynamik sich die Vereinigten Staaten entscheiden. Trump hat oft seinen Willen betont, mit dem „Washingtoner Sumpf“ und den Finanzinteressen dahinter – dem „Staat im Staate“ – zu brechen. Ob er dafür genügend Kompetenz und Unterstützung im Volk hat, wird man sehen, aber die LaRouche-Bewegung wird alles tun, um dafür zu mobilisieren.
Angesichts der wachsenden Ablehnung der Bevölkerung gegen ihre Politik unternehmen die scheiternden europäischen Eliten einen hoffnungslosen Versuch, die Welle des „Populismus“, wie sie es nennen, mit Polizeistaatsmethoden aufzuhalten. Das übermäßig gewalttätige Vorgehen der spanischen Polizei in Barcelona, für die das rechtswidrige Referendum keine Rechtfertigung war, ist ein Vorgeschmack darauf, daß die EU-Führung entschlossen ist, repressive Methoden zusammen mit Zensur und Massenüberwachung anzuwenden. Es folgt ein Ausschnitt aus solchen Maßnahmen der jüngsten Zeit:
In Frankreich wurde der fachwissenschaftliche Blog des bekannten Ökonomen Jacques Sapir, einem Rußland-Experten und offenen Euro-Kritiker, am 27. September vom Webseitenanbieter OpenEdition mit der Begründung „politischer Parteilichkeit“ geschlossen. Sapir hatte Präsident Macron und dessen Pläne für eine supranationale EU-Regierung polemisch kritisiert.
Eine Woche später schloß Google den YouTube-Kanal von Scenarieconomici.it, einer vielbeachteten eurokritischen Seite, wegen angeblicher Verletzung der Richtlinien gegen „Spam, Betrug oder kommerziell irreführende Inhalte“. Aber Scenarieconomici hatte keine kommerziellen Inhalte. Dafür gab es dort Videomitschnitte verschiedener Konferenzen über die Zukunft der EU, u.a. über einen „Plan B für Italien“ mit Jacques Sapir. Der Leiter der Vereinigung, die den Kanal betreibt, Prof. Antonio Maria Rinaldi, ist überzeugt, daß die Schließung mit der Zensur gegen Sapir zusammenhängt.
Zudem sollen die EU-Mitgliedstaaten jetzt ein Gesetz ratifizieren, das eine Massenüberwachung mit sog. DPI (Deep Packet Inspection) durch die Internetprovider einführen soll. Die Kommunikations-Aufsichtsbehörde könnte dann ohne Gerichtsbeschluß Nutzer „vorbeugend“ sperren.
In Deutschland wurde ein neues Gesetz in Kraft gesetzt, das Betreiber sozialer Medien verpflichten soll, „Haßkommentare“ nach Eingang von Beschwerden zu löschen – in offensichtlichen Fällen innerhalb von 24 Stunden, bei komplizierteren innerhalb einer Woche. Das wirft natürlich die Frage auf, was unter den Begriff „Haßkommentar“ fällt. Auch Kritik an der EU? Das Gesetz nennt sich „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, kurz NetzDG.
Wenn die sozialen Netzwerke die Kommentare nicht löschen, können sie mit bis zu 50 Mio.€ Buße belegt werden. Wie Spiegel Online berichtet, gilt eine Übergangsfrist bis zum Jahreswechsel, aber das zuständige Ministerium hat bereits mit Überprüfungen angefangen.
Schließlich hat in Großbritannien Innenministerin Amber Rudd angekündigt, daß das Betrachten terroristischer Internetseiten mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden soll. Damit wird das Konzept eines „Gedankenverbrechens“ eingeführt, selbst wenn keine konkrete Straftat verübt wird. Rudd sagte, das Gesetz betreffe keine Internetnutzer, die solche Seiten nur einmal aufrufen, und keine Journalisten. Hoffentlich.