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Neue Solidarität
Nr. 5, 3. Februar 2016

Warum macht die Washington Post eine Kampagne gegen Glass-Steagall?

Von Paul Gallagher

Die Wall Street und ihre Sprachrohre drehen durch, weil die Präsidentschaftskandidaten Sanders und O’Malley die Rückkehr zur strikten Bankentrennung fordern.

Es ist schon erstaunlich, daß die Washington Post an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen, am 10. und am 17. Januar, ohne weitere Erläuterung oder auch nur einen Hinweis darauf, daß es zweimal der identische Text war, dieselbe längere Kolumne Fact Checker („Faktenprüfer“) brachte. Aber da diese Kolumne angeblich das Argument, daß das Glass-Steagall-Gesetz verhindert hätte, daß aus dem Platzen der Immobilienblase 2008 ein globaler Bankenkrach wurde, widerlegen sollte und da darüber hinaus die reguläre Kolumnistin Catherine Rampell in der Ausgabe vom 20. Januar gegen Glass-Steagall wütete und die Zeitung noch mehr Beiträge in diesem Sinne brachte, muß man wohl davon ausgehen, daß es nichts anderes als ein Versuch ist, der Bewegung für die Wiederherstellung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Glenn Kessler versucht in seiner „Faktenprüfer-Kolumne“ die Aussagen zu widerlegen, die der demokratische Präsidentschaftsbewerber Senator Bernie Sanders in seiner vieldiskutierten New Yorker Rede vorgebracht hatte. Sanders hatte erklärt, das Glass-Steagall-Gesetz hätte verhindert, daß die großen Geschäftsbanken hohe Summen an „Schattenbanken“ - Hedgefonds, Investmentbanken, private Kapitalanlagegesellschaften, Geldmarktfonds etc. - für Wertpapierspekulationen verleihen. Diese Aktivitäten der „Nicht-Banken“ der Londoner City und der Wall Street lösten durch ihre stark fremdfinanzierten Wertpapier- und Derivatspekulationen den Finanzkrach von 2008 aus. Aber wer hatte ihnen die Kredite dafür gegeben?

Präsident Obama, [Ex-Finanzminister] Tim Geithner, [der einflußreiche Kongreßabgeordnete] Barney Frank und Genossen haben dem Kongreß und der Bevölkerung immer wieder erklärt, das Glass-Steagall-Gesetz hätte - weil nur die Geschäfte der Geschäftsbanken regulierte und einschränkte - gar keinen Einfluß auf die fatalen Geschäfte der Schattenbanken gehabt. Aber um dieses Argument ernst zu nehmen, muß man an ein Märchen glauben - nämlich, daß die Geschäftsbanken nach der Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes nichts mit der Wertpapierspekulation zu tun gehabt hätten, während sie in Wirklichkeit Billionen Dollars ihrer Kunden in diese hineinlenkten, wodurch der Schattenbankensektor immer mehr aufgebläht wurde, bis er größer war als die Geschäftsbanken selbst und doch gleichzeitig untrennbar mit diesen verbunden. Deshalb bedeutete der Zusammenbruch einer dieser Schattenbanken, Lehman Brothers, auch den Zusammenbruch aller anderen. Nach Aussage des damaligen Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke vor der Angelides-Kommission [der offiziellen Untersuchungskommission zur Finanzkrise] wurden elf der zwölf größten US-Banken im September-Oktober 2008 insolvent und von der Regierung gestützt.

Das aufgehobene Glass-Steagall-Gesetz schrieb für die Geschäftsbanken und deren Holdinggesellschaften im Abschnitt 3 (a) vor: „Jede Federal Reserve Bank soll sich über den allgemeinen Charakter und die Menge der Kredite und Investitionen jeder ihrer Mitgliedsbanken informiert halten, in der Absicht, sich zu vergewissern, ob Bankkredite in unangemessener Weise für spekulative Anlagen oder Geschäfte mit Wertpapieren, Immobilien oder Waren oder für andere Zwecke verwendet werden, die mit der Erhaltung solider Kreditkonditionen unvereinbar sind... Der Vorsitzende der Federal Reserve Bank soll dem Verwaltungsrat der Federal Reserve jede solche unangemessene Verwendung von Bankkrediten durch eine Mitgliedsbank melden...“

Kessler befragte für sein „Faktenprüfen“ verschiedene Elfenbeinturm-Koryphäen, von denen scheinbar kein einziger diesen Teil des Gesetzes gelesen hatte. In seinem längeren Überblick über deren Meinungen zitiert er lediglich einen, James Rickards, der - aufgrund seiner jahrelangen Beratertätigkeit für Banken und Hedgefonds - tatsächlich mit der Praxis des Glass-Steagall-Gesetzes vertraut war. Rickards wußte aus dieser eigenen Erfahrung heraus ganz eindeutig: „Die Aufhebung von Glass-Steagall hat den Krach von 2008 verursacht.“ (So lautete 2012 der Titel einer Kolumne von Rickards im Magazin Forbes.) Rickards sagte Kessler, der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan habe eine Sonderregelung der Fed ausgenutzt, um fallweise Ausnahmegenehmigungen für die Vergabe von Krediten an Schattenbanken zu erteilen, obwohl die Aufgabe der Fed gerade gewesen wäre, solche Kredite zu verhindern.

Greenspan setzte sich selbst unermüdlich für die Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes ein, das er hätte anwenden sollen. Nachdem er diese Aufhebung erreicht hatte, brauchten die Banken für solche Geschäfte keine Sondergenehmigungen mehr. Sie warfen die Einlagen ihrer Kunden in Bausch und Bogen in die Schattenbanken und Derivatgeschäfte, mit denen sie sich schon 1998-99 in große Schwierigkeiten brachten, als die gefährlichen Derivatoperationen des berüchtigten Fonds LTCM platzten.

War es ein Versehen der Washington Post, daß sie gerade diese Kolumne gleich zweimal abdruckte? Oder hat das damit zu tun, daß gerade ein neuer Krach begonnen hat, der noch schlimmer werden wird als der von 2008, und die Zeitung die Haltung der Wall Street unterstützen will: „Alles, bloß nicht Glass-Steagall“?


(Paul Gallagher ist Wirtschaftsredakteur des Executive Intelligence Review.)